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Spark bringt Schönschrift auf Low-Tech-Displays

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Pünktlich zur Elektronikmesse CES in Las Vegas haben unsere Kollegen bei Monotype in Woburn (Massachusetts) eine neue Font-Technologie-Umgebung veröf­fent­licht, die es erlaubt, – verein­facht gesagt – dem ›Internet der Dinge‹ typo­gra­fisch auf die Sprünge zu helfen. Mit dem Spark™ Font-Baukasten ist es erst­mals möglich, mit wenig Code, wenig CPU-Power und wenig Energie skalier­bare Schriften auf simplen Displays zu reali­sieren. Das Internet der Dinge ist das zentrale Thema der dies­jäh­rigen CES, die sich in Referaten und auf Messeständen intensiv der Anbindung von Geräten ans Netz widmet.

Der Präsident von Samsung, Boo-Keun Yoon, widmete fast seine gesamte Keynote der Vernetzung von Alltagsgegenständen. Sie habe das Potential, die ganze Gesellschaft zu trans­for­mieren. Um seinen Thesen mehr Gewicht zu verleihen, holte Yoon den ameri­ka­ni­schen Ökonomen und Soziologen Jeremy Rifkin auf die Bühne, der eine »Ära der Superkonnektivität« ausrief. Beide Referenten beschrieben Szenarien, die Samsung mit seinen Produkten noch in diesem Jahr möglich machen wolle … mit vernetzten Geräten wie elek­tri­schen Zahnbürsten, Personenwaagen, Kühlschränken oder Espressomaschinen, die alle über kleine Bildschirme ihren »aktu­ellen Gemütszustand« spie­geln um ihn anschlie­ßend zu senden.

Das Problem, vor dem zur Zeit viele Ingenieure stehen: die meisten Haushaltsgeräte sind digi­tale Analphabeten, die mit voll grafik­fä­higen Touchscreens, wie wir sie alle lieben, nicht nur gnadenlos über­for­dert wären sondern auch hoff­nungslos teuer würden. Als Alternative bieten sich simple Digitalanzeigen mit fixen Pixelfonts an, die zwar den Charme eines Kraftwerk-Album-Covers der 1980er Jahre verbreiten, aber als vernetztes High-Tech-Tool im Elektronikmarkt nur schwer vermit­telbar sind. An dieser Stelle kommt Monotype Spark ins Spiel, das quasi grafik­fä­hige Typografie (= skalierbar aus Vektordaten errechnet) auf Low-cost-Displays ermöglicht.

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Anzeigequalität von gestern, heute morgen auf dem Weg ins Büro fest­ge­halten: fixe Bitmap-Fonts infor­mieren im KFZ-Display über die empfang­baren Radiostationen … raum­grei­fende 1980er Jahre Font-Technologie auf einem 5-Zoll-Bildschirm Baujahr 2007 

Mit der Hilfe von Monotypes Spark müssen sich die Entwickler elek­tri­scher Geräte keine Gedanken mehr über Rechenpower oder Speicherkapazität machen. Das System umfasst die Software-Komponenten iType® Spark und WorldType® Shaper Spark, sowie einen Satz opti­mierter Fonts, darunter Avenir®, Burlingame®, Frutiger®, Helvetica® und Univers®. Die iType-Komponente erlaubt den Entwicklern, Schriftzeichen aus hoch­wer­tigen TrueType-Fonts zu skalieren und zu rendern, einschließ­lich Auto-Hinting in Echtzeit, so dass Texte einfarbig oder in 8-Bit-Graustufen ausge­geben werden können. Dies alles erfor­dert nicht mehr als 20 KB RAM-Speicher und spielt sich mit einem Code-Volumen von rund 100 KB ab (für einen ARM Prozessor).

Die WorldType-Shaper-Software hilft dabei, die benö­tigten Zeichensätze und Zeilenumbrüche für »exoti­sche« Absatzmarktes sicher zu stellen, zum Beispiel wenn kompli­zierte und bidi­rek­tio­nale Skripte wie Arabisch, Thai oder Devanagari auf Low-End-Geräten abge­bildet werden müssen. Schon jetzt unter­stützt Spark, neben den west­li­chen Sprachen, Chinesisch, Japanisch, Koreanisch und Arabisch. In der Grundausstattung bean­sprucht WorldType ledig­lich 5 KB Rechenspeicher und Platz für 118 KB Programmcode.

