Fontblog Artikel im Juli 2008

Neues Designstudium in Berlin

Berlin ist gesegnet mit Design-Universitäten und -Fachhochschulen. Jetzt ist eine weitere dazu­ge­kommen, die Best-Sabel-Fachoberschule in Berlin-Köpenick. Ab Oktober 2008 bietet die seit 1990 aktive Einrichtung den neuen Studiengang Multimedia/VR-Design an, der nach sechs bzw. acht Semestern mit dem inter­na­tional aner­kannten Hochschulabschluss Bachelor of Arts (B.A.) abschließt. Das Studium ist modular aufge­baut und in Semestern orga­ni­siert. Das Vollzeit-Studium findet als Präsenzstudium an der Best-Sabel-FH-Berlin statt. Es richtet sich an »unter­neh­me­risch denkende Gestalter/Programmierer, die reale Vorgänge voraus­denken, simu­lieren und in die Realität über­führen.« Die Studiengebühr beträgt 680 € im Monat.

Für kunst- und gestal­tungs­in­ter­es­sierte Realschüler/-innen bietet die Schule noch Plätze zur Erlangung der Fachhochschulreife (Fachabitur) an. Außerdem kann man ab Oktober 2008 mit einer abge­schlos­senen Berufsausbildung im gestal­te­ri­schen Bereich die Fachhochschulreife in nur einem Jahr erlangen – der Schwerpunkt in der Fachpraxis liegt im Bereich Mediengestaltung/Film/Video.


Sommerdiplome 2008 in Darmstadt

Von 11. bis 13. Juli 2008 zeigt der Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt 52 Abschlußarbeiten der Studiengänge Industrie- und Kommunikations-Design. Zur Ausstellung in den Räumlichkeiten des Fachbereichs auf der Darmstädter Mathildenhöhe laden die Diplomanden herz­lich ein. Zu sehen sind  Arbeiten aus den Gebieten Industriedesign, Fotografie und Grafik jeweils von 10 bis 18 Uhr, Eröffnung und Diplomverleihung finden am Freitag den 11. Juli ab 18 Uhr statt. Zusätzlich ist eine Auswahl der besten Arbeiten von 17. Juli bis 10. August im Designhaus, eben­falls auf der Mathildenhöhe, zu sehen.


Telekom-Werbespot rührt zu Tränen

Dirk Behlau (Pixeleye) macht auf einen Werbespot der Deutschen Telekom aufmerksam. Hauptdarsteller ist Paul Potts, ein briti­scher Tenor, der seine Gesangstimme durch selbst finan­zierten Unterricht ausbil­dete. Private Schicksalsschläge verei­telten 2003 eine Karriere als Sänger. Am 8. Juni 2007 trat er nach drei Jahren Pause in der briti­schen Castingshow Britain’s Got Talent auf. Das Publikum und die drei Juroren verfolgten seinen Auftritt zunächst skep­tisch … bis die Stimmung im Studio nach einigen Takten in Begeisterung umschlug. Die Sendung sowie Videoclips bei YouTube und Clipfish machten Potts über Nacht inter­na­tional bekannt. Der Werbespot verdichtet die Emotionen auf gekonnte Art zu einer tränen­rüh­renden 1,5-Minuten-Drama.


Schriftentwerfer und ihre Handschriften


Cameron Adams, ein Webdesigner in Sydney, Australien, hat einige Schriftentwerfer ange­spro­chen und um eine hand­ge­schrie­bene Zeile gebeten. Die Ergebnisse hat er nun in seinem Blog The Man in Blue veröf­fent­licht. Diese Fragen brannten ihm auf den Nägeln: »Beherrschen große Typografen ihren Stift anders als wir Laien? Erkennt man in der Handschrift Details, die sich in den Satzschriften der Entwerfer wieder­finden? Lässt die Digitalisierung der schrift­li­chen Kommunikation die Handschrift verküm­mern? Erkennt man bei jüngeren Schriftentwerfern eine Unterentwicklung der Handschrift?«

Auf dieser Seite sind die Ergebnisse zu bewun­dern, Schriftproben von Erik Spiekermann (mit 7 verschie­denen Schreibwerkzeugen), Göran Söderström (Autodidakt), Nikola Djurek (Typonine, Kroatien), Sebastian Lester (London, Entwerfer der Soho), Mark Simonson, Kris Sowersby (Mitentwerfer der FF Meta Serif), Eduardo Manso (Barcelona), Veronika Burian (FF Maiola), Marian Bantjes (kana­di­sche Illustratorin, TYPO-2008-Sprecherin) und Dino dos Santos (DSType).


