Fontblog Artikel im Juli 2008

Schon mal vormerken: Knallfolienkalender 2009

Der Bubble-Wandkalender ist groß und laut: 1,22 m hoch und 45,5 cm breit, gefer­tigt aus Luftpolsterfolie. Der abge­lau­fene Tag wird einfach zerdrückt. Es gibt zwei Versionen des Kalenders, eine mit bedrucktem Papier als Hintergrund und eine mit direkt bedruckter Folie. Schrift: Neue Helvetica Light für Werktage, Neue Helvetica Bold fürs Wochenende. Handmade in Brooklyn – daher nur US-Feiertage. Ab 29,95 Dollar. Klasse Weihnachtsgeschenk für Designer. (Abbildungen: BubbleCalendar​.com)


BDG: Kommunikationsdesign ist Platzhirsch der Branche

Der Bund Deutscher Grafik-Designer (BDG) sieht rosige Zeiten für das Kommunikationsdesign. Nach einer Studie für das Programm »Improve Design Business« erwirt­schaften Grafik-, Web-, Multimedia- und visu­elle Gestalter fünfmal mehr Umsatz als Produkt- und Industriedesigner.

»Eingebettet in die Lissabon-Agenda der EU werden auch hier­zu­lande die Creative Industries neuer­dings als bedeu­tender Wirtschaftszweig auf Augenhöhe mit den Energieversorgern und der Chemischen Industrie wahr­ge­nommen. Leitbranche der Creative Industries und Wachstumstreiber mit zwei­stel­ligen Zuwachsraten ist die Designwirtschaft mit einem Umsatzvolumen von 14,9 Mrd. € in 2006. Imposante 84% bzw. 12,6 Mrd. € dieses Volumens wurden im Bereich Kommunikationsdesign erwirtschaftet.

Diese beein­dru­ckenden Zahlen (PDF | 16 S. | 230 KB) stellte der renom­mierte Kulturwirtschaftsforscher Michael Söndermann kürz­lich auf der Eröffnungsveranstaltung des aktuell laufenden Programms ›Improve Design Business‹ vor, welches vom IDZ Berlin in Kooperation mit Branchenpartnern – darunter auch der BDG – reali­siert wurde.«

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Frei nutzbare Weltkarten im Vektorformat

Das Web Resources Depot hat das Internet nach frei verwend­baren Weltkarten durch­forstet. Auf dieser Seite sind die Ergebnisse zusam­men­ge­fasst: ein Dutzend Weltkarten, nicht alle von profes­sio­neller Qualität, aber für manche Zwecke durchaus brauchbar. (Quelle: macnews​.de)


»flügge 08«: Industrial Design aus der UdK

Seit gestern zeigt der Studiengang Industrial Design der Universität der Künste Berlin (UsK) 20 ausge­wählte Diplomarbeiten aus Produktdesign, Textil- und Bekleidungsgestaltung sowie aus den Neuen Medien. Zur Ausstellung flügge 08 ist ein Katalog erschienen, in dem mit 35 Diplomarbeiten ein noch größeres Spektrum der Arbeit des Studiengangs präsen­tiert wird. Ort der Ausstellung ist die Galerie Designtransfer am Einsteinufer 43-53 in Berlin-Charlottenburg (täglich von 10 – 18 Uhr, bis 25. Juli, Eintritt frei).

Die Abbildung oben zeigt 3 Exponate: »Speaker Mark« (Audiospeicher, 1 x ziehen = anhören, 2 x ziehen = aufnehmen; Design: Martin Bramer), »Knack« (Leuchte aus Federstahl, Haarklammer-Prinzip; Design: Ruby Piterek), »Weltwebempfänger« (Internet-Rasio; Design: Yvonne Weber)
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Tiere in der U-Bahn

Es war im Sommer 1988, als der Londoner Designer Paul Middlewick bei der Heimfahrt vom Büro so lange auf einen Londoner Underground-Plan starrte, bis er in dem Gewirr der bunten Linien die Kontur eines Elefanten ausmachte. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Tiere dazu, von der Schnecke bis zur Fledermaus.

Sein Kollege Nick Thomas hat den Zoo weiter entwi­ckelt und ins Internet gebracht. Animals On The Underground präsen­tiert 32 Untergrund-Tiere. Er arbeitet mit dem International Fund for Animal Welfare (IFAW) zusammen, die seine »Tiere« auf Plakaten nutzen und einen Teil der Erlöse aus dem T-Shirt-Verkauf erhalten. Als Buch sind die U-Bahn-Tiere eben­falls erschienen.