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Selbst Instrumente mit wenig Rechenpower können dank Monotypes Spark im Internet der Dinge mit kris­tall­klaren, skalier­baren Textnachrichten kommunizieren

Eine skalier­bare Schriftlösung dieser Qualität stand Ingenieuren, die Geräte mit wenig Speicherleistung und geringer CPU-Auslastung entwi­ckeln, bisher nicht zur Verfügung. Mit Spark können erst­mals kosten­güns­tige und quali­tativ hoch­wer­tige Textdisplays reali­siert werden, die mehrere Sprachen und diverse Schriftgrößen im Rahmen einer mini­mierten Hardware-Umgebung unterstützen.

»Die Kunden von heute haben einen hohen Anspruch an das User-Interface ihrer Geräte – egal, ob es dabei um Displays im Auto, auf neuen Fitnessarmbändern oder die Anzeige auf einer Insulin-Pumpe geht«, erläu­terte Geoff Greve, Vice President Type Operations bei Monotype, anläss­liche der Vorstellung von Spark am vergan­genen Montag. »Bisher waren Designer und Ingenieure in ihrem Handlungsspielraum einge­schränkt. Es war nicht möglich, flexible und skalier­bare Text-Displays für Geräte mit geringer und mitt­lerer Rechenleistung zu entwi­ckeln, ohne viel Arbeitszeit und höhere Kosten in zusätz­liche Hardware oder Speicherkapazität zu inves­tieren. Unsere Spark-Lösung gibt nicht nur den Texten auf Displays ein besseres Aussehen, sondern sie erlaubt zudem den Geräteherstellern, ihre Entwicklungskosten gering zu halten, weil sich eine Instrumentenserie sehr leicht mit anderen Sprachen und neuen Zeichensätzen für inter­na­tio­nale Märkte skalieren lässt.«

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Das Tolle an der neuen Technologie: jeder Interface-Ingenieur kann sie sofort selbst auspro­bieren. Auf spark​.mono​type​.com steht Monotype Spark mit vorge­fer­tigte Binärdateien für eine breite Auswahl an Plattformen zum Download kosten­frei zur Verfügung. Das Download-Paket enthält ein Handbuch und Demofonts. Lizenzen zur kommer­zi­ellen Nutzung können eben­falls später direkt online erworben werden. Kunden bekommen auch die SDK Quellcodes, wenn sie es bevor­zugen, selbst zu portieren oder Anpassungen vorzunehmen.


Wladimir Klitschko boxt Font gegen Leseschwäche

Für einen guten Zweck ist der mehrfache Box-Schwergewichts-Weltmeister Wladimir Klitschko unter die Schriftkünstler gegangen. Mit seinen Fäusten und blauer Farbe boxte er die Buchstaben des Alphabets auf Leinwände. FontShop machte daraus eine Font.

Klitschko_vs_Illiteracy_01 Die Aktion Klitschko vs. Illiteracy soll auf die welt­weite Bildungsarmut unter Kindern aufmerksam machen

Ab heute werden die 26 Leinwände live verstei­gert – auch im Internet. Der gesamte Erlös kommt der Klitschko Foundation und »Ein Herz für Kinder« zugute, die damit Bildungsprojekten helfen.

Die ersten Buchstaben-Gemälde werden um 18:30 Uhr bei der Auktion »The Klitschko Alphabid« im Axel-Springer-Haus in Hamburg vor gela­denen Gästen verstei­gert. Zeitgleich beginnt die Ebay Online-Auktion. So kann man auch zu Hause einen Lieblingsbuchstaben erstei­gern und gleich­zeitig Bildungsprojekte für junge Menschen unterstützen.

Klitschko_vs_Illiteracy_03Wladimir Klitschko boxte »in seinem ersten Kampf über 26 Runden« jeden Buchstaben des Alphabets in blauer Farbe auf Leinwand, und signierte die Unikate anschließend

Den Klitscko-Font kann man kostenlos down­loaden (English version of Klitschko down­load page). Wer möchte kann das Projekt mit einer eine SMS-Spende (2,60 €) unterstützen.


