Fontblog Artikel im Oktober 2011

Gute Typografie, jetzt (6): Buchmesse-Tipp

Schrift ist allge­gen­wärtig, und mit einem Computer kann theo­re­tisch jeder mit Schrift gestalten. Erste Experimente führen schnell zu der Frage: Wie kann ich es besser und richtig machen? Das Bedürfnis nach Regeln für den Umgang mit Typografie haben natür­lich in beson­derem Maße Studierende gestal­te­ri­scher oder buch­naher Studiengänge. Daher initi­ierten Prof. Christian Ide (HTWK Leipzig) und Prof. Ulrike Stoltz (HBK Braunschweig) unter dem Titel »Thesen – Regeln – Manifeste« ein hoch­schul­über­grei­fendes Typografie-Projekt.

In diesem ging es nicht nur um eine theo­re­ti­sche Auseinandersetzung der Studierenden mit den »Thesen, Regeln und Manifesten« der wich­tigsten Typografen des 20. Jahrhunderts, sondern vor allem darum, eine eigene, zeit­ge­nös­si­sche Position dazu zu finden. Darüber hinaus bot das Projekt den insge­samt 32 Studierenden die Gelegenheit, einander kennen­zu­lernen, zu erfahren, wie unter­schied­lich man an Aufgaben heran­gehen kann und welche verschie­denen Aspekte in die gefun­denen Lösungen einfließen können.

Die Ergebnisse über­zeugten alle Beteiligten in ihrer Vielfalt und Qualität, so dass sie nun in einer preis­werten Dokumentation zusam­men­ge­fasst und vorge­stellt werden. Darin wird jede Arbeit mit einer ausge­wählten Doppelseite annä­hernd im Verhältnis 1 : 1 präsen­tiert. Eine Reihe kleiner Abbildungen gibt Einblicke in die jewei­lige Seitenfolge und Details. Bibliografische Daten runden die Informationen ab. Morgen findet auf der Frankfurter Buchmesse um 12 Uhr in Halle 4.0, Stand A 1352, die Präsentation dieser 96-seitigen Dokumentation statt. Sie wird 10 € kosten und kann per Mail an typothesen@verlagsherstellung.de bestellt werden.


✭ der Woche: YES Logo 39,90 14,90 €

Michael Peters ist einer der bedeu­tendsten briti­schen Corporate- und Marken-Designer. Er studierte zunächst am London College of Printing, wech­selte danach zur Yale University, wo er nicht nur Schüler von Paul Rand, Herbert Matter und Alexej Brodovitch wurde, sondern sogar Assistent der Bauhaus-Legende Josef Albers. Peters arbei­tete zunächst beim Medien-Konzern CBS in New York, damals ein Mekka für Marketing-Talente.

Ende der 60er Jahre kam er zurück nach London und grün­dete Klein Peters Ltd, mit Lou Klein. Zwei Jahre später folgte sein eigenes Unternehmen Michael Peters and Partners. Hier entwi­ckelte er Marken- und Corporate Designs für Johnnie Walker, Chivas Regal, Captain Morgan, Vodafone, Nike, Universal Studios und viele andere. Die Monografie Yes Logo – 40 Years of Michael Peters Branding, Design and Communication beschreibt das Wirken dieses großen Designers in allen seinen Facetten. Ein nütz­li­ches Design-Lehr- und -Geschichtsbuch. Diese Woche auf www​.font​blog​.de zum Sonderpreis … Sehenswert: die inter­ak­tive Buch-Demo …


Neu: FontFonts für Apps

Es es sind mehr als zehn Jahre vergangen, bevor im Internet typo­gra­fi­sche Vielfalt Einzug hielt (siehe auch Heute ist Webfont-Tag, Fontblog-Beitrag vom 26. Feb 2010). Für mobile Anwendungen (Apps) darf es nicht noch einmal so lange dauern. Gerade die Verlagshäuser setzen auf text­af­fine Anwendungen, zum Beispiel eBooks, ePaper oder Zeitschriften-Apps. Mit mobilen Fonts und entspre­chenden Lizenzen gibt es keinen Grund mehr, dass Bücher, Zeitschriften und Zeitung auf Mobilgeräten anders aussehen als die gedruckten Exemplare.

