Fontblog Artikel im Januar 2007

Über schöne Fonts und blutige Fußballer

11 Freunde ist das frischeste Fußball-Magazin, wenn nicht sogar das beste Sportmagazin. Und weil sie die gleiche Idee wie FontShop hatten, muss ich das neue Heft kaufen!


100 Beste … die Website

Seit gestern ist die Internet-Seite zum FontShop-Ranking online. Hier ein paar Hinweise und Tipps:

Navigation: es gibt die beiden Bereich Hitliste (auf die groß 100 klicken) und mehr … (auf den roten Button klicken); mehrere ausge­klappten Schrift-Beiträge der Hitliste lassen sich mit einem Klick auf die 100 wieder komplett einklappen.

Kommentare: Kommentare zu den einzelnen Schriften, deren Texte und Abbildungen stetig ergänzt werden, lassen sich am Ende eines jeden Beitrags einfügen (»Kommentare:« ankli­cken). Allgemeine Kommentare zum Ranking oder zu Nachrichten bitte unter »Aktuelles« hinterlassen.

RSS-Benachrichtigung: Lasst Euch über neue Kommentare per RSS infor­mieren. Hierzu benö­tigt Ihre einen Feedreader oder nutzt die RSS-Funktion Eures Browsers. Die Adresse für alle RSS-Empfänger ist: http://​feeds​.feedb​urner​.com/​1​0​0​b​e​s​t​e​s​c​h​r​i​f​ten

Permalinks: Wenn Ihr zu einem einzelnen Font-Portrait linken möchtet, baut Euch bitte einen manu­ellen Permalink nach diesem Beispiel, das zur Gill Sans führt: http://​www​.100bes​teschriften​.de/​9​_​G​i​l​l​+​S​a​n​s​.​h​tml (100bes​teschriften​.de/Position_Name+Name.html); ein einfa­cheres Verfahren folgt später.

Live-Suche: Die Suche rechts oben findet Begriffe in allen 100 Font-Beiträgen, beispiels­weise »Garamond« in 2 Garamond, 25 Sabon, 30 Minion, 60 Quadraat und 96 Legacy.

Copyright: Ihr dürft alle Texte mit der Quellenangabe www​.100bes​teschriften​.de zitieren, jedoch nur solche Abbildungen, die mit © FontShop vermerkt sind; bei den übrigen können wir die Abdruckrechte nicht weitergeben.


100 Beste … die Meinung der Fachwelt [Update 2]

[nach 24 Stunden Liveschaltung disku­tieren über 70 inter­na­tio­nale Weblogs die 100 besten Schriften]

Seit gestern werden FontShops 100 besten Schriften aller Zeiten disku­tiert. Bereits wenige Stunden nach ihrer Liveschaltung war die Website – laut Technorati – von über 30 inter­na­tio­nalen Weblogs verlinkt. Zum Vergleich: mit 170 Links landet man unter den Top-100 der Deutschen Blogcharts.

Eine kleine Presseschau, in chro­no­lo­gi­scher Reihenfolge:

1. Als erstes machte übri­gens das Isarblog am 15. Jan auf die 100 besten Schriften aufmerksam (»Los geht’s mit platz 10, belegt von der univers.«. Heute hat das Blog – nach neun Monaten – seinen Betrieb einge­stellt: »in den letzen wochen und tagen ist mir bewusst geworden, dass ich eine phase verstärkter intro­ver­tiert­heit abge­schlossen habe.« Viel Glück, Isarblogger.

2. Das Journal …

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100 Beste … das goldene Magazin ist da!

Magazin 100 beste Schriften aller zeiten

Mitte Dezember schrieb ich hier im Blog: »Wir arbeiten bei FontShop seit Wochen an einer aufre­genden Drucksache, mit der wir Euch in rund 4 Wochen über­ra­schen möchten. Nur so viel: Es geht um Typografie, Schriftgeschichte und Typedesigner(innen). Das Projekt wird auch deswegen Furore machen, weil es mit ganz anderen Augen auf Schriften und Schriftenmacher blickt. Seit meinem Abschied bei PAGE 1991 ist dieses ›fonts Extra‹ für mich die größte jour­na­lis­ti­sche Herausforderung.«

Als Vorgeschmack stellte ich 2 x 10 typo­gra­fi­sche Fragen und nannte dies die härtesten Typo-Rätsel aller Zeiten. Nun ist es da, unser zweites ›fonts Extra‹ … nach »Script« im Januar 2006. Wir präsen­tieren selbst­iro­nisch »Die 100 besten Schriften aller Zeiten«. 