Fallstudie: Die dm-Drogerie-Exklusivschrift

Im Gespräch mit den Markenexperten Claus Koch und Jörg Hemker beleuchtet Fontblog-Redakteur Jürgen Siebert die Entstehung einer ausge­feilten Hausschrift als Kernelement einer zeit­ge­mäßen Markenidentität für die Drogeriekette-dm.

Kein Handelsunternehmen in Deutschland ist so häufig an Spitzenpositionen in Rankings zu finden wie dm-drogerie markt. Jüngere Auszeichnungen wie »Beliebtester über­re­gio­naler Drogeriemarkt Deutschlands« und »Service Champion« sind nur zwei Beispiele. Zum 40 Geburtstag beschert sich das Unternehmen erst­mals in seiner Geschichte eine starke visu­elle Identität, basie­rend auf einer maßge­schnei­derten Schrift-Großfamilie (»dmSoft«), einer über­ar­bei­teten Farbpalette und einem ganz­heit­li­chen Konzept, mit dem bereits der Gründer Prof. Götz Werner das Unternehmen zum Erfolg führte.

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Fontblog sprach mit dem Hamburger Markenexperten und Unternehmer Claus Koch und seinem Partner für Schriftentwurf Jörg Hemker über die Rolle der Schrift im neuen Erscheinungsbild von dm.

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Kurz noch ein paar Zahlen. 1973 eröff­nete der erste dm-Markt in Karlsruhe. Heute ist dm in 12 Ländern aktiv und Deutschlands umsatz­stärkster Drogeriemarkt, mit 1417 Filialen (2802 Filialen im Ausland). Fast 32.000 Mitarbeiter erwirt­schaf­teten im ersten Halbjahr 2013 in Deutschland einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro (im Ausland 0,9 Milliarden Euro), ein Plus von 16,2 Prozent (5,4 Prozent) gegen­über dem Vorjahreshalbjahr.

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Fontblog: Viele Menschen lieben die dm-Drogeriemärkte. In Umfragen verzeichnet das Handelsunternehmen gegen­über seinen Mitbewerbern  einen Vorsprung in Sachen Transparenz, Ausbildung der Mitarbeiter, Kundenzufriedenheit und Preisstabilität. Gerade stärkt die Drogeriekette – im laufenden Betrieb – ihren visu­ellen Auftritt, wobei der von Ihnen konzi­pierten Exklusivschrift eine wich­tige Rolle zukommt. Welchen Markenwerte standen am Beginn des Projekts?

Claus Koch: Der Ausgangspunkt für die Entwicklung waren die dm-Markenwerte mensch­lich, ehrlich, ästhe­tisch, offen, authen­tisch, zurück­hal­tend, verläss­lich. Die Schrift musste diese Haltung umsetzen.

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F: Wann ist eine Schrift mensch­lich, ehrlich und authentisch?

Koch: Grundlagen für den Entwurf waren die Formen einer huma­nis­ti­schen Grotesk … da ist der Begriff ›mensch­lich‹ bereits enthalten. Offene, orga­ni­sche Figuren und eine echte Kursive spie­geln die Markenwerten ›ästhe­tisch‹ und ›authen­tisch‹ wider. Die Zeichenformen sind geschrieben, nicht konstru­iert wie bei stati­schen Groteskschriften. Die Offenheit und Differenzierbarkeit der Ziffern war eine weitere Anforderung. Wir haben die Kernwerte der Marke in Typografie rele­vante Kriterien über­setzt. Die dmSoftist zeitlos, schnör­kellos in den Formen, klar und unter­scheidbar für die Lesbarkeit mit einem ökono­mi­schen, ausge­gli­chenen Schriftbild.

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F: Neben den emotio­nalen Werten der Marke dm, welche sach­li­chen und tech­ni­schen Voraussetzungen musste die Schrift erfüllen?

Jörg Hemker: Die beiden wich­tigste Kriterien einer Corporate-Schrift sind natür­lich die Lesbarkeit und ihr Charakter. Extravagante Display- und Schmuckschriften besitzen in der Regel zwar eine große Plakativität, meist jedoch zu Ungunsten der Leserlichkeit. Beim dm-Projekt war es von großer Bedeutung, beide Merkmale unge­stört zuein­ander und positiv zu entwickeln.

