EU sucht neues Biologo per Wettbewerb
Frisch eingetroffen, passend zum Thema: Die Europäische Kommission ruft Studenten und Jungdesigner in 27 Mitgliedsstaaten per Wettbewerb dazu auf, bei der Schaffung eines europaweiten Bio-Logos mitzuwirken. Dem Gewinner winken 6000 €.
Hintergrund 1: Im März 2008 wurde bereits ein Logo vorgestellt, dass jedoch dem Aldi-Bio-Logo zu ähnlich sah (Fontblog berichtete). Hintergrund 2: Erik Spiekermann ist EU-Kreativbotschafter.
Crowdsourcing vs Designbüro: Ein Interview
Der »Logo-Fall Steinmeier« wirft erneut die Frage auf: Was bringt Crownsourcing gegenüber der Beauftragung eines erfahrenen Designbüros? Fontblog wollte mehr wissen über die Kreativplattform Jovoto, die sich als Bindeglied zwischen Unternehmen und jungen Kreativen sieht. Im offenen Wettbewerb suchen die einem eine tollen Kampagne, die anderen ein Plakat oder ein Logo für die Kanzlerkandidatur. Fontblog sprach mit dem Jovoto-Mitbegründer und Geschäftsführer Bastian Unterberg.
Fontblog: Jovoto behauptet von sich, dass es nicht mit den üblichen Crowdsourcing-Experimenten vergleichbar sei. Was ist denn anders?
Bastian Unterberg: Zunächst einmal muss man Crowdsourcing als reine Technik verstehen und erst die Rahmenbedingungen der Anwendung stellen den entsprechenden Anwendungsfall in Licht oder Schatten. Wikipedia, istockphoto oder Innocentive sind Crowdsourcing-Anwendungen, die meines Erachtens viele richtige Rahmenbedingungen gesetzt haben und sicherlich auch daher eine hohe Akzeptanz erfahren.
Die Rahmenbedingungen bei jovoto unterscheiden sich von anderen Crowdsourcing-Anwendungen im Kreativumfeld vor allem in der Frage der Vergütung, der Rechtesituation und der Art der Leistung die erbracht wird.
In Bezug auf die Vergütung funktioniert jovoto über zwei unabhängige Entscheidungsebenen. Zunächst ist es allein die Community die entscheidet, welche Ideenbeiträge das Preisgeld, welches sich in der Regel auf mehrere tausend Euro beläuft, unter sich aufteilen. Auf dieser Ebene ist die Community für sich autark und vor allem unabhängig unterwegs, da man nicht ausschließlich auf das Feedback des Auftraggebers angewiesen ist. Diese Unabhängigkeit fördert freies Denken und führt, so erleben wir es häufig zu frischen und außergewöhnlichen Ideen und genau dies wiederum wissen auch die Auftraggeber bei jovoto zu schätzen. Es ist nicht selten, dass man an Ideen interessiert sind, die nicht unbedingt »on brief« sind.
Die zweite Entscheidungsebene bei jovoto resultiert aus der Situation, dass leider bei den wenigsten Crowdsourcing-Anwendungen ein fairer Umgang mit den Urheberrechten vorzufinden ist und die Nutzungsrechte nur selten bei den Ideengebern verbleiben. Auch dies ist bei jovoto anders, wir sind lediglich dazu befähigt die Arbeiten im Namen des Autoren zu präsentieren. Will ein Auftraggeber eine Idee nutzen, so müssen die entsprechenden Lizenzrechte erworben werden. Der Preise für die Lizenzrechte werden mit Beginn eines jeden Contests offen gelegt, und orientieren sich an gängigen Honorarkalendern der Branche.
Drittens unterscheidet sich jovoto, weil wir den Fokus auf Ideen setzen. Es geht nicht um finale Artworks oder reingezeichnete Kampagnenmotive, es dreht sich bei jovoto alles allein um die Idee. Manche Wettbewerbe bei jovoto haben einen visuellen Schwerpunkt andere nicht, so ist es z.B. nicht selten, dass Ideen in Textform dargestellt werden. Bei dem aktuellen Wettbewerb für die Hamburg-Mannheimer geht es überhaupt nicht um Designideen, sondern um Ideen, die sondieren wie sich eine Versicherung authentisch in Social Media bewegen kann.
Übrigens waren Negativ-Beispiele eine starke Motivation die zur Gründung von jovoto geführt hat. Unser Ziel ist es aufzuzeigen, dass Crowdsourcing in richtiger Anwendung mehr als nur Spaß sein kann und für alle Beteiligten einen tatsächlichen Mehrwert bietet.
