Fontblog Artikel im Januar 2010

Mainzer Designer fightet für sein EU-Biologo

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Seit dem 8. Dezember 2009 dürfen die Bürger der Europäischen Union über ein neues, einheit­li­ches Biologo abstimmen (Fontblog berich­tete: EU-Biologo: es darf abge­stimmt werden). Zur Auswahl stehen 3 Entwürfe, von denen eine inter­na­tio­nale Jury eines präfe­riert hatte. Inzwischen wirbt auch ein Videoclip auf YouTube für die Abstimmung, die am 31. Januar 2010 endet:

Nun meldet sich der Entwerfer vom Logo Nummer 2 zu Wort, in Kommentar 53 zum oben verlinkten Fontblog-Beitrag. Er heißt David D. Holly, wurde 1980 in Mainz geboren und studierte dort Kommunikationsdesign. Auf einer eigens einge­rich­teten Webseite schreibt er über seinen Entwurf: »Die Intention meines Beitrages ist die Entwicklung einer freund­lich-spie­le­ri­schen Wort-Bildmarke, die im Kontext orga­ni­scher EU-Produkte steht und infolge effi­zi­enter Öffentlichkeitsarbeit zum posi­tiven Effekt und Mehrwert von Natürlichkeit und Menschlichkeit aufklären soll.« Im Rahmen anderer Projekte konnte Holly bereits Erfahrungen auf Ebene der Europäischen Union gewinnen.

Das Basiselement seines Entwurfs ist ein stili­siertes Blatt, das in einen Haken
mündet. Obwohl in der Linienführung vorder­gründig ein Lächeln (Smiley) versteckt ist, lasse die Gesamtheit des Symbols, so der Entwerfer, mehrere bild­hafte Interpretationen zu, wie »freches Früchtchen«, »Du bist, was Du isst!«, aber auch einen Kern, Körperteile wie ein Ohr oder der Teil eines Schwanzes.

Der Stellenwert der Zertifizierung wird durch einen typo­gra­fi­schen Zusatz gewähr­leistet: »EU Bio«. Unterstützt wird das Symbol durch eine markante Hintergrundform, ein hoch­for­ma­tiges Rechteck. Drei Ecken sind abge­rundet, die obere rechte Ecke fordere »zur Interaktion ›Probier mich!‹ auf und lässt das Logo in seiner Ganzheitlichkeit entstehen.«

Ich halte es für einen lobens­werten und nach­ah­mens­werten Schritt, dass der Entwerfer eines Logos, über das öffent­lich ange­stimmt wird, für seine Schöpfung wirbt. Viel zu viele Signets werden anonym in die Welt gesetzt, wer sie geschaffen hat und was diese Menschen sich beim Entwurf gedacht haben, bleibt für die Verbraucher meist im Verborgenen. Danke, David, ich sehe Deinen Entwurf jetzt mit anderen Augen.


Geht Berlin an zu viel Kreativität zugrunde?

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Die 4. Zukunftswerkstatt Weißensee stellt sich am kommenden Donnerstag (21. 01. 2010, 18.00 Uhr) in der Mensa der Kunsthochschule die Frage, ob Berlin demnächst an seiner Kreativität zugrunde geht. Die Stadt ist inter­na­tional als Standort für Kulturschaffende beliebt und trägt den Titel »Unesco Stadt des Designs«. Zahlreiche Hochschulen für Kunst, Gestaltung, Musik, Schauspiel und Film haben ihren Sitz in der Hauptstadt. Doch wird dieses »Kompetenzcluster« richtig wahr­ge­nommen, gepflegt und geför­dert? Oder wird es maßlos über­schätzt? Gibt es schon zu viele Kreative, Künstler und Designer in der Stadt – einen Verdrängungswettbewerb? Fragen, die mit kompe­tenten Akteuren, Wissenschaftlern, Künstlern und verant­wort­li­chen Politikern disku­tiert werden, darunter der Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Jürgen Zöllner, der Kulturmanager Moritz van Dülmen und Uli Mayer-Johanssen von MetaDesign.