F: Welche Bedeutung spielt die Internationalität der Schrift, also ihr Sprachausbau?

Koch: dm ist inner­halb Europas in 11 Ländern vertreten. Neben dem latei­ni­schen Alphabet musste auch das kyril­li­sche entwi­ckelt werden, sogar in seinen indi­vi­du­ellen Ausprägungen für Bulgarien und Serbien. Wichtig war uns dabei, dass die Schrift auch im Kyrillischen ihren Charakter beibe­hält und dm stets als Absender erkennbar ist.

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F: Wie kamen Sie auf die Idee der abge­run­deten Strichenden

Koch: Wir rundeten die Schrift ab, um das Schriftbild möglichst eigen­ständig zu halten und den Werten mensch­lich und verläss­lich zu entsprechen …

Hemker: … dabei war für mich die Definition der Radien von großer Bedeutung. Perfekt halb­rund sollten die Enden keinen­falls werden, zumal dies auch nicht zur Grundform der Schrift passen würde. Die Lösung lag in einer weichen Form. Die Rundungen sind keine aufge­setzte Formalität sondern verschmelzen harmo­nisch und unter­strei­chen in jedem Zeichen auf passende Art den Schriftcharakter.

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F: Ich wusste gar nicht, dass es böse und gute Rundungen gibt

Hemker: Ich wollte unbe­dingt vermeiden, dass die Rundungen an kriti­schen Positionen zur Tropfenbildung neigen. Die hohe Auflösung in FontLab war dabei sehr hilf­reich, vor allem als es darum ging, die hoch­ge­stellten Zeichen umzusetzen.

F: Stichwort »hoch­ge­stellt«. Bei der Preisauszeichnung arbeiten die dm Märkte sehr gerne mit hoch­ge­stellten Cent-Beträgen. Wurde daraus im Font reagiert?

Hemker: Ganz klar: Am Point of Sale spielen die Ziffern die Hauptrolle. Daher habe ich mich auch sehr intensiv mit der Gestaltung der Ziffern ausein­an­der­ge­setzt. Preis- und Mengenangaben müssen für die Kunden sowohl unter verschie­densten Bedingungen verläss­lich lesbar sein, aber auch in kultu­reller Hinsicht und in Bezug auf die Bildungserfahrung darf das Aussehen der Zahlen keine Missverständnisse provo­zieren. Dies alles haben wir bei deren Gestaltung bedacht. Und natür­lich enthalten alle dmSoft Fonts diverse Ziffernsätze, einschließ­lich der verklei­nert-hoch­ge­stellten, natür­lich in der rich­tigen Strichstärke.

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F: Bei den verschie­denen euro­päi­schen Währungszeichen haben sie sich einen font-tech­ni­schen Kniff einfallen lassen …

Hemker: Richtig, wir haben die Abkürzungen für die osteu­ro­päi­schen Währungen als OpenType-Feature in die Fonts einprogrammiert.

F: Von welchen Währungen spre­chen wir jetzt, haben die nicht alle den Euro?

Koch: Vonwegen. dm ist über­wie­gend in Nicht-Euro-Ländern präsent. Ganz konkret geht es um die tsche­chi­sche Krone, den unga­ri­schen Forint, kroa­ti­sche Kuna, bulga­ri­scher Lev, maze­do­ni­scher Denar, den weiß­rus­si­schen Rubel und die tsche­chi­sche Krone …

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Hemker: Für alle diese Währungen gibt es kein spezi­elles Zeichen, aber Abkürzungen mit einer bestimmten Schreibweise – z. B. Ft, Br, KM – mit denen die Kunden in diesen Ländern vertraut sind. Und damit nicht jeder Benutzer der dmSoft die Währung anders abkürzt oder even­tuell ausschreibt, haben wir die kompletten Abkürzungen als je ein Zeichen im Font abge­legt, also prak­tisch Währungsligaturen erzeugt.

F: Und wo liegen die, wie tippt man ein solches selbst­ge­machtes Zeichen auf der Tastatur?

Hemker: Ganz einfach: Man schreibt das drei­stel­lige ISO-Kürzel der jewei­ligen Währung mit einem $-Zeichen davor, also zum Beispiel $HUF für die unga­ri­sche oder $CZK für die tsche­chi­sche Währung. Dank des OpenType-Features der bedingten Ligaturen werden diese Abkürzungen vom dmSoft-Font auto­ma­tisch durch das Währungszeichen ersetzt.