Auf 32 Seiten, bezau­bernd gestaltet von den moni­teurs, stellen wir unser komplettes Font-Ranking vor. Die Zusatzfarbe Gold gibt dem Magazin den hierfür ange­mes­senen fest­li­chen Anstrich. Noch nie hat ein Schriftanbieter in dieser Breite, Neutralität und Popularität einen Blick auf das typo­gra­fi­sche Geschehen der letzten Jahrzehnte geworfen.
Das goldene »100 beste Schriften aller Zeiten« liegt ab heute kostenlos in den Briefkästen von rund 32.000 FontShop-Kunden. Selbstverständlich kann es auch indi­vi­duell bestellt werden, ab kommenden Montag, ganz einfach über den Warenkorb von www​.font​blog​.de, eben­falls kostenlos (nur inner­halb Deutschlands). Ab morgen liegt das Magazin zusätz­lich als PDF zum kosten­losen Download bereit … weltweit.

Two more things: Die Internetseite www​.100bes​teschriften​.de ergänzt das Magazin, in wenigen Minuten. Sie enthält alle 100 Beiträge des Beste-Schriften-Hefts, unge­kürzt und mit zusätz­li­chen Abbildungen, sowie Kommentar-Funktion, RSS-Feed und vieles mehr. In wenigen Wochen schließ­lich folgt die OpenType-Font-Sammlung 100 Beste Schriften Edition … zu beiden Ankündigungen später mehr.


Doppelseite aus »100 beste Schriften aller Zeiten« mit den drei Spitzenreitern Helvetica, Garamond und Frutiger

Erste Reaktionen der Jury zum Heft:

Jan Middendorp: »I love the design: A perfect pastiche of the Best-songs-ever sections in the Mojos and Q’s of this world (the stuff that you were inspired by, Jürgen). The rock parade parody thing is, for me, the only good excuse for accep­ting this ›Best Ever‹ claim, which we will probably get punished for by some readers … Anyway — congra­tu­la­tions … Dispatch/Stainless work great. I’m proud I nomi­nated them.«

Roger Black: »Extremely cool! Eurocentric, but very inte­res­ting. Nice work!«

Stephen Coles: »Hah! That’s why you’re in there, Roger. Love it that we can depend on you for pimping the good American stuff. I think the general list is a good mix. Congratulations, friends. It looks wonderful.«

Erste Reaktionen von Lesern zum Heft:

Erik Spiekermann: »Eine wunder­schöne broschüre, … Und ich kann zufrieden sein: 1 schrift in den top ten, 2 in den top twenty, 3 in den 100. Mehr als mir zusteht neben leuten wie Frutiger, Zapf und Carter. Man sieht der liste übri­gens sowohl den hollän­di­schen als auch den ameri­ka­ni­schen einfluss in der jury an. Ich freue mich, dass Arnhem so weit vorne liegt, was leider über­haupt nicht der wirk­li­chen anwen­dung entspricht. Dafür kennt immer noch niemand FF Clifford! Vielleicht sollten wir als nächstes die 100 schriften sammeln, die einer zweiten jury in dieser liste fehlen. Da würde ich sofort mitmachen!«

Guter Vorschlag, Erik: »Die meist-vermissten 100 besten Schriften« … wir denken mal drüber nach.

Eric Schmitt (Richy Rocker): »Die Jury ist erst­klassig. Die Top Ten nach­voll­ziehbar. Und das beste von alledem ist, dass sich die Texte und Hintergründe zu den Schriften wirk­lich wunderbar flüssig lesen lassen … Das ist Werbung, wie ich sie gerne öfter haben würde, denn sie ist nicht aufdring­lich, hat einen Mehrwert für mich und nimmt mich als Kunden ernst und spricht mich im rich­tigen Ton an. Man merkt dem ganzen an, dass da viel Arbeit und Leidenschaft drin steckt. Vielen Dank auch.«


FontShop ermittelt 100 beste Schriften

Pressemitteilung

Internationale Jury, Broschüre und Website … Helvetica auf Platz 1

Berlin, 24. Januar 2007. Zum ersten Mal hat eine unabhängige, internationale Jury – gemeinsam mit FontShop – eine Rangliste der 100 erfolgreichsten Schriften seit Gutenberg erstellt. Die Top-5-Font-Familien sind Helvetica, Garamond, Frutiger, Bodoni und Futura.

