Fontblog Artikel im November 2011

Premiere: Am Montag ist TYPO Day

TYPO Day ist ein neues Tagesseminar für profes­sio­nelle Gestalter, Markenbetreuer und Publishing-Experten – für Auftraggeber und Auftragnehmer glei­cher­maßen. Angesehene Experten berichten aus der Praxis und aus dem Nähkästchen. Welche Rolle spielen Schriften in der aktu­ellen Unternehmenskommunikation? Wie hält man kompli­zierte Corporate Design Projekte auf Kurs? Wie werden Ideen so abge­stimmt, dass Kunde und Agentur effektiv zusammen arbeiten? Erfahrene Referenten zeigen am vormittag  aufschluss­reiche Fallbeispiele. Das der Kunde tatsäch­lich König sein kann und wie ein royales Corporate Designprojekt ein kleines afri­ka­ni­sches Land in ein neues Zeitalter führt doku­men­tiert der gefei­erte Auftritt von Julian Zimmermann und König Bansah auf der dies­jäh­rigen Berliner und der Londoner TYPO Konferenz, dessen Mittschnitt erst­mals vorge­führt wird.

Am nach­mittag widmet sich TYPO Day aktu­ellen tech­ni­schen Entwicklungen von Schriften in allen Medien: Print, App und Web. Was können die neuen Schriftformate und wie werden sie optimal einge­setzt? Schriftentwerfer und Experten bringen TYPO Day Besucher auf den neuesten Stand der Font-Technologie.

Sprecher Line up 1. TYPO Day in Berlin

TYPO Day Sprecher und Moderatoren: Jürgen Siebert, Erik Spiekermann, Henning Krause, Tim Ahrens, Ingo Hess, Ivo Gabrowitsch, Indra Kupferschmid (ab 2012), Georg Seifert, Jens Kutilek 

Anders als die inter­dis­zi­pli­näre, drei­tä­gige TYPO-Berlin-Konferenz widmet sich der TYPO Day konzen­triert den Themen Typografie, Corporate Design und Font-Technik. Sein Themenspektrum reicht von der ästhe­ti­schen Qualität, über Markenbildung und neue Ausgabemedien, bis hin zu den jüngsten Font-Produkten, -Technologien und -Anwendungen. Kurzentschlossene können sich für den kommenden Montag,  21. November, noch anmelden!

Teilnahmegebühr: 129 € (statt 249 €) zzgl. MwSt.

Ort: Berlin, Haus der Kulturen der Welt, K1 (Souterrain)

Programm

09:00 Registrierung, Get-toge­ther bei Kaffee und Gebäck

09:30 Jürgen Siebert (Moderation): Begrüßung

09:35 Erik Spiekermann: Die Rolle der Schrift in der Markenkommunikation

10:00 Henning Krause: Corporate Typography – Regeln, Pannen, Lösungen

11:00 Tim Ahrens: Neue Medien, neue Font-Techniken

12:00 Ingo Hess: Creative Talk – Methodik der Ideenabstimmung Designer ./. Auftraggeber

13:00 Pause, mit Büffet und Gesprächen

14:00 Video: »Der König ist Kunde« (TYPO London, CI-Fallbeispiel)

15:00 Ivo Gabrowitsch: App-Fonts sind die neuen Webfonts

16:00 Georg Seifert, Jens Kutilek: Schrift-Design und -Mastering am Beispiel Azuro

17:00 Diskussion (Special Offer)

Im nächsten Jahr verlässt der TYPO Day die Hauptstadt und und sucht andere Designmetropolen auf. Wer am kommenden Montag, den 21. November in Berlin Know-how und Inspiration tanken möchte kann sich hier anmelden!


Schriftgestaltung an der HdK Zürich studieren

Prof. Hans-Jürg Hunziker im Schriftunterricht an der Züricher Hochschule der Künste

Zum neuen Studienbeginn im Februar 2012 bietet die Züricher Hochschule der Künste in ihrem Nachdiplomstudienangebot einen berufs­be­glei­tenden CAS (Certificate of Advanced Studies) in Schriftgestaltung (20 ECTS) an, sowie einen MAS (Master of Advanced Studies) in Type Design and Typography (60 ECTS).