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F: Zurück zu den Buchstaben. Welche Aufgaben – außer der Preisauszeichnung – muss eine dm-Schrift noch erfüllen.

Koch: Wir haben das sorg­fältig analy­siert und die folgenden typo­gra­fi­schen Anforderungen heraus­ge­ar­beitet: Headlines, Mengentexte, Preise und Pflichttexte, die unter beson­ders schwie­rigen Druckbedingungen wieder­ge­geben werden müssen. Dieses Spektrum kann nicht alleine von einer Schriftart abge­deckt werden. Und so haben wir die dmSoft in drei Untergruppen aufge­teilt, deren Name das jewei­lige Einsatzgebiet beschreiben …

Hemker: Die dmBrand ist die Marken- und Headlineschrift. Sie prägt das Bild der Marke. Mit ihr werden alle plaka­tiven Informationen umge­setzt. Das sind Regalbeschriftungen, Preise, Claims etc. Die dmSupport ist für Mengentexte gedacht. Die Zeichenformen sind gegen­über der Brand breiter gehalten, die Ober- und Unterlängen ausge­prägter. Die Support besitzt einen ausge­gli­chenen Grauwert im Mengensatz. Eine Kursive ergänzt die typo­gra­fi­schen Möglichkeiten.

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Und schließ­lich die dmIntelligence. Auch wenn die Formen der Intelligence sicher sehr inter­es­sant sind, ist diese Schrift nicht für einen Einsatz jenseits von 8 oder 10 Punkt gedacht. Sie läuft schmaler als die Brand was durch eine große x-Höhe kompen­siert wird. Inktraps steuern dem Zulaufen der Binnenräume unter schlechten Druckbedingungen entgegen. Drei Fetten reichen aus, um allen typo­gra­fi­schen Eventualitäten zu begegnen.

Koch: Gerade haben wir noch eine spezi­elle, extrasch­male Form der Intelligence entwi­ckelt. Wir nennen sie dmLegal, und sie wird nur für die Preisetiketten in Österreich genutzt, da die dort bestehenden Rechtsvorschriften eine Mindestschriftgröße für Vergleichspreise vorschreiben.

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F: Sie über­lassen aber auch nichts dem Zufall …

Hemker: So ist es, und darum gibt es sogar noch einen Symbolzeichensatz, der die wich­tigsten Textilpflegezeichen beinhaltet.

F: Abschließend darf ich noch verraten, dass FontShops Corporate-Font-Abteilung für die tech­ni­sche Umsetzung der dmSoft-Familie verant­wort­lich war, also Sprach-Encoding, OpenType-Programmierung, Hinting, Font-Produktion … hab’ ich was vergessen?

Koch: Vielleicht, dass wir das Projekt immer noch weiter voran­treiben. Dank der ausge­zeich­neten Umsetzung durch FontShop macht die Schrift ja bereits im Druck und auf Bildschirmen eine hervor­ra­gende Figur. Brand und Support liegen komplett als gehin­tete Webfonts vor. Nun werden wir noch drei Schnitte der Support als Office-Fonts im TrueType-Format reali­sieren, damit die dm-Mitarbeiter auch in der internen Kommunikation mit der eigenen Schrift Texte erstellen und lesen können.

F: Herr Koch, Herr Hemker, vielen Dank für das Gespräch.

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Was Schriften für Unternehmen leisten können

Heute in Hannover und am 7. Juni in Mainz widmet sich das TYPO Day Kompakt-Seminar ganz dem Thema Schriften im Unternehmen – Corporate Font. Erik Spiekermann, Indra Kupferschmid, Tim Ahrens, Albert-Jan Pool und weitere Referenten bieten einen Überblick zum aktu­ellen Stand der digi­talen schrift­li­chen Kommunikation.

