Fontblog Artikel im September 2008

Befreiphone für Gerrit …

Ich würde das Befreiphone abgeben, wenn ich es gewinnen würde … denn ich habe schon ein ganz normales iPhone. Außerdem hatte er die Idee zuerst.


FontFeed: der neue, internationale Fontblog

Seit gestern Abend ist ein neuer FontShop-Blog online, The FontFeed. Seine Macher bezeichnen das Projekt in einer Pressemitteilung als »das Überblog«, denn es gibt bereits jede Menge lokaler Weblogs aus der FontShop-Gruppe: Fontfeed (USA) Unzipped (B), TYPOblog (D), Zoomfeed (D), 100besteschriften (D) und natür­lich diesen Fontblog. Doch der neue FontFeed ist das erste Weblog, mit fest ange­stelltem Redakteur und welt­weiter Ausrichtung.

Verantwortlich für die Inhalte ist der belgi­sche Designer, Schriftkenner und Autor Yves Peters, der FontShop so gut kennt wie seine Gründer, denn er war bei der Geburtsstunde mit dabei. Noch während seines Studiums an der Royal Academy of Fine Arts in Gent (1987 – 1991) absol­vierte Yves Peters Praktika beim frisch gegrün­deten FontShop Belgien und bei Erik Spiekermanns MetaDesign in Berlin. Zu dieser Zeit kamen Spiekermann und seiner Frau Joan die Idee, FSI FontShop International zu gründen. Yves Peters, von Petra Weitz (Geschäftsführerin FSI) liebe­voll »die Belgische Waffel« genannt, arbeitet an Marketing-Ideen mit und orga­ni­sierte den ersten belgi­schen FontShop-Award. Im März 1995 begann er einen Job bei Making Magazines, woraus später Magelaan wurde. Der FontShop-Gruppe blieb er über all die Jahre freund­schaft­lich verbunden.

Wie es Peters bewegt hat, nach 13 Jahren die Agentur Magelaan in Gent zu verlassen und sich zu 100 % in den neuen Job bei FontShop International zu knien, beschreibt er in einer persön­li­chen Rückschau in seinem Weblog Unzipped (das er übri­gens weiter führen wird, jedoch in flämisch): Feels like coming home.

Yves Peter, Chefredakteur des neuen FontShop Fontfeed, im Restaurant des Berliner Fernsehturms während der TYPO 2007 Music

Was will der neue FontFeed? Eigentlich genaus dasselbe, was Fontblog in Deutschland sein möchte – nur inter­na­tional: Eine kräf­tige Stimme für die visu­elle und typo­gra­fi­sche Kultur. Gemessen an ihrem tatsäch­li­chen wirt­schaft­li­chen Beitrag, genießt die (typo)grafische Kommunikation bei weitem nicht den Respekt, der Fotografie, Film und Musik entgegen gebracht wird. Der FontFeed möchte seinen Beitrag dazu leisten, die Vernetzung der Szene zu fördern (jetzt auch inter­na­tional), über die Grenzen hinweg zu loben und zu kriti­sieren, kurz: den Horizont der Leser erwei­tern. Darum: abon­niert – jetzt sofort:

RSS FontFeed-Beiträge
RSS FontFeed-Kommentare (wird noch gestrickt … Adresse folgt gleich)

Ich habe es auch gerade getan. Je mehr Leser, um so moti­vierter die Redaktion, um so frucht­barer die Kommunikation.

In dem Zusammenhang nutze ich die Gelegenheit, Gerrit van AakenBefreiphone«) zu danken, einem groß­ar­tigen Suchmaschinenoptimierer. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber wenn man in Google die beiden Begriffe font­shop und font­blog eingibt, dann steht immer noch ganz oben ein uralter Beitrag von ihm mit der aufmun­ternden Überschrift »FontShop bloggt. Und zwar gut!«. Lieber Gerrit, das ging mir damals runter wie Öl, und ich lese es auch nach 4 Jahren noch gerne. Dafür gebührt Dir ein Befreiphone. Und schick’ doch mal eine Mail, ob wir Dein Wissen über Suchmaschinenoptimierung nicht auch gebrau­chen können.