Zum CAS schreibt die Hochschule: »Wir betreiben ein Kompetenzzentrum, das sich der fach­li­chen Ausbildung im Bereich der Schriftgestaltung, der Typographie und der Forschung widmet. Unsere Ausbildung ermög­licht den TeilnehmerInnen, sich Grundlagenkenntnisse sowie Entwurfs-, Umsetzungs- und Finalisierungskompetenzen zu erar­beiten, die in verschie­denen Tätigkeitsfeldern wie Visuelle Kommunikation, Signaletik und Medien zur Anwendung gelangen können.
Sie versteht sich als spezia­li­sie­rendes Weiterbildungsangebot, in welchem tradierte Formen der Schrift analy­siert und hinter­fragt, neue entwi­ckelt und bestehenden gegen­über­ge­stellt werden.«

Weiter heißt es zum Master-Studiengang: »Unser MAS besteht aus den zwei Schwerpunkten Schriftgestaltung und Typografie und ist in dieser plau­si­blen Kombination einzig­artig: Gestalten von Schrift und Gestalten mit Schrift. Der Schwerpunkt der Vermittlung liegt auf der entwurfs­me­tho­do­lo­gi­schen sowie visua­li­sie­renden Auseinandersetzung in den zentralen Erscheinungsformen der Schriftkreation und der Typografie auf der Fläche, im realen und im virtu­ellen Raum. Das Beherrschen trans­me­dialer Strategien, Konzepte und Visualisierungen sind unsere zentralen Anliegen. Ziel des Kurses ist die Befähigung, eine eigene Text-Schrift in mindes­tens einem Schnitt zu entwerfen, zuzu­richten und tech­nisch soweit zu entwi­ckeln, dass Dritte damit arbeiten können.«

Weitere Informationen: www​.type​typo​.ch


✭ der Woche: Calluna, 8 Schnitte 86,00 65,00 €

Die junge Textfamilie Calluna (Motto: Eine Textschrift mit Display-Qualitäten) verdankt ihre Existenz (oder zumin­dest ihr Aussehen) einem Zufall. Ihr Entwerfer Jos Buivenga erin­nert sich: »Als ich Mitte 2009 während meines großen Museo-Projektes eine Pause brauchte, spielte ich ein biss­chen mit Museo-Ausdrucken herum. Ich war neugierig, ob sich viel­leicht eine Slab-Serif aus Museo herleiten ließe. Also setzte ich einfach ein paar Endstriche an die Vertikalen. Mittendrin entdeckte ich etwas span­nendes, eine Slab-Serif mit einer unge­wöhn­li­chen Laufrichtung. Am Ende hatte ich die Grundlage für eine ernst­hafte Textschrift, wie ich sie schon immer mal machen wollte. Ihre Grundidee besteht darin, dem Auge mehr Orientierungshilfe zu geben, indem ich sie in der Leserichtung betone. Ich hab das jetzt nicht wissen­schaft­lich vertieft, oder so, es war einfach eine Idee, die mir gefiel und die ich verfolgte. Und so entstand Calluna, mit 8 Schnitten.«

Die Calluna-Opentype-Familie ist extrem gut ausge­baut, mit 723 Glyphen pro Schnitte, darunter jede Menge Ligaturen, Ziffernarten, Akzentbuchstaben und allerlei typo­gra­fi­scher Zierrat. Die Familie bietet 5 Strichstärken, von denen 3 mit Italics ausge­stattet sind. Ein komplettes Figurenverzeichnis bietet dieses ausführ­liche Calluna-Schriftmuster-PDF (14 Seiten). Wer sich mehr in die Philosophie der Schrift vertiefen möchte, sollte den reich­lich bebil­derten Beitrag Calluna — a text type­face with flow auf Ilovetypography lesen.

