Cottbus-Logo, zweiter Versuch
Im Januar 2009 versuchte die Stadt Cottbus, mit einer neuen Bildmarke auf sich aufmerksam zu machen. Schon die Ausschreibung ließ Schlimmes befürchten, doch das Ergebnis übertraf alle Erwartungen. Fontblog berichtete mehrfach:
- Cottbus sucht Wort-/Bildmarke 23. Sep 2008
- Ist Cottbus noch zu helfen? 9. Jan 2009
- Brauchen wir eine Designkammer? 12. Jan 2009
- Das neue Logo für Cottbus ist da 15. Jan 2009
- Zeigt her Eure Cottbus-Logos! 16. Jan 2009
- Das Cottbus-Logo ist vom Tisch 3. Feb 2009
»Der Entwurf scheiterte am Protest von Bürgern und Fachleuten.« schreibt die Lausitzer Rundschau heute abend auf ihrer Webseite. Und: »Jetzt stellt Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) fünf neue Entwürfe zur Debatte.« Diesmal dürfen die Cottbuser mitentscheiden.
»Obwohl wir keinerlei Vorgaben gemacht haben, spielen viele Entwürfe mit dem Motiv der Pyramiden«, zitiert die Tageszeitung Szymanski aus der Präsentation. Neben der Pücklerschen Gartenkunst hätten die Designer das Theater als Wahrzeichen der Stadt hervorgehoben. Ein anderer Entwurf spiele mit der Idee, »die Stadt der Lausitz« als Kern einer vielfältigen Region darzustellen. Alle fünf Bildmarken könnten, so die Zeitung, je nach Nutzungszusammenhang mit Ergänzungen wie »Stadt der Wissenschaft«, »Drehscheibe zwischen Ost und West« oder »Universitätsstadt« genutzt werden.
Details zur geplanten Marketingstrategie, den einzelnen Entwürfen und Variationen wird die Lausitzer Rundschau in den kommenden Tagen auf ihrer Internetseite vorstellen.
(Abbildungen: Lausitzer Rundschau, Montage: Fontblog)
95 Kommentare
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Sebastian
Ich muss immer an Camping-Ausstatter denken, kann mir nicht helfen.
Ben
Autsch… Autsch… Die Funktion „Bilder ausblenden“ sollte man in diesem Blog mal andenken ;)
Serben
Grundgütiger
Narretz
Schlimmer als beim ersten Mal. Das rote oben in der Mitte gefällt mir noch am besten, und kann auch gestalterisch das meiste.
Die Aussage ist ja meistens gar nicht so wichtig, weil ein Logo allein sie gar nicht kommunizieren kann. Warum aber die Stadt die Leute ins Blaue designen lässt und offenbar das Konzept auf dem Logo wachsen soll, ist mir schleierhaft.
Thomas Maier
Wenn ich mir die Alternativen so ansehe, denke ich mir: Cottbus wäre die perfekte Stadt um mal auf eine Bildmarke zu verzichten und eine reine Wortmarke zu werden. :P
sunny
Hm, Cottbus scheint wohl starke Assoziationen zu den 90ern hervorzurufen …
tom
Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass es nur wenige gelungene Arbeiten gibt, die das Erscheinungsbild einer Stadt kommunizieren. Das liegt wohl daran, dass es eigentlich nichts zu verbessern gibt, außer man hat eine wirklich gute Grundidee. Bevor man irgendetwas unausgegorenes und unüberlegtes tut, sollte man besser sein traditionelles, historisches Stadtwappen pflegen.
tom
@Sebastian
Da fehlt nur noch der Wolf, der sich in der Lausitz sehr wohl zu fühlen scheint. Vielleicht als Silhouette vor einem Vollmond und dem Slogan: „Cottbus – das Abenteuer ruft!“ :-)
Rafael
@tom
da geb ich dir Recht! An dem traditionellen Wappen fest zu halten, funktioniert ja z.B. auch bei Fussballvereinen sehr gut. Allerdings ist das von Cottbus (mit nem Krebs drin) auch nicht so der Hammer.
TM
Also wenn dann eines der beiden links oben. Aber am passendsten finde ich das erste links. Das aller schlechteste ist rechts unten in der Ecke. Zweit schlechtestes darüber. Danach das große links unten. Insgesamt zeugt keines von nachvollziehbarer Assoziation zu Cottbus.
Lugosi
Gruslig.
Martin John
ich finde das Logo mit dem überschwemmten Campingplatz am passendsten. Harr.
Manni
Vielleicht sollte man es mal damit versuchen: eine Website, die nach Eingabe eines Namens automatisch verschiedene Logos generiert – schlimmer kann’s ja nimmer kommen; wäre dann wenigstens konsequent: :-)
http://www.logo-de-ville.fr/
CB
Kosten bisher für das neue Logo vom Stadtmarketing:
vierstellig
Schaden durch ausbleibende Investitionen in die Stadt durch das unprofessionelle Prozedere:
sechsstellig
Dauer, bis externe Investoren dem Stadtmarketing wieder etwas zutrauen:
fünf bis acht Jahre
Heinrich
das in der mitte oben wird doch adobe abmahnen.
