Fontblog Artikel im Juli 2011

Wer ist eigentlich dieser Mister K. Informal?

Die wunder­bare Schreibschrift FF Mister K von Julia Sysmäläinen wird unauf­hör­lich erwei­tert. Nachdem im Januar 2010 ein volu­mi­nöses Set an Symbolen und Illustrationen hinzukam (FF Mister K Dingbats, Fontblog berich­tete: Mister K ist nicht mehr solo), hat die Familie letzte Woche erneut Zuwachs bekommen. Der Schnitt FF Mister K Informal ist eine äußerst nütz­liche Ergänzung – für »alle Gelegenheiten«.

Mit dem Etikett informal werden im engli­schen Sprachraum Briefe bezeichnet, die das Gegenteil von formal (zu deutsch: förm­lich) sind, also persön­liche Schreiben, die mit »Hallo« oder »Lieber Freund« beginnen. Digitalisierte Schriften mit dem Etikett Informal im Namen wollen genau diesem Anwendungszweck dienen, möchten also sympa­thisch-persön­lich wirken. Exakt dies leistet die neue FF Mister K Informal.

Welcher Natur ist aber nun die ursprün­giche Mister K? Am besten lässt sie sich wohl als Künstlerschrift charak­te­ri­sieren, denn sie basiert bekann­ter­maßen auf der Handschrift von Franz Kafka. Als solche ist sie jedoch weit mehr als das, nämlich eine starke, exzen­tri­sche Persönlichkeit. Einen solchen Font kann man nicht jeden Tag einsetzen, die Mister K Informal dagegen schon. Und genau dafür wurde sie gemacht. Die Jeden-Tag-ganz-liebe-Grüße-Schrift.

Dies übri­gens zeigt mein neues FontBook zum Stichwort »informal« an:

 


Das FontBook als iPad-App

Jetzt im App-Store: FontBook fürs iPad (4,99 €) kein Buch, sondern eine typo­gra­fi­sche Landkarte, die sogar face­booken und twit­tern kann, und mit 620.000 Schriftmustern rund 20 gedruckten FontBooks entspricht

Fünf Jahre nach dem Erscheinen des letzten gedruckten FontBooks schlägt FontShop ein neues Kapitel auf: die FontBook-App fürs iPad. Obwohl sie den Begriff »Book« im Namen trägt, hat die App nichts mit einem Buch gemein. Vielmehr löst sie einige der Probleme, die das seit zwanzig Jahren gewach­sene FontBook zuneh­mend umständ­li­cher in der Benutzung machten: Gewicht, Seitenbeschränkung (zuletzt 1760 Seiten), fehlender Index, Querverweise, Kapiteleinteilung, mangelnde Aktualität und manches mehr.

Die seri­elle, alpha­be­ti­sche Anordnung von Informationen ist nur eine von vielen Möglichkeiten, ein Nachschlagewerk zu kompo­nieren – gut geeignet für Experten, weniger für Quereinsteiger, die in der Schriftwelt immer mehr werden. Und so glauben wir, dass die FontBook-App mit viel­fäl­tigen Einstiegen und direct-link-Verweisen heute das prak­ti­schere Tool für die typo­gra­fi­sche Inspiration und das Vergleichen von Schriften ist.

Der Einstieg in den FontBook-Atlas ist denkbar einfach: es gibt fünf Türen plus die Volltextsuche (Symbol: Lupe). Um mit letz­terem anzu­fangen: Die Suche ist präzise und präsen­tiert – schneller als man tippen kann – die Ergebnisliste in Form einzei­liger Schriftmustersätze. Wer zum Beispiel »Helvetica« sucht kann bei »helv« schon die Hand von der iPad-Tastatur nehmen, dann die sechs Suchergebnisse liegen dann schon – in der jewei­ligen Schrift gesetzt – zur Ansicht auf dem Schirm:

  • Helvetica
  • Helvetica Inserat
  • Helvetica Monospaced
  • Neue Helvetica
  • Helvetica Rounded und
  • Helvetica Textbook

Neben dem Schriftnamen durch­forstet die gleiche Suche die FontBook-Datenbank gleich­zeitig nach Designern und Foundries.

Nun zu den fünf Türen der FontBook-App, die mit Klassen, Designer, Foundry, Jahr und A-Z beschriftet sind (siehe erste Abbildung ganz oben). Die Namen sind selbst­er­klä­rend, hinter jedem verbirgt sich eine andere Art der Annäherung an eine Schrift oder Schriftgruppe. Ich gehe sie kurz einzeln durch.