QType im Einsatz für Babylon

Babylon-Plakate von MetaDesign

Jahr für Jahr dürfen wir uns in Berlin an einer großen Ausstellungsplakatkampagne erfreuen, gestaltet von MetaDesign. Vor vier Jahren war Das MoMa der Star, dann kamen Die schönsten Franzosen und nun die Ausstellung Babylon – Mythos und Wahrheit (Pergamonmuseum). Erstmals werden die baby­lo­ni­schen Schätze aus den Universalmuseen der Welt in einer gemein­samen Ausstellung präsen­tiert, dazu inmitten der Prozessionsstraße von Babylon: Noch nie war die drei­tau­send­jäh­rige Geschichte Babyloniens konzen­trierter zu besichtigen.

»Babylon war nicht Babel« lautet der Claim der gemein­samen Kulturkampagne, die von MetaDesign und Johanssen + Kretschmer (J + K) entwi­ckelt wurde. Die Plakatmotive stützen in der ersten Phase den Claim und verstärken die Irritation um die bekannten Vorstellungsbilder von Babylon und Babel. Aus der MetaDesign-Pressemitteilung: »Die lauten Headlines – ›Kein Gott!‹, ›Keine Hure!‹, ›Kein Turm!‹, ›Kein König!‹ – werden von der auffäl­ligen Gestaltung unter­stri­chen. In der zweiten Kampagnenphase schlägt der Titel ›Babylon. Mythos und Wahrheit‹ als Headline auf den einge­führten Motiven die Brücke zur Ausstellung. Die Motive thema­ti­sieren das histo­ri­sche Babylon genauso wie den Mythos. Die Bilder sind gefärbt in Gold, das an den Prunk der vergan­genen Kultur erin­nert. Gleichzeitig sind sie über­zogen von leuch­tendem Blau, Grün, Pink oder Orange, als Zeichen für die Aneignung Babylons in den nach­fol­genden Zeiten. Diese kräf­tigen Farben prägen auch die Headlines, deren massive ›Grotesk‹ an die baby­lo­ni­sche Keilschrift erinnert.«

Die Kunde von der wunder­baren Babylon-Ausstellung und der »massiven Grotesk« ist bereits bis nach San Francisco gedrungen, wo unsere FontShop-Kollegen in ihrem Blog bereits die verwen­dete Schrift entlarvt und bekannt­ge­gegen haben: Es handelt sich um die FF QType, 2004 entworfen von Achaz Reuss. Der Buchstabe A wurde seines Querbalkens beraubt, was der Babylon-Typografie den entschei­denden Pfiff gibt.


Google kann jetzt auch Flash durchstöbern

Adobe kündigt auf seiner Developer-Site an, dass Flash-basierte Internetseiten bald von den Suchmaschinen Google und Yahoo besser analy­siert werden können. Hierzu stellt Adobe den beiden Unternehmen eine opti­mierte Flash-Player-Technologie zur Verfügung, die eine bessere Indexierung von Inhalten im Flash-Dateiformat SWF ermög­licht. Nach jahre­langer Isolation sollen nun Millionen von Rich-Internet-Anwendungen (RIAs) und andere dyna­mi­sche Webangebote auf Flash-Basis besser für die Einbindung in Internet-Suchen erschlossen und Anwendern somit leichter zugäng­lich gemacht werden. Bisher hatten reine Flash-Seiten, wenn man sie nicht mit HTML-Tricks ergänzte, ganz schlechte Karten beim Google-Ranking.

Da die Flash-Technologie nicht in Form offener Standards spezi­fi­ziert wurde, kann ihr Verhalten nur durch aufwen­diges Reverse Engineering zugäng­lich gemacht werden. Aus diesem Grund war Flash für viele profes­sio­nelle Webseiten-Gestalter keine ernst zu nehmende Technik. Sie griffen lieber zu offenen Standards wie Scalable Vector Graphics (SVG) oder Synchronized Multimedia Integration Language (SMIL). Die von Adobe vorge­schla­gene Vorgehensweise zur Einbindung des »Flash-Players« in Webseiten verwendet das HTML-Element <embed>, das nie in den W3C-Standards zu HTML enthalten war.


