Fontblog Artikel im Juni 2010

WIRED Screen vs. WIRED Print

Gestern habe ich mir am Bahnhofskiosk das gedruckte Original (rechts) zur digi­talen Premiere des Magazins WIRED gekauft (links). Anschließend bin ich das Heft und die iPad-App Seite für Seite durch­ge­gangen, und je länger ich das tat, umso mehr wuchs mein Respekt vor der WIRED-App. Es ist in meinen Augen die gelun­genste Umsetzung einer mehr­sei­tigen kommer­zi­ellen Drucksache für den Bildschirm – ever. Warum?

Das US-ameri­ka­ni­sches Technologie-Zeitschrift WIRED wurde 1993 gegründet und galt jahre­lang als das Zentralorgan der »kali­for­ni­schen Ideologie«. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase 2000 wurde die Redaktion dras­tisch redu­ziert, die thema­ti­sche Ausrichtung einfalls­loser, die Auflage sank. 2006 über­nahm der Medienriese Condé Nast die Zeitschrift und päppelte sie wieder auf. Aktuell stehen Themen wie Gadgets, Produktdesign, Politik und Medien im redak­tio­nellen Fokus. Man hört wieder auf WIRED und liest es.

Der inter­na­tio­nale Verkaufsstart des iPads vor drei Wochen war auch die Premiere der digi­talen WIRED (App-Store-Link). Sie ist das Vorzeigeprojekt von drei Mitstreitern: Apple, Adobe und natür­lich dem Verlag selbst. Seit November 2009 arbei­tete Condé Nast an der Tablett-Version seines Magazins, im Februar zeigte WIRED-Chefredakteur Chris Anderson auf der TED-Konferenz erst­mals eine Demoversion. Das Video zum digi­talen Launch machte in inter­na­tio­nalen Verlagshäusern die Runde.

Die Magazin-App von WIRED wurde mit Adobe und ganz ohne Flash entwi­ckelt. Das Softwarehaus will die Technologie (Arbeitstitel: Digital Publishing Platform) ab Sommer auch anderen Medienhäusern zur Verfügung stellen. Sie basiert auf den Programmen der Adobe Creative Suite (also InDesign, Photoshop, Illustrator & Co.) und Komponenten, die Adobe mit dem Milliarden-Kauf von Omniture im September letzten Jahres verein­nahmt hat. Die Plattform setzt sich aus Programmen, Technologien und Dienstleistungen zusammen, die es Verlage erlaube, ihre Produkte kosten­günstig digital zu verlegen, zu produ­zieren und für eine breite Palette elek­tro­ni­scher Geräte zu vertreiben. Adobe verspricht den Magazinen, die ihre Software nutzen, mit dem bestehenden Workflow raffi­nierte E-Paper erzeugen zu können.

Die WIRED-App: hoch, quer, inter­aktiv …  und doch wie gedruckt

Anders als DER SPIEGEL setzt WIRED nicht auf einem Reader, der Texte und Bilder neu mischt, sondern eine gestal­te­risch durch­kom­po­nierten Diashow, die dem gedruckten Layout so nah wie möglich kommen möchte … und trotzdem Freiräume bereit hält, in denen sich digi­tale Inhalte sinn­voll entfalten können, sowohl auf redak­tio­nellen Seiten als auch in Anzeigen.

Bevor man WIRED lädt, zum Preis von 3,99 € ($4.99) – was für uns hier in Deutschland ein Schnäppchen ist gegen­über den 11,00 € der impor­tierten Druckausgabe –, sollte man den freien Speicherplatz auf seinem iPad über­prüfen: 530 MB ist die App schwer, ein SPIEGEL, zum Vergleich, bringt nur rund 25 MB auf die Datenwaage. Am Ende dieses Beitrags wird klar sein, warum so viele MB und dass es durchaus noch Sparpotenzial gäbe.

Wer kurz nach dem Öffnen der WIRED-App und dem Erscheinen der Titelseite sein iPad kippt, erkennt einen ersten Grund für die Datenmengen: alle Seiten – auch die Anzeigen – liegen konse­quent in zwei Ausführungen vor, nämlich im Hoch- und im Querformat. Um das Ausmaß dieses Angebots zu verdeut­li­chen, formu­liere ich es noch mal negativ: Keine einzige Seite im digi­talen Wired wird einfach nur gekippt, verklei­nert, beschnitten oder mit schwarzen Balken ergänzt, um sie vom Hoch- ins Querformat zu bringen … ja, jede Seite wird in zwei indi­vi­duell kompo­nierten Formaten bereit­ge­halten, je nachdem für welche iPad-Orientierung sich der Leser entscheidet. Schon für diese logis­ti­sche Premiere gebührt dem WIRED-Grafik-Team und den -Anzeigenkunden eine Goldmedaille für enga­gierte Mehrarbeit.

