Gute Typografie, jetzt (6): Buchmesse-Tipp
Schrift ist allgegenwärtig, und mit einem Computer kann theoretisch jeder mit Schrift gestalten. Erste Experimente führen schnell zu der Frage: Wie kann ich es besser und richtig machen? Das Bedürfnis nach Regeln für den Umgang mit Typografie haben natürlich in besonderem Maße Studierende gestalterischer oder buchnaher Studiengänge. Daher initiierten Prof. Christian Ide (HTWK Leipzig) und Prof. Ulrike Stoltz (HBK Braunschweig) unter dem Titel »Thesen – Regeln – Manifeste« ein hochschulübergreifendes Typografie-Projekt.
In diesem ging es nicht nur um eine theoretische Auseinandersetzung der Studierenden mit den »Thesen, Regeln und Manifesten« der wichtigsten Typografen des 20. Jahrhunderts, sondern vor allem darum, eine eigene, zeitgenössische Position dazu zu finden. Darüber hinaus bot das Projekt den insgesamt 32 Studierenden die Gelegenheit, einander kennenzulernen, zu erfahren, wie unterschiedlich man an Aufgaben herangehen kann und welche verschiedenen Aspekte in die gefundenen Lösungen einfließen können.
Die Ergebnisse überzeugten alle Beteiligten in ihrer Vielfalt und Qualität, so dass sie nun in einer preiswerten Dokumentation zusammengefasst und vorgestellt werden. Darin wird jede Arbeit mit einer ausgewählten Doppelseite annähernd im Verhältnis 1 : 1 präsentiert. Eine Reihe kleiner Abbildungen gibt Einblicke in die jeweilige Seitenfolge und Details. Bibliografische Daten runden die Informationen ab. Morgen findet auf der Frankfurter Buchmesse um 12 Uhr in Halle 4.0, Stand A 1352, die Präsentation dieser 96-seitigen Dokumentation statt. Sie wird 10 € kosten und kann per Mail an typothesen@verlagsherstellung.de bestellt werden.
✭ der Woche: YES Logo 39,90 14,90 €
Michael Peters ist einer der bedeutendsten britischen Corporate- und Marken-Designer. Er studierte zunächst am London College of Printing, wechselte danach zur Yale University, wo er nicht nur Schüler von Paul Rand, Herbert Matter und Alexej Brodovitch wurde, sondern sogar Assistent der Bauhaus-Legende Josef Albers. Peters arbeitete zunächst beim Medien-Konzern CBS in New York, damals ein Mekka für Marketing-Talente.
Ende der 60er Jahre kam er zurück nach London und gründete Klein Peters Ltd, mit Lou Klein. Zwei Jahre später folgte sein eigenes Unternehmen Michael Peters and Partners. Hier entwickelte er Marken- und Corporate Designs für Johnnie Walker, Chivas Regal, Captain Morgan, Vodafone, Nike, Universal Studios und viele andere. Die Monografie Yes Logo – 40 Years of Michael Peters Branding, Design and Communication beschreibt das Wirken dieses großen Designers in allen seinen Facetten. Ein nützliches Design-Lehr- und -Geschichtsbuch. Diese Woche auf www.fontblog.de zum Sonderpreis … Sehenswert: die interaktive Buch-Demo …
Neu: FontFonts für Apps
Es es sind mehr als zehn Jahre vergangen, bevor im Internet typografische Vielfalt Einzug hielt (siehe auch Heute ist Webfont-Tag, Fontblog-Beitrag vom 26. Feb 2010). Für mobile Anwendungen (Apps) darf es nicht noch einmal so lange dauern. Gerade die Verlagshäuser setzen auf textaffine Anwendungen, zum Beispiel eBooks, ePaper oder Zeitschriften-Apps. Mit mobilen Fonts und entsprechenden Lizenzen gibt es keinen Grund mehr, dass Bücher, Zeitschriften und Zeitung auf Mobilgeräten anders aussehen als die gedruckten Exemplare.
Um den Einstieg noch sicherer, einfacher und kostengünstiger zu gestalten, bringt FontFont als erstes Schriftenhaus 15 Font-Familien für den mobilen Einsatz in Applikationen heraus. Sie decken ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten ab, vom neutralen Corporate Font (FF Basic Gothic, FF Good) über bibliophile Serifenschriften (FF Clifford, FF Celeste, FF Yoga) bis hin zu den verspielten FF Trixie, FF Hands oder FF Providence.
Das Lizenzmodell für die mobilen FontFonts ist denkbar einfach und fair, so wie wir es aus den Desktop-Publishing-Tagen gewohnt sind. Ein Team von bis zu 5 App-Entwicklern kann sich eine Basislizenz für alle ihre App-Projekte teilen (z. Zt. iOS-Umgebung; Android in Vorbereitung). Die Font-Lizenzen sind weder zeitlich begrenzt, noch fallen regelmäßige Lizenzgebühren an … selbst die verkaufte Auflage einer App spielt keine Rolle. Ein Font-Paket mit 4 TrueType-Schnitten kostet einmalig zwischen 159,– und 209,– € … fertig!
