Fontblog Artikel im September 2008

St.-Petersburg-Tagebuch (1): Unlesbarkeit


Ein (typo)grafischer Leckerbissen in St. Petersburg, mit dem Handy aufge­schnappt, ich weiß nicht mehr wo, ich weiß nicht mehr wann (sicher­lich ist das den EXIF-Daten zu entnehmen) … weiß aber vor allem nicht, was auf dem Schild geschrieben steht.

Der Unterschied zwischen »eine Sprache nicht spre­chen können« und »eine Sprache nicht lesen können« war mir bis eben nicht so richtig klar. Dazu sollte ich vorweg­schi­cken, dass ich noch nie in Asien oder Afrika Urlaub gemacht habe und heute zum ersten Mal in meinem Leben in Russland weile. Genauer: St. Petersburg, eine typo­gra­fi­sche Dienstreise zur ATypI-Konferenz. Ich hatte auch kein Russisch in der Schule.

Erst im Flieger lese ich den Baedeker-Reiseführer. Auf Seite 91 steht der für mich entschei­dende Satz: »Um Straßennamen und Metrostationen zu entzif­fern, ist die Kenntnis des russi­schen (kyril­li­schen) Alphabets unab­dingbar.« Klingt harmlos, wenn man gewohnt ist, sich mit dem Taxi durch eine fremde Stadt zu bewegen. Warum schreiben die nicht: »Um ein Wasser mit Kohlensäure von einem Wasser ohne zu unter­scheiden … oder um die Damentoilette nicht mit der Herrentoilette zu verwech­seln … oder um heraus­zu­finden, vor welchem Opernhaus man steht …«?


Ich lese im Reiseführer, dass Passasch auf dem Newskij Prospekt die schönste Einkaufspassage der Stadt sei. Ohne Kenntnis der kyril­li­schen Schrift heißt der Ort jedoch »Naccax«. Ich habe ihn nicht gefunden, war aber dort, was ich erst beim alpha­be­ti­schen Auswerten der Fotos fest­stellte (Sorry für die Bewegungsunschärfe, hab’ das Bild in der Dämmerung aus der Hüfte geschossen; die Dämmerung dauert hier in St. P. zu dieser Jahreszeit fantas­ti­sche 2 Stunden, unge­fähr von 18:00 bis 20:00 Uhr)

Auf dem Flughafen wurde es dann ernst. Nun gut, die wich­tigen Schilder vorm Betreten des russi­schen Territoriums sind noch zwei­spra­chig … Zoll, Ausgang, Grenze. Doch um das Förderband zu finden, auf dem mein Koffer ankommen soll, da mache ich etwas, was ich seit Jahrzehnten nicht mehr getan habe: Ich laufe hilflos der Masse hinterher. Zum Glück habe ich mir einige Gesichter aus dem Flieger gemerkt. Auf der Anzeigetafel zur Gepäckausgabe verstehe ich kein Wort, außer der Flugnummer: AB 8484.

Ich muss mal. Es gibt keine Schilder mit Piktogrammen für Männlein oder Weiblein. Was heißt über­haupt Toilette auf russisch? Sicher wird es ganz ähnlich klingen wie im Französischen, Spanischen oder Englischen. Dummerweise spre­chen die Schilder nicht, man muss sie lesen. Soll ich jetzt den Reiseführer heraus­nehmen, und die »Umrechnungstabelle« zu Rate ziehen, um alle Schilder in meinem Blickfeld zu tran­skri­bieren? Ich muss mal, ganz drin­gend, verdammt.


Wenn man seit 20 Jahren Marketing für Schriften macht, aber keinen blassen Dunst von den kyril­li­schen Zeichen hat (ich bin nicht mal in der Lage zu beur­teilen, ob dieser Schriftzug spie­gel­ver­kehrt auf der Scheibe klebt), kann man sich immer wieder an den Formen der Buchstaben erfreuen … verstehen tue ich sie trotzdem nicht.

Da hinten steht »Pektopa«. Genauer: »Ресторан«. Ein Mitreisender klärt mich auf, dass sich das »Ristarán« liest. Ich koche. Warum kann man das nicht so da dran­schreiben? Ich hätte es sofort verstanden. Nur gut, dass ich an einen Experten geraten bin: »Würden Sie mir bitte verraten, wo ich mir mal die Hände waschen kann?« »Na klar, dort hinten, rechts.« Oooohkeyei, vielen Dank. Ich trabe auf ein Schild zu, auf dem ich »Tyanet« lese. Tatsächlich steht dort »Tyaлéт«, in kyril­lisch, was sich »Tualét« ausspricht. Ich bin bedient. Meine Kenntnisse der latei­ni­schen Schrift und Sprache sind in diesem Land nichts wert.