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 Die Entwicklung einer Schrift aus dem Firmenlogo stärkt das Erscheinungsbild der Marke für jeden Auftritt

Was Schriften für Unternehmen leisten können, erfahren Teilnehmer des Intensiv-Seminars, das zum nächsten Mal am 7. Juni im Kurfürstlichen Schloss Mainz gastiert, von namhaften Referenten mit lang­jäh­riger Erfahrung in der typo­gra­fi­schen Gestaltung. Corporate-Font-Themen reichen von der Markenbildung, über den medi­en­über­grei­fenden Auftritt, bis zu den neuesten Entwicklungen bei der Font-Technik.

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Süddeutsche Zeitung mit neuer Typografie

Als erste über­re­gio­nale Tageszeitung im Land ließ sich die Süddeutsche Zeitung maßge­schnei­derte Schriftfamilien für alle ihre Kanäle entwi­ckeln. Heute feiern SZ Text, SZ Serif und SZ Sans in der Printausgabe Premiere (vgl. Titelseite, Abbildung oben). Entworfen wurden die Schriften im Verlauf der letzten acht Monate vom Büro ErlerSkibbeTönsmann, nament­lich den Type-Designern Henning Skibbe (FF DingbatsFontFont) und Nils Thomsen (MeretOurtype), in enger Zusammenarbeit mit dem SZ-Artdirector Christian Tönsmann (Layout). FontShop beglei­tete die tech­ni­sche Aufbereitung der 40 Fonts.

Seit Jahren vertritt das Corporate-Font-Team bei FontShop (gemeinsam mit Erik Spiekermann) die These, dass anspruchs­volle Medien und Marken mit einer exklusiv entwi­ckelten Hausschrift

  • ihr Profil maximal schärfen,
  • ihre indi­vi­du­ellen Anforderungen maßge­schnei­dert lösen,
  • lizenz­recht­liche Freiheit über alle Kanäle genießen und
  • dies meist weniger kostet als die Lizenz einer Standardschrift.

Bei den deut­schen Nachrichtenmedien setzt sich diese Erkenntnis langsam durch; briti­sche und US-ameri­ka­ni­sche Zeitungen prak­ti­zieren den Individualweg bereits seit Jahren mit Erfolg. Die Tageszeitung (taz) war einst Vorreiter (Schriften: Taz und Tazzer, heute nicht mehr exklusiv), auch der SPIEGEL arbeitet seit über zehn Jahren mit indi­vi­dua­li­sierten Schriftfamilien (modi­fi­zierte Franklin Gothic und Linotype Rotation).

Das Aussehen einer etablierten Tageszeitung anzu­fassen ist stets ein Wagnis. Wer sie über Jahre täglich konsu­miert, dies pflegt die wich­tigste Kundengruppe zu tun, reagiert kritisch auf opti­sche Veränderungen. Dabei dürfte ein Schriftwechsel allein kaum auffallen. Doch es geht meist um mehr als um mikro­sko­pi­sche Eingriffe, nämlich um makro­ty­po­gra­fi­sche Veränderungen (Spalten, Zeilenabstände, Kästen, …) bis hin zu inhalt­li­chen Aufräumarbeiten. Bei der Süddeutschen hatte sich über Jahre manches einge­schli­chen, zunächst aus Nachlässigkeit, doch bald wurde es zu einem Wildwuchs von Ressort-Eigenheiten: »Acht verschie­dene Kommentar-Formen, jede Menge Autorenzeilen, krumme Kästen und sonder­bare Umtextungen eigen­artig geschnit­tener Bilder …« heißt es in einer aktu­ellen Selbstanalyse. All dies wurde geordnet, aufge­räumt und manches auch abge­schafft. Die Redaktion feiert den neuen Auftritt mit einem popu­lären Vergleich: »Die SZ wird nicht gebo­toxt, nicht verschnitten, und Silikon kriegt sie auch nicht. Sie bekommt eine neue Garderobe, die zu ihr und vor allem zu ihren Lesern und Freunden passt.«

Unter der program­ma­ti­schen Überschrift »Die gute Zeitung hat Zukunft«, wendet sich – wie in solchen Fällen üblich – die Chefredaktion an die Leser und erläu­tert die Beweggründe des Redesigns. »Wir haben zuerst in der Redaktion und dann unter den Lesern erforscht, was bleiben soll, was verän­dert werden kann, und was gemacht werden muss. Die Schaffung einer neuen Schrift war uns dabei ein sehr wich­tiges Anliegen. Die neue Schrift wird zur Identität dieser Zeitung, zur Marke beitragen, sie wird sogar ein bestim­mender Teil des Charakters werden.« schrieb Kurt Kister, seit Januar 2011 Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, bereits gestern auf sued​deut​sche​.de.