Jürgen Siebert
Falls sich der ein oder andere gebildete Designlaie hierher verirrt, könnte er zu der Auffassung kommen: Wir streiten um Kaisers Bart oder um den eigenen Bauchnabel. Darum möchte ich versuchen, mal wieder eine Linie in die Diskussion zu bringen. Mit folgenden 3 Thesen und einem Positivbeispiel:
1. Ja, auch die jetzt gefundenen Logos sind dilettantisch, was weniger mit den Entwerferinnen und Entwerfern zu tun haben scheint als mit der Art der Ausschreibung (siehe 2).
2. Wenn ein Auftraggeber (in diesem Fall die Stadt Cottbus) nicht an sein Produkt glaubt/keine Phantasie rund um sein Produkt entfachen kann/beratungsresistent ist bzw. keine Beratung zulässt – dann werden die Ergebnisse eines Marken-Wettbwerbs entsprechend beliebig aussehen.
3. Ja, es gibt einen Bedarf für Stadt- bzw. Standortmarketing und auch positive Beispiele. Es erfordert eine erfahrene Agentur, die diese Beispiele kennt, sie analysiert und daraus die Schlüsse für Cottbus zieht. Solche Agenturen gibt es – auch in Deutschland.
Ein Positivbeispiel ist für mich der Vorschlag von Martin Jordan aus dem Jahr 2008, für Cottbus (Abb. oben). Er schlägt alles, was wir oben sehen um Längen – selbst wenn man das ausgeklügelte Konzept »zerschlagen« würde, was Politiker gerne tun, und ein einzelnes Element auf den Sockel hebt. Mehr dazu auf dieser Seite von Martin Jordan: http://www.martinjordan.de/portfolio2008/work/cottbus.html
tom
@ Rafael
Besser als das krampfhafte Bemühen um eine „originelle“ Bild/Wortmarke, ist ein gutes modernes Redesign des Wappens in Verbindung mit einem frischem Corporate Design.
Dabei bleibt die Identität gewahrt und kreative Lösungen sind auch möglich.
chzi
der vorschlag von martin jordan ist ganz hervorragend.
Jürgen Siebert
Danke an Manni für den Link zum französischen Städte-Logo-Generator. Er liefert zur aktuellen Auswahl vergleichbare Ergebnisse:
Oliver Adam
Sehe ich ganz genauso, und so würde auch ich vorgehen. So lässt sich hervorragend die Brücke schlagen von Vergangenheit (Tradition) zur Moderne. Gerade Wappen sind doch schon an sich gestalterische Alleinstellungsmerkmale von Städten – darauf zu verzichten, finde ich höchst unklug. Als eine klasse Umsetzung empfand ich immer das modernisierte Halle-Saale-Wappen.
Aus diesem Grund muss ich auch Jürgen widersprechen: Ich finde den Ansatz von Jordan an sich auch gut durchdacht – eben nur nicht für eine Stadt …
Martin John
wenn schon, denn schon:
dante
Hallo…
ich bin ein Cottbuser Grafiker, ich habe Erfahrung mit unserem hiesigem Kundenstamm. Umso mehr verwundert es mich was man hier so zum Besten gibt, erstaunlich wie viel hier wirklich Bescheid wissen.
Ich (bzw. unsere Firma) hat sich entschlossen am 1. sowie auch am 2. »Wettbewerb/Ausschreibung« nicht teilzunehmen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Viele Grafiker/Designer denken doch allen Eernstes, dass sie mit Ihrer Wortwahl und Kompetenz alles erreichen können. Sicherlich gilt dies für Kunden, die sich dahingehend schon mal übern Tisch ziehen lassen haben. Wer so spricht darf gerne mal bei mir Probearbeiten. Wenn man die Menschen hier kennt, dann weiß man, das man sich hier schon Mühe geben muss, da geht’s insbesondere um das Zwischenmenschliche, die Qualität unserer Arbeit ist zweitrangig, das muss man wissen!
Der allgemeine Cottbuser (der hier wohl en Detail bekannt ist) braucht viel mehr Unterstützung und Führung. Man hat unsere Landschaft systematisch 70 Jahre lang umgegraben … die Menschen hier mussten Ihre Dörfer räumen, Ihre Bräuche und Traditionen vergessen. Investoren kamen und gingen, wenig blieb – viel wurde genommen.
Diese Stadt in der ich mein Leben lang wohne hat niemals den Weg zu sich selbst gefunden, und dann wird erwartet das in einem Bild auszudrücken, nach diesem Gesichtspunkt war das erste Logo ein voller Erfolg.
Man kann hier nicht einfach ein paar Striche ziehen und unseren Stadtnamen schneiden und sagen das ist Cottbus. Wohlgemerkt sind wir die einzige Stadt Deutschlands mit einem Krebs als Wappentier, auch dazu gab es hier großartige Entwürfe (komisch, dass die niemals online zu sehen waren). Ehrlich gesagt wäre der Krebs auch die einzige Identifikationsfigur zum groben Lausitzer Bürger.
Ich vermisse irgendwie die Beiträge die hilfreich sind bzw. sich mit der Problematik auseinandersetzen, aber war ja schon immer so: »Wer den Schaden hat – braucht für den Spott nicht sorgen«.
Wer Großes leisten will, hat hier die Chance dies zu tun, es wird national so schnell keine vergleichbare Situation geben, schliesslich diskutiert man das Thema ja schon seit längerem.