Zu beob­achten, mit welchen Kniffen die besten Designer der Welt aus einer Querformatanzeige eine Hochformatanzeige zaubern, und diese teils mit inter­ak­tiven Komponenten ergänzen, war für mich schon alleine eine span­nende Darbietungen in der WIRED-App, noch bevor ich über­haupt mit dem Lesen eines redak­tio­nellen Beitrags begonnen hatte. Und das Zappen geht so einfach: wischen (= blät­tern), kippen, wieder wischen, kippen, wischen, kippen, und so weiter. Ganz nebenbei löst der Hoch-Quer-Service ein Problem, mit dem alle Magazine demnächst auf dem iPad zu kämpfen haben, sofern sie ihre Anzeigen auch digital verkaufen möchten: das Implementieren von doppel­sei­tigen Anzeigen und/oder einsei­tigen in ein digi­tales Layout. Bei WIRED ist das clever gelöst: Eine doppel­sei­tige Werbung im gedruckten Heft wird auf dem iPad im Querformat ange­zeigt, kippt man das Gerät, erscheint extra für die digi­tale Ausgabe eine Einseiten-Anzeige; im Falle einsei­tiger Printanzeigen passiert das Umgekehrte. Bei der ersten Werbung im Heft, von Mercedes-Benz, sieht das so aus:

Die doppel­sei­tige Mercedes-Benz-Anzeige im gedruckten WIRED-Magazin …

… wird auf dem iPad zum Einseiter (Hochformat) und beim Kippen ins Querformat wieder zum Doppelseiten-Motiv; als zusätz­li­ches Schmankerl ist ein HD-Vollformat-Werbefilm mit einer emotio­nalen Probefahrt des bewor­benen Fahrzeugs integriert. 

Navigation in der WIRED-App

Das Navigieren durch die digi­tale WIRED ist viel­fältig und elegant gelöst, jeder Leser wird sein Lieblingstool finden. Das einma­lige Tippen auf den Bildschirm lässt eine Kopf- und eine Fußleiste erscheinen. In der Kopfleiste stehen die Optionen Cover (ein Häuschen), Inhaltsverzeichnis (Liste) oder die »Wäscheleine« zur Auswahl. Das folgende Bild verdeut­licht die Funktion der Wäscheleine (blaues Icon):

Die Kopfnavigation vereint mehrere Funktionen: Artikel finden, Blättern, Kurzbeschreibung, Lesezeichen und Vorschau

Auf den ersten Blick sieht man alle redak­tio­nelle Seiten mitsamt Anzeigen hori­zontal in Kleindarstellung aufge­hängt, wobei mehr­sei­tige Beiträge und Anzeigen vertikal aufge­fä­chert sind. Diese Übersicht spie­gelt auch die beiden Blätterrichtungen des digi­talen Hefts wider: hori­zontal = zum nächsten Beitrag/zur nächsten Anzeige, vertikal = inner­halb eines (mehr­sei­tigen) Beitrags/Anzeige. Wenn ich einen drei­sei­tigen Beitrag beim Lesen der zweiten Seite abbreche, wird diese Seite fürs spätere Durchblättern auf der hori­zon­talen Achse fest­ge­halten (Lesezeichen), was auch die Wäscheleine anzeigt. Ziemlich cool.

Eine zweite Art der Navigation verbirgt sich hinter dem Schieberegler in der Fußleiste. Wenn man diesen (während des Lesens betä­tigt), erscheint ein flottes Suchfenster im unteren Bildschirmbereich, das den gesamten Heftinhalt in Wort und Bild im Schnelldurchlauf präsentiert.

