Was war noch mal generative Gestaltung?
Gestern twitterte der Mainzer Verlag H. Schmidt: »›Generative Gestaltung‹ (http://bit.ly/57ov7) klettert im Amazon-Verkaufsrang auf den sagenhaften Platz 1833. Vielen Dank an alle!« Damit ist das zitierte Werk im Augenblick das meistverkaufte Designbuch. Und dies zu recht! Wem diese Tatsache bereits ausreicht und jetzt »Haben wollen!« ruft, bestelle das 472-seitige Buch von Hartmut Bohnacker, Benedikt Groß, Julia Laub und Claudius Lazzeroni sofort und versandkostenfrei im FontShop … (75 € inkl. MwSt.). Oder freuen sich auf die TYPO 2010, wo Julia Laub und Hartmut Bohnacker das Thema mit vielen animierten Beispielen vertiefen. Alle anderen lesen nach dem Bild weiter.
In »Generative Gestaltung« geht es darum, wie Bilder mittels Code erzeugt werden können. Ein Bild wird also nicht mehr von Hand geschaffen, sondern dadurch, dass eine visuelle Idee in ein Regelwerk übersetzt und dann in einer Programmiersprache in Form eines Quellcodes umgesetzt wird. Die Folge ist, dass ein solches Programm nicht nur ein einzelnes Bild erzeugen kann, sondern dass durch Veränderung von Parametern ganze Bilderwelten entstehen.
Das Buch schafft eine solide Grundlage dafür, wie dieser veränderte Gestaltungsprozess genutzt werden kann. Zu Beginn werden in einer »Projektsammlung« 37 Arbeiten verschiedener Medienkünstler, Architekten und Designer aus dem Bereich der generativen Gestaltung vorgestellt, um zum einen einen Überblick über das Themenfeld zu bieten und zum anderen eine Inspirationsquelle an herausragenden Beispielen.
Danach folgt der didaktische Hauptteil des Buches, der dem Gestalter die Möglichkeit bietet durch Experimentieren mit erläuterten Beispielprogrammen eine Vorstellung und ein Gefühl für generative Gestaltung zu bekommen. Die Programme im Buchteil »Grundlegende Prinzipien« veranschaulichen einzelne generative Techniken anhand der vier Gestaltungsbereiche Farbe, Form, Typo und Bild. Dieses Repertoire wird im Teil »Komplexe Methoden« erweitert, indem anhand von sechs größer angelegten Beispielen mehrere Prinzipien kombiniert und fortgeschrittene Techniken erläutert werden.
Mit den Möglichkeiten von Programmiersprachen wie »Processing« geht ein Paradigmenwechsel im Design einher: Die Rolle des Gestalters erstreckt sich nicht mehr nur auf den eigentlichen formalen Gestaltungsprozess, er wird vielmehr auch zum Programmierer seiner dynamischen Werkzeuge. Die Programmiersprache wird zum Entwurfsmedium. Sie nutzt Abstraktionsmuster zum Generieren neuer visueller Welten.
Das Buch von Hartmut Bohnacker, Benedikt Groß, Julia Laub und Claudius Lazzeroni vermittelt die Grundlagen zum Entwickeln komplexer Visualisierungsstrategien. Es zeigt, wie diese programmiertechnisch umsetzbar sind und legt den Grundstein für ein neues, zeitgemäßes Entwerfen. Mit den üppigen Best-Practise-Beispielen macht es Lust auf gestalterische Entdeckungsreisen.
Ergänzt wird das Buch durch die Website www.generative-gestaltung.de, auf der alle Quellcodes aus dem Buch als Downloadpaket zur Verfügung stehen. Die Website ist aber auch Kommunkationsplattform für die Leser. In der Gallery können Ergebnisse präsentiert werden und über Kommentare zu den Programmen lassen sich Weiterentwicklungen vorstellen und Probleme diskutieren.
Wie oben bereits erwähnt, werden die Autoren Julia Laub und Hartmut Bohnacker das Thema ›Generative Gestaltung‹ auch auf der kommenden TYPO-Berlin-Konferenz vorstellen und vertiefen.
Generative Gestaltung:
Entwerfen, Programmieren, Visualisieren mit Processing
472 Seiten mit über 1000 farbigen Abbildungen
Mit internationalen Best-Practise-Beispielen, Grundlagen, Programmcodes und Ergebnissen
Format 21 x 30 cm
Festeinband mit erhabener UV-Lackierung
erschienen im Verlag Hermann Schmidt Mainz
ISBN 978-3-87439-759-9
6 Kommentare
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Thomas
So ganz grob in die Richtung: „Texturing and Modeling: A Procedural Approach“, ISBN 978-0122287305.
Atemberaubend, was die geschaffen haben.
Alex
Wer ein wenig in den Bereich generative Gestaltung reinschnuppern will, aber nicht gleich ein komplettes Processing-Projekt beginnen möchte, dem sei ContextFree empfohlen: http://www.contextfreeart.org/index.html
Es handelt sich hierbei um eine quelloffene Software die mithilfe einer kontextfreien Sprache arbeitet und mit simplen Grundformen und einigen Regeln komplexe und sehr faszinierende, zufallsgesteuerte Bilder erstellen kann.
Gibt es auch in 3D, da wird’s allerdings schnell komplexer und Structure Synth ist leider weniger gut dokumentiert: http://structuresynth.sourceforge.net/
Grüße
Holland
sehr zu empfehlen ist auch
http://nodebox.net/
Stephan
auch interessant ist: http://processing.org/exhibition/
Karin Schmidt-Friderichs
Danke, lieber Jürgen! Julia Laub und Hartmut Bohnacker haben übrigens letzten Freitag bei stichpunkt einen Vortrag gehalten und von dort kam vollkommen begeistertes Feedback. Das sollte die Vorfreude auf die Typo noch weiter steigern, oder?
Severin Wucher
Entschuldigt bitte meine blöde Zwischenfrage, doch so schön und hilfreich das Buch auch sein mag: Der Einsatz generativer Mechanik (ich nenn’s jetzt absichtlich mal so) entspricht in meinem Designverständnis nicht unbedingt dem, was im Blogtext als „Entwickeln komplexer Visualisierungsstrategien“ beschrieben ist? Und so interessant die erzeugten Gebilde auch sein mögen: In den seltensten Fällen geht es bei den gezeigten Beispielen um nachvollziehbare Vermittlung von Information (und darum geht’s im Kommunikationsdesign ja), sondern eher um eine (dann aber doch sehr eingeschränkte) ästhetische Fingerübung.