Heute ist Webfont-Tag (1)
Als ich im November meinen Beitrag über die typografischen Milieus 2010 schrieb, wusste ich natürlich von den Plänen unserer Schwesterfirma FSI FontShop International. Mein These damals, kurz zusammengefasst: Es zeichnen sich für die kommenden Jahre drei professionelle Milieus ab, in denen kommerzielle Schriften zum Einsatz kommen … und für jedes dieser Milieus werden maßgeschneiderte Fonts erscheinen, die technisch und lizenzrechtlich angepasst sein werden:
1. Prepress, 2. Office und 3. Internet.
Am Mittwoch hat FSI mit den FontFonts einen ersten großen Schritt unternommen, um die typografische Kultur im Internet zu fördern: Es erschienen 1250 FontFont-Bestseller in den Formaten .woff und .eot für Webdesigner. Alle Fakten dieser Premiere sind in einer gemeinsamen Presseerklärung festgehalten, die ich der Einfachheit halber hier zitiere (danach folgen Preise und weitere Zusatzinformationen).
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Pressemitteilung von FSI und FontShop, Berlin:
Typografische Vielfalt: Neue Ära im Webdesign
Berlin, 24. Februar 2010. Ein vielfältigeres und angenehm lesbares Internet steht bevor: FSI FontShop International startet eine neue Kollektion digitaler Schriften, die ausschließlich für den Einsatz im Internet angefertigt sind. Endlich sind Webdesigner nicht mehr allein auf die wenigen Systemschriften angewiesen, die bei allen Website-Besuchern installiert sind. Die neuen Web-FontFonts werden so mit den Elementen einer Website verknüpft, dass erstmals HTML-Texte für alle Besucher die gleiche, individuelle Typografie aufweisen können.
Dieser lang erwartete Schritt erlaubt nicht nur das freie typografische Gestalten von Internet-Seiten. Marken und Unternehmen sind endlich in der Lage, Drucksachen und Webseiten im gleichen Stil zu gestalten. Zu diesem Zweck stehen seit heute über 30 der erfolgreichsten FontFont-Schriften zur Verfügung, darunter FF DIN, FF Meta, FF Dax und FF Kievit – insgesamt 1250 Fonts; weitere werden bald folgen.
Web-FontFonts werden in 2 Formaten geliefert: EOT Lite und WOFF, die im Moment von den beiden meistbenutzten Browsern unterstützt werden, nämlich Internet Explorer und Firefox. FSI erwartet, dass noch in diesem Jahr weitere Browser dem WOFF-Standard folgen.
Geliefert werden die Web-FontFonts entweder als Einzelschnitte, nützliche Basic Sets (üblicherweise mit Regular, Bold, Italic und Bold Italic – wenn verfügbar) oder als komplette Familienpakete. Genau wie bei den ebenfalls neuen Office-FontFonts sind versale Tabellenziffern Standard. Mediävalziffern kommen in Small-Caps-Schnitten zum Einsatz, wenn diese zur Familienausstattung gehören, und sind als Einzelschnitte lieferbar. Die Sprachunterstützung der Webfonts entspricht der ihrer Parallelprodukte im OpenType-Format (OTF) bzw. der Office-FontFonts (TTF): die Ausführung »Standard« deckt die westlichen Sprachen ab, »Pro« zusätzlich die zentraleuropäischen, oft auch griechisch und kyrillisch. Jeder Bestellung liegt ein 12-seitiger Benutzerleitfaden bei, mit kurzen, verständlichen Anleitungen für Webdesigner und Webserver-Administratoren.
Die Lizenzierung der Web-FontFonts richtet sich nach den Pageviews/Monat aller Websites eines Unternehmens, auf denen sie zum Einsatz kommen. Es gibt drei leicht zu kalkulierende Lizenzstufen: bis zu 500.000 (Grundlizenz), bis zu 5 Mio oder bis zu 50 Mio Pageviews/Monat. Unternehmenslizenzen, die über die 50-Mio-Schwelle hinausgehen, werden auf Anfrage ermittelt.
Weil Webfonts auf Bildschirmen zum Einsatz kommen, werden sie für diesen Zweck technisch optimiert (Hinting). Die Web-FontFonts unterstützen die ClearType-Schriftglättung von Microsoft, die seit Windows XP unterstützt wird. Die Web-FontFonts werden von allen FSI-Vertriebspartnern angeboten, darunter die FontShops, inklusive FontShop in Berlin.