Bewegte Inhalte: aktuell und sinnvoll

Interaktive Inhalte sollten nicht zum Selbstzweck einge­baut werden. Uns alle nervt die Unart deut­scher Zeitungsverlage, ihre Online-Seiten mit Bildergalerien aufzu­füllen (auch »Klickhuren« genannt). Dass solche Diashows nun in den iPad-Readern von WELT und SPIEGEL wieder zu finden sind, ist hoffent­lich ein vorüber­ge­hendes Phänomen, viel­leicht der Kurzarbeit in den Redaktionen geschuldet. Bei WIRED gibt es solche Lückenbüßer nicht. Gleich auf der Titelseite lässt sich ein thema­tisch passender, exklu­siver Trailer des neuesten Pixar-Films Toy Story 3 starten, der am vergan­genen Wochenende Premiere in den USA feierte. Na klar ist das Werbung, und Pixar ist prak­tisch mit Apple verhei­ratet … aber es passt wenigs­tens zeit­lich und thema­tisch mit der Titelstory zusammen … ganz im Gegensatz zu »Amerikas Öl-Desaster« und »Die große Oder-Flut« (1997), die der SPIEGEL auf dem Titel seiner iPad-App-Premiere multi­me­dial zwangsverknüpfte.

Ein weiteres Beispiel (von runden einem Dutzend) für eine Bewegtbildinszenierung ist der doppel­sei­tige Rückblick auf vergan­gene Mars-Expeditionen »Invaders of Mars«. Was in der gedruckten WIRED eine prall gefüllte Doppelseite einnimmt, …

… sieht am iPad auf den ersten Blick wie eine spar­ta­ni­scher Einseiter aus. Nur ein kleiner Button mit der Aufschrift »Swipe to see a history of Mars mission.« lässt mehr vermuten. Und tatsäch­lich, ein Fingerstreich verwan­delt die Abbildung in ein drei­di­men­sio­nales Planetenmodell, mit dem rotie­renden Mars im Zentrum. Die Textkästen der Doppelseite, in denen die histo­ri­schen Meilensteine proto­kol­liert sind, entfalten sich aus der Tiefe des Raumes wie Falk-Pläne, einer nach dem anderen. Überraschend und geheim­nis­voll, wie eine Marsmission.

Interaktive Infografik zur Geschichte der Marsmissionen in der WIRED-App: Eine Berührung mit dem Zeigefinger bringt den Mars zum Rotieren, aus der Tiefe des Alls entfalten sich die Infotexte zu den Marsausflügen

Redaktionelle Seiten

Nach dem Erscheinen der WIRED-App gab es sofort Kritik am Grundkonzept. Oliver Reichenstein (iA) schrieb in seinem Beitrag WIRED on iPad: Just like a Paper Tiger…, für meine Begriffe etwas voreilig: ”First, the paper maga­zine was crammed into the little iPad frame. In form of a PNG slide show. To compen­sate for the lack of inter­ac­tive logic, this pretty package was provided with a fruity navi­ga­tion. In the end it was spiced with in-app links, plucked with a couple of movies and salted with audio files (‘inter­ac­tive’). Then it was off to marke­ting. And it sold 24,000 copies. Dammit. It’s the Nineties all over again.“

Es folgt eine längere Kritik an der Typografie und am Schriftbild des digi­talen Heftes. Die meisten Punkte könnte man in glei­cher Weise am gedruckten Heft monieren, haben also mit der Übertragung auf das iPad weniger zu tun. Eine Zoom-Funktion vermisse ich nicht, weil das Layout von vorn­herein groß­zügig und mit großer Schrift ange­legt ist. Die inter­ak­tiven Inhalte empfinde ich als ange­messen … auf zwei Filme hätte man viel­leicht verzichten können. Dass Jonathan Hoefler und Tobias Frere-Jones eigens eine bild­schirm­op­ti­mierte Schrift für das WIRED-App entwi­ckelt haben, halte ich für eine Fehlinvestition, wenn auch in den kommenden Ausgaben die Schrift als Bild (.png) »einge­froren« wird: Dies kann man mit den PrePress-Fonts in glei­cher Qualität durch­führen, denn das manu­elle Hinting, das für die Glättung von Buchstaben auf dem Bildschirm des Betrachters zum Tragen kommen soll, wird auf diese Art an den Rechnern der WIRED-Designerabteilung ausgehebelt.

Viel mehr gibt es zu den redak­tio­nellen Seiten nicht zu sagen. Ihr Layout greift das der gedruckten Ausgabe auf. An manchen Stellen verbergen sich hinter Bildern und Grafiken zusätz­liche Informationen. Vermisst habe ich eine kleine Markierung, die mir verrät, dass ein redak­tio­neller Beitrag mehr­seitig ist. Im Augenblick erschließt sich dies allein durch ein Wischbewegung nach unten.