Grüße aus Cottbus
dante
Wilhelm Opatz
sorry, aber „wer Großes leisten will“ sollte Cottbus meiden
CB
Lieber Dante,
danke für deine Innenansicht. Das, was du im Hinterkopf hast mit der Geschichte von Cottbus und der Mentalität der Bewohner ist ein wesentlicher Teil des Briefings und die wichtigste Voraussetzung für einen gelungenen visuellen Auftritt. Gerade wegen der Geschichte wäre eine Anknüpfung an Traditionen, die älter sind als 70 Jahre, kein schlechter Weg. Leider sahen die bisherigen Briefings anders aus und boten Strukturen an, die abschrecken. Ich denke nicht, dass hier Stadtmarketing an sich zur Diskussion steht, sondern eher ein stümperhafter Umgang mit Designern.
Den Designern dann Arroganz vorzuwerfen, wenn sie sich nicht freiwillig an schlecht vorbereiteten, undurchsichtig bewerteten und dazu auch noch mies budgetierten Projekte ranschmeißen, ist leider etwas zu kurz gedacht (nicht von dir, Dante, sondern im Laufe der ersten Diskussionen). Dass bei einer solchen Arbeitsweise keine Glanzstücke herauskommen, ist für Designer klar, aber nicht für viele andere.
Uwe Borchert
Hallo,
Wenn ich es mir genauer überlege würde dies so ziemlich in jeder anderen Stadt ähnlich ablaufen. So sind zumindestens meine Erfahrungen mit den diversen Stadt-Marketingern. Da dient das Design idR nur als Feigenblatt und Daseinsberechtigung für wirtschaftliche Interessen (Vetterleswirtschaft und Postengeschacher).
MfG
Vroni
Lieber Dante,
habe verstanden, was Sie ausdrücken wollen.
Das Problem dieser Cottbus-Chose ist in meinen Augen das fehlende konzeptuelle Briefing der Verantwortlichen. Da gilt, das was IT-ler und Programmierer so brutal ausdrücken: Garbage In – Garbage Out! (Garbage = Müll). Das tut weh.
Ist die Vorgabe ein Null-Briefing oder Briefing sehr lapidar, einfallslos, dann kommt auch nichts Besonderes dabei raus. Es kommt etwas sehr Einfallsloses, Austauschbares dabei raus. Dass das wirklich so ist, dürfen wir gerade wieder am erneuten Opfer Cottbus-Logo bewundern.
Problem Nummero 2 sind aber tasächlich die Designer, die brav nach Garbage-Vorgaben abliefern. Diese haben, so wie es ausschaut, etwas Wichtiges versäumt zu tun: das engagierte Re-Brief! (Machen viele Grafiker im Westen aber genauso, zu Ihrem schwachen Trost.). Die meisten Einreicher haben dümmliche, sorry, Clipart-Vorlagen mit Cottbus-Unterschrift geliefert, aber doch keine Logos.
Sie suchen nach konstruktiven Vorschlägen? Das ist einer, und war der wichtigste:
A. Wer da ernsthaft als Designer ohne Blamage mitmachen will, muss als Designer auch zwingend ernsthaft qualitätsvollen Konzept-Senf abgeben. Vorher. Nicht schomma am Rechner mit netten Cliparts loslegen. Ich kenne einige Grafiker, die das so grottenfalsch machen, was habe ich mit denen schon gestritten.
B. Den Ausschreiber dieses erstellte Re-Brief, das richtig Gedankenmühe machte, wissen lassen und mit ihm in Dialog treten. Wenn der Ausschreiber diesen Dialog dann nicht will, ist das ein ernsthaftes Zeichen, dass die Chose sowieso schiefgehen wird. Dann nicht mitmachen.
Besser wäre also für (jegliche) Stadtverantwortlichen, in die Ausschreibung zwingend MIT hineinzunehmen: a) Zuvor Erarbeiten des inhaltlichen und Marketing-Konzeptes. Dann b) das Logo-Design als Teil dieses Konzeptes c) Textarbeit: Claim-Fomulierung als Teil dieses Konzeptes.
Dann können auch nur Designbüros teilnehmen, die diese Probleme („Stadt hat nie zu sich gefunden“) aber auch die Möglichkeiten der Stadt zur besseren zukünftigen gemeinsamen Identifizierung wirklich verstehen, ein in sich rundes Stadtmarketing-Konzept erstellen können (die Stadt selber kann es ja anscheinend nicht und sollte dies endlich zugeben) und den Dialog-Prozess des Designs ernst nehmen und dieses alles auch KÖNNEN.
Stellt zwar eine gnadenlose Filterung dar, aber sie wird Cottbus und vielen anderen Städten gut bekommen. Solche Designbüros müssen das in der ersten Ausschreibungsstufe durch ihr Profil, ihre Referenzen und einen Auszug über ihre Arbeitsweise belegen können. Bei so etwas darf eben dann kein Wald-, Feld- und Wiesengrafiker, der schon in seinen Referenzen erwiesenermaßen mit Clipart-Optik und -Gedankengut hantierte, mitmachen. So traurig undemokratisch, aber so richtig. Design ist keine Demokratie-Veranstaltung.
Dann erst gbt es die zweite Ausschreibungsstufe: Design.