Klassen: Sie entspre­chen der tradi­tio­nellen FontBook-Kapiteleinteilung, also Sans, Serif, Slab, Script, Display, Blackletter und Pi & Symbols (Non Latin ist in Vorbereitung und folgt in einem App-Update). Neu ist, und das haben wir uns vom FontShuffle für das iPhone abge­guckt, dass diese Schriftklassen – erst­mals im FontBook – in weitere 5 Unterklassen geglie­dert sind. Für die Kategorisierung konnte die FontBook-Redaktion eine welt­weit ange­se­hene Schriftexpertin gewinnen, die Saarbrücker Professorin Indra Kupferschmid, ein Glücksfall.

Insgesamt ergeben sich durch die neue Katalogisierung 7 x 5 = 35 Schriftstil-Klassen für die visu­elle Recherche, wobei eine Schriftfamilie immer nur in einer Klasse auftaucht. Ein Beispiel für die Unterklassifizierung zeigt die 2. Abbildung oben, in der wir die fünf Subklassen des Sans-Serif-Kapitels sehen: Dynamisch (engl: Humanist), Statisch (Gothic), Geometrisch, Grotesk und Frei/Hybrid. Die Größe eines Kartenfeldes verrät etwas über die Menge der dahinter liegenden Inhalte, ein visu­eller Indikator, der sich durch die gesamte FontBook-App zieht

Designer: Was im Internet längst gang und gäbe ist, ließ sich im gedruckten FontBook nie reali­sieren (es sei denn, man hätte es in zwei Bänden heraus­ge­geben): die Suche nach Schriftentwerfern. Die App offe­riert diese Option auf elegante Art, wiederum als Karte, in diesem Fall jedoch in Weiß-auf-schwarz-Optik: mit nur 3 Fingertipps gelangt man so zum Œuvre eines Lieblingsdesigners, zum Beispiel Erik Spiekermann (Abbildung unten), einer von 1572 von der FontBook-App reprä­sen­tierten Typedesigners, aktuell mit einem Opus von 240 Schriften, erschienen bei ITC, FontFont und FontShop:

Foundry: Auch dieser Zugang erklärt sich von selbst … Wer den Namen eines Schriftherstellers kennt (zum Beispiel Emigre), jedoch die Bezsichnung einer bestimmten Schrift des Hauses nicht mehr parat hat, wird über Foundry sofort fündig. Mit dieser Methode erscheinen auch die fast in Vergessenheit gera­tenen Loz Feliz, Motion oder Suburban sofort wieder aus der Versenkung.

Jahr: Der ewige Kalender der Schriftgeschichte, begin­nend 1470 mit Jenson und aktuell endend 2011, zum Beispiel mit Alda von Emigre oder FF Sero, die erst gestern bei FontFont erschienen ist. Allein das letzte Beispiel zeigt, wie aktuell ein digi­tales FontBook sein kann.

A-Z: Das letzte Türchen ist für all jene Schriftfreunde gedacht, die den Namen einer Schrift kennen aber nicht die direkte Suche verwenden möchten … viel­leicht weil drei mal mit dem Zeigefinger tippen noch schneller funk­tio­niert als die Eingabe von 4 Buchstaben (klingt unglaub­lich, ist aber tatsäch­lich so).

Alle oben erwähnten Eingänge ins Reich der Schriften enden schließ­lich mit der Familienansicht einer Schrift (auch, wenn eine Schrift aus nur einem Schnitt besteht, wie viele Headline-Fonts). Sie ist die maßgeb­liche Betrachtungsumgebung des digi­talen FontBooks, die sich in die Navigationsspalte (links) und den Schriftmustertisch (der große Rest des Bildschirms) glie­dert. Die Navigationsspalte enthält im oberen Bereich (auf Gelb) den Namen des Entwerfers, Erscheinungsjahr und Foundry. Darunter folgen der Font-Familiennname – wenn es eine Großfamilie mit z. B. Condensed- oder Wide-Schnitten ist ergänzt um Subfamiliennamen –, die Querverweise zu ähnli­chen Schriften (falls vorhanden) und zu weiteren Schriften des Designers (falls vorhanden). Aus der Navigationsspalte heraus ist es unmit­telbar möglich, alle Querverweise direkt aufzu­rufen und damit die Ansicht im rechten Bildschirmbereich neu zu füllen. Die über 8000 Querverweise zu ähnli­chen Schriften verdanken wir, wie bereits beim gedruckten FontBook 4, den Schriftexperten Stephen Coles und Yves Peters.