Vor wenigen Tagen meldete Condé Nast, dass die WIRED-App schon nach 14 Tagen häufiger abge­setzt wurde als das gedruckte Hefte im ganzen Monat. Während die Druckauflage im Schnitt etwas mehr als 80.000 Abnehmer pro Monat fände, haben sich bereits über 90.000 Nutzer eine Ausgabe für ihr iPad herun­ter­ge­laden, berichtet der New York Observer.

Fazit. Die SPIEGEL- und die WIRED-App defi­nieren im Moment die Extrempositionen zweier Methoden, ein gedrucktes Magazin zum Lesen am Bildschirm aufzu­be­reiten: als Book-Reader, mit skalier­barem Text aber belie­bigem Layout (SPIEGEL) oder grafisch durch­ge­staltet, dem Bildschirm ange­passt, mit stati­scher Typografie (WIRED). Im Moment ist WIRED meines Erachtens sehr viel dichter an der Ideallösung dran, die wahr­schein­lich zwischen den beiden Polen liegt. Bemerkenswert ist die faire Integration von Anzeigen, tech­nisch und redak­tio­nell, die es dem Leser erlaubt, redak­tio­nelle Seiten unge­stört von Werbung am Bildschirm zu genießen (hori­zon­tales Blättern).

Und so ende ich wieder, in Anlehnung an den Schriftsteller Ferdinand von Schirach, der vor 7 Wochen für den SPIEGEL nieder­schrieb, warum er den Reader nicht mehr missen möchte, mit den Worten: Ich lese WIRED so schon lieber als in gedruckter Form.

Zur weitere Lektüre empfohlen:


2. Deutscher Designerkongress: Mehrwert

Am 27. September 2010 soll der 2. Deutsche Designerkongress auf der Zeche Zollverein in Essen statt­finden. Die Veranstaltung richtet sich an Gestalter aller Sparten, Dozenten aus dem Bereich Design sowie Designmanager aus Industrie und Handel. Veranstaltet wird der Kongress von der Initiative Deutscher Designverbände iDD mit Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Über 200 Teilnehmer werden erwartet. »Ziel des Kongresses ist es, GestalterInnen die Bedeutung und die Perspektiven ihrer Arbeit für sich selbst und für ihr Umfeld, wie auch die Wirkung und die wirt­schaft­liche Bedeutung für ihre Auftraggeber bewusst zu machen.« heißt es in der heutigen Pressemitteilung.

Erste Namen stehen bereits fest, so zum Beispiel Judith Schulte-Loh, Journalistin und Modeatorin WDR, Köln, als Moderatorin der Konferenz. Als Referenten haben bereits zuge­sagt: Stephan Bohle (futur­estra­tegy, Berlin), Stefan Eckstein (Eckstein Design, München), Thomas Haubold (Köln), Henning Krause (Präsident des Berufsverband der Deutschen Kommunikationsdesigner e.V.), Tanja Kewes (Ressortleiterin Handelsblatt, Düsseldorf), Werner Lippert (Leiter Clustermanagement Kultur- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf), Andreas Maxbauer (Maxbauer & Maxbauer Kommunikation und Design, Hannover, und Vorsitzender Forum Typografie e.V.) sowie Frank Wagner (häfe­linger + wagner design, München). Weitere Referenten aus den Bereichen Design, Consulting und Industrie/Handel sowie Medien sind derzeit angefragt.

Weitere Informationen: www​.deut​scher​-desi​gner​kon​gress​.de


Cottbus tut’s schon wieder

Wer erin­nert sich nicht an den Cottbus-Logo-Skandal? Der nehme sich das Wochenende Zeit und lese die amüsan­teste Saga der deut­schen Designgeschichte:

Jetzt scheint die Stadt Cottbus eine Fortsetzung zu planen. Eben erhielt ich folgende E-Mail: »Vor einigen Wochen fand meine aufmerk­same und um Arbeit für mich bedachte Mutter diese Anzeige in der Lausitzer Rundschau (Abbildung links). Beim Betrachten der Anzeige dachte ich, dass die Stadt Cottbus aus dem Logo-Desaster im letzten Jahr gelernt habe und zwei­felte keine Sekunde daran, dass die Anzeige nicht das sein könne, was sie vorgibt zu sein: eine Ausschreibung. Und so habe ich mein Interesse daran bekundet, meine Fachkunde bewiesen und um die Zusendung der nötigen Unterlagen gebeten, um der Stadt Cottbus, so wört­lich ›ein geeig­netes Angebot für die Gestaltung der Wort-Bild-Marke […] unter­breiten zu können‹. Einige Tage später erfolgte die Zustellung der Papiere.