(Hoch-)Schul-Redaktionstag in Mannheim

Noch nie gab es so viele gut gemachte Designmagazine an deut­schen Hochschulen. Manche entstehen als Semesterprojekt, andere autark und selbst­ver­waltet. Auch im Profil, der Gestaltung und dem Entstehungsprozess unter­scheiden sie. Doch eins ist allen gemeinsam: eine enga­gierte Redaktion aus Studenten, die an allen Hochschulen vor den glei­chen Herausfroderungen steht.

Diese Redaktionen möchte die Fakultät für Gestaltung der Hochschule Mannheim an einem Redaktionstag unter dem Thema »Nutz & Zier« am 22. November 2008 zusam­men­bringen, um den Austausch zu fördern. Die Themen: Welchem Einfluss darf ein gestal­tetes Hochschulmagazin unter­liegen? Wieviel Freiheit tut einem Design-Hochschulmagazin gut? Geht es um den Nutzen oder die Zier?

Begleitet von Vorträgen, wie beispiels­weise von Mario Lombardo, dem Beef-Kreativ-Magazin sowie Slanted, oder einen Workshop »Kreatives-Schreiben« vom Focus-Magazin (in Planung!) sind alle Hochschulredaktionen dazu einge­laden, sich selbst vorzu­stellen und einen inter­es­santen Tag an der Hochschule Mannheim zu erleben.

Am Vortag, dem Freitag, 21. November 2008, sind Redaktionen von Schüler- und Abizeitungen ganz herz­lich zum Redaktionstag einge­laden. Sie lernen die Herangehensweise an Texte und Gestaltung eines Magazins, was beachtet werden muss und was schief­gehen kann.
Profis aus der Branche, wie etwa dem Mannheimer Morgen oder Signum, erzählen aus dem Alltag einer Zeitung und es erwarten die Teilnehmer Workshops in den gängigen Designprogrammen wie Photoshop, Illustrator oder InDesign.


Tagung »Typographie und Literatur« in Berlin

Vom 25.09. – 27.09.2008 findet im Hörsaal des Instituts für Theaterwissenschaft der FU Berlin (Grunewaldstr. 35) eine 3-tägige Typo-Konferenz für Literaturwissenschaftler statt: »Typographie und Literatur«. Die Veranstalter fassen ihr Thema so zusammen:
»Literarische Texte – und beson­ders die Texte des ›Kanons‹ – begegnen dem Leser zumeist in der normierten Gestalt von Werkausgaben und Taschenbüchern, und für die histo­ri­sche typo­gra­phi­sche Gestalt von Texten fühlten sich lange Zeit nur Buchkundler und Bibliophile zuständig.
Von der Literaturwissenschaft wird die typo­gra­phi­sche Dimension des Textes hingegen nach wie vor gerne über­sehen, obwohl die ›Topographien‹ lite­ra­ri­scher Manuskripte und Typoskripte längst einen etablierten Gegenstand herme­neu­ti­scher Untersuchung darstellen. Die Tagung soll dazu beitragen, das Problembewusstsein der Philologien für die (mögliche) Literarizität von Typographie zu schärfen und unter syste­ma­ti­schen und histo­ri­schen Gesichtspunkten die Bedeutsamkeit typo­gra­phi­scher Phänomene in lite­ra­ri­schen Kontexten herausarbeiten.«

Die Referenten: Sven Limbeck, Stephan Kammer, Christoph Windgätter, Rainer Falk, Friedrich Forssman, Ulrich Joost, Gerrit Brüning, Rüdiger Nutt-Kofoth, Thomas Nehrlich, Stephan Kurz, Rolf Bulang, Thomas Rahn, Markus Bauer, Brigitte Obermayr, Stefanie Rentsch, Martin Endres, Bernhard Metz.

Das Programm, konzen­triert auf einem A4-PDF.


Alter ohne Weisheit, oder …

Warum ein blei­erner Kurt Weidemann keine Bücher bespre­chen sollte

von Prof. Ralf de Jong

Las ich doch jüngst in der »form« eine Rezension unseres Buchs »Schriftwechsel«. Man muß es ja nicht mögen. Kurt Weidemann (er hat die Besprechung geschrieben) mag es nicht. Ist sein gutes Recht.