Dante, du schreibst weiter:
„Wenn man die Menschen hier kennt, dann weiß man, das man sich hier schon Mühe geben muss, da geht’s insbesondere um das Zwischenmenschliche, die Qualität unserer Arbeit ist zweitrangig, das muss man wissen!“
Nein. Beides ist gleich wichtig: das Zwischenmenschliche wie auch das Fachliche.
Wenn die Qualität jeglicher Arbeiten und Produkte aus Cottbus/Lausitz zweitrangig sein dürfte, wie soll dann diese Gegend von sich reden machen? Sehen Sie, was ich meine? Funktioniert nicht.
Da haben Sie dann wieder das introvertierte Cottbuser Problem, nie zu sich selbst gefunden zu haben. Aber der gemeinsame Stolz auf gemeinsame Spitzenarbeit ist enorm identitätsstiftend! Und trägt nach außen!
Daher sollte Sie Ihre Aussage, Qualität sei weniger wichtig, stark überdenken.
Sie ist genau DER Identitätstreiber.
Und zwar für alle, für Designer, für Stadtverantwortliche, für die Bürger dort.
______________________________
„If I were a tailor I’d make it my pride
The best of all tailors to be
And if I were a tinker, no tinker beside
Should mend an old kettle like me.“
______________________________
mattes
@Wilhelm Opatz
„sorry, aber „wer Großes leisten will“ sollte Cottbus meiden“
solch ignorante und arrogante aussagen machen mich echt traurig… sprachlos!
Florian Pfeffer
Ich bezweifle den Sinn von Stadtmarketing überhaupt – zumindest die Art und Weise, wie das bisher betrieben wurde. Mehr noch: Ich bin dagegen. Ich wäre sogar dagegen, wenn es einen Effekt haben würde (was ich bezweilfle).
Es ist naiv (und auch in gewissem Sinne undemokratisch) zu glauben, dass man die Art und Weise, wie Menschen eine Stadt sehen, mit den klassischen MItteln der Unternehmenskommunikation fassen könnte. Eine Stadt ist kein Unternehmen. Sie hat keine einheitliche Botschaft – sondern viele Botschaften. Bei einer Stadt sind Brüche und Widersprüche in der Kommunikation kein Unfall (wie bei einem Konzern), sondern wichtig und gewollt. Man nennt das Demokratie. Jeder Bürger einer Stadt formt das Bild der Stadt nach aussen mit. Wie soll das zusammen gehen mit einem klassischen Verständnis von Corporate Design, das auf Selbsähnlichkeit abzielt? Da hilft auch kein Wappen und andere Fluchten in eine nostalgische Vergangenheit oder vermeintliche Tradition.
Die einzigen zwei mir bekannten Ansätze, die hier halbwegs Sinn machen sind New York »I ❤ New York« und Amsterdam »I AMsterdam«.
Es gab schon Weltstädte, Kleinode in der Provinz und lebenswerte Unterzentren, bevor jede Stadt meinte einen Slogan haben zu müssen, und damit alles kaputt zu machen (Ich bin in Würzburg aufgewachsen – dem »Weinfass an der Autobahn« … )
Ich habe letzte Woche einen Film gesehen über ein kleines Dorf im Friesischen, wo jedes Jahr ein Rocker-Festival stattfindet. Die Dorfbewohner lieben das Festival und bereiten den »Kutten« einen herzlichen Empfang. Hier werden Rocker noch mit selbstgebackenem Kuchen empfangen und die Dorfbewohner machen ein Blasmusik-Medley mit Speed-Metal-Bands. Dort sollten mal alle Stadtmarketing-Menschen mal hinfahren: Nach Ost-Friesland. Die wissen nämlich wie Stadtmarketing geht.
Jürgen Weltin
@Florian Pfeffer: Die Gemeinden klagen alle immer über zu wenig Geld in der Stadtkasse. Anstatt Corporate Design und Logo Krimskrams besser seine Bewohner mit dem Geld unterstützen. Da fehlt es genug an wirklich wichtigen Stellen: KiTas, Senioren, Verkehrsplanung undundund …
Timo
Das Erscheinungsbild einer Stadt zu ändern, ist sicher eine der komplexesten Aufgaben, weil es kein Unternehmen ist, das seine Philosophie im Businessplan nieder geschrieben hat.
Jeder hat eigene Erfahrungen, Vorstellungen und Interessen. Das muss alles unter einen Hut gebracht werden: Heimeligkeit, finanzielle Interessen, Tourismus, den Stadtoberen muss es gefallen, Politik, …
Meiner Meinung ist es dabei wichtig, die Betroffenen mit ins Boot zu nehmen, aber nicht im Entscheidungsprozess sondern eher informierend. Sozusagen die Kommunikation des Prozesses. Wenn alle das Gefühl haben, dass die Entscheider und Entwickler des neuen Logos richtig hart dafür arbeiten, ist möglicherweise das Ergebnis am Ende nicht so ausschlaggebend. Vor einiger Zeit wurde auf einem Vortrag die Fusion zweier Städte gezeigt. Dort haben sie einfach den Entstehungsprozess nach außen getragen. Skizzen, Entwürfe wurden an Pinwänden an verschiedenen Plätzen aufgestellt. Da bekommt man das Gefühl, dass daran gearbeitet wird und Profis sich Gedanken machen. Dann kann ein Vertrauen wachsen, dass das richtige dabei rauskommen wird. Schön war auch, dass der Ort schöne Müllsäcke gestaltet hat.
