Fontblog Artikel im Mai 2010

Ein Wort zu David Carson

Hätte nie gedacht, dass ich mal David Carson vertei­digen muss. Nee, mach’ ich gar nicht … und er braucht es sowieso nicht. Ich vertei­dige das TYPO-Programm und kriti­siere Pantoffelkino-Erwartungshaltungen. Kommentare bitte dort …

Foto © Alexander Blumhoff


Krönender Abschluss der TYPO 2010

Ich habe gerade im TYPOblog ausführ­lich einen legen­dären Konferenzauftritt vom Samstagabend doku­men­tiert, der viele Menschen berührt hat. Die gemein­same Präsentation des Mannheimer Studenten Julian Zimmermann und des afri­ka­ni­schen Königs Céphas Bansah auf der großen Bühne des Haus der Kulturen der Welt vereinte in 60 Minuten alles, was die Besucher der FontShop-Konferenz seit 16 Jahren schätzen: gutes Design, Persönlichkeit, Humor, Offenheit, Internationalität und Horizonterweiterung.

Schon lange wurde gefor­dert, einmal Auftraggeber und Designer gemeinsam ein Projekt vorstellen zu lassen. Dies ist nun geschehen, unter exoti­schen Voraussetzungen, die uns einen groß­ar­tigen Auftritt bescherten: eine neue visu­elle Identität für einen König, entwi­ckelt von einem Studenten. Das Ergebnis und die Präsentation lagen auf hohem profes­sio­nellem Niveau … gepaart mit einer Natürlichkeit, die vielen Besuchern Tränen der Rührung abver­langte. Stehende Ovationen waren das Dankeschön für Julian Zimmermann und König Bansah.

(Abbildung oben: König Céphas Bansah und Julian Zimmermann über­rei­chen TYPO-Programmdirektor Jürgen Siebert die erste, nach dem neuen Gestaltungsrichtlinien herge­stellte Urkunde seiner Majestät; Foto © Thorsten Wulff)


Die Twitter-Stars als astronomische Karte [Update]

Auf der 15. inter­na­tio­nalen FontShop-Konferenz TYPO Berlin stellte der Information-Architects-Gründer Oliver Reichenstein vor 2 Tagen die Betaversion der neusten Web Trend Map vor. Basis der Posterserie sind Netz-Statistiken, mit denen die japa­ni­schen iA-Infografiker vertraute Kartenmuster erstellen, zum Beispiel einen Stadtplan. Fontblog berich­tete mehr­fach über ihre Arbeit, zum Beispiel in Web Trend Map 4.0: Proud to be ein Umsteigebahnhof und Der Internet-Fahrplan wird inter­aktiv.

Die fünfte Web Trend Map mit dem Titel »Cosmic 140« basiert nicht mehr auf U-Bahn-Linien und dem Traffic von Webseiten, sondern bildet die 140 einfluss­reichsten Twitterer welt­weit ab. Dargestellt sind sie in Form einer Sternenkarte, sortiert nach Name, Kategorie, Einfluss, Größe der Gefolgschaft und Aktivität. Ebenfalls enthalten ist der Beginn ihrer Aktivität einschließ­lich des ersten Tweets im kompletten Wortlaut. Oliver Reichenstein erzählte mir dazu: »Den ersten Beitrag mussten wir uns bei Twitter besorgen, denn das öffent­lich zugäng­liche Archiv wird nach 3000 Tweets abge­schnitten. Die haben sofort mitge­macht und fanden unsere Idee ›affen­geil‹.«

Es dauerte einige Wochen, bis die Karte den augen­blick­li­chen Beta-Zustand erreicht hatte. Es mussten viele hundert Daten recher­chiert, verar­beitet und forma­tiert werden. Aus diesem Grund bitten die Information Architects auch die Fontblog-Leser darum, die Kunde der Karte weiter­zu­tragen, damit die deut­schen Top-Twitterer ihre Angaben auf Richtigkeit über­prüfen können. Erik Spiekermann hat das bereits auf der TYPO-Konferenz getan, gemeinsam mit Reichenstein direkt am Bildschirm. Fehlermeldungen per Twitter an twitter​.com/iA.

Wenn die endgül­tige Version der Karte frei­ge­geben ist, kann sie bei iA über diese Seite als A0-Poster bestellt werden ($99; Auflage 1000 Exemplare); Vorbestellung ist schon möglich, geplante Auslieferung in 2 Wochen. Schon jetzt liegt auf der glei­chen Seite ein PDF der Beta-Version zum Download bereit für alle, die sich den Twitter-Starschnitt detail­liert anschauen und selbst ausdru­cken wollen.

[Update] iA just added a slow ship­ping option ($66.-) for the Cosmic 140, so students can get a poster, too: infor​ma​tionar​chi​tects​.jp/​c​140


TYPO Berlin 2010: Impression

The tradi­tional film at the end of the confe­rence 2010.