Er fände es über­flüssig, 250 Schriften zu zeigen, weil »gute Typografen ein Berufsleben lang mit einem halben Dutzend Schriften sehr gut zurecht­ge­kommen sind, Fanatiker sogar nur mit einer«. Stimmt ja auch. Nur hat er wohl über­sehen, daß diese nicht alle dieselbe Schrift benutzt haben bzw. benutzen wollten. Und: Wie haben die wohl ihre Schriften gefunden? Sind die ihnen in die Wiege gelegt worden?

»Moderne Schriftfamilien, zu Sippen ausge­baut, verfügen für die Länder des latei­ni­schen Alphabets über weitaus mehr als 10.000 Zeichen«, beklagt Weidemann. Ist das denn so schlimm? Können wir doch endlich unseren polnisch-stäm­migen Nachbarn die korrekten Akzentzeichen in den Namen schreiben! Und grie­chi­sche Zitate in der passenden Type setzen.

Lieber Kurt Weidemann! Sie zollen »dem immensen Fleiß, dem Aufwand, dem Kenntnisreichtum … großen Respekt«. Und fragen nur, »was dabei … der Mühe wert war«. Danke. Aber viel­leicht haben Sie in Ihrer blei­zeit­li­chen Grundstimmung einfach andere Bedürfnisse als heutige Schriftnutzer? Als Sie jung waren (Jahrgang 1922), bot die briti­sche Monotype EINE Garamond an. Im FontBook findet man heute über 32.000 Schriften. Unter ›Garamond‹ stehen 22 Einträge – wohl­ge­merkt, Familien, keine Einzelschnitte. Das ist die Welt, in der wir uns zurecht­finden müssen.

Wäre die Rezension weniger pole­misch, hätte ich mir das Folgende aus großem Respekt vor Ihrem gestal­te­ri­schen Lebenswerk verkniffen. Weil Sie aber wie ein Erbsenzähler in Ihren Text einsteigen (»ein 1686-Gramm-Ganzleinenband …«), muß ich Ihnen leider vorhalten, daß dieser Text nicht nur inhalt­lich in der Mitte des vorigen Jahrhunderts stehen­bleibt, sondern auch noch in jedem veri­fi­zier­baren Detail falsch ist. Mit anderen Worten: Sie haben sich verzählt.

Das Buch hat bestimmt nicht »350 Seiten und 20 Seiten Anhang«. Lieber Kollege, 370 Seiten bei einem faden­ge­hef­teten Band wären ein mathe­ma­ti­sches Wunder.

Daß A4 »für ein Gebrauchs- und Nachschlagewerk völlig unge­eignet« sei, lese ich mit Verblüffung. Darf ich vorsichtig an Ihr eigenes Buch »Typos. Das Große Buch der Druckschriften« in A4 erin­nern? Oder an Ihr »Wo der Buchstabe das Wort führt«, ein Gebrauchswerk aus dem Jahre 1997: es ist ganze 368 Seiten schwer und hat das Format eines Atlanten, beein­dru­ckende 26 x 33,5 Zentimeter.

Und wir haben tatsäch­lich viel Wert auf Zitate aus der Primärliteratur gelegt. »Dabei kommt Jan Tschichold gerade einmal vor, Hans Peter Willberg aber sechsmal.« Herr Weidemann, da haben Sie wohl auch nicht so genau hinge­schaut. Im Register ist Tschichold nur einmal erwähnt, weil der Großteil seiner Zitate aus seinen GESAMMELTEN SCHRIFTEN stammt – deshalb eine Nennung –, während wir Willberg aus Einzelpublikationen zitierten – sechs Nennungen. Hat aber nichts mit der Häufigkeit der Zitate zu tun …

Möglicherweise konnten Sie das Buch nicht richtig lesen, weil es »in einem zu klein gewählten Schriftgrad« gesetzt ist?

Lieber Herr Weidemann, viel­leicht sollten Sie einfach keine Bücher rezen­sieren, die Sie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben – und sei es nur, weil die Schrift zu klein gedruckt ist. Dann würde es mir leichter fallen, Ihnen Ehre und Respekt zu zollen, wie Sie es sicher verdient haben. Nur eben nicht für diese Besprechung. So, jetzt ist es raus.