Als Stern der Woche bietet FontShop Calluna bis Sonntag auf www​.font​shop​.com zum Sonderpreis von 65 € statt 86 € an (zzgl. MwSt.) Um in den Genuss des Rabatts zu kommen, einfach beim Kaufprozess den Promocode DE_star_46 eingeben.


Unser Studio-Katalog 2011

Zusätzlich zu unserem Magazin fonts 16 erscheint auch der neue Studio-Katalog mit ding­li­chen Geschenken und Glücklichmachern für Designer. Sie können online blät­tern oder ihn kostenlos bei FontShop bestellen. Falls der inter­ak­tive Katalog nicht erscheint, bitte hier entlang.

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Der aktu­elle Studio-Katalog zeigt eine Auswahl von Werkzeugen und Objekten jenseits des Rechners, Studio-Titelschrift: FF Netto (2008) von Daniel Utz.

Sie suchen Geschenke für Freunde oder Kollegen? Formschöne wie nütz­liche Accessoires für den SchreibtischLesestoff oder Schreibgeräte? Sie möchten schenken oder lieber selber spielen? Oder soll es einfach etwas Nützliches sein? Unter unseren Studio Produkten findet sich bestimmt etwas Passendes. Solange der Vorrat reicht bieten wir eine Auswahl zu vorweih­nacht­li­chen Sonderpreisen an, die – bequem geor­dert – nicht nur einen großen Bogen um das Weihnachtsgetümmel gestatten sondern auch den Geldbeutel schonen.

Sternchen für das besondere Produkt

Ganz beson­ders empfehlen wir unsere Liste mit redu­zierten Büchern: Sie enthält unge­wöhn­liche Titel von inter­na­tio­nalen Verlagen, die wir direkt impor­tiert haben oder Restauflagen.

Lesen lohnt sich: Buchbestellungen und Sendungen, die mindes­tens ein Buch enthalten sind versandkostenfrei …


Willkommen 2012: die kostenlose Erler Dingbats

Hausputz unter den Betriebssystem-Fonts … Nachdem in der vergan­genen Woche die millio­nen­fach verbrei­teten Verdana und Georgia eine Aktualisierung erfahren haben, gibt es heute gute Nachrichten auf dem Gebiet der Symbol-Fonts: FSI FontShop International leistet einen Beitrag zur Aktualisierung der Bildersprache und stellt ab heute den TrueType-Font Erler Dingbats kostenlos allen Computerschreibern zur Verfügung.

Erler Dingbats ist eine zeit­ge­mäße Symbol-Sammlung, auf die Texter und Social-Media-Tipper seit Jahren gewartet haben, mit moderner Ästhetik und einer gemein­samen Formensprache. Auch tech­nisch ist der Font auf dem neusten Stand, denn er folgt dem Unicode-Standard-Block Dingbats (Positionen U+2700 bis U+27BF), der »symbol­hafte und deko­ra­tive Glyphen in Anlehnung an die Gestaltungen von Hermann Zapfs Schrift ITC Zapf Dingbats« defi­niert (Quelle: Wikipedia). Erler Dingbats kam bereits für das Buch Decodeunicode – Die Schriftzeichen der Welt zum Einsatz (Bergerhausen/Poarangen, Seite 444 und 445), weil es der erste Dingbats-Font ist, der die Unicode-Anforderungen zu 100 % erfüllt. Und um diesen Standard weiter zu stärken, hat sich FSI dazu entschlossen, Erler Dingbats kostenlos für alle Nutzungsarten (privat, kommer­ziell, Betriebssysteme) frei zu geben.

Genau 191 Symbole bilden den Zeichenvorrat von Erler Dingbats. Die meisten davon sind wert­volle Bausteine für die schnelle visu­elle Kommunikation, zum Beispiel Pfeile, Checkboxen, Kreuze und Häkchen, symbo­li­sche Satzzeichen, Schreibgeräte sowie drei Ziffernsätze auf runden Flächen. Im Gegensatz zu vielen anderen Dingbats-Sammlungen folgen die Erler Dingbats einem gemein­samen grafi­schen Stil und sind zeit­gemäß gestaltet. Kein Wunder, denn Erler Dingbats wurde aus dem 800 Zeichen umfas­senden FF-Dingbats-2.0-Vorrat entwi­ckelt (erschienen 2009), wobei aller­dings über 80 Zeichen neu entworfen und alle bereits vorlie­genden grafisch über­ar­beitet werden mussten.