Fontblog: Das Grundprinzip ist jedoch gleich: Ein Heer Kreativer soll zu nützlicheren Ergebnissen kommen, als ein einzelner oder ein Büro. Warum soll im Bereich Design etwas funktionieren, was in der Fotografie, der Literatur oder im Film unmöglich ist?
Unterberg: Design ist in der Regel angewandt – jovoto ist in der Regel Inspiration, die in Anwendung überführt werden kann. Mit dem jovoto-Prinzip könnten genau so gut Text-Contests oder Fotografie-Contests durchgeführt werden, wenn die Aufgabe dies als Lösung erfordert. Wichtig die Zusammenarbeit innerhalb der Community, die gemeinsame INteraktion auf den Ideen zeigen schnell mögliche Anwendungsszenarien und hier greift die »Weisheit der Masse« und nicht als Punktlandung über das Communityrating.
Fontblog: Mal angenommen, es git einen glücklichen Sieger, und eine Handvoll zufriedener »zweite Sieger«. 70 bis 80 Prozent der Crowdsourcer haben nicht nur für lau, sondern auch für den Papierkorb gearbeitet. Wie lange hält man so was durch?
Unterberg: Bei der Preisverleihung am Dienstag mit Frank-Walter Steinmeier haben die beiden Communitymitglieder auf die Frage nach der Motivation zur Beteiligung am Contest Herrn Steinmeier geantwortet, dass es Ihnen hauptsächlich um den Spaß und den Austausch geht. Betrachtet man den eher geringeren Anteil derjenigen die »on briefing« arbeiten, wird dies insgesamt von der Community unterstrichen. So scheint es weniger die Vergütungssituation bei jovoto zu sein (die trotzdem bei weitem besser ist, als bei vielen anderen Crowdsourcing-Anwendungen) sondern durch das geschlossene Ecosystem, durch das Feedback der Community und den Austausch mit Gleichgesinnten entsteht vielmehr ein sozialer Benefit.
Forntblog: Mir erklärt sich die Energiebilanz dieser Methode nicht. Wenn 200 Menschen um einen Etat von 5000 € pitchen anstatt 3 Agenturen … dann kann doch an der Rechnung etwas nicht stimmen.
Unterberg: Worum pitchen den Agenturen, um 5000 € oder um langfristige Kundenetats? Die Beziehungen zwischen Agenturen und Kunden verändern sich und die Auftragsvergabe erfolgt zunehmend projektbezogen und trotzdem ist es am Ende meist nicht der Junior Art Direktor, der mit seinen Ideen das große Geld verdient.
Aber jovoto ist keine Agentur, es geht uns um den Kontext der Veränderungen die Arbeitsweisen und Arbeitsbedingungen betreffen. Mit jovoto werden in einem freien Umfeld die Einstiegbarrieren in die Branchenstrukturen überwunden, die Chance seine Idee, so wie z.B. im Fall maggo zu platzieren ist nachweislich vorhanden. Wie sieht es da in den traditionellen Branchenstrukturen aus?
Fontblog: Im Moment stellt sich mir Jovoto wie eine Blackbox dar. Ich habe mich zwar angemeldet, darf aber nicht rein? Ein Mitglied müsste mich einladen. Warum diese Mauerpolitik?
Unterberg: Durch den großen Ansturm sind wir gezwungen, den Zugang in dieser frühen Phase zu beschränken. Wir wollen, dass die Mitglieder unter sich sind und gemeinsam mit uns jovoto weiter aufbauen. Gerade deshalb arbeiten wir auch mit vielen Hochschulen in Europa zusammen und rekrutieren dort den Plattform-Nachwuchs. Gerade in der Anfangsphase wollen wir, nicht unbedingt die Größten sein, es geht uns um die Stimmung auf der Plattform und um den Qualitätsstandard der eingereichten Ideen. Deshalb limitieren wir den Zugang noch. Perspektivisch soll jovoto eine offene Plattform werden, zu der jeder Zugang hat.