»Marke Eigenbau« – riecht nach Handarbeit

Mein Exemplar von »Marke Eigenbau« kam gestern, besprüht mit oranger Leuchtfarbe. Die Spuren der Handarbeit sind deut­lich zu sehen. Die Schablone lässt sich abtrennen und ist prima für das eigene Branding von Handwerklichem weiter zu benutzen.

Am 18. September erscheint das neue Buch von Holm Friebe (»Wir nennen es Arbeit«), Geschäftsführer der Zentralen Intelligenz Agentur, und Thomas Ramge, Brand-Eins-Autor. Titel: »Marke Eigenbau – Die Flucht der Massen vor der Massenproduktion« (Campus, 19,90 €).

»Marke Eigenbau« handelt von der Revolution des Selbermachens. Die Vorboten dieses Trends begegnen uns überall: Manufakturen erleben eine Renaissance, aus E-Commerce wird Social Commerce, der Online-Shop Etsy für selbst­ge­machte Waren blüht auf. Gute Produkte zu fairen Preisen von kleinen Anbietern eröffnen neue Märkte und krem­peln bestehende um. Die Massenproduktion trifft nicht mehr den Geschmack und die Bedürfnisse souve­räner Kunden, die sich in der Rolle des Endverbrauchers immer unwohler fühlen: Sie wollen das Aussehen von Produkten selbst mitbestimmen.

Ganz nebenbei ist des Selbermachen ein listiger und lust­voller Kampf gegen Bürokratie, Megakonzerne und  Ausbeutung von Mensch und Natur. Eine neue, klein­tei­lige Ökonomie eröffnet für das Gemeinwesen und arme Regionen span­nende Perspektiven.

Passend zum Thema wird jedes Exemplar von »Marke Eigenbau« (Startauflage 13.000) als hand­ge­machtes Unikat in den Handel kommen. Verantwortlich für die Gestaltung sind Thomas Weyres (pawone​.de) und Martin Baaske (normboy​.com) von der Zentralen Intelligenz Agentur. Sehr früh machten sich die beiden, gemeinsam mit den Autoren, Gedanken über eine Individualisierung der Bücher: »Wie können wir mehrere Tausend Unikate wirt­schaft­lich herstellen und auf direktem Weg die Thematik des Buches visuell übertragen?«

Nach dem sich alle Ideen, vor dem Druck etwas hand­werk­li­ches mit dem Papier anzu­stellen, als schwierig erwiesen hatten, kamen die Designer im Gespräch mit Holm Friebe darauf, die Bücher mit Schablonen und Sprühlack nach dem Druck zu indi­vi­dua­li­sieren. Und: »Wenn wir schon Schablonen lasern lassen, können wir diese auch für den Leser weiter­ver­wendbar am Umschlag anbringen« bringt Thomas Weyres die Idee zu Ende.

Gedruckt wurde bei Ebner & Spiegel in Ulm. Der Ulmer Bücherservice über­nahm die Besprühung der Cover, wofür deren Mitarbeiter die Umschlagklappe mit der Schablone vor den Titel legen, das Cover besprühten und danach wieder einklappten. Mittels 60 verschie­dener Lackfarben, die teil­weise unter­ein­ander kombi­niert wurden, entstand so aus jedem Buch der ersten Auflage ein hand­ge­machtes Unikat. Wer sich ein solches sichern möchte, sollte bei Amazon eine Vorbestellung absetzen.

Produktioner, die sich für den genauen Ablauf der Coverbearbeitung inter­es­sieren, finden auf der Webseite zum Buch eine ausführ­liche Reportage: marke​-eigenbau​.org.


Fontblog – die Tageszusammenfassung

Eine solche Stichwort-Grafik erstellt Wordle ganz indi­vi­duell: eine Text eingeben (oder die URL, also www​.font​blog​.de), Layout wählen, Schriftart wählen, Farbklima wählen. Fertig!


Schreiben wie ein Architekt

In nur 2,5 Minuten demons­triert der Kung-Fu-Architekt Doug Patt, wie man zum Schönschreiber wird … nein, er spricht es ehrlich aus: »Handlettering takes years of prac­tice to get good.«. Man kann auch ein Übungsblatt als PDF down­loaden. (Via rake­ten­blog)