Die Benutzung von Symbolen in der Kommunikation hat in den letzten Jahren wieder zuge­nommen, seitdem Browser, Smart-Phones, Social-Media-Apps und Messenger-Programme (z. B. iMessage für iOS) den Unicode-Standard unter­stützen. »Seit langem ärgern wir uns beim Twittern und Facebooken darüber, dass die ange­bo­tenen Symbole entweder zu fili­gran sind, oder zu klein, oder einfach nur altmo­disch.« sagen die Entwerfer der neuen Dingbats, Johannes Erler und Henning Skibbe gegen­über Fontblog. »Also haben wir uns  einen eigenen Symbol-Zeichensatz gebaut, den wir seit längerem benutzen. Und weil uns schon mehrere Freunde gefragt haben, ob sie den Font haben können, haben wir gemeinsam mit den Font-Technikern von FontFont die Erler Dingbats gebaut, um sie ganz schnell ganz weit zu verbreiten.« Dies geht am besten, indem man sie verschenkt, so dass bald Millionen Anwender welt­weit in den Genuss zeit­ge­mäßer Symbole kommen.

Mehr Informationen, eine Broschüre zum Downloaden und den TrueType-Font Erler Dingbats auf www​.ding​bats​font​.com

Fragen und Antworten

Frage: Was bedeutet der Name »Erler Dingbats«?
Antwort: Die erste Hälfte des Namens ist ein Tribut an den Entwerfer, Johannes Erler. Dingbats ist eine seit Jahrzehnten geläu­fige engli­sche Onomatopoesie (Lautmalerei), wobei dingbat = printer’s orna­ment, den Zierrat des Druckers umschreibt.

F: Warum heißt die Schrift nicht FF Erler Dingbats, es ist doch ein FontFont.
A: Sie stammt zwar aus dem FontFont-Stall, verzichtet aber die Markenbezeichnung, weil sie – als free font – den Unicode-Gedanken und die Unicode-Qualität fördern soll.

F: Hat Johannes Erler die neue Dingbats alleine entworfen?
A: Nein, sie entstand mit seinem Partner Henning Skibbe, wobei Johannes Erler die künst­le­ri­sche Leitung hatte. Erler grün­dete 1993 das Hamburger Designbüro Factor Design, das er im letzten Jahr verließ, um neue Herausforderungen anzu­nehmen. Sein Hauptinteresse gilt dem Corporate und dem Editorial Design. Am 1. Januar 2012 wird er Art-Director des Wochenmagazins stern. Henning Skibbe studierte von 2002 bis 2007 an der FH Potsdam, wo er die Typedesign-Kurse von Luc(as) de Groot besuchte. Seine Schrift Haptic gewann 2009 ein Certificate of Excellence in Type Design beim Type-Directors-Club-Wettbewerb.

F: Was genau defi­niert der Unicode-Block Dingbats?
A: Der Unicode-Block Dingbats (2700–27BF) enthält eine Sammlung symbol­hafter und deko­ra­tiver Glyphen in Anlehnung an die Gestaltungen von Hermann Zapfs Schrift ITC Zapf Dingbats, die einen indus­tri­ellen Standard darstellt. Er besteht haupt­säch­lich aus Pfeilen, orna­men­taler Interpunktion und Klammern, einge­kreisten Ziffern, Kreuzen, Sternen sowie vermischten Zeichen und Symbolen aller mögli­chen Themen.

F: Was unter­scheidet Erler Dingbats von anderen OS-Dingbats-Fonts?
A: Abgesehen von ihrer 100-%-Unicode-Kompatibilität ist Erler Dingbats voll­ständig, zeit­gemäß entworfen und die enthal­tenen Glyphen folgen einer gemein­samen grafi­schen Sprache (Strichstärke, Grauwert, Rundungen, Detailtreue, Zeichenbreite, usw.).

