Erste Reaktionen auf »be Berlin« [Update]
»Mit lockeren Sprüchen will Berlin zur Marke werden. Die verarmte Hauptstadt schmückt sich seit heute mit einer millionenschweren Image-Kampagne: ›be Berlin‹ setzt vor allem auf das Mitteilungsbedürfnis lokalpatriotischer Spree-Bürger.« Spiegel Online, Berlin ist eine Sprechblase
»Warum muss es immer so leicht sein, PR-Kampagnen blöd zu finden? Warum kann nicht mal irgendjemand von den ganzen beteiligten Profis etwas fabrizieren, auf das man wenigstens mit einem ›Nun ja, nicht so mein Ding, aber ganz gut gemacht!‹ reagieren kann? Warum wird man als Adressat immer für völlig meschugge erklärt und wie ein Kleinkind behandelt?« Spreeblick, Sei B-Berlin!
»Endlich kann ich wieder froh sein in Hessen zu wohnen. Hauptsache nicht in Berlin. Denn die mit viel Brain und viel Geld entwickelte Kampagne ›Sei Berlin‹ verströmt den Charme einer Heizdecke. Fremdschämen möchte ich mich. Wohlmeinend kann man den Auftritt immerhin noch für die kleine Zahnspangen-Schwester von ›Du bist Deutschland‹ halten.« Off-the-record, Sei Berlin: Ich kapier’s nicht
»Das erste Mal ist Klaus Wowereit live im Internet aufgetreten. Er stellte die Berlin-Werbekampagne ›be berlin‹ vor – und das wenig werbetauglich: staatstragend vor gelber Wand. Für Auflockerung sorgte nur der Grünen-Fraktionschef, der die Internetkamera übersah.« Berliner Morgenpost, Wie eine Schnecke beim Formel-1-Rennen
»Werbung, PR und Slogans braucht immer nur das, was sich nicht verkauft, lügt, Scheiße ist und Leute betrügt. Wer einen Slogan braucht, hat nichts zu gewinnen, der hat schon verloren.« Rebellen ohne Markt, Städteslogans im Vergleich
»Auch wenn man Werbekampagnen dieser Art, die zum Handwerkszeug aller Metropolen gehören, nicht überbewerten soll. Aber sie können das Image schärfen und das Wir-Gefühl verstärken. Gerade damit haben die Berliner seit Jahrhunderten große Probleme. Die eigene Stadt, na ja. a›Da kann man nicht meckern‹ ist das höchste Lob. Der Tagesspiegel, Dufte, knorke, klasse
»Das Image von Berlin ist eigentlich gut. Man kann es, wenn man will, mit einer Kampagne noch verstärken. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit lässt sich die Sache in den nächsten zwei Jahren zehn Millionen Euro kosten. Ziemlich viel für so viel Beliebigkeit.« Berliner Zeitung, Be beliebig
[Update]
»›Be Berlin‹, das ist rekordverdächtig kurz. Nach ›Du bist Deutschland‹ und ›Wir sind Papst‹ sollen jetzt alle Hauptstadt sein. Zumindest in Berlin. So lautet der Slogan der neuen Hauptstadtkampagne. Er ist so originell, dass er vier Agenturen gleichzeitig eingefallen ist.« jetzt.de, Sei doch einfach Berlin
»Die ersten Motive der neuen Berlin-Kampagne – so sehen sie aus. ›Ein ungeschminktes, aber faszinierendes Bild Berlins‹ soll auf diese Weise gezeichnet werden, so Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit. Ich frage mich nur… wenn man Authentizität vermitteln möchte… warum nur wirkt der Koch in der Küche wie aus einem anderen Bild ausgeschnitten und künstlich draufgeklebt?« Design-Tagebuch, Sei Berlin! – Erste Motive der Kampagne
»Mit dem Fokus auf das Wir-Gefühl der Berliner hat der rot-rote Senat indirekt eingeräumt, wie groß die Probleme sind – nicht nur beim Auseinanderfallen der Quartiere. Seit der Wende haben 1,7 Millionen Berliner die Stadt verlassen. Auch deren Geschichten gehören zu dieser Stadt. Und mit ihnen die wenig launige Botschaft: ›I’ve been Berlin.‹« Tageszeitung, Wir-Gefühl gegen soziale Spaltung
10 Kommentare
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Martin Z. Schröder
Danke für die schöne Zusammenfassung! In der Berliner Zeitung steht auch: „Mit der neuen Markenkampagne, so erklärte es der Regierende Bürgermeister gestern, will er die Berliner dazu bringen, entschlossener, klarer und sichtbarer aufzutreten.“ Für mich als Berliner in vierter Generation ist der unentschlossene, unklare, unsichtbare Einwohner dieser Stadt ein unbekanntes Phänomen. Aber an dummen Parolen vorbeizulatschen ohne hinzugucken, das ist zumindest der Ostberliner noch aus den sozialistischen Zeiten geübt. Nichma ignoriern!