Rund ein Jahr dauerten die Recherchen. FontShop-Marketing-Vorstand Jürgen Siebert: »Bestseller-Listen und Hitparaden faszinieren die Verbraucher seit Jahrzehnten: Das Sieben eines Überangebots gehört zu den grundlegenden Kulturstrategien. Warum soll diese sportive Herangehensweise nur Büchern und Musik vorbehalten sein?« Also durchforstete der Berliner FontShop Archive und Hersteller-Charts, um eine erste Auswahl zu ermitteln. Aus den 120 »Verkaufsschlagern« fertigte anschließend die Jury mittels »weicher Kriterien« – wie wegweisend, epochal oder One-Hit-Wonder –, die nun vorliegende Liste der »100 besten Schriften aller Zeiten« an.

Die Expertenrunde: Roger Black (Danilo Black, Inc., USA), Stephen Coles (Typografica, USA), Jan Middendorp (Publizist, Berlin) Veronika Elsner (Elsner + Flake, Hamburg), Ralf Hermann (TypoForum, Weimar), Bertram Schmidt-Friderichs (Type Directors Club, Mainz) und Claudia Guminski (FontShop-Redaktion).

Gefeiert wird das erste Font-Ranking mit einer prunkvollen, 32-seitigen Broschüre (Auflage: 40.000 Exemplare), die FontShop gerade kostenlos versendet. In ihr werden die 100 besten Schriften und ihre Historie in Wort und Bild vorgestellt, ergänzt um Produktbeispiele. Parallel dazu wird heute um 13:00 Uhr die Website www.100besteschriften.de live geschaltet, mit allen Font-Portraits, zusätzlichen Abbildungen und einer Kommentarfunktion für lebendige Diskussionen.

(Text und Abbildungen im FontShop-Presseportal)


The Winner is …

… Georg Schönwandt, nus design, Berlin. Er hat die TYPO-Karte gewonnen, weil er bei unserem Ratespiel 8 Top-10-Schriften rich­tige geraten hat, davon eine (Futura) sogar an der rich­tigen Position. Kompliment. Natürlich war Georg – als Typografie-Koryphäe – bereits zur TYPO 2007 gemeldet; deshalb besucht er die Konferenz nun gemeinsam mit seiner Partnerin Gundula Nerlich – quasi zum halben Preis. Geteilte Freude = doppelte Freude.


100 beste Schriften (1)

»Lern erst mal was Richtiges …« mit diesen Worten beendet der Vater den Streit mit seinem 16-jährigen Sohn Max, der so gerne Maler werden möchte. Stattdessen tritt Miedinger Junior im Herbst 1926 eine Lehre zum Schriftsetzer bei der Zürcher Buchdruckerei Jacques Bollmann an. Vier Jahre später ist er sich sicher: »Ich will gestalten und nicht bis zum Lebensende Kolumnen auf Satzschiffen zusammenfummeln«.

Die Abendkurse bei Johann Kohlmann an der Kunstgewerbeschule Zürich bestä­tigen sein Interesse. 1936 endlich kann Max Miedinger sein Talent beruf­lich nutzen: als Typograf im Werbeatelier der Kaufhauskette Globus. Im Laufe der folgenden 10 Jahre erstellt er hier Plakate, Zeitungsanzeigen, die Hausbeschriftung und interne Drucksachen.

Das kürzeste Pop-Märchen der Welt, 1966 gesetzt in Helvetica Black (Idee: Experimental Jetset, Grafik: FontShop)

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs verlässt Miedinger das hekti­sche Zürich und bewirbt sich als Verkäufer bei der Haas’schen Schriftgießerei in Münchenstein nahe Basel. Dem Direktor Eduard Hoffmann impo­niert die Vielseitigkeit Miedingers. Als der ihm sein Notizbuch mit Schriftentwürfen zeigt, weiht ihn Hoffmann in sein »Geheimprojekt« ein, mit dem die Gießerei Haas zu neuem wirt­schaft­li­chen Erfolg kommen soll.

Der Konkurrent H. Berthold ist nämlich drauf und dran, den Schweizern mit der erfolg­rei­chen Akzidenz Grotesk die Kunden abzu­werben. Sogar die einhei­mi­schen Designer greifen zu dem Bestseller aus Berlin, mitten in der Blüte der Schweizer Typografie. Dieser Entwicklung will Hoffmann mit einer neuen Sans-Serif beenden, die Miedinger zeichnen soll. Als Blaupause dient ihnen eine lineare Serifenlose der Leipziger Gießerei Schelter & Giesecke aus dem Jahr 1880, die Scheltersche Grotesk.