Zu den Briefing-Unterlagen erhielt ich ein nettes, vorge­fer­tigtes Schreiben mit dem Hinweis, dass man sich über die ›Einsendung meines […] Beitrags bis zum 18. Juni‹ freuen würde, womit jedoch nicht mein Angebot gemeint war, sondern ein fertiges Logo. Punkt. Pause, Bestürzung, Pause. Ein Hinweis, dass ich den Ausschreibungstext falsch verstanden habe, war nicht enthalten. Kopfschütteln war das Einzige, was mir blieb. Im weiteren konnte ich mir die (frag­wür­digen) Bedingungen der Ausschreibung zu Gemüte führen, das Wort ›Wettbewerb‹ traute man sich anschei­nend nicht zu benutzen, und damit ja nichts schief geht, umfasste das Briefing schon eine grobe, bild­liche Version davon, wie das Logo aussehen sollte.

Am Ende teilte ich der Stadt Cottbus tele­fo­nisch mit, dass ich unter diesen Umständen meine ›Teilnahme‹ zurück­ziehe. Außerdem äußerte ich meinen Unmut darüber, dass die Anzeige doch sehr miss­ver­ständ­lich formu­liert gewesen sei und ich mir nicht die Mühe gemacht hätte, ein passendes Portfolio zusammen zu stellen, wenn ich vorher gewusst hätte, dass sich hinter dieser Ausschreibung (!) ein Wettbewerb mit eigen­ar­tigen Konditionen verberge. Die Dame am anderen Ende der Leitung war sich nicht sicher, was ich von ihr wolle und teilte mein Unverständnis nicht.

Ich möchte meinen Ärger darüber äußern, dass sich selbst hinter (für mich) seriös erschei­nenden Ausschreibungen unfaire Wettbewerbe verbergen. Das einzige, was die Stadt Cottbus aus dem Desaster vom letzten Jahr gelernt zu haben scheint, ist, dass sie jetzt ihre Wettbewerbe aus der Öffentlichkeit fern­hält, um kein Aufsehen zu erregen. Ich bin traurig, dass selbst nach dem erschüt­ternden Ereignis im letzten Jahr kein Umdenken statt­fand. Eine seriöse und krea­tive Zusammenarbeit scheint nicht gewünscht und das Ergebnis mal wieder völlig neben­säch­lich. Vielleicht klopfen Sie mir einfach kurz virtuell auf die Schulter. Ich glaube, dann gehts mir schon wieder besser.«


Werkstattgespräch mit dem Gutenbergpreisträger 2010

Die inter­na­tio­nale Gutenberg-Gesellschaft und die Landeshauptstadt Mainz küren am 26. Juni den indi­schen Schriftentwerfer Professor Mahendra Patel zum Gutenberg-Preisträger des Jahres 2010. Der mit 10.000 Euro dotierte Gutenberg-Preis wird im jähr­li­chen Wechsel von den Städten Mainz und Leipzig vergeben. Am Vorabend der Preisverleihung, am Freitag, den 25. 6. 2010 um 19 Uhr, findet im Mainzer Gutenberg-Museum eine visu­elle Präsentation mit Mahendra Patel statt. Der Eintritt ist frei.

Die wesent­liche Leistung Patels ist seine umfang­reiche gestal­te­ri­sche Arbeit an den indi­schen Schriftsystemen. Die Jury ehrt den Schriftdesigner für seine heraus­ra­genden typo­gra­fi­schen Entwürfe und seine bedeu­tende Lehrtätigkeit. Mahendra Patel wurde 1943 in Ahmedabad/Indien geboren. Seine akade­mi­sche Ausbildung erhielt er an der Maharaja Sayajirao University, Faculty of Fine Arts in Baroda und am National Institute of Design (NID) in Ahmedabad sowie an der Schule für Gestaltung in Basel/Schweiz. 1971 arbei­tete er während eines einjäh­rigen Aufenthaltes in Paris im Schriftatelier Adrian Frutiger. Mit ihm entwi­ckelte er dort die moderne Typengestaltung des Schriftsystems Devanagari.