F: Kann ich in auf meinem Rechner die Standard Dingbats gegen Erler Dingbats austauschen?
A: Im Prinzip ja, das heißt aber nicht, dass Ihr Betriebssystem Erler Dingbats als Standard akzep­tiert. Die OS-Fonts (Mac und Windows) sind von Seiten des Betriebssystems meist »fix verdrahtet«. Das heißt zum Beispiel: Wenn Sie die schrei­bende Hand aus Erler Dingbats tippen, bei deinstal­lierter Standard-Dingbats, kommt mögli­cher­weise das passende Unicode-Zeichen U+270D für Writing Hand aus einem vorde­fi­nierten OS-Ersatz-Font, zum Beispiel der Arial Unicode, wo es eben­falls enthalten ist.

F: Wenn Erler Dingbats ein Free Font ist, kann ich sie dann weiter geben oder in einer Free-Font-Kollektion selbst zum Download anbieten.
A: Nein. Bitte verweisen Sie auf die offi­zi­elle Download-Quelle www​.ding​bats​font​.com. Im Falle eines Updates oder eines Rückrufs sollen neue Daten sofort und unter der bekannten Adresse bereit stehen.

F: Warum enthält Erler Dingbats keine zeit­ge­mäßen Symbole wie Handy, WiFi oder Digitalkamera?
A: Da sich Erler Dingbats 100 % am Unicode-Standard orien­tiert, ist für ergän­zende Zeichen kein Spielraum.

F: Welche Zeichen sind in Erler Dingbats enthalten, die in Zapf Dingbats fehlen?
A: Es sind die in den obigen Abbildungen hell­grün darge­stellten Zeichen, unter anderem die Glyphen Faust, flache Hand, Funkeln, weißes Ausrufe- und Fragezeichen, einzelne Schleife, doppelte Schleife. Eine detail­lierte Übersicht liefert das rechts abge­bil­dete Schriftmuster Erler_vs_Standard.pdf.

F: Warum sieht das Malteserkreuz in Erler Dingbats anders aus als in Zapf Dingbats?
A: Statt des nach Unicode auf der Position U+2720 vorge­schrie­benen Malteserkreuzes enthält Zapf Dingbats ein Tatzenkreuz oder Eisernes Kreuz. Erler Dingbats folgt an dieser Stelle der Unicode-Vorgabe.

F: Ich möchte Erler Dingbats auf meinem iPhone benutzen … geht das?
A: Das Betriebssystem iOS bietet zur Zeit 59 Schriftfamilien, das Löschen oder die Installation zusätz­li­cher Schriften ist – ohne Jailbreak – nicht möglich. Wir haben das bei Apple für die Betreuung der OS-Schriften verant­wort­liche Team über das Erscheinen von Erler Dingbats in Kenntnis gesetzt, was mit Interesse aufge­nommen wurde.

F: Werden die mit OS X Lion einge­führten farbigen Emoji-Symbole bald die Dingbats-Fonts ablösen?
A: Tatsächlich sind die Emoji-Zeichen gemäß Unicode chif­friert und genießen im iOS Vorrang, so dass zum Beispiel ein Tweet mit einem einfar­bigem Dingbats-Herz beim Empfänger mit bunten Emoji-Symbol darge­stellt wird. Da es im Standard-Dingbats-Font das Herz zweimal gibt – entgegen der Unicode-Vorgabe als Herz und als Spielkartenwert – wundern sich immer mehr iPhone-Twitterer, das ihr Liebe zu etwas mit einer Herz-Spielkarte entstellt wird.