Dass der Chefredakteur einer deut­schen Tageszeitung die Rolle seiner (neuen) Schrift in einem Atemzug mit redak­tio­nellen Änderungen leiden­schaft­lich vertei­digt, ist eine Anerkennung für alle Typografen und Schriftentwerfer in diesem Land, die seit Jahren für die Nutzung des viel­fäl­tigen Angebots kämpfen. Tatsächlich ist die deut­sche Font-Szene welt­weit aner­kannt (wenn nicht sogar führend), gemessen an den Bestsellern, den Umsätzen, den Neuerscheinungen und den neu gegrün­deten Schriftenhäusern (Foundries).

Wie erklärt man seinen Lesern die Vorzüge der neuen Schrift? Einige Änderungen sind mit bloßem Auge kaum wahr­zu­nehmen, die Wirkung ist subtil. Die Süddeutsche versucht es mit einer Abbildung (oben), die eine Gegenüberstellung von sechs typi­schen Lettern der bisher verwen­deten Excelsior und der neuen SZ Text zeigt. Ein solcher Vergleich ist aufschluss­reich für Experten, doch Laien fragen sich ange­sichts mini­maler Kurvenänderungen: ›Was soll das nun bewirken?‹

Würde BMW einen neuen Motor entwi­ckeln und in seinen Prospekten die verbes­serten Ventile, Schrauben und Kolben abbilden, wäre das selbst für Autofans wenig aufschluss­reich. Erst das Anlassen des Motors, sein Geräusch und eine Probefahrt offen­baren die Vorzüge der über­ar­bei­teten Verbrennungstechnik. Genau so verhält es sich mit Schriftdesign und Typografie. Erst das Zusammenspiel der Buchstaben und das prak­ti­sche Lesen erbringen den Beweis, wie sich der Feinschliff der Buchstabenkurven auf die Leserlichkeit des Texts auswirkt. Genau das ist die Kunst der Typografie. Das Schriftbild ist so etwas wie das »Grundrauschen der Gestaltung« (SZ), das wir erst bemerken, wenn eine Störung eintritt.

Zu den besei­tigten Störungen in ihrem Schriftbild schreibt die SZ heute: »Zu Beginn der Neugestaltung analy­sierte eine Typografin eine Titelseite der SZ und zählte dort ganze 20 Schriften. Hier hat das grafi­sche Grundrauschen schon fast den Pegel des Lärms erreicht. Das lag unter anderem daran, dass die SZ bisher drei sehr unter­schied­liche Schriften verwen­dete, die Helvetica, die Excelsior und die Times. Nun wird es nur noch eine Grundschrift geben, die SZ-Text, aus der sich alle anderen ableiten. So wird nun aus dem Lärm wieder ein ange­nehmes Grundrauschen.«

Es war nicht nur wichtig, das Schriftbild zu beru­higen. Die bisher einge­setzten Schriften waren für eine moderne Zeitung veraltet, weil sie einst für den Bleisatz geschnitten wurden. Was in der gedruckten Ausgabe noch halb­wegs funk­tio­nierte, stößt bei den neuen Medienangeboten an seine Grenzen, also beim E-Paper, bei iPad-Ausgaben, auf der Website und ähnli­ches. Die neuen SZ-Schriften berück­sich­tigen auch das Lesen am Bildschirm, und damit sichern sie die Zukunft der Zeitung aus München.

Die Familienstruktur der neuen Süddeutschen-Zeitung-Schriften (40 Fonts):

SZ Text

Regular (inkl. Kapitälchen)
Medium (inkl. Kapitälchen)
Bold (inkl. Kapitälchen)
Black (inkl. Kapitälchen)

Regular Italic
Medium Italic
Bold Italic
Black Italic

SZ Serif

Light (inkl. Kapitälchen)
Regular (inkl. Kapitälchen)
Regular Sub (inkl. Kapitälchen)
Medium (inkl. Kapitälchen)
Bold (inkl. Kapitälchen)
Black (inkl. Kapitälchen)

Light Italic
Regular Italic
Regular Sub Italic
Medium Italic
Bold Italic
Black Italic