Der Schriftmustertisch liefert 6 verschie­dene Schriftmuster-Ebenen, die sich nach und nach von rechts nach links wie Schubladen heraus­ziehen lassen und immer tiefer in das Innere einer Schrift vordringen:

  • Schriftmuster-Poster (auf Millimeter-»Papier«)
  • inter­ak­tiver 3-Größen-Schriftmuster-Player
  • sortierte Schriftmuster in Headline-Größe plus Alphabet
  • sortierte Schriftmuster in Textgröße
  • komplette Zeichenvorrat-Tabelle
  • Zusammenfassung (auf Gelb)

Schriften mit Lesezeichen versehen und verglei­chen. Eines der prak­tischsten Werkzeuge der FontBook-App ist die Vergleichen-Sektion. Man ruft sie entweder über den Home-Screen oder die Share-Palette auf (Symbol: ✚). Hier ist es möglich, jeden Schriftschnitt einer Familie, die man zuvor als Favorit gekenn­zeichnet hat (Symbol: ★), in drei verschie­denen Größen zu verglei­chen: Headline-, Intro- und Text-Größe. Das Musterwort der Headline-Größe lässt sich frei mit der iPad-Tastatur modi­fi­zieren, so dass sich auf diese Art recht schnell Fonts für Logos bzw. Wortmarken testen lassen.

Ebenfalls nütz­lich in der Vergleichen-Sektion sind die 10 ange­bo­tenen Farbfolien, die man unter und über die Schriftmuster legen kann, was sogar das Beurteilen einer Schrift-Negativdarstellung beinhaltet.

Soweit ein paar Worte zur schnellen Einführung in die FontBook-App. In den kommenden Tagen werden ich hier im Fontblog weitere Anwendungsbeispiele zeigen, Fragen beant­worten und ein Interview mit den Machern veröf­fent­li­chen: Andreas Pieper/null2​.net (code), Jan Rikus Hillmann (ux) und Mai-Linh Truong (db).

(Foto TYPO Berlin 2006: © kass​ner​foto​.de)


Nichtlesen #34: Grabowski und die Illuminati

Wie andere Agentur-Chefs sieht sich auch Herr Grabowski in der Pflicht, faszi­nie­rende Umwelt-Sci-Fi-Thriller zu verfassen. Hier sein neues Bestseller-Konzept:

s war eines Tages auf dem Klo, als Herr Grabowski dort saß. Der gutaus­se­hende, sehr attrak­tive und dazu noch mit äußerst anspre­chendem Äußeren gesegnte Geheimbund-Forscher hatte eben beim Blick in den Spiegel fest­ge­stellt, wie ange­nehm, kulti­viert und gepflegt seine Erscheinung doch war. Dazu verlieh ihm sein markantes Kinn eine herbe Männlichkeit, die nicht nur bei Frauen, sondern auch bei ihm selbst gut ankam. Aber in all diese absolut berech­tigten Betrachtungen, mit denen Herr Grabowski sich problemlos über Stunden beschäf­tigen konnte, schlich sich heute plötz­lich eine Irritation. Eine unmiß­ver­ständ­liche Ahnung lenkte seinen Blick auf das Toilettenpapier. Es war drei­lagig! Ein Zeichen! Grabowski zog die drei Lagen eines Blatts ausein­ander – und tatsächlich!

Weiterlesen

FontBook App: erste Reaktionen und Rezensionen

1. Blogs:

Die erste Besprechung des gestern erschie­nenen FontBook für das iPad schrieb Dirk Uhlenbrock, der bereits auf der TYPO Berlin im Mai ange­sichts einer Beta-Version Feuer gefangen hatte: Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett …

Auch mein Freund Henry Steinhau, Medienjournalist in Berlin, hat sich das FontBook zur Brust genommen und ausführ­lich beleuchtet: 620.000 Schriftmuster – in einer App

Jens Tenhaeff widmete sich in seinem Blog The Augmentation Canister – eben­falls bereits gestern – der App: FontBook Reloaded

Stephen Coles, einer der Mitwirkenden an der App, schreibt in seinem Blog Stüf Stuff: FontBook for iPad

Das iPadblogzin schreibt: Das FontBook wird digital

John Nack on Adobe: FontShop’s inter­ac­tive type explo­ra­tion on iPad

design Lifer: FontBook App – La all-in-one app (spanisch)

Nadine Roßa auf design­ma­d­ein­ger­many: Fontbook iPad App

2. Twitter (kleine Auswahl, chro­no­lo­gi­sche Reihenfolge):

Nina Stössinger: Finally, I think I’ve found a convin­cing reason to buy an iPad. It’s yellow. :-) @FontBookApp

Dan Reynolds: It was for apps like new @FontBookApp that I bought my iPad in the first place! FontShop’s done such an awesome job with this. Thanks, guys!