Steinmeier-Logo … alles wurde gut
Vor zwei Wochen ging ein Signet durch die Medien, dass für Aufsehen sorgte: Das Siegermotiv des Frank-Walter-Steinmeier-Logo-Crowdsourcings, veranstaltete von der Kreativ-Plattform Jovoto (Fontblog berichtete: Frank-Walter Steinmeier tappt in Crowdsourcing-Falle). Das treppenförmige Motiv weckte falsche Assoziationen. Was in dem Zusammenhang jedoch nicht gesagt wurde: 1. muss das Gewinnerlogo – anders als bei vielen Wettbewerben – nicht zum Einsatz kommen und 2. hatte der Designer schon längst eine Überarbeitung angefertigt, die jedoch erst nach dem Einsendeschluss bei Jovoto eintraf.
Die Entscheidung für das endgültige Logo fiel gestern im Willy-Brand-Haus in Berlin-Kreuzberg. Am besten kam bei den SPD-Werbern die Idee »Franky goes Web 2.0« von Jovoto-Mitglied Marco Slowik alias maggo an. Seine runde Wortmarke in Rotweiß mit einer überdimensionalen fw-Ligatur und einem kleineren, versal gesetzten »Steinmeier« darunter wird das Wahlkampf-Signet für den SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Das Motiv war vor der Übergabe mit dem Schöpfer und der Agentur A+B FACE2NET überarbeitet worden.
Das Foto oben zeigt die Logo-Übergabe, im Hintergrund weitere Ergebnisse des Jovoto-Wettbewerbs, links der Sonderpreis-Gewinner Diogo da Silva Novaes, in der Mitte der Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, rechts Marco Slowik (Ideengeber). Der SPD-Bundesgeschäftsführer Karl-Josef »Kajo« Wasserhövel (nicht im Bild) überreichte bei dieser Gelegenheit den Scheck über 3000,– € Lizenzgebühr an maggo für die Nutzung des Signets.
Das jetzt gewählte Signet will die SPD auf ihrer Website wahlkampf09.de zum Einsatz bringen, aber der Webseite des Kanzlerkandidaten auch auf Steinmeiers Facebook-Seite und auf anderen Portalen.
(Foto: SPD)
Web Trend Map 4.0: Proud to be ein Umsteigebahnhof
Die 4. Auflage der A0-Internet-Karte »Web Trend Map« steht kurz vor der Drucklegung. Gestern haben die Information Architects Zürich die Betaversion auf Flickr veröffentlicht: Web Trend Map 4.0 (6740 x 4768 Pixel). Die Karte basiert auf dem U-Bahn-Plan Tokyos und soll die Relevanz der wichtigsten Web-Umwälzpumpen visualisieren. Rund 330 Unternehmen, Marken und Einzelpersonen sind in der Grafik berücksichtigt.
Je nach dem auf welcher Haltestation eine Website positioniert ist und wie groß diese eingezeichnet ist, spiegelt dies ihren Erfolg und ihre Relevanz wider. Außerdem gibt die Position auf der Karte den Themenbereich und die Vernetzung zu anderen Unternehmen an. Das FontShop-Netz mit seinen weltweiten Shops und Blogs und Fontstruct ist stolz darauf, eine Umsteigestation zwischen der Money-Linie und der gleisgebundenen Social-Linie zu sein. Danke, Information Architects.
Das Redesign der Typoart-Schrift Kis
Da viel spekuliert wird über die Wiederveröffentlichungen der Typoart-Schriften, möchte ich heute mal einen Blick auf die Schriftfamilie Kis Antiqua von Hildegard Korger werfen, die jetzt bei Elsner+Flake erschienen ist. Für das Redesign ist Erhard Kaiser verantwortlich, dem ich die nachfolgenden Informationen verdanke.
Die neu digitalisierte Version der Antiqua Kis, die übrigens auf Tótfalusi Kis Miklós (1650–1702) zurückgeht, wurde ausgebaut und mit neuer Zurichtung versehen. Hildegard Korger, emeritierte Professorin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (und dort die ehemalige Lehrerin von Erhard Kaiser), hat diese Arbeit kritisch begleitet. Die Kis-Familie umfasst jetzt sechs Mitglieder: Antiqua und Kursive stehen im Text-Design jeweils als Regular- und Semibold-Schnitt, die Regular und Regular Italic auch als Headline-Design zur Verfügung. Die zwischen 1986 und 1990 entstandene Typoart-Kis findet sich mit neuer Zurichtung im jetzigen Headline-Schnitt wieder.