Hannes Wettstein 1958 – 2008

Der Schweizer Designer Hannes Wettstein starb am Samstagmorgen nach langer Krankheit im Alter von 50 Jahren. Neben seiner gestal­te­ri­schen Tätigkeit in der eigenen Agentur lehrte er von 1991 bis 1996 an der ETH Zürich und zwischen 1994 und 2001 an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.

Wettsteins erste inter­na­tional beach­tete Arbeit war 1982 das Beleuchtungssystem »Metro«, die erste auf Drahtseile gespannte Niedervoltleuchte (Hersteller Belux). International erfolg­reich machten ihn seine Möbelkreationen, etwa der Stapelstuhl »Juliette« (Baleri), das Sofa »Globe« (Cassina) oder die Stuhlkollektionen »Alfa« und »Wave« (beide Molteni); Grafik und Architekten lieben seinen Stift »Scribble« (Lamy).

Der am 10. März 1958 in Ascona gebo­rene Wettstein gestal­tete auch Innenräume, zum Beispiel das Hotel Grand Hyatt in Berlin und die neue Schweizer Botschaft in Washington. Seit 2005 über­ar­bei­tete er das Erscheinungsbild des Schweizer Fernsehen, unter anderem das Studio der SF-Nachrichtensendungen »Tagesschau« und »10vor10« sowie die Sendungen »SF Meteo« (auf dem Hochhausdach), »Rundschau« und »Schweiz aktuell«.


Sei Provinz-, sei -posse, sei Berlin

Die Brandenburger Schülerin Klara Martens reichte »den besten Be-Berlin-Spruch« ein
(Foto: sei​.berlin​.de)

Dass die Berlin-Kampagne ein Totalreinfall ist oder war, bestä­tigte sich gestern bei der ersten Zwischenbilanz, die von den Verantwortlichen durch die Bank schön­ge­redet wurde. Zur Erinnerung: Am 11. März stellte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Be-Berlin-Kampagne vor (Fontblog berich­tete), mit der inter­na­tio­nale Investoren in die Stadt gelockt werden sollen. Zuvor waren bereits Details an die Öffentlichkeit gedrungen und haben für schlechte Laune gesorgt.

Die erste Stufe der Kampagne wollte die Bürger der Stadt mobi­li­sieren. Hierfür baute man die Javascript- und Flash-versaute Internetseite www​.sei​.berlin​.de, auf der Berliner eine persön­liche Geschichte hinter­lassen und den Slogan »Sei dies, sei das, sei Berlin« mit eigenem Inhalt füllen sollten. Um ganz viele Bürger zum Mitmachen zu bewegen, beschäf­tigte der Senat zwei Agenturen und ein Expertengremium, klebte die Straßen mit Plakaten voll, schal­tete Radiowerbung, warf jedem Haushalt eine Mitmachkarte in den Briefkasten, ließ Sponsoren die Werbetrommel rühren, mobi­li­sierte die lokalen Medien und beauf­tragte teure PR.

Das Ergebnis: bis eben wurden 344 Geschichten veröf­fent­licht und rund 2000 Slogans einge­reicht, aus denen gestern der Sieger ermit­telt wurde: »Sei einzig­artig, sei viel­fältig, sei Berlin«. So etwas nennt man, glaube ich, einen Furz im Weltall.

Die Berliner sind Klasse, die Stadt ist Klasse: Sie hat die miss­lun­gene Kampagne schlichtweg igno­riert. Warum das so kommen musste, kann man in den 201 (!) Fontblog-Kommentaren zu diesen 7 Be-Berlin-Beiträgen nachlesen:
»be berlin« wird Werbeslogan der Hauptstadt (51)
»Vor Gott sind eigent­lich alle Menschen Berliner.« (8)
Sei Stadt, sei Wandel, sei Berlin … (52)
Erste Reaktionen auf »be Berlin« (10)
Wieviel Plagiat steckt in »Be Berlin«? (44)
Be Fontblog (23)
Nachtrag zu »Be Berlin« von OL (13)