Als wär’ das Leben in einer Stadt mit einer fremden Schrift nicht schon schwer genug … hier purzeln die Lettern auch noch von oben nach unten … ja wie herum muss man das denn jetzt dechiffrieren?

Auf der Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt von St. Petersburg greife ich immer wieder zum Reiseführer, um eine Umrechnungstabelle zu konsul­tieren. Dabei handelt es sich nicht um eine Währungsumrechnung, sondern um eine Buchstabenumrechnung. Ich lerne, dass das kyril­li­sche A/a dem deut­schen A/a entspricht. Eine Trivialität. Das kyril­li­sche Б/б wäre dann das B/b – kann ich mit leben – doch die Buchstaben В/в spre­chen die Russen wie ein w aus. Jetzt muss ich intel­lek­tuell schon aussteigen: was ich als B lese, spricht sich v aus und eine 6 ist im kyril­li­schen ein b. Wer um Himmels Willen soll sich das denn merken? Und dabei folgen in der Tabelle noch 30 kyril­li­sche Groß- und Kleinbuchstaben, die alle noch memo­riert werden sollen. Nee, Leute, das schaffe ich weder in diesem Leben, schon gar nicht in den nächsten Stunden. War Russisch in der DDR nicht die erste Fremdsprache, die 20 Millionen Menschen 6 Jahre durch­ge­zogen haben, und sie nach 1989 ganz schnell wieder vergaßen … weil sie so schwer zu behalten ist?


Selbstverständlich habe ich die wahren Attraktionen der Stadt bereits im Augenwinkel wahr genommen, aber dazu erst später mehr.

Die 17 Kilometer lange Fahrt vom Flughafen Polkowo II ins Zentrum ist gesäumt von Werbetafeln und dick-und-fett beschrif­teten Unternehmen: Ikea, Obi, Samsung, … Hey, das versteh’ ich, das kann ich was lesen. Meine Augen klam­mern sich an vertraute Schriftzüge: Coca Cola, Canon, Hewlett-Packard, … Den Rest entzif­fere ich wie ein Erstklässler. (Morgen mehr)

Payback- und Meilen-Jäger könnten auf die Idee kommen, dass man im Cafe »Mocca Club« ganz viele Punkte sammeln kann … ohne zu bezahlen. Falsch. Der Buchstabe hinter den Ziffern ist über­haupt kein p, sondern ein kyril­li­sches R (p), das für Rubel steht. 100 Rubel sind rund 3 €.


100 Beste Edition: Band 16 ist da!

Heute erscheint Band 16 der von FontShop ins Leben geru­fenen 100 Beste Schriften Edition: Bell OT (Edition-Bestellseite für Neuabonnenten und Einzelkäufer). Auf der CD befinden sich 2 Bell-Familien: Bell Gothic (3 Schnitte) und Bell Centennial (5 Schnitte). Zum ersten Mal werden beide Bell-Familien in einem Paket ange­boten, und das zum Vorzugspreis.

1937 trat die Bell Telephone Company (später AT&T) an den Schriftentwerfer Chauncey H. Griffith heran, um eine neue Telefonbuchschrift in Auftrag zu geben: Bell Gothic, erschienen ein Jahr später. 40 Jahre war sie bei AT&T im Einsatz. Anfang der 90er Jahre erlebte die Schrift eine Wiedergeburt durch die Verwendung ange­se­hener Designer (Bruce Mau, Irma Boom) und Einrichtungen, darunter die Cranbook Academy of Art, die Design Academy Eindhoven und die Rhode Island School of Design..

Zum 100. Geburtstag im Jahr 1978 beschert sich AT&T ein Redesign ihrer Telefonbuch-Schrift. Matthew Carter entwi­ckelt zwischen 1975 und 1978 die raffi­nierte Bell Centennial, wobei er die Lesbarkeit der Nachschlagewerke entschei­dend verbes­serte. Extreme Einschnitte und die großen Innenräume der Buchstaben garan­tierten ihre Unversehrtheit, trotz Schnelldruck und schlechtem Papier. Darüber hinaus führt er zwei neue Schnitte ein, um die Hierarchie der Text- und Zahlen-Informationen weiter zu verfeinern.