Als enga­gierter Lehrer prägte er Generationen von Gestalterinnen und Gestaltern durch seinen begeis­ternden Unterricht. Stationen seines Wirkens waren das National Institute of Design (NID) in Ahmedabad, Workshops und Kurse gab er zudem an der Faculty of Fine Arts, Baroda, am Srishti College of Arts and Design, Bangalore, am Mudra Institute of Communications (MICA), Ahmedabad, und am Institute of Crafts, Jaipur; weiterhin lehrte er an der Rhode Island School of Design (USA), am Nova Scotia College of Arts (Kanada), am Christchurch College of Arts (Neuseeland) sowie an der Indus Valley School of Arts and Architecture in Pakistan.

In Indien, einem Land mit großer Sprachen- und Schriftenvielfalt, sind allein elf Schriftsysteme für 13 offi­zi­elle indi­sche Sprachen im Gebrauch. Für acht Schriftsysteme entwarf Patel die Gestaltung der Schriftzeichen, so für die Devanagari, Bengali, Kannada, Sinhala, Tamil, Telugu, etc. Damit trug er wesent­lich zur Entwicklung einer modernen Typografie in Indien bei. Seine Schriftentwürfe finden Verwendung auf Verkehrsleitsystemen, zum Beispiel auf Schildern an Autobahnen und Flughäfen, auf Landkarten und Stadtplänen. Zugleich werden seine Schriften in Handys und anderen digi­talen Geräten verwendet.

Zu den vergan­genen Preisträgern des Gutenbergpreises der Stadt Mainz und der Gutenberg-Gesellschaft zählen Robert Darnton (2004), Hubert Wolf (2006) und Michael Knoche (2008). Die feier­liche Vergabe des Gutenberg-Preises an Professor Mahendra Patel findet im Rahmen der jähr­lich statt­fin­denden Ordentlichen Mitgliederversammlung der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft statt.


Workshop »Bücher machen«: noch Plätze frei

Die Typographische Gesellschaft München hat sich für diesen Sommer ein neues Angebot ausge­dacht: einen zwölf­tä­gigen Profiworkshop in Form einer Summer School zum Thema »Bücher machen«. Unter Leitung von Prof. Gertrud Nolte werden 10 Gestalter mit Berufserfahrung und 10 Studenten im umbri­schen Spoleto ein bzw. mehrere Bücher von der Konzeption über die Gestaltung bis zur Realisationsreife entwi­ckeln. Noch sind ein paar Plätze für Profis mit mindes­tens fünf Jahren Berufserfahrung frei … Der Anmeldeschluss ist auf den 25. Juni 2010 erwei­tert und die Vorgespräche mit den Interessenten werden nach entspre­chender persön­li­cher Einladung am 8. Juli 2010 statt­finden. Ausführliche Informationen …


Berliner Design-Wirtschaft erkundet China

Zehn Berliner Unternehmen der Designwirtschaft beglei­teten den Wirtschaftssenator Harald Wolf auf seiner Reise nach China vom 31. Mai bis zum 4. Juni 2010. Unter dem Titel „Berlin Days in China“ präsen­tierte sich die Hauptstadt in den Millionenstädten Shanghai und Shenzhen. Ziel war es, Berlin als nach­hal­tigen, krea­tiven und zukunfts­ori­en­tierten Wirtschafts- und Investitionsstandort zu vorzustellen.

Die mitrei­senden Unternehmen erhielten im Rahmen der Reise die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und den chine­si­schen Markt für sich zu erschließen. In Form von B2B-Match-Makings wurden sie chine­si­schen Unternehmen vorge­stellt, und konnten sich darüber hinaus bei Empfängen und Konferenzen inter­dis­zi­plinär vernetzen.

Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Berliner Kreativ-Unternehmen den chine­si­schen Markt für sich erschließen können. Unternehmensbesichtigungen und Treffen mit Kreativzentren standen daher ebenso auf dem Programm wie Wirtschaftskonferenzen und direkte Gespräche mit inter­es­sierten Unternehmen.