Erste Designmesse in Berlin Tempelhof

Das DMY International Design Festival (9. – 13. Juni) verlegt seinen Standort ab
diesem Jahr in den Flughafen Berlin Tempelhof. Über 400 profes­sio­nelle Designer, Firmen sowie Hochschulen werden neue Produkte und zukunfts­wei­sende Prototypen in den groß­flä­chigen Hangarn des ehema­ligen Flughafens präsen­tieren. Ergänzend zur Ausstellung findet ein breites Rahmenprogramm aus Workshops, Open Talks, Designer Lectures, Symposien, die DMY Award-Verleihung, Pecha Kucha und Visual Performances statt.

DMY verfolgt mit dem Ortswechsel eine Langzeitstrategie, um ein neues Format,
jenseits der tradi­tio­nellen Messen zu entwi­ckeln. »Ziel ist es, in diesem Jahr den Auftakt für ein selek­tiertes Trade-Format zu schaffen, das auf den Bedarf an neuen,
zeit­ge­nös­si­schen Formaten jenseits der tradi­tio­nellen Messen reagiert« Joerg Suermann, Geschäftsführer und Gründer von DMY Berlin.

Das in diesem Jahr neu vorge­stellte Segment des Maker Lab gibt dabei Einblicke in indi­vi­du­elle Produktionskonzepte, Grass roots und Open Source Strategien, die neue Wege der Gestaltung, Produktion und des Handels aufzeigen.

DMY hat sich in den letzten drei Jahren bereits zum größten Festival für Produktdesign in Deutschland entwi­ckelt. »Mit dem Flughafen haben wir endlich einen Ort gefunden, der uns die Möglichkeit gibt, neue Segmente zu schaffen und die Hochschulen als inno­va­tive Forschungszentren mit selek­tierten Tradeausstellern zu verbinden.«


Abmahnung wegen gleicher Logo-Schrift

So etwas ist mir in meiner bald 30-jährigen Berufslaufbahn im Kommunikationsdesign noch nicht begegnet: Eine ostwest­fä­li­sche Radiokette mahnt ein Studentenradio ab, weil dieses in seinem (eigen­ständig gestal­teten Logo) die gleiche Schrift verwendet. Daniel Fienes hat diesen Fall in seinem »Persönlichen Weblog über Medien, Internet und Gedöns« ausführ­lich darge­stell, für bundes­weite Verbreitung sorgte Thomas Knüwer (Indiskretion Ehrensache).

Besser als Knüwer kann ich es nicht formu­lieren: »… was macht der gute deut­sche Medienmacher: Er mahnt ab. Klar, man könnte auch mal mitein­ander reden, gerade weil zwischen den Sendern ja keine Hörerüberschneidung statt­findet, ein Uni-Radio keine Werbung macht – und somit keine Wettbewerbsbeziehung besteht. Vielleicht auch weil sich die Lokalfunker denken: Hey, da arbeiten unsere Mitarbeiter von morgen. So viel Überlegungen aber sind heut­zu­tage schon zu viel verlangt. Man lässt einfach die Anwalts-Pitbulls los. Das Ergebnis ist das, was man einen Shitstorm nennt.« Zum Beispiel auf den Fanseiten vonRadio Bielefeld und Radio Gütersloh.

(published from TYPO Berlin with my iPhone)


Google Webfont Service

Spätestens seit heute ist die kriti­sche Masse für bessere Typografie im Internet erreicht – nicht wegen der TYPO-Konferenz, die vor wenigen Stunden in Berlin eröffnet wurde, sondern wegen … na ja, wem wohl? Google!

Google bietet mit seinen drei neuen Komponenten Font API, dem Google Font Directory und dem Webfont Loader allen Webseitenbetreibern einen kosten­losen Dienst, um andere Fonts als die bislang verbrei­teten in Webseiten einzu­setzen. Die Technik basiert auf Typekit.

Ich werde den Dienst demnächst ausführ­li­cher vorstellen. Im Moment fehlt mir die Zeit, weil ich auf der TYPO aktiv bin. Von dort aus darf ich jedoch schon mal vermelden, dass der Schritt von Google sehr positiv aufge­nommen wurde.


Blaupause-Bier, mit eigenem Etikett versehen

Blaupause​-Bier​.ch macht aus tradi­tio­nellem Flaschenbier ein Designprodukt. Die Plattform stellt Künstlern und Gestaltern die Frontetiketten des Biers als »Galerie« und öffent­li­chen Auftritt für ihre Werke zur Verfügung. Die Idee der freien Etikettgestaltung weiß die Weinindustrie schon geraume Zeit zu nutzen. Blaupause ist über­zeugt, dass sich diese Strategie auf Bier adap­tieren lässt, und zum Vorteil der »Kreativwirtschaft« auswirkt.

Blaupause wird in der Brauerei Lasser in Lörrach gebraut, die auch für andere Bierproduzenten aus der Region Basel braut. Das Bier wird nach dem Rezept des Lasser Pils gebraut. Es »besticht durch seine fein gehopfte Note, dem würzigen Abgang und dem daraus resul­tie­renden fein­herb-frischen Geschmack«.