Weitere Informationen: www​.kh​-berlin​.de. Programm-Flyer down­loaden (PDF) …


Schriften sind Schauspieler des geschriebenen Wortes

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Nicht immer fällt es Experten leicht, ihr Tun einem Laien zu erläu­tern. Kann sein, dass es Handwerkern eher gelingt als Dienstleistern, doch ganz sicher ist das Feld Design für Außenstehende ein unsagbar abstrakter Kosmos, vor allem die Sparte Kommunikationsdesign und Typografie.

Manchmal helfen Analogien aus vertrauten Branchen weiter. Die aktu­elle Imagekampagne Was uns antreibt der Volks- und Raiffeisenbanken (VR) regt mich zur Brücke an, Schriften als Schauspieler zu betrachten. Während die mensch­li­chen Darsteller das gespro­chene Wort auf die Bühne (oder ins Hörbuch) bringen, insze­nieren Schriften das geschrie­bene Wort.

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Es gibt männ­liche und weib­liche Schauspieler. Schriften haben kein Geschlecht, aber eine Ausstrahlung, der man durchaus das Etikett männ­lich oder weib­lich anheften möchte (vgl.: »Die neue FF Yoga: eine Schrift für Mädchen?«). Manche Schriften verkleiden sich, andere wollen allen gefallen und geben sich gerne geschlechtslos (vgl.: »Helvetica … die Schrift ohne Eigenschaften.«).

Spricht eine Schrift laut, ist sie groß gesetzt. Flüstert sie, können wir den Text kaum lesen, so klein ist er gedruckt. Die einen sind stark geschminkt, die anderen verrückt ange­zogen. Es gibt sexy Schriften, unauf­fäl­lige, extro­ver­tierte, falsch besetzte und einge­bil­dete Schriften. Zum Glück brau­chen sich die Leser (Zuschauer) keine Gedanken um die Besetzung oder die Qualität eines Schriftschauspiels zu machen: Wenn es gefällt, geben sie Applaus und empfehlen die Aufführung weiter.

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Um so bedau­er­li­cher ist es – und da unter­scheiden sich die Designer und ihre Auftraggeber ein wenig von den Regisseuren und Theatermachern –, dass viele »Experten« die Rolle der Schrift nicht kennen oder schlicht miss­achten. Ihnen ist es egal, welcher Schauspieler die mit Mühe und Sorgfalt geschrie­benen Worte in Szene setzt. Man heuert den nächst­besten Darsteller an, egal ob er sich für die Rolle eignet oder seine Ausstrahlung dem Stil des Hauses entspricht.

Viel zu oft passt in der kommer­zi­ellen Typografie nicht zusammen was zusammen geschnürt wird. Manche Provinzbühne gibt sich mehr Mühe bei der Besetzung einer Komödie als ein Großunternehmen bei der Wahl seiner Haus- oder Kampagnensschrift. Konsequenz: Die Zuschauer schauen weg, bzw. blenden miss­lun­gene typo­gra­fi­sche Inszenierungen einfach aus. Diese Abkehr lässt sich leider viel schwerer messen als ein unaus­ge­las­tetes Theater.

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Die Imagekampagne der Volks- und Raiffeisenbanken wurde von der Berliner Agentur Heimat im Mai 2009 auf die Schienen gesetzt (krea­tive Leitung: Matthias von Bechtolsheim und Guido Heffels). Inzwischen exis­tieren über 80 Bild/Schrift-Motive, wobei sich die Zahl stets ändert, weil die regio­nalen Banken – das sind 1200 eigen­stän­dige Institute – selbst eigene Motive nach dem Layoutrahmen der Agentur mixen. Um typo­gra­fi­sche Beliebigkeit zu vermeiden, sehen die CD-Richtlinien für eigen­pro­du­zierte Motive als Fallback die haus­ei­gene Frutiger VR vor.