Max
immerhin funktioniert
be.berlin.de
desweiteren hat doch OL schon alles nötige gesagt, bzw. gezeichnet.
Wolfgang
Schöne Zusammenfassung.
Ich finde den Slogan auch nicht gut, aber dass selbst die Berliner Presse »be berlin« so runter macht finde ich dann doch erstaunlich.
Dabei hatte doch Klaus Wowereit einen der besten Slogans überhaupt: Berlin, Arm, aber sexy!
http://armabersexy.de/
Simone
Am besten gefällt mir der Kommentar in dem man wieder stolz sein darf ein Hesse zu sein… I (Herz) F… Da fällt mir ein – das war doch ’ne gute Kampagne – die für I (Herz) NY. Hat sogar später Apple Inc. für seine MacWorlds geklaut.
Bei all den Image-Geschichten fällt mir ein, dass man Herrn Wowereit doch einen Link zur nächsten TYPO schicken könnte… Wär‘ vielleicht was und das Ticket zur Konferenz lässt sich doch gut im 10 Mio. Budget unterbringen. ;-)
Benjamin Hickethier
Mir gefällt der Kampagnenfilm von Robert Thalheim. Innerhalb bestimmt nicht weniger Einschränkungen und Vorgaben ist m.E. eine sympathische Vorstellung gelungen, die sowohl nach aussen als auch nach innen funktioniert und (auch für mich als in Berlin Geborenen) ein passendes Bild beschreibt.
Im Übrigen braucht man sich nur daran zu erinnern, wie eine solche Kampagne unter Diepgen/Landowsky ausgesehen (und gekostet) hätte, bzw. ausgesehen hat, um diese doch nicht ganz so schlecht zu finden. ich kann mir vorstellen, dass das zugegebenermassen nicht sehr originell wirkende ›be berlin‹ erst mit der Zeit sein Potential entfaltet. Mindestens auf dem Niveau von ›LOND ON‹ ist es jedenfalls – und dort gibt es ähnliche (Teil-)Kampagnen, die sich mit ähnlichen urbanen Ausgangssituationen beschäftigen oder gerade aus diesen schöpfen.
Ausserdem glaube ich daran, dass der ›inhabitant generated content‹ von ›be berlin‹ das Ganze noch interessanter werden lassen könnte (die Offenheit der Kampagne hat schliesslich sogar die rückwärtsdenkenden Flughafen-Tempelhof-Befürworter zu Mitteln der Kommunikationsguerilla greifen lassen.)
tom
Erste Reaktion auf „be berlin“:
Nein danke, ich bleibe lieber tom*.
* echter Berliner
robertmichael
> staatstragend vor gelber Wand.
für mich war berlin immer gelb. kann aber auch an der bvg liegen an der man als tourist nicht vorbeikommt.
für mich ist berlin immer laut, frech, modern und offen in sachen kultur gewesen. das kommt bei der kampagne irgendwie nicht rüber. berlin ist das london von deutschland. berlin ist nicht artig, berlin ist frech. die plakate bzw. die ganze kampagne würden auch auf jede andere großstadt in deutschland passen. untypisch für berlin – berlin setzt trends, die scheinen jedoch an der kampagne vorbeigegangen zu sein.
jürgen, was denkst du eigentlich über den slogan und auftritt?
andré
ja, was jürgen denkt würde mich auch interessieren ;-)
Yanone
Ich verstehe immer noch nicht, warum man nichts aus „Arm aber sexy“ gemacht hat. Das war der charmanteste Spruch seit „Wir können alles außer Hochdeutsch“, den ich je gehört hab.
Matt
Um dem ganzen noch die bekannte Sahnehaube aufzusetzen:
Doch alles nur geklaut?
http://www.justberlin.co.nr/