(Via Page online; Abbildung: Animals On The Underground)


Schuld und Bühne, oder …

Warum die Eitelkeit mancher Designer uns allen dient

von Johannes Erler (Factor Design; Foto: Bruno Passigatti)

Ich bekenne mich schuldig! Schuldig, der Eitelkeit, der Vetternwirtschaft, der Angeberei und des Neids. Denn ich nehme an Wettbewerben teil, gewinne jede Menge Preise und werbe dann auch noch für unser Büro damit! Ich bin auch in ganz vielen Jurys … und so kommt dann, man weiß das ja genau, eins zum anderen. Und wenn ich gefragt werde, etwas zu sagen oder zu schreiben, dann mach ich das auch gleich, weil es gut für mich ist. Ich bin ein ›selbst­ver­liebter Designerarsch‹, tuschelt man hinter vorge­hal­tener Hand, aber das ist mir wurscht, Hauptsache der Laden brummt und ich werde zu Preisverleihungen eingeladen.

Kollege Hickmann ist auch so ein Gockel, eine rich­tige Rampensau! Und Spiekermann ist der Allerschlimmste, der hat zu allem was zu sagen, auch wenn niemand das wissen will. Oder, hier: Sagmeister … oh Gott, der lässt nun wirk­lich kein Podium aus. Obwohl … der ist auch richtig gut, der darf das. Wie Brody, der Flüsterer, das soziale Gewissen des Grafikdesign. Schon mal darüber nach­ge­dacht, dass der Mann eine perfekte PR-Maschine ist? Wofür ich ihm übri­gens verdammt dankbar bin, denn kaum ein anderer hat unseren Beruf im öffent­li­chen Ansehen der letzten 20 Jahre mehr gestärkt.

Wo wird da nun die Grenze gezogen? Wann hat man einen Preis verdient und wann nicht? Wann ist man eitel und wann dient man der Sache? Können wir uns nicht auch mal bei denen Bedanken, die die Qualität besitzen und die Courage haben, das, was uns wichtig ist – nämlich gutes Kommunikationsdesign – in die Öffentlichkeit zu tragen? Wann hilft man allen, wann nur sich selbst?

Meine Antwort kommt aus dem Bauch. Parameter für richtig oder falsch gibt es nicht. Und damit wohl auch kein Ende der Diskussion. Irgendwie hat man im Gefühl, dass da jemand zu weit geht und dann sagt man ihm das, kurz und knapp. Kann mal passieren (die meisten sind übri­gens eher dankbar für so einen Hinweis). Klar gibt es Wiederholungstäter, Profilneurotiker, Egomanen, aber die entlarven sich doch über kurz oder lang von ganz allein. Und schaut mal bitte genau hin: viele von denen, die beson­ders gern gedisst werden, liefern in der Regel richtig gute Arbeit ab. Und zwar konti­nu­ier­lich. Besteht da ein Zusammenhang? Ist es doch nur Neid?

Das deut­sche Wettbewerbswesen ist krank – OK, eine ganz andere Diskussion. Trotzdem bleibt es einer der wenigen Kanäle, über die man über­haupt auf sich aufmerksam machen kann. Und es funk­tio­niert. Mein Büro ist das beste Beispiel. PR in eigener Sache ist schwierig in der Branche. Zu viele Schaumschläger beschä­digen konti­nu­ier­lich das Ansehen unseres Berufes. Jeder ist ein Designer. Design ist austauschbar, ist Oberfläche, ist Verzierung, braucht eigent­lich niemand. Das ist natür­lich Quatsch, aber es ist so mühsam, Deutschland und die Welt vom Gegenteil zu über­zeugen. Nur: Dafür muss man manchmal ein biss­chen mehr Wind machen, denn von nix kommt nix.

Ich gratu­liere also jetzt schon dem Designer, der unserem Bundespräsidenten als erster die Hand schüt­teln darf. Und sage voraus, dass genau dieser Designer fortan ein echtes Imageproblem in der Branche haben wird. Wetten?!

PS: wir haben mit Factor Design gerade wieder vier Auszeichnungen beim Deutschen Preis für Corporate Design gewonnen. Super, oder?


Print-on-demand-Testbuch der FH Darmstadt

»Dear Lulu« ist ein Testbuch, entwi­ckelt und gestaltet von Studenten des Fachbereichs Design an der Hochschule Darmstadt. Es entstand während eines 2-tägigen Intensivkurses mit dem Londoner Designer James Goggin (Practise). Aus der Beschreibung: »The book’s inten­tion is to act as a cali­bra­tion docu­ment for testing colour, pattern, format, texture and typo­graphy. Exercises in colour profile (Adobe RGB/sRGB/CMYK/Greyscale), half­to­ning, point size, line, geometry, skin tone, colour texture, crop­ping and print finis­hing provide useful data for other desi­gners and self-publishers to judge the possi­bi­li­ties and quality of online print-on-demand – speci­fi­cally Lulu​.com«.

Das Buch ist also maßge­schnei­dert für den Book-on-demand-Dienst, bei dem es auch erscheint: Lulu​.com. Dieses Online-Unternehmen wurde 2002 vom Kanadier Bob Young gegründet, der auch schon bei der Gründung von Red Hat betei­ligt war. Private Autoren stellen hier Bücher, Bilder, Filme und Kalender ein, die erst bei Bestellung durch andere Nutzer gedruckt werden (on-demand ).