SZ Sans

Light (inkl. Kapitälchen)
Regular (inkl. Kapitälchen)
Medium (inkl. Kapitälchen)
Bold (inkl. Kapitälchen)
Black (inkl. Kapitälchen)

Light Italic
Regular Italic
Medium Italic
Bold Italic
Black Italic

SZ Sans Condensed

Light (inkl. Kapitälchen)
Regular (inkl. Kapitälchen)
Medium (inkl. Kapitälchen)
Bold (inkl. Kapitälchen)
Black (inkl. Kapitälchen)

Light Italic
Regular Italic
Medium Italic
Bold Italic
Black Italic

Weitere Informationen: www​.sued​deut​sche​.de/​t​h​e​m​a​/​L​a​y​o​u​t​-​R​e​f​orm


Alles richtig gemacht, SZ-Magazin fürs iPad

Bis vor fünf Wochen war das SZ-Magazin bei und in der Familie eine unre­gel­mä­ßige Lektüre, obwohl wir es alle mögen. Der gedros­selte Konsum lag meis­tens daran, dass uns beim Samstageinkauf einfiel: »Oh, gestern erschien wieder das SZ-Magazin«. Für alle Leser, die nicht so vertraut sind mit den Printobjekten des Süddeutschen Verlag: Das Süddeutsche-Zeitung-Magazin ist die vier­far­bige Beilage, ein soge­nanntes Supplement, in der Freitagsausgabe der SZ und mit 430.000 Auflage eines der größten deut­schen Zeitschriften.

Gestern Abend erschien zum 6. Mal die digi­tale Ausgabe des Magazins. Wir haben sie alle gekauft (für je 79 Cent) und erfreuen uns seit der ersten digi­talen Ausgabe jede Woche über:

  • das Erscheinen am Donnerstagabend
  • die zeit­lich unbe­grenzte Lieferbarkeit
  • den güns­tigen Preis
  • den Mehrwert im Vergleich zur Print-Version
  • die selbst­be­wusste, konse­quente Inszenierung

Damit ist eigent­lich schon alles gesagt. Vor allem den letzten Punkt möchte ich ausdrück­lich hervor­heben und vergleich­baren Verlagsprojekten zwecks Überprüfung ans Herz legen. Dem SZ-Magazin für das iPad merkt man auf jeder Seite an, dass es – unter dem Ex-Jetzt-Redaktionsleiter und Ex-Neon-Chefredakteur Timm Klotzek – mit »Liebe zum Gerät« gemacht ist (anstatt mit »Liebe zum Papier, aber weil das ja bald ausstirbt, müssen wir das gezwun­ge­ner­maßen jetzt aufs iPad bringen«). Die Liebe fürs Detail zeigt sich nicht nur im digi­talen Heft selbst, sondern sogar an der Metadaten-Pflege im App-Store, wo aktu­elle ScreenShots für die App werben … eigent­lich ein Kinderspiel, man muss es nur verstehen und wollen, Woche für Woche.

Ein Beispiel für den Mehrwert der digi­talen Ausgabe ist die aktu­elle Titelgeschichte: Vor sieben Jahren hat das SZ-Magazin ein Heft über Dreizehnjährige gemacht. Nun haben Fotograf und Redaktion sie alle noch mal getroffen, »für ein Heft über die Zwanzigjährigen von heute«. Ein 5-minü­tiger Film doku­men­tiert die Erinnerungen und Gedanken des Fotografen. Und weil es in digi­talen Magazinen keine Platzprobleme gibt, werden nicht nur alle alten und neuen Fotos der Jugendlichen ganz­seitig insze­niert, man bekommt sogar noch mal die Texte von damals gelie­fert. Ähnlich geht die Redaktion mit Rezepten um (groß bebil­dert), der Kolumne von Axel Hacke (inkl. Audio-File, vom Autor gelesen) und den beliebten Kolumnen »Sagen Sie jetzt nichts« oder dem verzwickten Kreuzworträtsel, das selbst­ver­ständ­lich auch mit der iPad-Tastatur gelöst werden kann. So macht man iPad-Magazine.

Zum selben Thema auch meine aktu­elle Kolumne in PAGE: Warum e-Books nur ein Zwischending sind