Die inzwi­schen mehr­fach preis­ge­krönte Kampagne (Horizont, New Business, ADC)  ist ein verständ­li­ches Beispiel dafür, wie Schrift schau­spielt. Selbstverständlich darf sie nicht als Empfehlung miss­ver­standen werden, eine Serie von Anzeigenmotiven mit 3 Dutzend verschie­dener Schriften aufzu­setzen. Es ist Teil des Konzepts der VR-Kampagne, diesen Weg zu beschreiten … kopieren zwecklos!

In dem ein oder anderem Fall hätte ich mir eine weniger nahe­lie­gende dafür aber raffi­nier­tere Schriftwahl gewünscht (nicht immer Veronica Ferres oder Heino Ferch), auch auf die Anführungszeichen hätte ich verzichtet … doch das sind Peanuts, um mal im Bankenjargon zu bleiben. Die Kampagne hat hohe Qualität.


PdW 3: »The Evolution of Character Design« (Box)

bos_packshotNur 13,– € statt 37,– € (zzgl. MwSt.). Hier einkaufen …

Character-Design ist die Gestaltung und grafi­sche Umsetzung einer Figur für die spätere Verwendungen in Animation, Werbung, Street Art oder Comic. Die Zeichnungen defi­nieren den Character drei­di­men­sional und geben anderen Künstlern die Vorlage für ihre Arbeit mit der Figur, um ein konsis­tentes Gesamtbild zu garan­tieren. Character-Design ist ein Beruf, der insbe­son­dere in Japan in der Anime-Industrie verbreitet ist. Es gibt extra Studiengänge für Character-Design und entspre­chende Ausbildungen an Animations-Schulen.

Box ist eine span­nende Sammlung von Character-Designs aus der Feder von 71 inter­na­tio­nalen Gestaltern. Die vorge­stellten Figuren sind in Kapiteln einge­teilt: Comics, Graffiti, Handdrawn Illustration, Computer Graphics, Short Film usw. Jede der gezeigten Designstudien zeichnet sich durch beson­dere Eigenheiten und Qualitäten aus. 14 Interviews mit den Künstlern und kurzer Beschreibung ihres Stil, Philosophie und Konzept runden die Informationen ab. Box ist als Design-Objekt verpackt und kommt in einer geprägten Klappkassette mit Reißverschluss.


Mappenberatung an der FH Aachen FB Gestaltung

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Der Fachbereich Gestaltung der FH Aachen lädt am 24. und 25. Januar 2010 zu einer zusätz­li­chen Mappenberatung für alle inter­es­sierten Studienbewerber ein (Bachelor of Arts: Kommunikationsdesign). Sie findet im Design Hafen, dem Messestand des Fachbereichs Gestaltung, auf der Boot Düsseldorf statt. Der erste Teil der Mappenberatung ist ein gene­reller Informationsteil für alle Bewerber, gefolgt von einer Besprechung Eurer Mappen. »Zusätzlich habt Ihr die Möglichkeit mit Studenten des Fachbereichs ins Gespräch zu kommen. Jeder Teilnehmer erhält eine Eintrittskarte für die Messe und hat nach der Beratung die Möglichkeit die Messe zu besu­chen, aller­dings ist die Teilnehmerzahl auf 25 Studienbewerber pro Tag begrenzt.« schreiben die Veranstalter. Zwecks Anmeldung bitte eine E-Mail mit den Kontaktdaten an designhafen@design.fh-aachen.de.


Die Schenkelklopfer der »Grünen Woche«

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gruene_woche_schuelerprogrammZur Zeit läuft in Berlin die Messe Grüne Woche, eine Leistungsschau der Bauern dieser Welt. Die Stadt hängt voller Plakate, auf denen vier selt­same Lebewesen zu sehen sind: Kartoffelelch, Aubergineente, Bananefisch und das beson­ders eklige Kiwischwein. Als ob es nicht schon genug Proteste am Rande der Messe gibt, gegen Genmanipulation, Industriehaltung und dena­tu­rierte Lebensmittel. Die Grüne Woche setzt einen oben drauf und zeigt per Photoshop, was wirk­lich möglich wäre. Nein, sie macht sich lustig, über die Produkte der Bauern, ihrer Aussteller.