Das Unsichtbare sichtbar machen

Karolin Hosenfelder von Amnesty International schreibt mir eben: »Ich schreibe Ihnen, um auf das Projekt ‘Making the invi­sible visible’ mit den Straßenkünstlern Mentalgassi vorzu­stellen. Wir haben es zur Stützung unserer Aktionen zum Internationalen Tag der Menschenrechte in Berlin entwi­ckelt. … Vom 24. November bis Mitte Dezember wird es in Berlin mehrere Zaun-Installationen geben, d.h. dass Porträts von drei inhaf­tierten Personen auf Zaunstäbe geklebt werden, so dass es fast wie eine Lichtprojektion aussieht. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einzelne Papierstreifen, die an den Zaun geklebt werden. Blickt man von vorne auf den Zaun, ist nichts zu erkennen. Geht man am Zaun vorbei, entsteht das Gesicht der Person. … Der Betrachter bekommt den Eindruck, dass die Person hinter den Gitterstäben gefangen ist.

Das Pilot-Projekt in London zum Fall Troy Davis hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Ein Video dazu ist hier zu finden: http://​www​.vimeo​.com/​1​7​2​9​6​374

 

 


Erster, Erster, … Weihnachtskartenkritik 2011

Sie liegt vier Jahre zurück, doch noch immer erin­nern sich viele Fontblog-Leser an meine Weihnachtskartenkritik von 2007. In den letzten Jahren merkte ich das an beigelegten Zetteln zur Jahresendpost, auf denen teils um Gnade oder ausdrück­lich um eine Kritik hier im Blog gebeten wurde. Ich bin noch nicht sicher, ob ich dieses Jahr – nach langer Pause – erneut die Gunst der Stunde ergreife, und die (ausschließ­lich beruf­liche) Weihnachts- und Neujahrspost öffent­lich zur Schau stelle.

Vor 4 Jahren hatte ich meine Aktion bereits im Sommer ange­kün­digt, so dass es ausrei­chend Vorlauf gab, um die 10 pein­lichsten Weihnachtsgrußfehler zu vermeiden. Trotzdem tappten viele in die alten Fallen … Für eine Vorwarnung ist es nun zu spät, also mache ich es von meinem Feingefühl bzw. einer Ansage abhängig: Wer Kritik wünscht, bekommt sie.

So wie Stefan aus Köln. Seine Post erreichte mich am vergan­genen Freitag und erfüllte damit das selbst gesteckte Ziel: Es war der erste Gruß zum neuen Jahr. Wörtlich schreibt Stefan »Lieber Jürgen, ich hoffe, ich bin tatsäch­lich diesmal der erste, der dir ein frohes neues Jahr wünscht. Ich warte schon wieder gespannt auf die dies­jäh­rige Bilanz der Weihnachtsaussendungsauswertung.«

Stefans Post besteht aus einer Ansichtskarte mit dem Motto »Erster! Erster.« Das Thema ist Programm, und zwar im doppelten Sinn: Stefan will Erster sein und er grüßt zum 1. 1. Aus diesem Grund enthält die beilie­gende Musik-CD auch nur 1 Song mit genau diesem Titel »Erster Erster«, kompo­niert, getextet und vorge­tragen von unserer Lieblingsband Erdmöbel, entnommen dem Album »Krokus«, erschienen 2010 (iTunes-Link).

Urteil: Prima gemacht, Stefan. Ich bin sicher, dass du die Rechte für das Brennen der CD(s) geklärt hast … die Gestaltung ist ordent­lich, das Thema perfekt getroffen, Mission erfüllt, Schulnote 2+.


Corporate-Font FF Sero: Transparenz und Präzision

Ich habe viel zu selten die Gelegenheit, für die Fontblog-Rubrik Schriftgeschichten einen längeren Beitrag zu verfassen. Die letzten großen Portraits liegen Wochen zurück und widmeten sich FF Suhmo (Meine aktu­elle Lieblingsschrift), FF Amman (Amman: die Stadt, die Schrift, der Film) und der Azuro (Ideal für das Lesen am Bildschirm: die neue Azuro). Heute ist es wieder mal soweit. Ich bin faszi­niert von einer Neuerscheinung, über die ich berichten möchte … ja ich bin gezwungen, hier und jetzt über diese Schrift zu schreiben: Ein Satzfehler im aktu­ellen Fonts-16-Mailing veran­lasst mich dazu, die Story nicht auf die lange Bank zu schieben.