Der finan­ziell ertrag­reichste Coup ist die Einführung des Versal-Schnittes Bold Listing für gewerb­liche Kunden, die für die Großdarstellung ihres Namens gerne eine Extra-Gebühr zahlen. Carter lässt die fetten Großbuchstaben einfach unter­halb der Grundlinie beginnen, wo sie den unge­nutzten Raum für Unterlängen besetzen. Das Ergebnis ist eine 20 Prozent größerer typo­gra­fi­scher Auftritt, bei unver­än­dertem Zeilenabstand. Die Einnahmen aus diesem Kunstgriff machten die Investition in die neue Schrift zu einem Fall für die AT&T-Portokasse.

Der Band »Bell OT« der »100 Besten Edition« enthält Bell Gothic und Bell Centennial und kostet nur 199,– €. Bestellung hier auf dieser Seite. Abonnenten der Edition bekommen sie auto­ma­tisch zuge­stellt und zahlen nur 178,– €.


Blogpremiere: Berlin aus der Sicht von Designern

Es scheint noch in Arbeit, doch der Grundstein ist gelegt und zu betrachten: das neue Weblog Berlin Is Better. Die Inhalte kommen zur Zeit aus den Büros von MetaDesign, Pixelpark, Coordination und Create Berlin. Von »Gestaltung« kann man bei der WordPress-Standardseite noch nicht reden … ich würde auch den groß­mau­ligen Titel ändern, falls das noch möglich ist.

Die Inhalte sind viel­ver­spre­chend: Da gehen visuell orien­tierte Schreiber mit offenen Augen durch die Stadt und entde­cken Neues aus Architektur, Mode, Museen, Parks und Shops in allen Stadtteilen. Die Seite kann eine Bereicherung der Spree-Blogosphäre werden.


Kostenlose o2-World-Kampagnenschrift

Kommentare im Fontblog lesen lohnt sich!

Kurz nachdem ich mich hoch­er­freut über die o2-World-Kampagnenschrift geäu­ßert hatte, verkün­dete saber­rider in Kommentar Nr. 7, dass er den Pixel-Font eben mal auf FontShops Fontstruct-Seite gebaut habe. Und wie jeder weiß, stehen Fontstruct-Schriften regis­trierten Usern jeder­zeit zum kosten­losen Download bereit.

Also: Holt Euch jetzt einfach die kosten­lose o2-World-Kampagnenschrift.

Als nette Ergänzung bietet sich die Berlin Arena Redux von funk king an.


o2, O₂, O-two … Oh no! oder …

… Der typo­gra­fi­sche Umgang mit der Marke O2
von Priska Wollein und Helmut Ness

Auf den ersten Blick scheint der Mobilanbieter mit den Sauerstoffbläschen in Sachen Markenname das große Los gezogen zu haben: kürzer und einpräg­samer geht’s wohl kaum. Das O blub­bert zudem ganz hübsch mit den Bläschen im Keyvisual und jeder, der die 8. Klassenstufe durch­laufen hat, müsste (laut Lehrplan) eins und eins zusam­men­zählen und das Versal-O mit der tief­ge­stellten Ziffer 2 sofort als die chemi­sche Bezeichnung für Sauerstoff iden­ti­fi­zieren können. Und davon kriegt man ja schließ­lich jede Menge, wenn man nicht mehr zuhause in der stickigen Bude tele­fo­nieren muss, sondern beispiels­weise durch den Park schlen­dert dabei. Hier schließt sich der Kreis zur Mobiltelefonie – so weit, so gut. Das hatten sich die Verantwortlichen bei der Markenentwicklung seiner­zeit wohl auch gedacht – Operation gelungen! Feierabend! – und haben kurz vor den entschei­denden typo­gra­fi­schen Eingriffen einfach den Sauerstoff abgedreht.

Auf den ersten Blick scheint O2 die Sache den Umständen entspre­chend gut über­standen zu haben und nur das geschulte Typo-Orthopädenauge erkennt den leichten Haltungsschaden: dem tief­ge­stellten, viel zu dünnen Light-Zweierlein droht neben dem etwas fett­lei­bigen O die Luft auszu­gehen. O2 hinkt jedoch nicht nur in dieser Hinsicht. Im Alltag zeigt sich, dass der Telekom-Marke viele typo­gra­fi­sche Betätigungen, die andere Brands problemlos meis­tern, erheb­liche Schwierigkeiten bereiten. In erster Linie wohl, weil das tief­ge­stellte Zweierlein in vielen Anwendungen einfach nicht kann.