Ach hätten die Messeverantwortlichen doch nur das Logo für das dies­jäh­rige Schülerprogramm gewählt, das leider ein Schattendasein auf der Webseite fristet … gezeichnet von einem unbe­kannten Nachwuchstalent, bei weitem aussa­ge­kräf­tiger und ganz sicher preis­werter in seiner Machart als die hoch­glanz­po­lierte Monstergalerie.


OpenType-Fonts (EOT) waren die Transporter des »Google-Hacks«

Reportage und Interview mit Ivo Gabrowitsch

google_china_logoVon dem chine­si­schen Hacker-Angriff auf Google, den Sicherheitsexperten inzwi­schen ›Operation Aurora‹ getauft haben, sind über 30 weitere High-Tech-Firmen betroffen, darunter Adobe, Yahoo, Symantec und Dow Chemical. Bei den Anschlägen handelt es sich um ausge­klü­gelte Phishing-Attacken, die sich einer Microsoft-Font-Technologie mit dem Namen Embedded OpenType (EOT) bedienen (vgl. ZDNet: Another critical font engine vulnerabi­lity). EOT-Fonts sind eine kompakte Variante von OpenType-Schriften mit der Endung .eot, die mittels der Microsoft Web Embedding Font Tools (WEFT) aus bestehenden TrueType-Fonts gene­riert werden. Die Technik dient unter anderem dazu, Internetseiten mit vom Webdesigner ausge­suchten Schriften zu gestalten, die den Empfängern solcher Seiten mitge­lie­fert werden, so dass diese den Text der Seite in der glei­chen typo­gra­fi­schen Qualität betrachten können, wie sie gestaltet wurden. EOT ist eine von mehreren Font-Techniken, die das verbind­liche Gestalten von Webseiten möglich machen soll, und von der sich Webdesigner und Schriftanbeiter neue Aufträge erhoffen.

EOT ist ein proprie­tärer Standard, der auf Browser-Ebene alleine vom Internet Explorer unter­stützt wird. Laut Untersuchungen von Microsoft und des Security-Unternehmens McAffee wurde bei den Attacken im Dezember 2009 EOT einge­setzt, um eine Sicherheitslücke im Internet Explorer auszu­nutzen (vgl. Microsoft: Security Bulletin MS10-001 – Critical). Gegenüber Spiegel Online spricht der McAffee-Security-Experte Dmitri Alperovitch von einem »Angriff mit nie da gewe­sener Raffinesse«. Angestellte der oben zitierten US-Unternehmen hätten Ende des Jahres E-Mails erhalten, die sie dazu bewegen sollten, mit dem Internet Explorer eine präpa­rierte Website zu besu­chen. Das bloße Aufrufen dieser Seite hätte für die Infiltration des Rechners genügt, eine so genannte Drive-By-Infektion.

Angriffspunkt der Schadsoftware war die für die Dekodierung der OpenType-Schriften einge­setzte Rendering-Engine, die nicht nur im Explorer zum Einsatz kommt, sondern ebenso in den Office-Programmen und in Powerpoint. Im Verlauf dieses Dekodierungs- und Dekomprimierungsprozesses wurde die einge­schleuste Schadsoftware montiert und akti­viert, weil der dekom­pri­mierte Datenstrom nicht streng genug geprüft wird (Microsoft zu diesem Thema).

ivo_gabrowitschWie gefähr­lich sind OpenType-Webfonts? Wie gefähr­lich ist der Besuch einer mit Webfonts gestal­teten Internetseite? Fontblog hat zu diesem Thema einen Freund und inter­na­tional ange­se­henen Kollegen befragt, der bereits in seiner Diplomarbeit über Webfonts schrieb, Vorträge zu diesem Thema hält und im Moment bei FSI FontShop International (FontFont) für die Entwicklung und Einführung einer eigenen Webfont-Bibliothek verant­wort­lich ist: Ivo Gabrowitsch.