Florian Pfeffer
@ Timo: ich glaube, das Erscheinungsbild einer Stadt ändern zu wollen ist nicht komplex – es ist arrogant. Meine Frage ist: Mit welchem Recht macht man das? Unternehmen sind anders verfasst als Städte. Ein Unternehmen ist keine Demokratie. Eine Stadt schon. Wer also hat das Recht die Identität zu definieren? Eine Agentur zusammen mit einer Marketing-Abteilung? Der Bürgermeister? Die Profis? Ändert sich das Logo, wenn eine Regierung abgewählt wird? Man muss in diesem Fall nicht alle Interessen unter einen Hut bringen, weil schon die Idee von dem Hut falsch ist.
Ahmad Humeid
Pretty bad. I am surprised at how outdated and cheap these logos look. But I would be interested to see what non designer Citizen think of such work when asked. That always a dilemma.
dante
Wer hat das Recht Identitäten zu definieren? WOW, ja wer eigentlich! Die freie Presse präsentiert Cottbus in den letzten 5 Jahren wie folgt:
„Besoffene Penner belagern Stadthallenvorplatz“
„Tiefgefrorene Kinderleiche in Tiefkühltruhe entdeckt“ (mehrmals)
„Cottbus ist No-Go-Area für die WM2006“
„Cottbus – Die Stadt mit dem Logo“
Um das Kind beim Namen zu nennen, es waren „Die Zeit“, „Die Welt“ sowie „Der Spiegel“, wieviel Negativwerbung sollen wir noch hinnehmen, den Menschen hier ist es doch viel wichtiger ernst genommen zu werden – besser wäre noch man könnte auf etwas stolz sein. Ich glaube das dieses Ziel erst erreicht werden kann, wenn die alten Seilschaften hier gelöst werden, wenn die Generation die eigentlich noch andere Abläufe gewohnt ist, endlich abdankt. Ich habe die Geduld und auch den Willen diesen Moment abzupassen, dann wird angegriffen… momentan läuft hier zum Teil großartige Pionierarbeit, laßt uns das doch nicht immer im Ansatz einreißen… man kann nur daraus lernen und später gewinnen.
Oliver Adam
@ Florian Pfeffer (31)
Da stimme ich nicht zu. Sicher ist eine Stadt kein Unternehmen. Das Erscheinungsbild macht man ja auch nicht für die Bewohner, sondern für die, die kommen sollen: Touristen, Unternehmen etc. Ich denke, Du vermixt zwei Dinge: die Innen- und die Außensicht. Natürlich ist klar, dass ein Erscheinungsbild eine komplexe Organisation nicht in all seinen Facetten darstellen kann – das schafft ja nicht mal ein CD für Unternehmen. Nach außen soll aber ein bestimmtes Bild vermittelt werden: Paris – Stadt der Liebe; Rom – die Ewige Stadt; New York – die Stadt, die niemals schläft usw.
Das immer gern gebrachte Argument, das Geld solle man lieber für Kitas etc. ausgeben, mag zwar politisch »irgendwie« korrekt sein, ist aber doch nur opportun. Zumindest dann, wenn das Stadtmarketing richtig gemacht wird: nämlich um andere anzulocken (eben Touristen, Unternehmer etc.) und dann höhere Steuern einzunehmen. Und mit denen könnte man dann … Du weißt, worauf ich hinauswill.
Darum meine Empfehlung: Zuerst müssen sich die Verantwortlichen festlegen, wofür Cottbus steht oder in 5, 10, 15 Jahren stehen soll. Dann kann man, wenn es unbedingt sein muss, einen entsprechenden Claim entwickeln lassen, sozusagen als Kondensat dessen, als was man Cottbus sehen soll. Und dann kann man das Logo im letzten Schritt in Auftrag geben …
Zilly
@Florian Pfeffer: Hmm, ich verstehe was Du meinst, aber arrogant finde ich trifft es nicht. Dafür verändert das Stadtmarketing im Normalfall zu wenig am Alltag und der Identität einer Stadt. Derjenige, der über die Gestaltung von Bushaltestellen o.ä. bestimmt würde sich dann auch arrogant verhalten, weil er gravierend in die optische Gestaltung der Stadt eingreift.
Mir persönlich ist es lieber, wenn jemand ein Ziel hat und dann auch den Weg dahin geht. Wenn ein Bürgermeister eine entsprechende Vision hat und für diese Vision auch gewählt wurde, muss er auch (mit-)entscheiden können. Er gestaltet und entwickelt ja schließlich im Idealfall die Zukunft der Stadt. Ob er jetzt in Detailfragen wie einem Logo das letzte Wort haben will oder meint Kompetenz in solchen Dingen zu besitzen, ist eine andere Frage. Der ideale Regierende (egal ob Bürgermeister oder Bundeskanzler) sollte sich dann dann auf seine Experten, Gremien oder Minister verlassen. Egal ob es dann um ein neues Logo, eine neue Brücke oder ein neues Kraftwerk geht. Ok, das war jetzt naiv ; )
Was bei Cottbus zu fehlen scheint, ist doch – neben der gestalterischen Qualität – das Ziel bzw. der Gesamtzusammenhang: ich habe das Gefühl, dass sie meinen sich jetzt präsentieren zu müssen. Sich ohne Gesamtkonzept zu präsentieren bedeutet aber, das man nur präsentiert, dass man kein Konzept hat. Das Gegenbeispiel mit dem Dorf Wacken finde ich da im Übrigen sehr gut und passend!