Um den Einstieg noch sicherer, einfa­cher und kosten­güns­tiger zu gestalten, bringt FontFont als erstes Schriftenhaus 15 Font-Familien für den mobilen Einsatz in Applikationen heraus. Sie decken ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten ab, vom neutralen Corporate Font (FF Basic Gothic, FF Good) über biblio­phile Serifenschriften (FF Clifford, FF Celeste, FF Yoga) bis hin zu den verspielten FF Trixie, FF Hands oder FF Providence.

Das Lizenzmodell für die mobilen FontFonts ist denkbar einfach und fair, so wie wir es aus den Desktop-Publishing-Tagen gewohnt sind. Ein Team von bis zu 5 App-Entwicklern kann sich eine Basislizenz für alle ihre App-Projekte teilen (z. Zt. iOS-Umgebung; Android in Vorbereitung). Die Font-Lizenzen sind weder zeit­lich begrenzt, noch fallen regel­mä­ßige Lizenzgebühren an … selbst die verkaufte Auflage einer App spielt keine Rolle. Ein Font-Paket mit 4 TrueType-Schnitten kostet einmalig zwischen 159,– und 209,– € … fertig!

Um die Qualität und die Ausdruckskraft einer indi­vi­du­ellen Schrift zu demons­trieren, bietet FontFont einen kosten­losen Appfont an. Der Schriftschnitt FF Basic Gothic Mobi Pro (Download-Seite) sieht nicht nur gut aus, er bietet auch eine große Sprachunterstützung – wie alle mobilen FontFonts übri­gens. Falls diese nicht gewünscht ist, lässt sich die Datenmenge dieses Fonst auf der Website www​.subsetter​.com indi­vi­duell anpassen, ein Service nur für FontFonts. In der Beispielabbildung (unten, Simulation) ist die kosten­lose FF Basic Gothic in einer Fußball-App zu sehen, wo sie den Ziffern und Vereinsnamen mehr Präsenz und Charakter verleiht.

Ausführliche Informationen auf www​.mobi​le​font​fonts​.com. Die mobilen FontFonts sind ab sofort per Download lieferbar auf www​.font​shop​.com/​m​o​b​i​l​e​_​f​o​nts …

 


Creative Morning #3: Jetzt anmelden!

Am kommenden Freitag findet der 3. Creative Morning Berlin statt. Unser Gast: Nicolas Bourquin von Onlab. Der Schweizer Designer präsen­tiert 5 Projekte, die er bisher noch nicht gezeigt hat. Genauer: 5 erfolg­lose Wettbewerbsbeiträge, an denen onlab in der vergan­genen 12 Monaten teil­ge­nommen hat: Kieler Woche, Region Stuttgart, Fondation Cartier Paris, Campus Bielefeld und Energieberg Georgswerder Hamburg (in Zusammenarbeit mit raumtaktik).

Ein überaus span­nendes Thema! Bei Wettbewerben unter­scheiden sich Arbeitsweise und Ergebnisse stark von Auftrags- oder selbs­in­iti­ierten Projekten. Bei realen Aufträgen wird die Arbeit im Dialog mit Klienten entwi­ckelt. Durch eine trans­pa­rente Projektvermittlung seitens Auftraggeber und genauem Verständnis der Aufgabenstellung seitens Grafiker können eindring­liche und über­zeu­gende Ergebnisse entwi­ckelt werden. Experimente können im Schaffensprozess vermit­telt werden – die Wahrnehmung, auch des Klienten, wird dabei stärker gefordert.