Ein PDF des 96-seitigen »Dear Lulu« kann hier kostenlos geladen werden. Um die Druckergebnisse zu beur­teilen, kommt man am Erwerb der gedruckten Ausgabe nicht vorbei (15,30 €).


100 Beste Band 14: FF Scala OT

Heute erscheint Band 14 der von FontShop ins Leben geru­fenen 100 Beste Schriften Edition: FF Scala OT, eine weitere FontFont-Familie (Edition-Bestellseite für Neuabonnenten und Einzelkäufer). Auf der CD befinden sich 2 FF-Scala-Familien mit je 3 Schnitten, die es – dank OpenType-Technik – in sich haben: Scala Serif Regular, Italic und Bold sowie Scala Sans Regular, Italic und Bold … alle 6 Schnitte enthalten Kapitälchen, diversen Ziffernarten, viele Ligaturen, Bullets, Symbole und die latei­ni­schen Buchstaben der Codepages von Mac OS Roman und Windows 1252 Latin 1 (was für einen geschmei­digen Dokumentenaustausch zwischen Mac und PC sorgt).

Martin Majoors berühm­teste Schrift ist nach der Mailänder Scala benannt, die 1778 von Maria Theresia eröffnet wurde. Der hollän­di­sche Schriftentwerfer nennt später drei Gründe für die Namensgebung: Scala wurde ursprüng­lich für das Corporate design eines Konzertgebäudes entworfen (der Vredenburg in Utrecht), ihre Wurzeln reichen zurück in die Zeit von Maria Theresia und Scala bedeutet »Spektrum«, was dieser Familie durchaus gerecht wird, die Serif und Sans bietet, von Light bis Black reicht sowie von der förm­li­chen bis zur deko­ra­tiven Typografie alles beherrscht.

FF Scala und FF Scala Sans sind zwei Familien, die auf dem glei­chen Formprinzip aufbauen. Die Sans entstand ein Jahr nach Erscheinen der Serif-Version durch das Abtrennen der Endstriche und Anpassen des Kontrasts. Die »Knochengerüste« beider Schriften sind absolut iden­tisch, so dass sie sich wunderbar kombi­niert einsetzen lassen.

Der Verleger und Typograf Robin Kinross (Hyphen Press) schwärmte bei Erscheinen der Schrift: »Scala enthält die besten Merkmale einer guten hollän­di­schen Schrift: sie ist klas­si­zis­tisch, jedoch ohne einer bekannten Vorlage zu folgen, erin­nert an Dwiggins und Gill, hat einen eigenen Stil in der Van-Krimpen-Tradition, ihre Kursive folgt einem leben­digen, betonten Rhythmus und natür­lich sind die Ziffern mediäval.«
Weil das FF-Scala-Paket der 100 Beste Edition wahr­schein­lich das nütz­lichste und mit Sicherheit das preis­wer­teste Scala-Pack auf dem Markt ist, habe ich dieses Mal wieder eine Schriftprobe (PDF) gebaut. Die Kombination Scala Sans/Scala Serif wurde in dieser essen­zi­ellen Form noch nie vom FontFont-Herausgeber FSI FontShop International geschnürt. Schriftliebhaber bekommen nicht nur die Grundschnitte Regular, Bold und Italic beider Familien, sondern auch jeweils die Kapitälchen dazu – also 6 mal Small Caps. Diese sind in die OpenType-Basisfonts einge­baut. In der Anwendung heißt das: Man wählt keinen Small-Caps-Schnitt aus dem Font-Menü an, sondern die Funktion »Kapitälchen« wird im OpenType-Menü aufgerufen.

Im OpenType-Menü der Scala-OT finden sich noch weitere Leckerbissen, zum Beispiel die vier Ziffernarten Versalziffern für Tabellen, propor­tio­nale Versalziffern, Mediävalziffern für Tabellen und propor­tio­nale Mediävalziffern. Auch die Ligaturen, bedingte Ligaturen, Ordinalzeichen und Hochstellungen werden über das OpenType-Menü gesteuert, und man kann belie­bige Brüche, auch zwei- und drei­stellig,  mit diago­nalem Bruchstrich bauen.

Doch Martin Majoor hat seiner Scala noch mehr mitge­geben: Rahmenelemente, Sterne und geome­tri­sche Formen, mit denen man Formulare bauen kann oder die in einer Präsentation als Aufzählpunkt (Bullet) dienen. Eine Kuriosität sind rund 40 Zeigehände, die zu PostScript-Zeiten als sepa­rater Font ange­boten wurden. Seit der OpenType-Ära gehören sie zum Schnitt FF Sala Sans Regular, in den sie die Techniker von FSI einge­baut haben. Zum Auswählen bzw. Aufrufen einer bestimmten Zeigehand leistet in Adobes InDesign das »Glyphen«-Fenster beste Dienste (Menü »Schrift«).

FF Scala OT der »100 Besten Edition« kann jeder kaufen, und zwar für 199,– € hier auf dieser Seite. Abonnenten der Edition bekommen sie morgen auto­ma­tisch zuge­stellt für nur 178,– €.