Daniel
@Florian Pfeffer
Nun ja, Du willst also die visuelle Kommunikation einer Stadt dem Zufall überlassen? Du wirst wohl kaum bezweifeln können, dass eine Stadt Kommunikationsmittel braucht, die wiedererkennbar gestaltet sein sollten und das sollten Leute übernehmen, die etwas davon entstehen.
Das größte Missverständnis der Verantwortlichen in Cottbus ist doch, dass sie denken, mit einem Logo sei alles getan.
Florian Pfeffer
@ Oliver Adam (34): Dass diese Erscheinungsbilder für Tourismus und Standortmarketing gemacht werden, ist mir schon klar. Ich vermixe das auch nicht. Nebenbei: Ein Markenkonzept, in dem es eine große Lücke zwischen Innen- und Aussensicht gibt, ist zum Misserfolg verdammt. Ich sehe in der oberflächlichen Orientierung auf Tourismus vielmehr das Problem: Wir versuchen Räume, die von Spannungen leben glatt zu polieren und politisch korrekt zu machen. Und damit wird das Gegenteil von dem bewirkt, was man will. Für die Stadt, die niemals schläft ist die Subkultur in New York (auch die negativen Seiten davon) von großer Bedeutung; für die „ewige Stadt“ ist die Sturheit der katholischen Kirche und eine tausendjährige Tradition von Imperialismus in Europa von großer Bedeutung; … das ist so gut, dass sich das kein Marketingchef auf der Welt ausdenken kann. Ich vermisse in der ganzen Stadtmarketing-Kiste den Mut, das Eigene tatsächlich zuzulassen. Wer würde noch nach New York gehen wollen, wenn die Stadtmarketeers damit fertig wären …?
HD Schellnack.
Eine Stadt ist kein Unternehmen. Eine Stadt KANN eine Marke haben, kann diese entwickeln, aber dieser Prozess kann nicht von der Stadtverwaltung und braven Marketingleuten angeschoben werden, die zahllosen miserablen Ergebnisse sprechen doch für dich. Leute, die schon Spaßbädern lustige Namen verleihen, sollten keine Identität für komplexe urbane Gebilde mit all ihren Widersprüchen anpacken.
Es ist zudem, und das ist ein Kern des Problems, EINE Sache, für Städte wie Wien, Rom, Paris oder NYC eine Identität aufzubauen, ganz anders aber bei Städten wie Gelsenkirchen oder Nürnberg oder Marsberg. Es ist das falsche Werkzeug, angewendet von naiven Stadtvätern und B-Agenturen, das zu den immer gleichen schönfärberischen, aalglatten und ebendrum vergessenswerten Ergebnissen führt.
Eine Stadt HAT Identität (und der kannst du dann sicher eine kommunikativ multiplizierbare Form geben) oder nicht (und dann kannst du tun, was du willst, aus Nichts wird Nichts). Und Citymarketing-Leute, die in einer deutschen Kleinstadt ihr Geschäft machen, würden in Paris oder New York gar nicht an gleicher Stelle besetzt werden.
Was nicht heißt, dass eine der Aufgaben von Design, Ideen zu projizieren, Träume zu einem erreichbaren Ziel zu formulieren, nicht auch für Städte gehen kann. Natürlich geht das – aber es ist ein Prozess, der langfristig ist und den man sehr integrativ, als Projekt, denken muss. Nicht als Ausschreibung und ein dufte buntes Logo, dass man auf ein paar Umschläge druckt. Es muss eine Idee, ein (Um)Denken her, eine – sorry Herr Schmidt – «Vision» von Stadt, die bitte auch mehr ist als nur «den Tourismus ankurbeln». Eine Firma, die ihr Logo entwickelt, weil sie mehr Produkt verkaufen will, hat auch ein Problem… weil die «Gestalt», die übergeordnete Idee fehlt. Ohne Leitplanken wird so ein Ding dann eben zum Unfall.
Ich fände ja tatsächlich lustig, wenn man es bei Städten machen würde wie bei Theatern. Jeder neue Bürgermeister ist ein Intendant, zieht mit seinem neuen Team ins Rathaus und hat für seine «Saison» eine Botschaft – ergo gibt es wie in Theatern neues Logo, neuen Spruch, neues Denken, neue Bildwelt, neue Typo, neue Broschüren uswpp. Schafft zum einen direkt unmittelbar Arbeitsplätze (was denn, wir bauen aus dem Grund auch sinnlos an Autobahnen herum, oder?), würde Spaß machen, würde die «Idee» einer neuen Stadtregierung (so es sie gibt, haha) gleich visuell verpacken, würde fast erfordern, dass die Politik bei der Entwicklung auch konkrete inhaltliche Ideen anbietet, die in einem Auftritt nun mal zentral sind…….
… aber dafür müsste Politik natürlich erst einmal visuell so frei sein, wie die Kultur es ist. Und dann sähen auch Wahlkämpfe schon ganz anders aus. In Wirklichkeit ist’s ja eher genau umgekehrt, so dass man sich eher wünschen möchte, Wahlkämpfe und Stadtidentitäten würden nur aus weißem Papier bestehen, so dass Form und Inhalt fein zusammenpassen.