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Preise Grundlizenz
Die Preisgestaltung der Web-FontFonts folgt jener der kürzlich vorgestellten Office-FontFonts. Der Einzelschnitt Web-FontFont kostet ab 40 € und liegt damit 33 Prozent unter dem vergleichbaren OT-FontFont-Einzelschnitt für PrePress-Anwendungen (Adobe InDesign, Quark XPress, …). Alle genannten Preis zzgl. MwSt.
Single weight Std: ab 40,– € (OT zum Vergleich: 59,– €)
Single weight Pro: ab 50,– € (OT zum Vergleich: ab 69,– €)
Basic Pack Std (Reg, Bld, Ita, BldIta): 129,– €
Basic Set Pro (Reg, Bld, Ita, BldIta): ab 179,– €
Preise Multilizenz
Anders als die Multilizenzen für Office- und Prepress-FontFonts, die sich über die Anzahl der Arbeitsplätze berechnet, basiert die Mengenkalkulation der Web-Lizenzen auf die Pageviews/Monat. FSI unterscheidet dabei nicht nach der Menge der Domains oder Datenmengen, sondern was zählt ist allein der Lizenznehmer (das Unternehmen) mit allen seinen Websites, auf denen Web-FontFonts laufen) und die Summe ihrer Pageviews.
Die Grundlizenz schließt 500.000 Pageview/Monat ein, was üblicherweise gut besuchte Websites abdeckt (z. B. das Fontblog mit rund 380.000 Pageviews/Monat). Unternehmen mit Websites, die bis zu 5.000.000 Pageviews/Monat generieren zahlen (Preis der Grundlizenz) × 4, Traffic mit bis zu 50.000.000 Pageviews/Monat schlägt mit (Preis der Grundlizenz) × 15 zu Buche. Alles was darüber hinaus geht bedarf eines gesonderten Angebots von FSI.
Verkaufsbeginn
Verkauf bei FontShop Berlin ab Montag (offline-Lieferung, Download in Vorbereitung); zur Orientierung und zur Produktauswahl dient das aktuelle Angebot an Offc-Schriften auf www.fontblog.de.
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15 Kommentare
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Frank Meier
Super, preislich ok …
Eine Frage, gebe ich die Pageviews an oder kommt eine Schnipsel Code von Euch in meine WebSite?
Jürgen Siebert
Nein, kein Code, keine ständige Überprüfung. Du machst beim Kauf (Lizenzieren) eine ehrliche Schätzung.
Frank Meier
WoW, einfaches Vertrauen … Hut ab!
Da sind wir dabei und bei den Preisen kann ich nahezu jeden Kunden überzeugen die CI/CD auch im Web stärker in den Vordergrund zu rücken. Danke fürs Vertrauen vorab, das spornt an.
Christian
finde ich auch. Schönes Konzept mit einer angenehm einfachen Struktur.
Kilian Feller
Super weiter so…
Ich habe eine Frage zum Hinting. Werden nur das Subpixel-Hinting (CoolType/ClearType) unterstützt und kein eigentliches Delta Hinting an den Fonts vorgenommen?
Ich denke es wäre wichtig unter den Herstellern, einen einheitlichen Standard bezüglich des Hintings zu finden. Ich persönlich habe immer noch Mühe, längere Texte am Bildschirm zu lesen, die Augen ermüden und man druck es aus was auch nicht im Sinne der Web-Fonts sein kann.
Natürlich ist das nicht nur ein Problem der Schrifthäuser sondern auch der Designer, Softwareentwickler und der Hardware Hersteller. Die Zukunft wird hier Lösungen verlangen, es ist wohl einfacher am Anfang Weichen zustellen als 2-3 Jahren Entwicklung.
Thomas
Bleibt die Typekit-Unterstützung oder plant ihr, die „angefixten“ Typekit-Kunden möglichst zu euch direkt zu ziehen?
Gerrit
Moment mal: Offline-Lieferung? Für Web-Schriftarten? Das erscheint mir irgendwie ironisch.
