Fontblog Artikel im November 2007

Bevor ich’s vergesse … diesen Spreeblick-Beitrag …

Nichts außer Kontrolle … den sollte jeder gelesen haben. Danke, Johnny.


Starbucks, so was werdet ihr nie hinkriegen

Eine wahre Geschichte aus der Bergmannstraße, Berlin Kreuzberg, 19. 11. 2007, 10:08 Uhr. Ort: Ein kleines Café. Während Artdirektor Helmut N. seinem Freund und Kollegen Prof. Axel K. sein iPhone vorführt, bringt die Kellnerin einen Cappuchino mit Schaum-Logo an den Tisch. Foto: Axel K. mit einem Sony Ericsson K750i, garan­tiert unbearbeitet.Die Geschichte und das Foto dazu ist mein kleines Trostpflaster für alle deut­schen iPhone-Kunden, die Ihr Gerät unbe­dingt vor dem 19. 11. 2007 mit einem Zweijahresvertrag kaufen mussten.


JvMs typografische Ikea-Grundrisse

ikea-typo-motive

Auch diese bemer­kens­werten Anzeigen werden wir wahr­schein­lich nie im rich­tigen Leben bewun­dern dürfen, denn sie passen irgendwie gar nicht zum aktu­ellen Ikea-Werbeauftritt in diesem Land. Vielleicht wurden sie von Jung von Matt (Hamburg) für den Auftritt in einem anderen Land geschaffen. Möglicherweise sogar für die Teilnahme an Werbe-Wettbewerben? Man findet sie auf Ads of the World, insge­samt 4 Motive. (Quelle)


Die Utopie Design-Crowdsourcing ist tot

Der Spreadshirt-Manager Adam Fletcher zerreibt sich am eigenen Logo-Wettbewerb und verlässt nach einem Jahr das Unternehmen, bei Spreeblick wartet die Teilnehmer eines ähnli­chen Projekts unge­duldig auf die verspro­chene Anerkennung. Ein neues Markenzeichen haben beide Unternehmen bis heute nicht gefunden. Die Historie der beiden großen Crowdsourcing-Logo-Wettbewerbe ist in den beiden Fontblog-Beiträgen Spreeblick-Logo-Crowdsourcing geschei­tert und Logo-Flächenbombardement bei Spreadshirt zusammengefasst.

Gestern meldete Exciting Commerce: »Adam Fletcher, bei Spreadshirt zuletzt einer der Treiber des Open Logo Project, wird Spreadshirt nach gut einem Jahr wieder verlassen. … Ein ›Open Logo Projekt‹ passte einmal hervor­ra­gend zur alten Strategie, wirkte aber unter der neuen Prämisse schon etwas schi­zo­phren.« Der Viral-Marketing-Experte Martin Oetting zieht in seinem connec​ted​mar​ke​ting​.de-Blog folgende Schlüsse: »Wenn ich schon um kosten­lose Arbeit für mein Unternehmen bitte, dann sollte ich wenigs­tens beweisen, dass ich diese Arbeit auch werzu­schätzen weiß. Und das geht unter anderem, indem man Preise anbietet, für die es sich wirk­lich zu kämpfen lohnt.«

Der wahre Killer der Crowdsourcing-Idee scheint jedoch der orga­ni­sa­to­ri­sche Aufwand zu sein. Oetting nennt den Zeitkiller: »Gerade die Möglichkeit, über das Web/per E-Mail einen persön­li­chen Austausch zu beginnen, ist für die Identifikation mit einem solchen Projekt (und für die Mundpropaganda, die man darüber macht) extrem wichtig. Wer also denkt, dass er begeis­ternde Resultate erzielt, indem auf einer Internetseite ein Wettbewerb ausge­lobt wird, der irrt. Erst wenn man mit viel Hingabe und Interesse auf die Leute eingeht, entsteht Momentum«. Einige hundert Teilnehmer können diesem »Drehmoment« jedoch derart viel Fahrt geben, dass der Auslober alleine durch die Verwaltung ins Schwanken kommt. Die durch­schnitt­liche Qualität der zu bewer­tenden Ergebnisse erhält sich umge­kehrt propor­tional zu Menge der Hobby-Designer.

