Fontblog Artikel im Januar 2010

Was war noch mal generative Gestaltung?

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Gestern twit­terte der Mainzer Verlag H. Schmidt: »›Generative Gestaltung‹ (http://​bit​.ly/​5​7​ov7) klet­tert im Amazon-Verkaufsrang auf den sagen­haften Platz 1833. Vielen Dank an alle!« Damit ist das zitierte Werk im Augenblick das meist­ver­kaufte Designbuch. Und dies zu recht! Wem diese Tatsache bereits ausreicht und jetzt »Haben wollen!« ruft, bestelle das 472-seitige Buch von Hartmut Bohnacker, Benedikt Groß, Julia Laub und Claudius Lazzeroni sofort und versand­kos­ten­frei im FontShop … (75 € inkl. MwSt.). Oder freuen sich auf die TYPO 2010, wo Julia Laub und Hartmut Bohnacker das Thema mit vielen animierten Beispielen vertiefen. Alle anderen lesen nach dem Bild weiter.

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In »Generative Gestaltung« geht es darum, wie Bilder mittels Code erzeugt werden können. Ein Bild wird also nicht mehr von Hand geschaffen, sondern dadurch, dass eine visu­elle Idee in ein Regelwerk über­setzt und dann in einer Programmiersprache in Form eines Quellcodes umge­setzt wird. Die Folge ist, dass ein solches Programm nicht nur ein einzelnes Bild erzeugen kann, sondern dass durch Veränderung von Parametern ganze Bilderwelten entstehen.

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Das Buch schafft eine solide Grundlage dafür, wie dieser verän­derte Gestaltungsprozess genutzt werden kann. Zu Beginn werden in einer »Projektsammlung« 37 Arbeiten verschie­dener Medienkünstler, Architekten und Designer aus dem Bereich der gene­ra­tiven Gestaltung vorge­stellt, um zum einen einen Überblick über das Themenfeld zu bieten und zum anderen eine Inspirationsquelle an heraus­ra­genden Beispielen.

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Danach folgt der didak­ti­sche Hauptteil des Buches, der dem Gestalter die Möglichkeit bietet durch Experimentieren mit erläu­terten Beispielprogrammen eine Vorstellung und ein Gefühl für gene­ra­tive Gestaltung zu bekommen. Die Programme im Buchteil »Grundlegende Prinzipien« veran­schau­li­chen einzelne gene­ra­tive Techniken anhand der vier Gestaltungsbereiche Farbe, Form, Typo und Bild. Dieses Repertoire wird im Teil »Komplexe Methoden« erwei­tert, indem anhand von sechs größer ange­legten Beispielen mehrere Prinzipien kombi­niert und fort­ge­schrit­tene Techniken erläu­tert werden.

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Mit den Möglichkeiten von Programmiersprachen wie »Processing« geht ein Paradigmenwechsel im Design einher: Die Rolle des Gestalters erstreckt sich nicht mehr nur auf den eigent­li­chen formalen Gestaltungsprozess, er wird viel­mehr auch zum Programmierer seiner dyna­mi­schen Werkzeuge. Die Programmiersprache wird zum Entwurfsmedium. Sie nutzt Abstraktionsmuster zum Generieren neuer visu­eller Welten.

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Das Buch von Hartmut Bohnacker, Benedikt Groß, Julia Laub und Claudius Lazzeroni vermit­telt die Grundlagen zum Entwickeln komplexer Visualisierungsstrategien. Es zeigt, wie diese program­mier­tech­nisch umsetzbar sind und legt den Grundstein für ein neues, zeit­ge­mäßes Entwerfen. Mit den üppigen Best-Practise-Beispielen macht es Lust auf gestal­te­ri­sche Entdeckungsreisen.

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Ergänzt wird das Buch durch die Website www​.gene​ra​tive​-gestal​tung​.de, auf der alle Quellcodes aus dem Buch als Downloadpaket zur Verfügung stehen. Die Website ist aber auch Kommunkationsplattform für die Leser. In der Gallery können Ergebnisse präsen­tiert werden und über Kommentare zu den Programmen lassen sich Weiterentwicklungen vorstellen und Probleme diskutieren.

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gen_gest_0Wie oben bereits erwähnt, werden die Autoren Julia Laub und Hartmut Bohnacker das Thema ›Generative Gestaltung‹ auch auf der kommenden TYPO-Berlin-Konferenz vorstellen und vertiefen.