Das ist Fonts 16:

Auf Seite 5 wird die neue FF Sero vorge­stellt, in der gedruckten Ausgabe leider mit einem vertauschten (= falschen) Text. In der oben einge­bet­teten Digitalausgabe ist das inzwi­schen korrigiert.

Kurz nach Erscheinen von Fonts 16 am letzten Montag rief ich Jörg Hemker, den Entwerfer von FF Sero an, um mich für die Panne zu entschul­digen. Dabei verriet er mir, dass er jede Menge Abbildungen und Hintergrundwissen zu Sero in petto habe, woraus man sicher­lich irgend­wann eine etwas ausführ­li­chere Vorstellung der Schrift verfassen könnte um so die fehlenden Informationen nach­zu­lie­fern. »Nicht irgend­wann,« beschloss ich im selben Moment, »das machen wir noch diese Woche«. Und hier ist sie …

Was mich sofort bei FF Sero faszi­niert hat, als ich den Text für Fonts 16 schrieb, der aber nie erschien, war die fili­grane Abstufung bei den leichten Strichstärken: Welche andere Schrift bietet schon Schnitte wie Extra Thin, Thin, Extra Light und Light? Und damit sind bereits 50 % des Strichstärken-Repertoires von Sero aufge­zählt … Es folgen ledig­lich noch Regular, Medium, Bold und Black, ohne Semi, Extra und Ultra. Das ist schon sehr unge­wöhn­lich. Und ich war froh, die Ursache für diese Familienarchitektur direkt vom Entwerfer zu erfahren: »Ein beson­deres Merkmal der Sero ist die gleich­blei­bende x-Höhe über alle Strichstärken. Bei zuneh­mendem Gewicht nehmen die Zeichen in den Binnenräumen an Schwärze zu. Dadurch bleibt die Schriftgröße in allen Fetten durch­ge­hend gleich, und die Zeichen werden in der Black nicht zu breit.«

Mit anderen Worten: Eine fette Sero nimmt kaum mehr Platz ein als eine Sero Light, was in der Strichstärkenübersicht oben recht gut zu erkennen ist. Eine andere Schrift, die ähnlich funk­tio­niert, ist die FF Fago von Ole Schäfer, erschienen 2000.

Die Betonung der leichten Schnitte ist also system­im­ma­nent bei FF Sero, weil die kräf­ti­geren Schnitte nach »innen wachsen«, und dieser Raum ist beschränkt. Jörg Hemker macht aus der Not eine Tugend, siedelt die Hälfte der Familie unter­halb der Regular-Strichstärke an und gibt der gesamten Familie im wahrsten Sinne des Wortes Leichtigkeit. In Rahmen einer Corporate Identity könnte man die Attribute trans­pa­rent, klar, zurück­hal­tend oder präzise in den Raum werfen … und spätes­tens an dieser Stelle werden die ersten Corporate Designer viel­leicht sagen: FF Sero füllt eine Lücke in Bereich der Corporate Typography, wo es im Moment eine große Nachfrage gibt.

Kommen wir zur Ästhetik der Schrift. Als flei­ßiger Benutzer der FontBook-App, die – anders als das gedruckte FontBook – die Klasse der Sans-Schriften in die Untergruppen Dynamisch (Humanist), Geometrisch, Grotesk, Statisch (Anglo Grotesk) und Grotesk einteilt, fragte ich mich des öfteren: Zu welcher Gruppe gehört denn nun Sero? Dass mir die Aufgabe nicht leicht fiel, ist der Antwort von Jörg Hemker zu entnehmen, als ich ihn nach den Wurzeln der Schrift befragte:

»Mein Gedanke hinter der Sero war es, die Eigenschaften einer ameri­ka­ni­schen Grotesk mit denen einer huma­nis­ti­schen Sansserif zu vereinen. Ich unter­suchte, welches sind die posi­tiven, welches die nega­tiven Merkmale, wie gehen beide Dinge zusammen und welche sind die rich­tigen für eine neue Schrift.«

Die Formen ameri­ka­ni­scher Schriften (zum Beispiel Franklin Gothic, Benton Sans, News Gothic …) sind geschlossen, da sie auf ein klas­si­zis­ti­sches Formenprinzip zurück­gehen. Hingegen sind die Zeichen einer huma­nis­ti­schen Schrift (Frutiger, FF Meta, …) offen gehalten, besitzen eher orga­ni­sche als geome­tri­sche Merkmale. Sind die Stärken einer Grotesk ihre Plakativät, wirkt eine Sans-Serif lese­freund­lich in Textgrößen.