Vroni
Die meisten Stadtlogoi haben das Ziel, entweder Tourismus oder Wirtschaft oder Kultur anzusprechen und anziehen zu wollen.
Man kann dabei leider nie alles gleichzeitig mit einem Logo kommunizieren. Das ist Überstrapazierung, Überforderung eines einzigen Mittels von vielen Mitteln und ein großer Irrtum.*
(Segel drauf UND den alten Fürst drauf UND die tollen Menschen drauf.)
Solche Wollmilschschweinschafe, die alles auf einmal abdecken sollen, funktionieren nicht.
Außer man schafft ein Vielfalts-Logo (ein Logo, das abstrakt Vielfalt ankündet), so wie das Ruhr-Logo.
*Ein ebenso großer Irrtum ist aber auch, dass man es deswegen gleich komplett lassen soll. Was ist falsch dran, eben einen Punkt aus den tollen Eigenschaften der Region herauszunehmen und den zu forcieren?
Tja, man muss lernen, sich für einen Schwerpukt zu entscheiden. Geht nicht anders. Das ist Marketing- und Konzeptsache. Und zwar VOR dem großen Design-Ausschreibungs-Gedöns. Sonst kriegt man altmodische Clipart-Wollmilchschafschweine, eierlegende.
Ich weiß, sich zu entscheiden ist schwer: Jede Entscheidung für die eine Sache/Eigenschaft bedeutet den Verlust der anderen Sachen. Alle Eigenschaften jedoch gleichzeitig haben und darstellen zu wollen, bedeutet in der kommunikativen Darstellung unsichtbar zu werden. Das ist das Dilemma der intellektuell etwas einfältigen, sorry (aber oft bauernschlauen), nochmals sorry, Stadtmarketingtrupps, die zudem mit Design noch politische Gefälligkeiten abdecken wollen. Mission Impossible!
Jeder Designer muss selber wissen, ob er sich solches Stadtmarketing antut.
Eine Diskussion darüber ist aber wichtig, vielleicht ist ja der eine andere im Stadtmarketing jedweder Stadt lernfähig und in der Lage, für seine Stadt einen Auftritt voranzutreiben, der mehr ist als nur peinlich. Das mit der Darstellung des Prozesses gefällt mir da übrigens recht gut. Das kann ein guter Weg sein.
Eine kleine Hoffnung haben darf man ja, die stirbt bekanntlich zuallerletzt.
Oliver Adam
@ Vroni (39)
Klasse, hier stimme ich komplett zu! Wenn gutes Kommunikationsdesign letztlich Reduktion ist, so ist dies bei Städten in der Kommunikation nach außen genauso: Entscheide Dich für ein Thema, für das die Stadt stehen soll, und penetriere es. Es geht auch überhaupt nicht darum, »komplexe urbane Gebilde mit all ihren Widersprüchen anzupacken« – pure Innensicht. Es geht darum, EIN einziges Wort in die Köpfe der Leute zu brennen ( Rom = Ewigkeit, Paris = Liebe etc.). Und das dauert Jahre. Darum: Thema wählen -> Reduktion, Reduktion, Reduktion -> einfach bleiben.
Unter diesem Aspekt stimmt zwar, dass eine Stadt kein Unternehmen ist. Aber auch, dass die Prinzipien der Kommunikation gleich sind. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Cottbus eine Riesenchance hätte. Denn bisher steht die Stadt für: was eigentlich? Jetzt könnten es die Verantwortlichen bestimmen. Die entsprechenden Marketingtools sind doch alle vorhanden, mit denen man das erarbeitet: Sematisches Differenzial, SWOT und viele mehr …
HD Schellnack.
>dass die Prinzipien der Kommunikation gleich sind
Nur, dass Sie es nicht sind.
Ein Unternehmen hat eine überschaubarere Zahl von Mitarbeitern (Foxconn mal ausgenommen) und in aller Regel eine zumindest grob erfassbare Zielgruppe
Eine Stadt ist ein wimmelndes Gebilde unterschiedlichster Menschen, die sich kaum auf einen kleinen gemeinsamen Nenner bringen lassen.
Ein Unternehmen verkauft tatsächlich etwas, Produkt oder Dienstleistung, und die Gewinnmaximierung ist der primäre Existenzgrund des Unternehmens.
Städte möchten manchmal gern so denken, aber die Übertragung neoliberalen Denkens auf urbane Gebilde ist selbst bei Städten, die sich hierfür ansatzweise anbieten, schon gefährlich – bei Städten, die keine große Markenkraft haben nahezu selbstmörderisch. Städte verkaufen nichts, sie sind ein Lebensort. Hier wachsen Kinder auf und sterben Kranke, hier muss Müll entsorgt werden und Ampeln gewartet, hier müssen Arbeitsplätze erhalten werden und Hausbauregeln aufgestellt sein. In nahezu keiner Hinsicht operiert eine Stadt wie ein Unternehmen, auch wenn die City-Controller dies manchmal anders aussehen lassen. In Städten entscheiden nicht halbwegs professionelle Manager in halbwegs klaren Teamstrukturen, die bei ausbleibendem Erfolg in aller Regel schnell arbeitslos sind, sondern Politiker mit Metainteressen der politischen Ökonomie (Wiederwahl, Lobby, Zeit nach der Politik…), deren Qualifikation oft aus einem Beruf, der wenig mit Politik zu tun hat (Lehrer, Jurist, Beamter) und jeder Menge Zeit in den Schleifanlagen der jeweiligen Partei besteht. Das sind gravierende Unterschiede. Es gibt TOLLE Leute in der Politik, und es gibt TOLLE Manager – aber die Leute ticken unglaublich verschieden, selbst wenn sie ähnliche Anzüge/Kostüme tragen.