Organisiert wurde die Delegation vom Internationalen Design Zentrum Berlin. Cornelia Horsch, Leiterin des IDZ, beur­teilt die Möglichkeiten deut­scher Unternehmen in China Fuß zu fassen, wie folgt: „Design und Kreativität aus Berlin genießen welt­weit einen guten Ruf. China ist ein boomender Markt, auch hinsicht­lich seiner Entwicklung im Design-Bereich. Es bedarf jedoch mehr als nur guten Willens, um in China Fuß zu fassen: Ob sich die Markterschließungsmaßnahmen als Tretmine oder Goldader heraus­stellen, hängt nicht zuletzt von der Sensibilität und dem Geschick ab, mit dem sich die Unternehmen in den chine­si­schen Markt begeben. Die Nachhaltigkeit und Intensität der Kontaktpflege sind ebenso wichtig wie ein Gespür für die kultu­rellen Gepflogenheiten einer­seits und der Prozesse der chine­si­schen Wirtschaft andererseits.“

Leitsysteme made in Berlin, Raumerlebnisse created in Berlin, Marken branded in Berlin: Zukunftsorientierte Ausstellungs- und Kommunikationskonzepte, inno­va­tives Produktdesign und inter­dis­zi­pli­näres Gestaltungs-Know-How: Die mitrei­senden Unternehmen stellten die gestal­te­ri­sche Vielfalt Berlins umfas­send dar. Vielfältig war auch der Erfahrungshorizont der Delegationsteilnehmer mit dem chine­si­schen Markt. Triad konzi­pierte und entwi­ckelte bereits einen der chine­si­schen Themenpavillons für die Shanghai Expo, den „Urban Planet“.

Das Ansehen der Berliner Design-Wirtschaft weiter zu etablieren und Design- und Kommunikationsleistungen aus Berlin zu expor­tieren, ist erklärtes Ziel der Unternehmen. Delegationsreisen und Maßnahmen zur Unterstützung der Markterschließung stoßen daher auf große Resonanz und werden von den Berliner Institutionen und Netzwerken verstärkt gefor­dert und gefördert.

Die betei­ligten Firmen der Berliner Designwirtschaft:

(Quelle: IDZ-Presse; Illustration: Yang Liu Design)


Design-Workshop »Tooling Around« in Berlin

Anja Lutz von shift schreibt mir eben:

»Two young french graphic desi­gners (Kevin Donnot and Elise Gay) who are curr­ently working with me and ›shift!‹ are orga­ni­sing a one-day work­shop: Tooling Around invites all graphic desi­gners to chall­enge the use of the digital tools and to explore their trans­po­si­tion into our physical world.

The work­shop will take place on Saturday 26/06 at SystM gallery bar in Torstr. in Mitte. I attach the flyer with the infor­ma­tion for you (see above). Please make a reser­va­tion at toolingaround@free.fr if you want to parti­ci­pate in the work­shop or just come to the opening recep­tion in the evening. All the best, Anja.«

Eine aufre­gende, garan­tiert frucht­bare Initiative …


✪ The Subway Types für 79,– 59,– €

Immer diens­tags gibt es bei FontShop einen ausge­suchten Artikel, den wir 7 Tage lang güns­tiger anbieten. Diese Woche Style-Writing oder Tag-Styles, entworfen von Hannes von Dören (HvD). Seine Idee: die typi­schen Tag-Styles der Graffiti-Metropolen New York, Paris und Berlin in eine Script-Font-Familie zu packen. Also setzten sich die Writer Shik (New York), Deon (Paris) und Etan (Berlin) zusammen, um die typi­schen Tag-Style ihrer Stadt zu entwi­ckeln. The Subway Types war geboren. Die Schriften wurden von Hannes von Döhren digi­ta­li­siert, spatio­niert, unter­schnitten und als OpenType-Fonts programmiert.

The Subway Types sind hervor­ra­gend ausge­baut. Jeder Font beinhaltet 4 Alphabete (Großbuchstaben, Kleinbuchstaben, Kapitälchen und Schwungbuchstaben). Ausserdem enthält jeder Font Ligaturen, kleine Besonderheiten wie Unterstriche und eine breite Sprachunterstützung. Mit der OpenType-Technologie können diese Features sehr einfach einge­setzt werden.

The Subway Types Complete OpenType (Berlin, New York, Paris, Extras) gibt es bis kommenden Montag für 59 statt 79 €, inkl. Lizenz für 5 CPUs. Hier geht es zur Bestellung … hier kann man sich ein Subway-Info-PDF laden (700 KB).