Fontblog: Fonts, also digi­ta­li­sierte Schriften, galten jahr­zehn­te­lang als passives Datenmaterial, das keinen Schaden anrichten kann. Die Schriften der neueren Generation nach dem OpenType-Standard erfreuten Designer zuletzt mit typo­gra­fi­scher Intelligenz, wie Buchstabenverknüpfungen oder auto­ma­ti­schen Ligaturen. Hättest Du jemals gedacht, dass diese Technik ein fahr­barer Untersatz für Hackerangriff werden könnte?

Ivo: In Bezug auf die Sicherheit im Internet halte ich einiges für möglich. Fonts weisen eine ähnliche Struktur auf wie viele andere im Netz über­tra­genen und aufge­ru­fenen Daten. Es hat in der Vergangenheit bereits Angriffe mit mani­pu­lierten Dateien gegeben, die Fehler in Betriebssystemroutinen ausge­nutzt haben, zum Beispiel bei der Verarbeitung und Darstellung von Fotos. Insofern ist es also nicht gerade eine Sensation, dass nun auch Fonts als Wolf im typo­gra­fi­schen Schafspelz miss­braucht werden.

Die Fontindustrie hat fast 10 Jahre für die Anerkennung des zwei­fellos komfor­ta­blen OpenType-Formats gekämpft. Nun war der Durchbruch gerade geschafft, jetzt dieser Missbrauch, der dem Ruf des Formats schaden könnten. Ist das Image der OT-Fonts in Gefahr?

Nein, absolut nicht. Die Vorteile des Formats sind unbe­stritten und wie schon ange­deutet sind Fonts letzt­lich Daten bzw. Software, die beim Aufruf entspre­chend erstellter Websites auf den eigenen Rechner über­tragen werden, genauso wie Flash-Dateien, MP3s, PDFs usw. Font Software ist inso­fern etwas Besonderes, als dass ihre Funktion vergleichs­weise eng mit dem Betriebssystem verzahnt ist.

Der einzige Ruf, der leiden wird, ist der des Internet Explorers. Im Grunde könnte man auch ein posi­tives Fazit ziehen: Erneut wird Benutzern als auch den Browser-Entwicklern in Erinnerung gerufen, alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, sich selbst bzw. die Anwender vor solchen Angriffen zu schützen.

In den vergan­gene Jahren hat FontShop International bereits Tausende von OpenType-FontFonts in Umlauf gebracht. Ist die Benutzung dieser Schriften gefährlich?

OpenType-Fonts – egal von welchem Schriftenhaus – stellen per se keine Gefahr dar. Natürlich verlassen auch unsere Produkte die Produktion in einem einwand­freien und sicheren Zustand. Alle OpenType-FontFonts sind digital signiert. Bei Manipulationen am Font wird die Signatur ungültig bzw. entfernt. Ein Browser prüft diese Signatur bei Webfonts aller­dings (noch) nicht. Vielleicht müssen die Browserentwickler auf solche Mechanismen zukünftig mehr Rücksicht nehmen, als sie es heute tun. Für Dritte, die Font-Software uner­laubt für ihre Zwecke miss­brau­chen, kann also kein Hersteller eine Verantwortung übernehmen.

Was müssen die Benutzer von OpenType-Schriften beachten.

Es sind also nur EOT-Fonts betroffen. Normale OpenType-Fonts haben keine interne Kompression und werden auch nicht von der fehler­haften Programmbibliothek (»t2embed.dll«) verar­beitet. Beachten müssen die Benutzer allen­falls die Lizenzbestimmungen und die Wahl des für den konkreten Fall geeig­neten Formats. In unserem Fall sind die OT-Fonts für den meist krea­tiven Druckvorstufen-Bereich und die Office-Fonts für den Einsatz mit Programmen wie z. B. Microsoft Word, Excel und Powerpoint oder OpenOffice opti­miert … und sicher.