Cameron Moll: This looks HOT. FontBook on iPad (preview video): d.pr/fzd0

DmiG: FontBook™ iPad App. Die Webseite: goo​.gl/​N​k​EA6 – Der Blogpost: goo​.gl/​8​T​1nN – Und der Link zum Shop: goo​.gl/​F​W​Y2D

Christ Carpenter: Like to see a type specimen sample? Have a look, directly tweeted from the app http://​img​.ly/​6​tNW

Reed Reibstein: I expected a lot from @FontBookApp after the video preview. It’s even better. Favorite mini feature: quick color & size changes in Compare.

Jochen Wegner: Congrats to new @fontbookapp for this piece of app art and Rikus at burning​blue​soul​.com for the excel­lent UI. Reason to buy an iPad

Martijn de Haan: Just installed the @fontbookapp by @FontShop what an fanta­stic app, simply love the way it works!

Alex Aubert: Vraiment impres­si­onné par l’appli FontBook pour iPad de @FontBookApp : d2a​.me/​8​ffq – Moi qui aime les typos, je suis servi : 620000!

Martijn de Haan: This goes deeper than ‚like‘-ing the app, I think I have fallen in love with @fontbookapp.

Peter Lammertzen: After playing with it and poking around, I can honestly say @FontBookApp is one of the grea­test apps I’ve seen yet. (except for the icon)

Jonathan Ratcliff: Just installed @FontBookApp. Brilliant! @FontShop nailed it! Been waiting for this for a long time. Typography fiends, rejoice!

Pascal Raabe: Confession: this is the first time I buy a FontBook. It just never made sense to me in the printed form. d.pr/DJhU

ARS Type:  The new FontBook app for the iPad looks fanta­stic! bit​.ly/​o​l​T​HAv @FontShop @FontBookApp

Shirley Kaiser: Downloaded new @FontBookApp For iPad today. I’ve spent over an hour peru­sing. What a fanta­stic app! User friendly, beau­tiful displays, more.

I Love Typography: The @fontbookapp is worth every penny. http://​goo​.gl/​S​D​S0s Now all I need is a yellow iPad.

Kevin Albrecht: Grad die neue App des #FontBook getestet. Fazit – schick, smooth und nütz­lich! Absolutes Muss für Designer: http://​ow​.ly/​5​K​Cf9

Marc Thiele: I think after getting the @FontBookApp (recom­mended it: twitter​.com/​m​a​r​c​t​h​i​e​l​e​/​sta…), my book version will never leave the shelf again. Fantastic.


Das FontBook als iPad-App

Jetzt im App-Store: FontBook fürs iPad (4,99 €) – kein Buch, sondern eine typo­gra­fi­sche Landkarte, die sogar face­booken und twit­tern kann, und mit 620.000 Schriftmustern rund 20 gedruckten FontBooks entspricht

Fünf Jahre nach dem Erscheinen des letzten gedruckten FontBooks schlägt FontShop ein neues Kapitel auf: die FontBook-App fürs iPad. Obwohl sie den Begriff »Book« im Namen trägt, hat die App nichts mit einem Buch gemein. Vielmehr löst sie einige der Probleme, die das seit zwanzig Jahren gewach­sene FontBook zuneh­mend umständ­li­cher in der Benutzung machten: Gewicht, Seitenbeschränkung (zuletzt 1760 Seiten), fehlender Index, Querverweise, Kapiteleinteilung, mangelnde Aktualität und manches mehr.

Die seri­elle, alpha­be­ti­sche Anordnung von Informationen ist nur eine von vielen Möglichkeiten, ein Nachschlagewerk zu kompo­nieren – gut geeignet für Experten, weniger für Quereinsteiger, die in der Schriftwelt immer mehr werden. Und so glauben wir, dass die FontBook-App mit viel­fäl­tigen Einstiegen und direct-link-Verweisen heute das prak­ti­schere Tool für die typo­gra­fi­sche Inspiration und das Vergleichen von Schriften ist.