Onlab weist Design eine erzäh­le­ri­sche Funktion zu. Mit Hilfe von Gestaltung kann man öffent­liche Meinungen berei­chern und heraus­for­dern. Und so fragt sich das ange­se­hene Designbüro: Inwieweit ist bei Wettbewerben, die per Definition den Dialog stark einschränken, Kreativität bzw. Experiment über­haupt möglich? Kann man die meist hete­rogen zusam­men­ge­stellten Jurys über­zeugen, ohne eine konsens­ori­en­tierte Gestaltung zu liefern? Die Antworten am kommenden Freitag, um 8:30 im iQ-Store (Toyota, gegen­über Universal). Der Eintritt ist frei, auch Kaffee und Gebäck. Dafür bedanken wir uns beim neuen Creative-Morning-Sponsor Caras Gourmet Coffee.

Hier anmelden …



Vortrag: Sustainable Design Tips the Scales

Woher wissen wir, ob etwas umwelt­ver­träg­lich ist oder nicht? Wie können wir die Ökobilanz des heutigen Designs messen? Für eine nach­hal­tige Entwicklung brau­chen Designer und Verbraucher mehr Informationen über den ökolo­gi­schen Fußabdruck und den Lebenszyklus von Produkten. Designer arbeiten mit verschie­denen Werkzeugen, um die Auswirkungen ihrer Arbeit zu bewerten und mit diesen Ergebnissen Produkte für ein bewuss­teres Leben zu entwickeln.

Diesem Themenbereich widmet sich ein Vortrag der frei­be­ruf­liche Öko-Designerin Petz Scholtus (Barcelona). Sie wurde 1980 in Luxemburg geboren und absol­vierte ihren Bachelor of Arts in Eco-Design am Goldsmiths College in London, ange­trieben von den Fragen, worum es tatsäch­lich beim Design geht und wie sie ökolo­gisch gestalten kann. In Barcelona betreibt sie Ihr Studio Pöko Design, das sich inhalt­lich – abge­sehen von Produktgestaltung – auf Projekte fokus­siert, die sich mit Nachhaltigkeit im Design beschäf­tigen. Sie ist außerdem die trei­bende Kraft hinter „Barcelona Green Map“, dem grünen Stadtplan Barcelonas.

Ort,Termin: Freitag, 28. 10. 2011, 19 Uhr in der Galerie design­transfer (Universität der Künste Berlin), Einsteinufer 43-53, Berlin-Charlottenburg. Eintritt frei.


Bibliothek liefert Informationen über 586 Materialien

Der Fachbereich Architektur der FH Münster eröff­nete gestern seine Materialbibliothek mit 586 Handmustern. Ob Holz, Naturstein, Faserverbundstoff oder Textilien … alle Materialien können die Studierenden zu Präsentationszwecken ausleihen. Die Online-Datenbank mate​rial​-biblio​thek​.de bietet Recherchemöglichkeiten zu Herkunft, Anwendung und Eigenschaften sowie zur Ökobilanz der einzelnen Baustoffe.

»Wer sich mit Architektur, Design oder Kunst beschäf­tigt, kann hier ein Bewusstsein für die Einzigartigkeit von Naturmaterialien und die Funktionalität von künst­lich erzeugten Baustoffen entwi­ckeln«, sagte Prof. Annette Hillebrandt. Die Hochschullehrerin vom Fachbereich Architektur hatte das maßgeb­lich aus Mitteln des Studienbeitragsfonds finan­zierte Projekt konzi­piert. Dafür dankte ihr Prof. Julia B. Bolles-Wilson und lobte das große Engagement aller Beteiligten bei der Umsetzung. Die Fachbereichsdekanin ermun­terte die Studierenden, ihre neue Einrichtung zu nutzen und zu erweitern. 


Der Typograf

Bei aller Popularität von iMac, iPod, iPhone und iPad: Die erste Industrie außer­halb der Computerbranche, die Steve Jobs revo­lu­tio­nierte, war die Druckvorstufe – 500 Jahre nach Gutenberg. Dies war Anfang 1985, als er mit seinem Unternehmen Apple und den Partnerfirmen Adobe, Linotype und Aldus das Desktop Publishing (DTP) erfand. An den Apple-Computern Lisa und Macintosh war es erst­mals möglich, profes­sio­nelle Drucksachen auf dem Schreibtisch zu gestalten und auf Offsetfilm zu belichten. Nebenbei befreite DTP die typo­gra­fi­sche Gestaltung, durch WISIWYG-Darstelllung (What You See Is What You Get) und endlich frei verfüg­bare Schriftarten, die zuvor an Satzmaschinen gebunden waren. Auf einmal enstanden die ersten unab­hän­gigen »Gießereien« für digi­ta­li­sierte Schriften (Emigre, The Font Bureau, Alphabets) und die Anbieter solcher Fonts, auch FontShop.