Das Figurensortiment der neuen Kis ist umfangreich. Es enthält neben dem Standard-Zeichensatz in allen sechs Schriften:
• Kapitälchen (mit zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• zahlreiche Ligaturen (auch das lange s und dessen Ligaturen),
• Versal-, Minuskel- und Kapitälchenziffern mit jeweils proportionaler und tabellarischer Zurichtung,
• Nominatoren und Denominatoren und deren Festbrüche (mit proportionaler und tabellarischer Zurichtung sowie zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• Superior und Inferior mit den daraus zusammengesetzten Festbrüchen (mit tabellarischer Zurichtung auf Halbgeviert sowie zugehörigen Währungs- und Satzzeichen),
• Ordinalzeichen (in Fette, Form und Zurichtung speziell angepaßt)
• Rechenzeichen (im Stand den Minuskelziffern angepaßt und mit tabellarischer Zurichtung auf Halbgeviert).
Die beiden mageren Kursiven bieten darüber hinaus Zierbuchstaben (Swashes) an. Diese sind nach historischen Quellen verbürgt. In allen drei Kursiven stehen zusätzlich die Ligaturen gg und gy zur Verfügung. Des weiteren gibt es in allen sechs Schriften Alternativformen zu einigen Figuren. So sind z. B. die wichtigsten Währungszeichen neben der notwendigen schmalen Ausführung auf Halbgeviert auch in der Normalversion vorhanden, die gerade beim Euro-Symbol erheblich breiter und besser ist. Ein weiteres Beispiel sind französische Anführungen für Versalsatz, die deutlich größer sind und höher stehen als jene für den Mischsatz.
Im umfangreichen Sortiment der Akzentbuchstaben wurde in jeder der sechs Schriften Wert darauf gelegt, die Akzente gut an die Versalien, Kapitälchen und Minuskeln anzupassen, nämlich jeweils unterschiedlich in der Größe und manchmal auch in der Form.
Das Kerning der Kis-Schriftfamilie neigt nicht zur Übertreibung. Eine Besonderheit ist, daß im Regular-Text-Schnitt nach Satzpunkt, Komma und weiteren Satzzeichen ein verkleinerter Wortabstand folgt. Auch vor allen Versalien ist der Wortabstand kleiner, besonders vor T, V und W, darüber hinaus vor einigen Ziffern.
Die sechs Schriften der Kis Antiqua Now werden als OpenType Pro Fonts für Apple Macintosh sowie im PC TrueType-Format für Microsoft Windows mit erweiterter lateinischer Zeichenbelegung angeboten. Zudem sind Codepage-bezogene Belegungen im Format OpenType und TrueType in west- und zentraleuropäischer Belegung erhältlich. Weitere Informnationen zur Geschichte der Schrift auf dieser Seite …
Typoart-Schriften bei fonts-4-ever
Nur Fachleuten ist die DDR-Firma Typoart sowie die Namen der ostdeutschen Schriftkünstler um Prof. Dr. Albert Kapr ein Begriff. Selbst als durch Elsner+Flake 1985 im Westen die ersten Typoart-Schriften im PostScript-Format angeboten wurden, war das Interesse an der Nutzung gering. Zu übermächtig und präsent war das schnell anwachsende Schriftangebot westlicher Firmen wie Adobe, Linotype und Scangraphic. Doch in den letzten Jahren wuchs das Interesse am Typoart-Erbe.
Daher entschlossen sich die Rechteverwalter 2004, das komplette digitale Schriftprogramm auf Basis der bei Elsner+Flake im IKARUS-Format vorliegenden und von Albert Kapr autorisierten digitalen Originaldaten des Jahres 1989/90 wieder verfügbar zu machen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit ehemaligen Verantwortlichen und noch tätigen Typoart-Designern. Dazu wurden u. a. Lizenzverträge oder Vereinbarungen mit Gert Wunderlich, Hildegard Korger, Erhard Kaiser, Karl-Heinz Lange, dem »Museum für Druckkunst«, Leipzig, und Eckehart SchumacherGebler geschlossen, um soweit sinnvoll auch den Typoart Bleisatzbestand als Redesign wieder anbieten zu können.
Zur Zeit sind auf der von Elsner + Flake betriebenen Website fonts4ever.com 55 Pakete mit Typoart-Schriften lieferbar.
Relaunch bei schriftgestaltung.de
Der Schriftentwerfer und Font-Techniker Georg Seifert (Graublau) hat seine Webseite überarbeitet. Sie gliedert sich in die Bereiche Glyphs (ein Font-Editor), Ufo Quicklook (ein Dateiformat, das in der Font-Produkion immer populärer wird) und Fontab-Scripte (z. B. Kernclass to Glyphnote). Ein Forum-Bereich mit RSS-Benachrichtigung lädt zum Wissenstransfer ein.