Der Einstieg in den FontBook-Atlas ist denkbar einfach: es gibt fünf Türen plus die Volltextsuche (Symbol: Lupe). Um mit letz­terem anzu­fangen: Die Suche ist präzise und präsen­tiert – schneller als man tippen kann – die Ergebnisliste in Form einzei­liger Schriftmustersätze. Wer zum Beispiel »Helvetica« sucht kann bei »helv« schon die Hand von der iPad-Tastatur nehmen, dann die sechs Suchergebnisse liegen dann schon – in der jewei­ligen Schrift gesetzt – zur Ansicht auf dem Schirm:

  • Helvetica
  • Helvetica Inserat
  • Helvetica Monospaced
  • Neue Helvetica
  • Helvetica Rounded und
  • Helvetica Textbook

Neben dem Schriftnamen durch­forstet die gleiche Suche die FontBook-Datenbank gleich­zeitig nach Designern und Foundries.

Nun zu den fünf Türen der FontBook-App, die mit Klassen, Designer, Foundry, Jahr und A-Z beschriftet sind (siehe erste Abbildung ganz oben). Die Namen sind selbst­er­klä­rend, hinter jedem verbirgt sich eine andere Art der Annäherung an eine Schrift oder Schriftgruppe. Ich gehe sie kurz einzeln durch.

Klassen: Sie entspre­chen der tradi­tio­nellen FontBook-Kapiteleinteilung, also Sans, Serif, Slab, Script, Display, Blackletter und Pi & Symbols (Non Latin ist in Vorbereitung und folgt in einem App-Update). Neu ist, und das haben wir uns vom FontShuffle für das iPhone abge­guckt, dass diese Schriftklassen – erst­mals im FontBook – in weitere 5 Unterklassen geglie­dert sind. Für die Kategorisierung konnte die FontBook-Redaktion eine welt­weit ange­se­hene Schriftexpertin gewinnen, die Saarbrücker Professorin Indra Kupferschmid, ein Glücksfall.

Insgesamt ergeben sich durch die neue Katalogisierung 7 x 5 = 35 Schriftstil-Klassen für die visu­elle Recherche, wobei eine Schriftfamilie immer nur in einer Klasse auftaucht. Ein Beispiel für die Unterklassifizierung zeigt die 2. Abbildung oben, in der wir die fünf Subklassen des Sans-Serif-Kapitels sehen: Dynamisch (engl: Humanist), Statisch (Gothic), Geometrisch, Grotesk und Frei/Hybrid. Die Größe eines Kartenfeldes verrät etwas über die Menge der dahinter liegenden Inhalte, ein visu­eller Indikator, der sich durch die gesamte FontBook-App zieht

Designer: Was im Internet längst gang und gäbe ist, ließ sich im gedruckten FontBook nie reali­sieren (es sei denn, man hätte es in zwei Bänden heraus­ge­geben): die Suche nach Schriftentwerfern. Die App offe­riert diese Option auf elegante Art, wiederum als Karte, in diesem Fall jedoch in Weiß-auf-schwarz-Optik: mit nur 3 Fingertipps gelangt man so zum Œuvre eines Lieblingsdesigners, zum Beispiel Erik Spiekermann (Abbildung unten), einer von 1572 von der FontBook-App reprä­sen­tierten Typedesigners, aktuell mit einem Opus von 240 Schriften, erschienen bei ITC, FontFont und FontShop:

Foundry: Auch dieser Zugang erklärt sich von selbst … Wer den Namen eines Schriftherstellers kennt (zum Beispiel Emigre), jedoch die Bezsichnung einer bestimmten Schrift des Hauses nicht mehr parat hat, wird über Foundry sofort fündig. Mit dieser Methode erscheinen auch die fast in Vergessenheit gera­tenen Loz Feliz, Motion oder Suburban sofort wieder aus der Versenkung.

Jahr: Der ewige Kalender der Schriftgeschichte, begin­nend 1470 mit Jenson und aktuell endend 2011, zum Beispiel mit Alda von Emigre oder FF Sero, die erst gestern bei FontFont erschienen ist. Allein das letzte Beispiel zeigt, wie aktuell ein digi­tales FontBook sein kann.

A-Z: Das letzte Türchen ist für all jene Schriftfreunde gedacht, die den Namen einer Schrift kennen aber nicht die direkte Suche verwenden möchten … viel­leicht weil drei mal mit dem Zeigefinger tippen noch schneller funk­tio­niert als die Eingabe von 4 Buchstaben (klingt unglaub­lich, ist aber tatsäch­lich so).