Generative Gestaltung:
Entwerfen, Programmieren, Visualisieren mit Processing

472 Seiten mit über 1000 farbigen Abbildungen
Mit inter­na­tio­nalen Best-Practise-Beispielen, Grundlagen, Programmcodes und Ergebnissen
Format 21 x 30 cm
Festeinband mit erha­bener UV-Lackierung
erschienen im Verlag Hermann Schmidt Mainz
ISBN 978-3-87439-759-9


Jungs, hier FF Yoga Sans + Serif testen*

*Leider unter­stützt unser Flash-Schriftmusterfenster – aus tech­ni­schen Gründen – nicht den kompletten Zeichenvorrat von FF Yoga (ASCII only). Das €-Zeichen ist selbst­ver­ständ­lich in der Schrift enthalten plus weitere 700 Glyphen (Pro-Version) bzw 484 Glyphen (OT-Version). Ich empfehle Euch den Download dieses Schriftschnittportraits (FF Yoga Regular Pro, PDF, 12 S., 220 K), stell­ver­tre­tend für alle 8 Schnitte.


BDG-Umfrage zu den Einkommen der Designer

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Eine nach­lässig recher­chierte Meldung im Stern und in der Welt am Sonntag hat die Diskussion über das durch­schnitt­liche Gehalt von Kommunikationsdesignern entfacht (vgl. auch Fontblog: Gehaltscheck: Grafikdesigner sind Spitzenverdiener und »Grafikdesigner verdienen so wenig wie nie zuvor!«. Der Stern verglich die Gehälter von ange­stellten Kommunikationsdesignern von 1990 und heute infla­ti­ons­be­rei­nigt. Auf der dünnen Datenbasis von weniger als 25 teil­neh­menden Designern wollte man heraus­ge­funden haben, dass Designer die größten Zuwächse im Gehalt verzeichneten.

Der Berufsverband für Kommunikationsdesigner BDG will nun mit aussa­ge­kräf­tigen Daten belegen, wie hoch die Gehälter und Verdienste der Kommunikationsdesigner wirk­lich sind. Die nach­fol­gend verlinkte Umfrage beinhaltet 8 Fragen, die Teilnahme dauert etwa zwei Minuten. Bitte weitererzählen!

Der direkte Link zur Umfrage: http://​www​.umfra​ge​on​line​.com/​l​i​v​e​.​p​h​p​?​c​o​d​e​=​f​2​7​8​7b6


Die neue FF Yoga: eine Schrift für Mädchen? Interview!

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Interview mit dem Schriftentwerfer Xavier Dupré

Die neue Schriftfamilie FF Yoga von Xavier Dupré wurde schon beju­belt, bevor sie erschienen war. Einige vorab veröf­fent­lichte Buchstaben und Mustersätze reichten aus, um Schriftexpert(inn)en in Entzücken zu versetzen. Zum Beispiel Indra Kupferschmid: »Heute habe ich meine neue typo­gra­fi­sche Liebe gefunden – eine Schrift für Mädchen?«.

FF Yoga ist eine Schriftsippe, bestehend aus je 4 Schnitten Sans und 4 analogen Schnitten Serif. Interessant ist ihre Entstehungsgeschichte. Während vergleich­bare Konzepte meist mit einer fertigen Serif-Familie beginnen, aus der eine Sans abge­leitet wird (z. B. FF Scala, FF Quadraat, …), entwi­ckelte Dupré beide Varianten parallel. Warum diese Vorgehensweise für ihn besser funk­tio­niert und wieso das Endergebnis anders wird, erklärte mir Xavier Dupré in einem Interview, das ich für das Magazin Design Made in Germany führt. Dort liegt das Interview auch in gestal­teter Form als PDF (10 S., 1,5 MB) laden, natür­lich gesezt aus FF Yoga.
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„Der Körper eines Buchstabens ist mit dem eines Menschens vergleichbar — und beide inter­es­sieren mich bren­nend.“ (Xavier Dupré)

yoga_spannungFontblog: Wann und mit welcher Intention hast du die Schrift Yoga entworfen?

Xavier Dupré: Meine Arbeit an Yoga begann vor rund zwei Jahren mit dem Ziel, eine nüchterne und viel­sei­tige Schriftfamilie zu entwerfen, die Originalität und Balance verbindet. Sie sollte noch besser für Mengentexte geeignet sein als meine Malaga, jedoch glei­cher­maßen ausdrucks­stark, dank kräftiger Serifen und raffi­niertem Kontrast.

Was inspi­rierte dich zu Yoga?

Mein gesamtes Schaffen ist vom huma­nis­ti­schen Stil beein­flusst, also vor allem vom holländischen und zeitgenössischen ameri­ka­ni­schen Typedesign. Und natürlich schwingt immer meine Leidenschaft für die Kalligrafie mit. Bei FF Yoga haben mich wahr­schein­lich Gerard Ungers und Fred Smeijers’ Arbeiten am meisten beeinflusst.