»Meine Sero ist der Versuch, diese entschei­denen Charakteristika zu vereinen. Ein geringer Kontrast schafft einen robusten, warmen Charakter, die betonten Oberlängen geben der Schrift span­nungs­volle Stabilität. Wirkte meine FF Zwo noch recht statisch, fällt die Sero wesent­lich dyna­mi­scher aus.« erläu­tert Jörg Hemker

Und weiter: »Anfangs waren die Buchstabenformen recht expressiv gehalten, was sich jedoch während des Entwicklungsprozesses abmil­derte. Mein wich­tigstes Gestaltungskriterium war Sachlichkeit, was bedeu­tete, dass die Buchstaben neutraler wurden … und feiner. Dadurch gewann die Sero am Ende ein hohes Maß an Transparenz – wie die Schweizer sagen. Da die Figuren von modi­schen Elementen befreit sind, wirken sie lang­lebig … stehen somit für Kontinuität. Das Schriftbild wirkt sach­lich, besitzt aber eine indi­vi­du­elle Ausprägung.«

Das Ziffernsystem von FF Sero ist umfang­reich und bietet viel­fäl­tige typo­gra­fi­sche Möglichkeiten, wie sie gerade im Corporate Design gefor­dert sind. Es gibt Ziffern für Auszeichnungen, den Texteinsatz und für Tabellensatz. Während die Versalziffern auf einen plaka­tiven Einsatz zielen, war das Kriterium für die Text- und Tabellenziffern die Differenzierbarkeit der Zeichen. Jede Ziffernart verfügen über jeweils passende Währungszeichen. Besonders wichtig für Tabellen, Formulare, Rechnungen und Geschäftsberichte: In allen Strichstärken haben Tabellenziffern und Währungszeichen gleiche Dikten. Schließlich bietet FF Sero komplette Ziffernsätze für Zähler und Nenner, sowie einen Satz an Kreisziffern.

Die Sero-Schriftfamilie beherrscht – vom ersten Entwurf an – neben den latei­nisch basie­renden Sprachen auch Griechisch und Kyrillisch. »Mir erschien dies sehr wichtig«, erläu­tert Jörg Hemker diese Vorgehensweise, »weil ich so die spezi­fi­schen Eigenarten vermeint­lich gleich wirkender Zeichen bereits im Entwurfsprozess berück­sich­tigen konnte.« Außerdem hatte er von Anfang an den Wunsch, eine Schriftfamilie für inter­na­tio­nale Corporate-Design-Jobs zu entwi­ckeln. Die Vorteile von FF Sero liegen nicht zuletzt in ihrer Vielsprachigkeit. Vergleichbare Sans-Serif-Familien liegen nur bedingt oder gar nicht in nicht-latei­ni­schen Varianten vor.

Zum Abschluss noch etwas Zukunftsmusik. Um die Schrift auch fürs Editorial-Design attraktiv zu mache, arbeitet Jörg Hemker bereits an einer schmal­lau­fende Version. »Darüber hinaus plane ich eine spezi­elle Displayvariante (Abb oben), die durch eine größere x-Höhe und geringe Ober- und Unterlängen einen plaka­tiven Satz ermög­licht und so neue gestal­te­ri­sche Freiräume schafft. Spannend hierbei ist es heraus­zu­finden, wie weit die Schwärze der Zeichen verdichtet werden kann.«

FF Sero ist ab sofort auf www​.font​shop​.com lieferbar, und zwar als OpenType- oder OpenType-Pro-Version (Fremdsprachen), das gleiche für den Office-Bereich (Format TrueType) sowie als Webfonts (Formate .woff und .eot).