Alle oben erwähnten Eingänge ins Reich der Schriften enden schließ­lich mit der Familienansicht einer Schrift (auch, wenn eine Schrift aus nur einem Schnitt besteht, wie viele Headline-Fonts). Sie ist die maßgeb­liche Betrachtungsumgebung des digi­talen FontBooks, die sich in die Navigationsspalte (links) und den Schriftmustertisch (der große Rest des Bildschirms) glie­dert. Die Navigationsspalte enthält im oberen Bereich (auf Gelb) den Namen des Entwerfers, Erscheinungsjahr und Foundry. Darunter folgen der Font-Familiennname – wenn es eine Großfamilie mit z. B. Condensed- oder Wide-Schnitten ist ergänzt um Subfamiliennamen –, die Querverweise zu ähnli­chen Schriften (falls vorhanden) und zu weiteren Schriften des Designers (falls vorhanden). Aus der Navigationsspalte heraus ist es unmit­telbar möglich, alle Querverweise direkt aufzu­rufen und damit die Ansicht im rechten Bildschirmbereich neu zu füllen. Die über 8000 Querverweise zu ähnli­chen Schriften verdanken wir, wie bereits beim gedruckten FontBook 4, den Schriftexperten Stephen Coles und Yves Peters.

Der Schriftmustertisch liefert 6 verschie­dene Schriftmuster-Ebenen, die sich nach und nach von rechts nach links wie Schubladen heraus­ziehen lassen und immer tiefer in das Innere einer Schrift vordringen:

  • Schriftmuster-Poster (auf Millimeter-»Papier«)
  • inter­ak­tiver 3-Größen-Schriftmuster-Player
  • sortierte Schriftmuster in Headline-Größe plus Alphabet
  • sortierte Schriftmuster in Textgröße
  • komplette Zeichenvorrat-Tabelle
  • Zusammenfassung (auf Gelb)

Schriften mit Lesezeichen versehen und verglei­chen. Eines der prak­tischsten Werkzeuge der FontBook-App ist die Vergleichen-Sektion. Man ruft sie entweder über den Home-Screen oder die Share-Palette auf (Symbol: ✚). Hier ist es möglich, jeden Schriftschnitt einer Familie, die man zuvor als Favorit gekenn­zeichnet hat (Symbol: ★), in drei verschie­denen Größen zu verglei­chen: Headline-, Intro- und Text-Größe. Das Musterwort der Headline-Größe lässt sich frei mit der iPad-Tastatur modi­fi­zieren, so dass sich auf diese Art recht schnell Fonts für Logos bzw. Wortmarken testen lassen.

Ebenfalls nütz­lich in der Vergleichen-Sektion sind die 10 ange­bo­tenen Farbfolien, die man unter und über die Schriftmuster legen kann, was sogar das Beurteilen einer Schrift-Negativdarstellung beinhaltet.

Soweit ein paar Worte zur schnellen Einführung in die FontBook-App. In den kommenden Tagen werden ich hier im Fontblog weitere Anwendungsbeispiele zeigen, Fragen beant­worten und ein Interview mit den Machern veröf­fent­li­chen: Andreas Pieper/null2​.net (code), Jan Rikus Hillmann (ux) und Mai-Linh Truong (db).

(Foto TYPO Berlin 2006: © kass​ner​foto​.de)


Rundgang an der btk (Berlin)

Im Anschluss an die Eröffnung der Bachelor-Ausstellung Edle Skandale, zwei Imker und ein Ticket nach Novosibirsk heute abend (19 Uhr) startet die Berliner Hochschule für Gestaltung (btk) den ersten öffent­li­chen Rundgang. Am 22. und 23. Juli können Interessierte die Semesterarbeiten aus allen Studiengängen und Semestern begutachten.

Auf allen Etagen des Campus am Potsdamer Platz werden die Arbeiten der Studenten präsen­tiert. »Nutzen Sie die Möglichkeit, die Ergebnisse eines modernen Hochschulstudiums im Bereich des Designs kennen­zu­lernen und genießen Sie die außer­ge­wöhn­lich krea­tive Atmosphäre an unserem Design Campus. Ateliers, Labore und Studios sind während des Rundgangs geöffnet. Alle Fragen zu den Studiengängen und Studienbedingungen an der btk beant­worten wir Ihnen gerne.« heißt es in der Einladung der Hochschule.