Was bedeutet es, eine Sans und eine Serif parallel zu entwickeln?

Für mich ist es einfa­cher und inter­es­santer, beide gemeinsam zu entwerfen, weil ich ständig umschalten kann zwischen Sans und Serif. Wenn ein Baustein im einen oder anderen Fall nicht funk­tio­niert, kann ich ihn gleich über Bord werfen. So habe ich immer einen Überblick über das gesamte Werk.

Worin siehst du die Stärke der FF-Yoga-Familie?

Die Stärke der Familie ist ihre ausge­zeich­nete Lesbarkeit, gepaart mit kuriosen Details, die ihr Persönlichkeit geben. Die Sans hat ein recht lineares Design, vergleichbar einer Gill Sans. Doch in Kombination mit der Serif ergibt sich ein Spannungsbogen zwischen neutral und persönlich. Die kräftigen Serifen helfen beim Lesen klei­nerer Texte und verleihen dem Schriftbild einen Bleisatzeffekt.

Planst du Erweiterungen für die Sippe?

Ja. Meine ursprüngliche Idee war die Ent- wick­lung eines Schriftsystems für alle Anfor- derungen. Ich habe bereits mit dem Entwerfen opti­scher Größenvarianten für die Yoga Serif begonnen und mit Display-Fassungen der Yoga Sans. Aber ich brauche noch Zeit. Außer- dem arbeite ich parallel an zu vielen anderen Schriftfamilien.

Warum hast du die Schrift Yoga genannt?

Ich kam auf den Namen, weil ich vor einem Jahr das Yoga in Indien kennen­ge­lernt habe und es noch heute jeden Morgen nach dem Aufstehen prak­ti­ziere. Yoga hilft, dem Körper Elastizität, Balance und Spannung zu geben, Eigenschaften, die ich auch beim Schriftdesign als wichtig erachte. Der Körper eines Buchstabens ist durchaus mit dem eines Menschens vergleichbar – und beide inter­es­sieren mich brennend.

Vielen Dank.

FF Yoga Pro auf font​shop​.de …

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Der Yoga-Steckbrief (PDF; klicken zur Vergrößerung): Schriftmuster, Familienübersicht, OpenType-Feature-Übersicht und Klassifizierung

SW-Foto: Matthieu Spohn (© PhotoAlto)


Ein neues Symbol für Europa … und für umme

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Die Organisation Design Den Haag sucht ein neues Symbol für Europa … wieder einmal auf dem Crowd-Sourcing-Weg. Für die Schöpfer ist nichts weiter drin als Händeschütteln und Schulterklopfen. »All submis­sions will be presented on our website (provided that they don’t offend anyone) in June 2010. 12 designs will be printed on flags (2 x 3 m) and will be exhi­bited in the open air in Den Haag and Berlin. A selec­tion of all the submis­sions will also be published in a booklet, which will be presented to the European Union.« Die Ausschreibungsseite …

Im Gegenzug behalten sich die Veranstalter alle Rechte offen: »By ente­ring, you grant us the right to edit, publish, promote, and other­wise use your entry either as submitted or in edited form without further permis­sion, notice, or compen­sa­tion, always inclu­ding credits.«

Schade: Gute Idee, billige Umsetzung. Macht da jemand mit von Euch? (Danke an Rainer Zerenko für den Hinweis; Abbildung © pico​bell​eu​ropa​.nl)


Vormerken: 2 Wuppertaler Ferngespräche

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Nach der erfolg­rei­chen Vortragsreihe »Ortsgespräche« führt die Bergische Universität Wuppertal nun »Ferngespräche« mit krea­tiven Köpfen aus Köln, Berlin und München. Am 21. Januar sind Ilka Helmig aus Köln und Jonas Natterer aus München zu Gast. Ilka Helmig spricht über ihre Erfahrungen als Grenzgängerin zwischen Kunst und Design. Sie ist Gründerin der Agentur Leitwerk, Professorin an der Fachhochschule Aachen und frei­schaf­fende Künstlerin. Jonas Natterer ist Art Direktor des NEON-Magazins. In seinem Vortrag wird er Einblicke in das turbu­lente Redaktionsleben geben.

Am 28. Januar spricht Eike König, Berliner Grafikdesigner und Gründer des renom­mierten multi-diszi­pli­nären Design-Studios Hort, der für Kunden wie Nike, Volkswagen, Wallpaper, New York Times und Universal Music arbeitet.