Um die Qualität und die Ausdruckskraft einer individuellen Schrift zu demonstrieren, bietet FontFont einen kostenlosen Appfont an. Der Schriftschnitt FF Basic Gothic Mobi Pro (Download-Seite) sieht nicht nur gut aus, er bietet auch eine große Sprachunterstützung – wie alle mobilen FontFonts übrigens. Falls diese nicht gewünscht ist, lässt sich die Datenmenge dieses Fonst auf der Website www.subsetter.com individuell anpassen, ein Service nur für FontFonts. In der Beispielabbildung (unten, Simulation) ist die kostenlose FF Basic Gothic in einer Fußball-App zu sehen, wo sie den Ziffern und Vereinsnamen mehr Präsenz und Charakter verleiht.
Ausführliche Informationen auf www.mobilefontfonts.com. Die mobilen FontFonts sind ab sofort per Download lieferbar auf www.fontshop.com/mobile_fonts …
Creative Morning #3: Jetzt anmelden!
Am kommenden Freitag findet der 3. Creative Morning Berlin statt. Unser Gast: Nicolas Bourquin von Onlab. Der Schweizer Designer präsentiert 5 Projekte, die er bisher noch nicht gezeigt hat. Genauer: 5 erfolglose Wettbewerbsbeiträge, an denen onlab in der vergangenen 12 Monaten teilgenommen hat: Kieler Woche, Region Stuttgart, Fondation Cartier Paris, Campus Bielefeld und Energieberg Georgswerder Hamburg (in Zusammenarbeit mit raumtaktik).
Ein überaus spannendes Thema! Bei Wettbewerben unterscheiden sich Arbeitsweise und Ergebnisse stark von Auftrags- oder selbsinitiierten Projekten. Bei realen Aufträgen wird die Arbeit im Dialog mit Klienten entwickelt. Durch eine transparente Projektvermittlung seitens Auftraggeber und genauem Verständnis der Aufgabenstellung seitens Grafiker können eindringliche und überzeugende Ergebnisse entwickelt werden. Experimente können im Schaffensprozess vermittelt werden – die Wahrnehmung, auch des Klienten, wird dabei stärker gefordert.
Onlab weist Design eine erzählerische Funktion zu. Mit Hilfe von Gestaltung kann man öffentliche Meinungen bereichern und herausfordern. Und so fragt sich das angesehene Designbüro: Inwieweit ist bei Wettbewerben, die per Definition den Dialog stark einschränken, Kreativität bzw. Experiment überhaupt möglich? Kann man die meist heterogen zusammengestellten Jurys überzeugen, ohne eine konsensorientierte Gestaltung zu liefern? Die Antworten am kommenden Freitag, um 8:30 im iQ-Store (Toyota, gegenüber Universal). Der Eintritt ist frei, auch Kaffee und Gebäck. Dafür bedanken wir uns beim neuen Creative-Morning-Sponsor Caras Gourmet Coffee.
Vortrag: Sustainable Design Tips the Scales
Woher wissen wir, ob etwas umweltverträglich ist oder nicht? Wie können wir die Ökobilanz des heutigen Designs messen? Für eine nachhaltige Entwicklung brauchen Designer und Verbraucher mehr Informationen über den ökologischen Fußabdruck und den Lebenszyklus von Produkten. Designer arbeiten mit verschiedenen Werkzeugen, um die Auswirkungen ihrer Arbeit zu bewerten und mit diesen Ergebnissen Produkte für ein bewussteres Leben zu entwickeln.
Diesem Themenbereich widmet sich ein Vortrag der freiberufliche Öko-Designerin Petz Scholtus (Barcelona). Sie wurde 1980 in Luxemburg geboren und absolvierte ihren Bachelor of Arts in Eco-Design am Goldsmiths College in London, angetrieben von den Fragen, worum es tatsächlich beim Design geht und wie sie ökologisch gestalten kann. In Barcelona betreibt sie Ihr Studio Pöko Design, das sich inhaltlich – abgesehen von Produktgestaltung – auf Projekte fokussiert, die sich mit Nachhaltigkeit im Design beschäftigen. Sie ist außerdem die treibende Kraft hinter „Barcelona Green Map“, dem grünen Stadtplan Barcelonas.
Ort,Termin: Freitag, 28. 10. 2011, 19 Uhr in der Galerie designtransfer (Universität der Künste Berlin), Einsteinufer 43-53, Berlin-Charlottenburg. Eintritt frei.
Bibliothek liefert Informationen über 586 Materialien
Der Fachbereich Architektur der FH Münster eröffnete gestern seine Materialbibliothek mit 586 Handmustern. Ob Holz, Naturstein, Faserverbundstoff oder Textilien … alle Materialien können die Studierenden zu Präsentationszwecken ausleihen. Die Online-Datenbank material-bibliothek.de bietet Recherchemöglichkeiten zu Herkunft, Anwendung und Eigenschaften sowie zur Ökobilanz der einzelnen Baustoffe.