Maik
Tipp: Das .woff nach dem Kauf gleich verlustlos in .ttf konvertieren, dann läufts in noch mehr Browsern und in Office. Hysterisches Kreischen „DAS IST ABER ILLEGAAAAAAAAL!!!“ in drei, zwei, …
Nein, ist es nicht. Das Umwandeln eines Computerprogramms in eine andere Codeform „zur Herstellung der Interoperabilität […] mit anderen Programmen“ kann nach deutschem Recht nicht verboten werden, auch nicht in einer Individuallizenz (§ 69e UrhG). Ich übernehme, nur an der Stelle, mal die Fontshop-Ansicht, dass Fonts Software seien. Wenn man das nicht unterstellt, ist es natürlich erst recht erlaubt.
So, jetzt rechne ich mit zwar unzutreffenden, aber fantasievollen und unterhaltsamen Ausführungen, warum der genannte Paragraph in dieser Situation nicht anwendbar ist. :-)
Jürgen Siebert
Gerrit: Es handelt sich um eine technische Übergangsphase von wenigen Tagen … der Shop wird für die Darstellung und die MUL-Berechnung der Webfonts umgebaut. Trotzdem wollen wir sofort liefern (per eMail zum Beispiel).
Christoph Päper
Schön!
Ich verstehe aber nicht, warum FSI weiter in „Standard“ (westliche Sprachen) und „Pro“ (zentraleuropäische Sprachen, z. T. griechisch oder kyrillisch) aufteilt. Das gilt nicht in erster Linie der Trennung an sich, sondern der Benennung. Wie kann eine „Standard“-Variante nicht alle Orthographien der EU unterstützen, zumindest die lateinischen? Also „Light“ und „Standard“ wäre ehrlicher; „Pro“ oder „Plus“ könnte man sich dann für erweiterte Skriptunterstützung oder auch schon für Kyrillisch und Griechisch aufsparen.
Jürgen Siebert
@Maik: Lizenzrechtlich wie auch technisch sehr fantasievoll …
Peter Mayr
Wenn die Website auch Texte als PDF anbietet (Schriften eingebettet), brauche ich dann noch eine extra Lizenz oder geht das mit der Internet Font Lizenz?
Jürgen Siebert
@Peter: Für das Erstellen des PDF benötigst Du eine Print-Lizenz (.ttf, .otf), die zudem das Einbetten der Schrift in das PDF gestattet (bei FontFonts ist das der Fall). Die Web-Fonts werden für die Darstellung von HTML-Texten auf dem Bildschirm produziert und lizenziert. Mit Ihnen kannst Du keine Drucksachen und auch keine PDFs bauen.
Hans
Auch wenn die Experten hier meinen, dass die Preise ok sind: Für kleine und/oder private Webseiten ist das immer noch inakzeptabel hoch.
Ich sags ganz offen: Ich habe auf meiner Festplatte nicht gerade wenige „geklaute“ Fonts, weil ich mir die nie hätte leisten können. Und das geht beim Webfont-Kram nun genauso weiter. Die meisten Seiten haben eben nicht mal im Ansatz 500000 Pageviews, sondern vielleicht 100 im Monat. An deren Bedarf geht das Angebot weiterhin vorbei. 10 EUR und es wär ein Deal. Wenn man bei der Preisgestaltung eh schon auf Vertrauen setzt, dann könnte man sicher auch ein Angebot für solche Nutzungen machen.
Ich besitze genau einen gekauften Font und der war – obwohl von einer professionellen Fontschmiede – preislich attraktiv und hat nur 30 EUR oder so gekostet. Und das ist kein Webfont sondern ein OTF ohne Nutzungsbeschränkungen.
Hans
Ich möchte noch folgendes klarstellen: Ich weiß die Arbeit und Qualität professioneller Fonts mit Sicherheit zu schätzen. Aber die ganzen Jahre in denen ich Fonts eingesetzt habe, waren alle legalen Angebote immer an meinem Bedarf vorbei. Bei „normalen“ Fonts musst man als „Kleiner“, der vielleicht nur mal ein paar Überschriften darin setzen wollten immer das gleiche Zahlen wie ein Großer.
Die Preisgestaltung bei den Webfonts wie hier ist da schon ein Fortschritt, aber eben immer noch falsch angesetzt. Die kleinste Stufe ist größer als die Aufrufe dieses Blogs, da läuft doch was falsch. Man hat offenbar zumindest erkannt, dass sich hier eine Chance bietet, aber richtig was daraus macht man doch nicht.
Mir ist übrigens eingefallen, dass ich noch einen zweiten gekauften Font besitze: Die Axel, denn auch die wurde zum attraktiven Preis angeboten.