Meine These: Wenn man den internen Kommunikations- und Verwaltungsaufwand für ein Crowdsourcing – ohne Selbstbetrug – zu den Kosten eines Logo-Redesigns hinzu­nimmt, dann kann man gleich ein profes­sio­nelles Designbüro enga­gieren, spricht mit einem Partner und hat in 4 Wochen garan­tiert ein passendes Logo.


Kommentar: Elfenbeinturm-Redesign bei faz​.net

In der letzten Woche verkün­dete Dirk Specht, der Leiter Elektronische Medien bei der FAZ: »Wir wollen die ›FAZ‹ im Web posi­tio­nieren .« Siehe auch den Fontblog-Beitrag: Ab morgen nimmt die FAZ das Internet ernst. Inzwischen wissen wir: Sie will es nicht (oder kann es nicht).

Es gibt zwei fundierte Betrachtungen des neuen FAZ-Internet-Auftritts, eine von Art Director Matthias Ballmann auf medi​en​lese​.de und eine zweite vom Design-Tagebuch. Diesen möchte ich gerne drei einfache Fragen hinzu­fügen, um meine Behauptung zu beweisen. Dazu versetze ich mich in einen durch­schnitt­lich-intel­li­genten Internet-User, der natür­lich Spiegel-Online kennt (spiegel​.de), der ab und zu mal beim Tagesspiegel rein­schaut (tages​spiegel​.de) und bei der Süddeutschen Zeitung (sued​deut​sche​.de). Die gedruckte FAZ lese ich hin und wieder im Urlaub, weil es sie auf der ganzen Welt zu kaufen gibt und ich dann auch die Zeit habe, sie intensiv zu studieren. Und nun wollen die mich also mit ihrem Internet-Auftritt einfangen.

Da frage ich mich zuerst mal: Warum heißt das FAZ​.NET und nicht faz​.de? Wenn man sich im Internet neu posi­tio­nieren möchte, dann wäre dies der Moment gewesen, der Marke einen nahe liegenden Namen zu geben, den sowieso die Mehrheit der Neukunden erst mal ins Browser-Adressfeld eintippt. Sofort wird man umge­leitet auf faz​.net, was mir beweist, das die Frankfurter die Lizenz zum Umtaufen im Tresor liegen hat. Ein Kurzbesuch bei denic​.de bestä­tigt mir die Besitzverhältnisse. Die Endung .net ist eine Loser-Endung. Zu ihr greifen Schwachmarken oder Piraten, die an .de oder .com nicht rankommen. Elfenbeinturm-These Nr. 1: Man glaubt nicht wirk­lich an die Notwendigkeit eines Neuanfangs im Internet und hält an der scheinbar etablierten (aber schwa­chen) Marke faz​.net fest.

Dann frage ich mich dasselbe, was sich Matthias Ballman gefragt hat: Was steckt hinter der zwei­ge­teilten hori­zon­tale Hauptnavigation, die sich über­ra­schen­der­weise nicht verzweigt? Die Antwort weiß nur der FAZ-Abonnent. Die obere Navigationsleiste mit den Bezeichnungen »Politik«, »Wirtschaft«, »Feuilleton« und »Sport« spie­gelt die werk­täg­li­chen Hauptprodukte der gedruckten Zeitung wider, die darunter liegende zweite Navi-Leiste benennt Nebenprodukte, die nicht jeden Tag Bestandteil der FAZ sind, zum Beipiel »Auto« (nur diens­tags) oder »Reisen« (donners­tags). Elfenbeinturm-These Nr. 2: Maßgeblich für die Orientierung eines (neuen) FAZ-Online-Auftritts ist die Struktur des Printobjektes; igno­riert werden die Gepflogenheiten der Internet-Navigation, mit denen sich die neu umwor­benen Nicht-Abonnenten auf der Seite versu­chen werden.