Schauen wir derzeit ins Stadtbild von Berlin: O2-World – all over the place. Und nicht nur die Werbeflächen künden von der neuen Event-Halle am Ostbahnhof, nein, auch die offi­zi­elle Straßenbeschilderung muss sich dafür ins Zeug legen. Mit der DIN scheint O2 aber wohl gar nicht zu können – oder die Berliner Schildermacher können nicht mit der DIN und O2. Es trägt die Symptome der typo­gra­fi­schen Inkonsistenz offen zur Schau: o2 steht da. Vermutlich damit keiner das O mit der 0 verwech­selt und dann über­haupt nicht mehr weiß, mit wem er es hier zu tun hat. Die gleiche Behinderung macht O2 beim Providerlogo auf dem Handydisplay zu schaffen. Da kommt das Zweierlein auch beim besten Willen nicht runter. Folge auch hier: das wenig elegante o2, das mit Sauerstoff so viel zu tun hat wie ein Zwiebelturm mit einem Zwiebelkuchen – gar nix.

Wie O2 im Web klar kommt, wollten wir eigent­lich besser gar nicht wissen. Doch bekommt die Diagnose des Krankheitsbildes von O2 auf der eigenen deut­schen Website plötz­lich eine völlig neue Wendung: O2 kann, wenn es will! Bei den Navigationsreitern kommt das Zweierlein so runter, dass es eine typo­gra­fi­sche Freude ist. Und das sogar in der Systemschrift. Aber es scheint eben nicht immer zu wollen. Denn auf dem Rest der Seite voll­führt es dann wieder die typo­gra­fisch unmög­lichsten Verrenkungen ohne erkenn­bare Motivation. Mal groß/klein dann wieder klein/groß – einfach alles durch­ein­ander. Typografisch inkon­ti­nent. Vielleicht also doch eher ein psychi­sches Problem? O2 in die Branding-Reha? Oder doch besser erstmal auf die Typoanalyse-Couch?

Bis das endgültig geklärt ist, könnte man den Problemen der typo­gra­fi­schen Darstellbarkeit des Markennamens viel­leicht mit »The phone company normally known as the oxygene symbol« begegnen. Obwohl das die Berliner Schildermacher dann vor neue Probleme stellt …


Ein iPhone richtig auf den Tisch legen

Eine neue Folge aus meiner Serie »Dinge, die alle falsch machen« (Teil 1: Vom rich­tigen Auspacken eines FontBooks; eine gemeine Fälschung meiner Serie auf dieser Seite).

Vorgestern hat Apple den neuen iPod Touch vorge­stellt, und wieder bemän­geln Kritiker zu Recht die zwar schön anzu­se­hende aber extrem empfind­liche Rückseite des Gerätes, die schnell Kratzer aufweisen wird. Das ist ein (wahr­schein­lich beab­sich­tigter) Nebeneffekt des smarten Apple-Designs, der den Wiederverkaufswert der trag­baren Geräte schnell sinken lässt und die Erlöse auf dem Ebay-Gebrauchtmarkt drosselt.

Vor diesem Hintergrund besteht auch von Seiten des Herstellers keine Interesse daran, das rich­tige Ablegen eines iPod Touch oder eines iPhones in einem der vielen Erläuterungsvideos zu demons­trieren. Also mach ich das mal kurz zwischendurch.

Immer wieder beob­achte ich in Gaststätten, im öffent­li­chen Nahverkehr oder in Konferenzräumen, dass iPhones »mit dem Gesicht nach oben« abge­legt werden. Damit lagern sie auf ihrer empfind­lichsten Seite, und es werden nur wenige Tage nach dem Kauf vergehen, bis man die ersten Kratzer auf der Rückseite entde­cken kann.