Nach wenigen Monaten liegen die ersten Probeabzüge der Neue Haas Grotesk auf Hoffmanns Schreibtisch. Er ist begeis­tert. Im Sommer 1957 feiert die Neue Haas Grotesk Premiere.

Zwei Jahre später schwappt die Schweizer Typographie nach Deutschland über. In der Frankfurter Hedderichstraße macht sich die D. Stempel AG, seit 1954 Mehrheitseigner der Haas’schen Schriftgießerei, intensiv Gedanken darüber, wie man auf diesen Zug aufspringen kann. Im Juni 1959 schlägt das Vertriebs-Ass Heinz Eul die Aufnahme der Neue Haas Grotesk ins Stempel-Programm vor, ganz gezielt für die »Werbemittelgestalter«, als Wunderwaffe gegen Futura und Akzidenz Grotesk.

Allein den Namen findet er wenig attraktiv. Sie muss umge­tauft werden, und zwar so, dass Zweck und geogra­fi­sche Herkunft unmit­telbar verständ­lich werden. Nach einer langen, unru­higen Nacht legt Eul seinem Chef Erich Schultz-Anker morgens einen Brief mit der Namensidee »Helvetia« ins Postfach. Der machte, nach kurzer Rücksprache mit Eul, Helvetica daraus und brachte sie Anfang 1961 auf den Markt … nach Meinung Euls »uner­träg­lich spät«, aber nicht zu spät.


Mit diesem Brief bekam Helvetica 1959 ihren Namen. Das Originaldokument ist im Besitz von Erik Spiekermann (Scan: Erik Spiekermann)

Die Schrift mit dem einpräg­samen Namen tritt in den 60er Jahren einen unver­gleich­li­chen inter­na­tio­nalen Triumphzug an. Das Original und eine Unmenge von Nachahmern werden durch ihr Omnipräsenz in den Augen mancher Kritiker zu einer Art »typo­gra­fi­schen Landplage«. Legionen von Corporate Designs basieren auf der Helvetica als Hausschrift, unter anderem bei Lufthansa, Bayer, Hoechst, Deutsche Bahn, BASF und BMW. Das liegt nicht an der Einfallslosigkeit der Designer, sondern daran, dass die Helvetica auf Grund ihrer Verbreitung immer und überall verfügbar war … in Zeiten des Bleisatzes ein wich­tiges Kriterium.

Titelseite der Helvetica-Einführungsbroschüre von
D. Stempel (Abb: FontShop)

1983 entwirft D. Stempel für den Satzmaschinenhersteller Linotype eine Neue Helvetica. Dabei werden die histo­risch gewach­senen und nicht immer zuein­ander passenden Schnitte harmo­ni­siert. Nur 2 Jahre später über­nimmt Linotype die Stempel AG und beschließt deren Auflösung. In den darauf folgenden Jahren wächst die Neue Helvetica auf 51 Schnitte und setzt die Erfolgsgeschichte der Vorgängerin fort.

Als Linotype gemeinsam mit Apple und Adobe im Jahre 1985 die tech­ni­sche Basis fürs Desktop Publishing (DTP) defi­nieren, spielt die gute alte Helvetica wieder eine Hauptrolle. Vier Schnitte der Familie gehören zu den ersten 11 Einbauschriften im Apple-Laserdrucker und bilden die typo­gra­fi­sche Erstausstattung für das Gestalten am Computer.

Bei aller Kritik sind sich die Schriftexperten einig: Helvetica verkör­perte das Ideal der Sachlichkeit, das damals von der Schweizer Grafik propa­giert wurde. Diese Eigenschaft machte die Schrift ohne Eigenschaften zu einer Ikone des modernen Designs.


Der alte H.-Berthold-Firmeneingang

Benjamin Hickethier schrieb jüngst in einem Fontblog-Kommentar: »Es wäre viel­leicht noch zu ergänzen, dass Berthold, als GGL an der Akzidenz Grotesk arbei­tete, im glei­chen Häuserblock seinen Sitz hatte, in dem jetzt FontShop und FSI resi­dieren: Das Gebäude der Berthold AG liegt an der Gneisenaustraße 2a in Kreuzberg. … Achtung Nerds: Am Gebäude ist immer noch das alte Berthold-Firmenschild ange­bracht! (Nicht in Akzidenz Grotesk)«.

Dem bin ich eben mal nach­ge­gangen und habe diese beiden Fotos geschossen. Welche Schrift ist es denn nun?