»Wer sich mit Architektur, Design oder Kunst beschäftigt, kann hier ein Bewusstsein für die Einzigartigkeit von Naturmaterialien und die Funktionalität von künstlich erzeugten Baustoffen entwickeln«, sagte Prof. Annette Hillebrandt. Die Hochschullehrerin vom Fachbereich Architektur hatte das maßgeblich aus Mitteln des Studienbeitragsfonds finanzierte Projekt konzipiert. Dafür dankte ihr Prof. Julia B. Bolles-Wilson und lobte das große Engagement aller Beteiligten bei der Umsetzung. Die Fachbereichsdekanin ermunterte die Studierenden, ihre neue Einrichtung zu nutzen und zu erweitern.
Der Typograf
Bei aller Popularität von iMac, iPod, iPhone und iPad: Die erste Industrie außerhalb der Computerbranche, die Steve Jobs revolutionierte, war die Druckvorstufe – 500 Jahre nach Gutenberg. Dies war Anfang 1985, als er mit seinem Unternehmen Apple und den Partnerfirmen Adobe, Linotype und Aldus das Desktop Publishing (DTP) erfand. An den Apple-Computern Lisa und Macintosh war es erstmals möglich, professionelle Drucksachen auf dem Schreibtisch zu gestalten und auf Offsetfilm zu belichten. Nebenbei befreite DTP die typografische Gestaltung, durch WISIWYG-Darstelllung (What You See Is What You Get) und endlich frei verfügbare Schriftarten, die zuvor an Satzmaschinen gebunden waren. Auf einmal enstanden die ersten unabhängigen »Gießereien« für digitalisierte Schriften (Emigre, The Font Bureau, Alphabets) und die Anbieter solcher Fonts, auch FontShop.
Spätestens seit seiner Rede vor Studenten in Stanford 2005 ist Jobs’ Leidenschaft für Typografie einem breiteren Publikum bekannt. Er berichtet, dass im Reed College hervorragende Kalligrafie-Kurse angeboten wurden, in denen er alles über Serifen und serifenlose Schriften lernte, zum Beispiel was passiert, wenn man den Abstand zwischen einzelnen Buchstaben verändert, und was gute Typografie ausmacht. Wörtlich resümierte er: “None of this had even a hope of any practical application in my life. But ten years later when we were designing the first Macintosh computer, it all came back to me, and we designed it all into the Mac. It was the first computer with beautiful typography. If I had never dropped in on that single course in college, the Mac would have never had multiple typefaces or proportionally spaced fonts, and since Windows just copied the Mac, it’s likely that no personal computer would have them.”
Die Verdienste des genialen Unternehmers aus Cupertino werden häufig auf die Stichworte Marketing und Design reduziert. Wer den Erfolg Apples richtig verstanden hat weiß, dass es weit mehr ist. Doch die visuelle Gestaltung war immer die sichtbare Komponente des Apple-Erfolgs, bei der sich Jobs oft persönlich einmischte. Ob beim Produktdesign, mit seinen Keynotes, der Architektur der Apple-Stores oder dem iOS auf dem Retina-Bildschirm: exquisites Grafikdesign und eine vorzügliche Typografie gehören zu den Kernqualitäten der Apple-Kommunikation und -Strategie. In den Worten der Typografie: Der Raum zwischen den Dingen und ihre Beziehung zueinander sind mindestens so wichtig wie die Dinge selbst.
Meine berufliche Laufbahn fußte von Anfang an auf dem, was sich der Visionär Steve Jobs ausdachte, um die Welt zu verbessern. Als Wissenschaftsjournalist kam ich 1986 nach Hamburg zum MACup-Verlag, Herausgeber des ersten europäischen Mac-Magazins. Im September desselben Jahres gründeten wir PAGE, eine Zeitschrift fürs Desktop Publishing, die wir selbstverständlich auch mit diesem Verfahren produzierten. 1991 holte mich Erik Spiekermann nach Berlin in den FontShop, dem ersten Handelshaus für Schriften. Es folgten weitere Meilensteine … FontFont, FontBook, FUSE, FontBook fürs iPad … die auf dem basierten, was Steve Jobs der Medienindustrie bis zuletzt (iPad 2) persönlich in die Wiege legte. Vielen Dank dafür, Steve.
»Keiner will sterben«, sagte Jobs am Ende der oben zitierten Stanford-Rede, »selbst Leute, die in den Himmel möchten, wollen nicht sterben, um dahin zu kommen. Und doch ist der Tod das Ziel, das wir alle gemein haben.« Ohne Dramatik fügte er an: »Und das ist so, wie es sein sollte, denn der Tod ist höchstwahrscheinlich die beste Erfindung des Lebens. Er bewirkt den Wandel. Er entrümpelt das Alte, um Platz zu machen für das Neue. Und das Neue seid Ihr.«
© Abbildung oben (Danke an Sebastiaan de With (Cocoia) für die Abdruckgenehmigung): das iPhone zeigt die Apple-Homepage von heute morgen ab ca. 03:00 MEZ
© Abbildung unten: Standbild aus dem Video des Apple Special Event vom 4. Okt. 2011, in dem mehrfach der reservierte Sessel für den Firmengründer eingeblendet wurde