Tatsächlich sollten iPhone und iPod Touch auf die gehär­tete Glasfront gelegt werden, die weder mit einem Schraubenzieher noch mit einem Messer zerkratzt werden kann. Des weiteren bleiben bei dieser Ablagemethode spontan eintref­fende persön­liche Mitteilungen (Anrufe, SMS, Kalender-Erinnerungen, …) vor den Augen der Nachbarn verborgen. Es liegt auch sicherer auf der absolut planen Screenfläche, während es – auf der gewölbten Rückseite lagernd – bei einem Vibrationsalarm schnell mal Richtung Tischkante tänzeln kann. Das Aufnehmen (= Abheben) des iPhone funk­tio­niert aus der »Bauchlage« mit einer ganz natür­li­chen Handbewegung.

Schließlich ist der Touchscreen von iPhone und iPod mit einer Art Stoßstange umfangen (Chrom), die beim Ablegen die Ecken sicher schützt.

Diese Hinweise gelten für iPhone Generation 1 und 3G, sowie für iPod Touch Generation 1 und 2 und natür­lich auch für Gerrits Befreiphone.



Die Gänsehaut-Typografie der O2-World-Kampagne

Gestern Abend eröff­nete Berlins größte Veranstaltungshalle ihr Pforten: die O2 World Arena. Bauherr ist die US-ameri­ka­ni­sche Anschutz Entertainment Group, die welt­weit Veranstaltungsstätten betreibt und eine der führenden Unternehmen in Live Entertainment und Sport ist. Das Gebäude entstand in nur zwei Jahren auf einem ehema­ligen Bahngelände in Friedrichshain. Es ist des erste Objekt eines Investorenprojekts namens »Mediaspree«, das Kommunikations- und Medienunternehmen entlang des Spreeufers anzu­sie­deln versucht und diesen Bereich entspre­chend umstruk­tu­rieren möchte. Eine Bürgerinitiative (»Mediaspree versenken«) wehrt sich gegen diese Pläne.

Die Anschutz-Arena ist das erste Veranstaltungsgebäude Deutschlands, das konse­quent multi­me­dial vermarktet wird – ja sich selbst als Multimedia-Objekt ins Gespräch bringt. Schon seit Monaten machen 3 über­di­men­sio­nale LED-Bildschirme im Bezirk auf das Programm der Arena aufmerksam, wo auch die beiden Sportvereine ALBA Berlin (Basketball) und Eisbären Berlin (Eishockey) zukünftig ihre Heimspiele austragen werden.

Prägend für das äußere Erscheinungsbild der O2 World ist eine gewölbte Glasfassade rund um den Haupteingangsbereich. In dessen Zentrum befindet sich eine 1500 Quadratmeter große LED-Installation mit 300.000 Lichtpunkten, die bei Einbruch der Dämmerung die Fassade in einen riesigen Widescreen-Bildschirm verwan­delt, der mit Texten, Bildern oder Filmen bespielt werden kann.

Wie in Sportarenen dieser Dimension üblich, hängt über der Spielfläche (bezie­hungs­weise dem Konzertraum) in 14 Metern Höhe ein acht­eckiger LED-Videowürfel. Er ist rund vier­ein­halb Meter hoch und hat einen Durchmesser von 12,60 Metern. Hier können Bilder aus vier unter­schied­li­chen Kameraeinstellungen gleich­zeitig gezeigt werden. Bei Sportveranstaltungen dient der LED-Würfel zusätz­lich als Anzeigetafel.

Die Werbung für die erste »leuch­tenden Arena« in der Hauptstadt greift geschickt die LED- und Screen-Ästhetik auf, durch die der Multifunktionsbau auf sich aufmerksam macht. Die Matrix-Schrift in den Headlines von 02-World-Großflächen- und -City-Plakaten passt vorzüg­lich zum Sujet. Dabei haben es sich die Gestalter nicht leicht gemacht, denn die Kampagnenschrift scheint – nach meinen ersten erfolg­losen Recherchen – maßge­schnei­dert; jeden­falls konnte ich in den Beständen des FontShops keine Punktmatrix-Schrift finden, die auf einem 5 x 12 Pixel-Raster basiert.

Selbst wenn es eine solche Schrift im PostScript- oder OpenType-Format gibt oder gäbe, ist sie für die Kampagne in Photoshop überaus raffi­niert mit Verläufen und Überstrahlungen insze­niert. Das nenne ich typo­gra­fi­sche Spitzenqualität.

Ganz im Gegensatz dazu der typo­gra­fi­sche Auftritt des O2-Logos, das morgen von zwei führenden deut­schen Corporate-Designern im Rahmen unseres Designdiskurses am Freitag ausein­ander genommen wird.

Abbildungen: O2 world (1), Fontblog (3)