Schließlich frage ich mich, warum es die tägliche FAZ in digi­taler Form (e-Paper) nicht einzeln zu kaufen gibt (wie beispiels­weise beim tages​spiegel​.de), sondern nur in Form eines Abonnements. Wenn man in Frankfurt schon nicht die Gepflogenheiten des Internets akzep­tieren will, warum simu­liert man in diese Punkt nicht1:1  das rich­tige Leben? Die gedruckte Ausgabe kann jeder ohne Verpflichtung beim Zeitungshändler an der Ecke erwerben. Das Verrückte am e-Paper-Abo ist jedoch, dass es nur in Verbindung mit einem Print-Abo zu erwerben ist. Elfenbeinturm-These Nr. 3 (frei nach Karl Kraus): Es reicht nicht, keine eigene Online-Strategie zu haben, man muss auch unfähig sein, sie zu installieren.


»The making of FF Meta Serif«

Ein sehr ausführ­li­cher Beitrag von Yves Peters auf der FontShop-Benelux-Seite über die Entstehung von Meta Serif, einschließ­lich der Sackgassen und Fehler, die gemacht und später korri­giert wurden. Viele neue Abbildungen.


Neues Corporate Design der SPD-Fraktion [Update]

Zum neuen Corporate Design der SPD-Bundestagsfraktion erklärt die zustän­dige Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Petra Ernstberger: »Nach mehr als 15 Jahren hat die SPD-Bundestagsfraktion ihr Logo von der Hamburger Agentur DMC komplett über­ar­beitet sowie Gestaltungsrichtlinien für einen einheit­li­chen, profes­sio­nellen Auftritt nach aussen und innen entwi­ckeln lassen. Herausgekommen sind ein klar aufge­bautes Logo, eine eigene Bildsprache und ein strin­gentes Literaturkonzept. Alle Elemente des neuen Erscheinungsbildes werden nun Schritt für Schritt eingeführt.

Die grund­sätz­liche Überarbeitung unseres Auftritts war notwendig, damit die SPD-Bundestagsfraktion in der heutigen Medienwelt eine klarere und unver­kenn­bare Präsenz erhält.« Mehr: spdfrak​tion​.de

Fontblog gratu­liert zur Auswahl der Schriften: In der Pressemitteilung (PDF) erkennen wir die Swift, entworfen von Gerard Unger, das Logo wurde mit FF Sanuk gestaltet (einschließ­lich des roten SPD), entworfen von Xavier Dupré.

[Update] Da ich kein frei­ste­hendes (wie in der obigen Simulation) Original-SPD-Fraktionslogo gefunden habe, hier eines mit weiß unter­legter Fläche, und den von DMC gelie­ferten, optisch korri­gierten Versalien R und K (siehe auch mein Kommentar plus Abbildung unten):


FH Dortmund: Focus Award 2007

Von 21. bis 25.11.2007 richtet der Fachbereich Design der FH Dortmund das inter­na­tio­nale Symposium/Design-Festival Focus Award 2007 aus. Rund um das Thema »Standard« finden Vorträge, Screenings und Workshops statt, u. a. von/zu: Mario Lombardo (Bureau Mario Lombardo), Eike König (Eikes Grafischer Hort), Prof. Niklaus Troxler, Ingo Taubhorn (Deichtorhallen), Prof. Gertrud Nolte (Botschaft Nolte), Prof. Klaus Hesse (Hesse Design), Bastard Project, Martin Parr, Peter Rosenfeld (URW++), Wolfgang Strauss (netz​span​nung​.org) und Moritz mo. Sauer. Programm down­loaden: auf dieser Seite.

Mittwoch 21. 11., 19:00 Uhr: Ehrung der Preisträger des Focus Award 2007 und feier­liche Eröffnung der Ausstellung.

Donnerstag 22. 11., ab 9:30 Uhr: Die Preisträger des Focus Award 2007, Nina Farsen und Isabel Schöllhammer (UdK Berlin), Florian Hardwig (HBK Braunschweig), Eveline Kulik (FH Dortmund), Marion Rüth (FH Würzburg-Schweinfurt) und Hanna Witte (FH Dortmund) präsen­tieren ihre Arbeiten.