Spätestens seit seiner Rede vor Studenten in Stanford 2005 ist Jobs’ Leidenschaft für Typografie einem brei­teren Publikum bekannt. Er berichtet, dass im Reed College hervor­ra­gende Kalligrafie-Kurse ange­boten wurden, in denen er alles über Serifen und seri­fen­lose Schriften lernte, zum Beispiel was passiert, wenn man den Abstand zwischen einzelnen Buchstaben verän­dert, und was gute Typografie ausmacht. Wörtlich resü­mierte er: “None of this had even a hope of any prac­tical appli­ca­tion in my life. But ten years later when we were desig­ning the first Macintosh computer, it all came back to me, and we desi­gned it all into the Mac. It was the first computer with beau­tiful typo­graphy. If I had never dropped in on that single course in college, the Mac would have never had multiple type­faces or propor­tio­nally spaced fonts, and since Windows just copied the Mac, it’s likely that no personal computer would have them.”

Die Verdienste des genialen Unternehmers aus Cupertino werden häufig auf die Stichworte Marketing und Design redu­ziert. Wer den Erfolg Apples richtig verstanden hat weiß, dass es weit mehr ist. Doch die visu­elle Gestaltung war immer die sicht­bare Komponente des Apple-Erfolgs, bei der sich Jobs oft persön­lich einmischte. Ob beim Produktdesign, mit seinen Keynotes, der Architektur der Apple-Stores oder dem iOS auf dem Retina-Bildschirm: exqui­sites Grafikdesign und eine vorzüg­liche Typografie gehören zu den Kernqualitäten der Apple-Kommunikation und -Strategie. In den Worten der Typografie: Der Raum zwischen den Dingen und ihre Beziehung zuein­ander sind mindes­tens so wichtig wie die Dinge selbst.

Meine beruf­liche Laufbahn fußte von Anfang an auf dem, was sich der Visionär Steve Jobs ausdachte, um die Welt zu verbes­sern. Als Wissenschaftsjournalist kam ich 1986 nach Hamburg zum MACup-Verlag, Herausgeber des ersten euro­päi­schen Mac-Magazins. Im September desselben Jahres grün­deten wir PAGE, eine Zeitschrift fürs Desktop Publishing, die wir selbst­ver­ständ­lich auch mit diesem Verfahren produ­zierten. 1991 holte mich Erik Spiekermann nach Berlin in den FontShop, dem ersten Handelshaus für Schriften. Es folgten weitere Meilensteine … FontFont, FontBook, FUSE, FontBook fürs iPad … die auf dem basierten, was Steve Jobs der Medienindustrie bis zuletzt (iPad 2) persön­lich in die Wiege legte. Vielen Dank dafür, Steve.

»Keiner will sterben«, sagte Jobs am Ende der oben zitierten Stanford-Rede, »selbst Leute, die in den Himmel möchten, wollen nicht sterben, um dahin zu kommen. Und doch ist der Tod das Ziel, das wir alle gemein haben.« Ohne Dramatik fügte er an: »Und das ist so, wie es sein sollte, denn der Tod ist höchst­wahr­schein­lich die beste Erfindung des Lebens. Er bewirkt den Wandel. Er entrüm­pelt das Alte, um Platz zu machen für das Neue. Und das Neue seid Ihr.«

© Abbildung oben (Danke an Sebastiaan de With (Cocoia) für die Abdruckgenehmigung): das iPhone zeigt die Apple-Homepage von heute morgen ab ca. 03:00 MEZ
© Abbildung unten: Standbild aus dem Video des Apple Special Event vom 4. Okt. 2011, in dem mehr­fach der reser­vierte Sessel für den Firmengründer einge­blendet wurde