Die Daten zusammengefasst:
Berliner Technische Kunsthochschule, Bernburger Straße 24-25, 10963 Berlin
Opening: 21. 7., 19h
22. 7. – 28. 7.; Fr 13–19h, Sa 13–18h, So 15–18h


Marshall McLuhan: »Das Ende des Buchzeitalters«

Morgen würde der kana­di­sche Philosoph Marshall McLuhan 100 Jahre alt werden. Seine Anhänger feiern den runden Geburtstag bereits seit Januar diesen Jahres: MMXI Events. Auch wer nichts über McLuhan weiß, kennt die geflü­gelten Worte vom »globalen Dorf« oder »das Medium ist die Botschaft«, die seinen Werken entstammen, wenn auch gerne verdreht ausge­legt. McLuhans zentrale These: Neue Technologien, vor allem Massenmedien, bewirken – unab­hängig von ihren Inhalten – eine Veränderung der Wahrnehmung und des Denkens der Menschen, sie stellen neue Wirklichkeiten her: »Wir formen unser Werkzeug, und danach formt unser Werkzeug uns« (MM). Zuletzt griff Frank Schirrmacher mit seinem Sachbuch »Payback« auf McLuhans erwei­terten Medienbegriff zurück.

McLuhan (1911 – 1980), Liebling der Generation X, war kein Propagandist der neuen Medien, eher ein peni­bler Forscher des kultu­rellen Übergangs. Tom Wolfe nannte ihn nach einer Begegnung 1965 das »Orakel der modernen Zeit«, und »der wich­tigste Denker seit Newton, Darwin, Freud, Einstein und Pawlow.« Dieser sah Mitte des letzten Jahrhunderts voraus, wie Fernsehen und Computer unser Leben verän­dern würden, hatte eine Vorahnung vom Internet und prophe­zeite: »In the Age of Information, the moving of infor­ma­tion is by many times the largest busi­ness in the world.« Und: »The more the data banks record about each one of us, the less we exist.« Selbst den Narzissmus der sozialen Netze prognos­ti­zierte er: »Genau dann, wenn alle Menschen damit beschäf­tigt sind, an sich und anein­ander herum­zu­schnüf­feln, werden sie für die Vorgänge insge­samt anäs­the­siert.« (zitiert nach Der Spiegel, Nr. 29, 2011, S. 121).

Vor genau 50 Jahren schrieb McLuhan seinen ersten Bestseller The Gutenberg Galaxy: The Making of Typographic Man (deut­scher Titel: Die Gutenberg-Galaxis – Das Ende des Buchzeitalters). In der Abhandlung glie­dert er die Geschichte der kultu­rellen Entwicklung in vier Phasen: die orale Stammeskultur, die lite­rale Manuskriptkultur, die Gutenberg-Galaxis und das elek­tro­ni­sche Zeitalter. Das Buch endet mit dem Kapitel »The Global Village«, in dem die elek­tro­ni­schen Medien das Buch ablösen. Er beschreibt eine Gesellschaft, in der die Wahrnehmung über das Ohr zurück­tritt und die visu­elle Aufnahme über das Auge im Vordergrund steht. Er verwendet den Begriff des globalen Dorfes nicht wertend, sondern schlicht beschrei­bend: »Anstatt zu einer großen Alexandrinischen Bibliothek zu werden ist die Welt zu einem Computer geworden, einem elek­tro­ni­schen Gehirn, genau wie kind­liche Science Fiction.«

Im Innersten war McLuhan ein Technikskeptiker, »ein Schamane, der von seinen Visonen über­holt wurde« (Spiegel). Der beken­nende Katholik und Anglistik-Professor war eine Kassandra des begin­nenden Medienzeitalters und der Hype um seine Thesen ein Reflex der über­drehten 60er Jahren. Das Ende der (blasierten) Gutenberg-Galaxis bedeu­tete für ihn nicht nur eine Hinwendung zur Technik, sondern ebenso eine will­kom­mene Gegenreformation und Eintritt in die neue Ökumene des Fernsehzeitalters. Die zentrale Hoffnung beschrieb McLuhans mit der Aussicht: »We return to the inclu­sive form of the icon«. Eine Kultur der Benutzeroberflächen, so sein Wunsch, wird weniger elitär sein als die Kultur der Schriftgelehrten.

Warum schreibe ich dies? Weil der morgige Geburtstag von McLuhan mit dem Erscheinen eines »gelben Meilensteins« (Ivo Gabrowitsch, FSI) zusam­men­fällt, dem FontBook fürs iPad. Natürlich: das ist nicht mehr als ein »Sack Reis« für die Menschheit. Für unser Unternehmen jedoch, das vor 22 Jahren gegründet wurde und zwei Jahrzehnte mit dem FontBook gewachsen ist, bedeutet der Schritt eine Art Kulturrevolution – viel­leicht auch für einige tausend FontBook-Benutzer. Mit Erscheinen der App steht fest: Es wird nie wieder ein gedrucktes FontBook geben. Dies ist für Typografen eine weitaus schlech­tere Nachricht als für Abiturienten die Tatsache, dass Wikipedia längst den Brockhaus im Regal verdrängt hat. Bibliophile werden die Digitalisierung des FontBook als Autoimmunerkrankung des Internet-Zeitalters brandmarken.