Wie gefähr­lich ist es für Internet-Surfer Webseiten zu besu­chen, die einge­bet­tete OpenType-Schriften einsetzen?

Genauso gefähr­lich wie bei Websites, die auf lokale Systemfonts zurück­greifen. Wenn von einer Website Gefahr ausgeht, dann sind über­tra­gene Fonts genauso mögliche Träger von schäd­li­chem Code wie alle anderen über­tra­genen Daten auch. So oder so, Benutzer von Microsofts Internet Explorer sowie Benutzer nicht regel­mäßig aktua­li­sierter Browser sind auf jeden Fall deut­lich häufiger betroffen als dieje­nigen, die a) mit Alternativbrowsern und b) mit Browsern auf dem neuesten tech­ni­schen Stand unter­wegs sind, zum Beispiel Firefox 3.5 oder Safari 4.

Glaubst Du, dass ein Webdesigner gut beraten ist, seinem Auftraggeber eine einge­bet­tete OpenType-Schrift für die Gestaltung seiner Webseite zu empfehlen?

Absolut. Das Problem ist hier bisher ja eher ein anderes, nämlich die tech­ni­sche Beschränkung durch die Browser. Der Internet Explorer erlaubt bisher als einziger Browser ein Format, welches prin­zi­piell jede nicht auf dem Zielrechner instal­lierte Schrift verfügbar macht, nämlich das bereits erwähnten EOT-Format. Ein weiteres Format schickt sich aller­dings gerade an EOT lang­fristig zu verdrängen. Mozillas Firefox wird mit der in den nächsten Tagen zu erwar­tenden Version 3.6 der erste Browser sein, der das soge­nannte WOFF (Web Open Font Format) unter­stützt. Es ist damit zu rechnen, dass die Schrifthersteller bald reagieren und sowohl entspre­chende Fonts also auch entspre­chende Lizenzen anbieten werden. Dann heißt es für viele Webgestalter »Goodbye, Arial.«

Vielen Dank für das Gespräch, Ivo.


Dringende Leseempfehlung: Der Hadopi-Krimi

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Heute leide ich ausnahms­weise mal darunter, dass unser Fontblog »nur« das »Corporate Blog der FontShop AG« ist und kein rein­ras­siger Nachrichtenkanal. Dieser Umstand bringt es mit sich (auch wenn es hoffent­lich nicht so viele merken), dass ich als Vorstand Marketing nicht 100 Prozent meiner Arbeitszeit, auch nicht 50 Prozent sondern weit weniger für das Schreiben im Fontblog aufbringen kann (die privaten Stunden zählen hier mal nicht mit).

Wie gerne würde ich den Beitrag French Anti-Piracy Organisation Hadopi Uses Pirated Font In Own Logo meines hoch­ver­ehrten FontShop-Kollegen Yves Peters vom englisch­spra­chigen FontFeed für meine Leser ins Deutsche über­setzen. Allein mir fehlt die Zeit diese Woche, und auch die nächste. Darum muss ich euch leider bitten, den sorg­fältig recher­chierten typo­gra­fi­schen Krimi von Yves im engli­schen Original zu lesen.

Zur Einstimmung … Dan Reynolds charak­te­ri­sierte die Story eben mit diesen Worten auf Twitter: »Wow. Best article of the year. You’ve penned a detec­tive story of epic propor­tion. Thanks for the rese­arch.« Die Sprache von Yves Peters ist ebenso so klar und schlicht und mit einfa­chen Englischkenntnissen sehr gut zu verstehen. Viel Freude und jetzt ab in den FontFeed …

The pirated Bienvenue superimposed on the original Hadopi logo