Moderiert werden die beiden Veranstaltungen jeweils von Dr. Bernhard Uske (Lehrstuhl Ästhetik und Kulturvermittlung, Bergische Universität Wuppertal)

Universität Wuppertal, Gebäude I, Hörsaal 26. Beginn jeweils um 18 Uhr. Die Veranstaltungen sind kostenlos, Bier 1, –


PdW 2: Studio Lettering von House [Update]

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Diese Woche im Angebot: Das Script-Trio Studio Lettering von House Industries, das sind 3 kommer­zi­elle Schreibschriften zum Preis von 99,– € statt 139,– € (inkl. Lizenz für 10 Arbeitsplätze). »Kommerziell« ist bitte nicht so zu verstehen, dass die Schriften keine Free-Fonts sind, sondern dass sie für Profis und für den profes­sio­nellen Einsatz entworfen wurden, zum Beispiel Packaging, Logo-Konstruktion, Branding oder Fashion-Corporate-Design. Auf einer Webseite von House sind unge­zählte Anwendungsbeispiele zu bewun­dern … Dank raffi­nierter OpenType Features (Demos ansehen) wirken die drei Schreibschriften nie mecha­nisch, sondern sehen stets wie hand­ge­pin­selt aus.

[Update] Die Kommentare zu diesem Beitrag brachten neue Erkenntnisse. Das Paket besteht aus 4 Fonts (nicht 3), denn die Studio Shapes (das sind Hinterleger in Form von Kästen, Flaggen, Wappen usw.) werden nicht als EPS-Dateien gelie­fert sondern in einem Font.

Zur Frage »Darf man mit den Schriften keine Logos gestalten«, habe ich bei House Industries um Aufklärung gebeten, denn die End-User Lizenzbedingungen (EULA) spre­chen von zusätz­li­chen Kosten für diese Art der Benutzung. House-Industries-Boss Rich Roat schrieb mir eben: »That clause was inserted to prevent major corpo­rate logo usage without an addi­tional fee. Our liberal fee struc­ture is listed at the bottom of this page …«. Kurz zusammen gefasst: Logos für Unternehmen/Marken/Publikationen/Filme mit einem Jahresumsatz unter 5 Mio $ sind mit der Grundlizenz abgedeckt.


Die »besten Schriftproben seit Berthold 1913«

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Vor 2 Monaten stellte ich hier im Fontblog unser 52seitiges digi­tales Schriftmustermagazin Forty9 vor (als PDF auf issu​.com). Es zeigt die mit dem Release 49 erschie­nenen neuen FontFonts, sowohl in neutraler Darstellung als auch optisch insze­niert. Für die Gestaltung verpflich­teten wir Alexander Roth, dessen Qualität Erik Spiekermann später mit diesen Worten umschrieb: »Alexander macht die besten Schriftmuster, die ich kenne seit Berthold 1913. Das liegt vor allem daran, dass er die Schriften versteht, die er abbildet.«

forty9_blaetterForty9 war der erste Versuch von FSI und FontShop Deutschland, Abschied vom gedruckten Schriftmuster zu nehmen. Heute können wir sagen: Der Versuch ist geschei­tert. »Und das ist auch gut so … « denn der Name Berthold verpflichtet schließ­lich. Schon der erste Kommentar zum dama­ligen Beitrag, abge­geben vom lang­jäh­rigen Fontblog-Leser microboy, belehrte uns eines Besseren: »Gibt es die Schriftmuster auch in gedruckter Form?«. Und Lena Weissweiler fügte wenig später an: »Ganz wunder­bare Arbeit. Auch ich bin dafür, sie in gedruckter Form anzu­bieten.«. Also, haben wir es wieder getan. Wir ließen drucken, zwischen den Jahren.

Seit heute liegen nun 5000 gedruckte Exemplare von Forty9 bei FontShop im Lager, printed in Berlin (Druckpunkt). Das Kuriose an dieser Drucksache ist ihr Editorial, in dem das Ende der gedruckten Schriftmuster ange­kün­digt wird. Wir haben schlicht vergessen den text zu über­ar­beiten oder einen neuen einzu­setzen. Damit ist Forty9 gleich in doppelter Hinsicht historisch

• als »nie gedrucktes Schriftmuster«, wieder­auf­er­standen in Papierform, mit einem Totenschein als Editorial und
• als Wiederbelebung der gedruckten Schriftprobe im Berthold-Qualität.

Bestellt noch heute dieses geschichts­träch­tige Exemplar. Kostenlos! Auf dieser Seite …

Wer nicht warten kann und einen großen Bildschirm sein eigen nennt, wird natür­lich auch mit der Issuu-Präsentation zu 98 % glück­lich (unbe­dingt im Full-Screen-Modus ansehen):