Dabei rüstet sich das FontBook nur für die Zukunft. Es wird leichter zu bedienen sein als die 1760-seitige Druckausgabe, bietet 20 mal so viel Informationen und ist auf jener Bühne ange­kommen, wo die schrift­liche Kommunikation in den kommenden Jahren zu Hause ist, dem Bildschirm. Zitat McLuhan: »Das nächste Medium, was immer es ist – viel­leicht die Ausweitung unseres Bewusstseins –, wird das Fernsehen als Inhalt mit einbe­ziehen, nicht als dessen bloßes Umfeld, und es in eine Kunstform verwan­deln. Der Computer als Forschungs- und Kommunikationsinstrument könnte die Recherche von Information stei­gern, die Zentralbibliotheken in ihrer bestehenden Form über­flüssig machen, die enzy­klo­pä­di­sche Funktion des Individuums wieder­her­stellen und in einen privaten Anschluss umkehren, über den indi­vi­duell zuge­schnit­tene Informationen sofort und für Geld abge­rufen werden können.«

Und so schließe ich mein Geburtstagsständchen mit einer anachro­nis­ti­schen Empfehlung, einem gedrucktes-Buch-Tipp, weil in Deutschland nicht als eBook erhält­lich: Die frisch erschie­nene McLuhan-Biografie von Douglas Coupland (Abb. oben). Wer wäre besser geeignet, das Leben und Werk des Kommunikations-Gurus nach­zu­er­zählen? Humorvoll und lite­ra­risch bril­lant bringt uns Coupland das Leben eines exzen­tri­schen Denkers nahe. Weitere Informationen und eine digi­tale Leseprobe beim Verlag Klett-Cotta …


★ der Woche: 2 Designbestseller, reduziert um 50 %

Die Hardcore-Fakten gleich vornweg:
100% Direct Marketing, Gingko, englisch, statt 28,80 nur 14,90 €
1000 Garment Graphics, Rockport, englisch, statt 29,99 nur 12,90 €

Durch das Überangebot an Massenwerbung führen Werbeaktionen oft nicht mehr zu dem gewünschten Erfolg. Beim Direktmarketing, häufig auch als Dialogmarketing bezeichnet, werden Medien mit der Absicht einge­setzt, eine inter­ak­tive Beziehung zu Zielpersonen herzu­stellen. Das Ziel ist eine »indi­vi­du­elle Reaktion«. In diesem Zuge spricht man auch heute über das »One To One Marketing«. Nicht mehr die Zielgruppe als Gesamtes ist wichtig, sondern der Einzelne wird ange­spro­chen: mit adres­sierten Werbesendungen, Postwurfsendungen, Anzeigen mit Responseelement, aktives und passives Telefonmarketing, Funk- und Fernsehwerbung, inter­ak­tive Medien, sowie Plakat- und Außenwerbung.

»100% Direct Marketing« zeigt, wie neue tech­ni­sche Lösungen und krea­tive Ideen das Direktmarketing inden letzten Jahren beein­flusst haben. Nicht nur raffi­nierte Datenbanken, auch hoch entwi­ckelte Druck-, Stanz- und Falttechniken eröffnen ganz neue Möglichkeiten. Das Buch stellt Arbeiten mit unter­schied­li­chen Budgets vor und zeigt, wie Direktmarketer das Optimum aus ihrem Etat herrausholen.

Aus der Serie »1000 Designs« stammt der 320 Seiten starke Bestseller: 1000 Garment Graphics – eine gelun­gene Kollektion grafi­scher Entwürfe aus der Welt der Mode. Egal ob auf T-Shirts, Baseball-Caps, Handtaschen oder Jeans, als Logos, Etiketten, Grafiken, Texturen oder als Accessoires – grafi­sche Elemente sind so beliebt wie nie zuvor und begegnen uns überall. Das Buch glie­dert sich in die fünf Kapitel: Figures & Faces, Animals & Nature, Lettering, Pattern und Verschiedenes. In jeder Sektion werden gelun­gene Beispiele für trag­bare Designs darge­stellt, wobei auch exqui­site und »revo­lu­tio­näre« Beispiele zu finden sind. 23 x 23 cm, ca. 320 Seiten, englisch, durch­ge­hend farbig, ca. 1.000 Farbabbildungen, Softcover.

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