Und Tourismus ist für eine Identität ein zu schwaches Motiv, eine zu schwache Schiene. Da brauchste Anzeigen, kein «CD.» Es ist einfach komplett falscher Ansatz, sich billig ein Logo einzukaufen, um den Tourismus anzuschieben. identität kann man sich nicht billig machen lassen, die muss wachsen.
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>Denn bisher steht die Stadt für: was eigentlich?
Das Ding ist: Wofür stehen Städte denn? Städte sind Aggregate zusammenlebender Menschen mit etwas Verwaltung drumherumgewickelt. Sie stehen nicht für etwas, sie SIND. Jede Stadt möchte wohl gerne glauben, irgendwas besonderes zu haben («Damals, 1815, als Großherzog von Müller die Oper gründete… wir sind Kulturstadt…»), aber das ist doch Kokolores.
Städte unterscheiden sich durch ihre Einwohner, ihre kulturellen und sozialen Möglichkeiten usw. Es gibt herausragende Großstädte, denen man – for better or worse – klare Eigenschaften grob vereinfachend zusprechen kann. In Deutschland sind das vielleicht zwei, drei Städte, global eine Handvoll. Und selbst da wird schwierig, NYC und London superklar abzugrenzen… oder Wien und Prag. Paris ist Liebe, sagst du – für mich ist Paris was ganz anderes.
Aber «normale» Städte, egal ob nun Cottbuss oder Essen, Düsseldorf oder Bremen, die mit viel Suchen sicher iiiiiiirgendeinen Aufhänger finden, der aber total wurst ist, weil’s ihm am inneren Format fehlt … die sollten keine Identität herbeizwingen und auf New York machen wollen. Das ist in etwa so, als würde sich Tante Kawuttke in ein zu enges Dior-Kleid pressen.
Am Ende sind solche Identitäten – ganz unabhängig von der Frage nach der rein grafischen «Gelungenheit» – dann meist deshalb schlecht, kurzlebig und peinlich, weil ihnen die Ehrlichkeit fehlt. Die Aufgabe von Design ist nicht, etwas herbeizuflunkern, wo nichts ist. Design muss innere, echte, authentische Werte hervortreten lassen. Sind die da, haben wir ein leichtes Spiel – sind die nicht da, ist ein Logo nun echt das letzte, was man als Stadt braucht. Erst die Substanz, dann die Oberfläche. Alles andere ist Styling, und das ist meist so peinlich wie ein (zudem stümperhaft) verspoilerter 75-PS-Golf, der auf Porsche macht :-D.
Jürgen Siebert
Sie sind gleich, aber Du willst es nicht sehen oder akzeptieren, HD. Viele Unternehmen haben mehr Mitarbeiter als Cottbus Einwohner hat, und wenn sie international operieren, kommen diverse Kulturen hinzu … trotzdem schaffen es Großunternehmen, mit starker Stimme unverwechselbar aufzutreten.
Auch Städte haben – wie Unternehmen – etwas zu verkaufen (zum Beispiel um Steuereinnahmen zu generieren), und genau aus diesem Grund suchen sie einen Markenauftritt.
Wenn sie politisch gut geführt wird, kann eine Stadt wie ein Unternehmen funktionieren. Leider gibt es nur wenige positive Beispiele. Unsere Politik orientiert sich nicht an Erfolgen, sondern an Proporz, Machterhalt und Parteidenke – wie man an der Bundespräsidentenwahl wieder mal sehen kann: Es geht nicht darum, den besten zu finden und zu wählen, sondern ein Machtverhältnis zu erhalten.
Empfinde ich als eine herablassende Sichtweise. So wie jeder Mensch irgendetwas gut kann, was er fördern sollte, hat auch eine Stadt irgendetwas, was sie auszeichnet und zu dem gemacht hat, was sie ist. Auch Cottbus, da bin ich dermaßen sicher, ohne mit seine Geschichte tief vertraut zu sein.
Florian Pfeffer
Ist das denn wirklich wünschenswert? Ich will nicht in einem Gemeinwesen leben, das wie ein Unternehmen geführt wird.
Das sage ich als überzeugter Unternehmer. Ich würde auch ungerne ein Unternehmen leiten, das geführt ist, wie eine Stadt.
Die Gleichsetzung von „politisch (!) gut geführt“ und „wie ein Unternehmen“ ist in meinen Augen unzulässig. Unternehmen haben (zu Recht) ein ganz einfaches Ziel: Gewinn machen. Für eine Stadt gilt das nicht. „Solidarität“ beispielsweise ist für ein Gemeinwesen ein essentieller Wert, der dem fiskalischen Aspekt diametral gegenüber stehen kann – ohne den die Stadt aber auseinanderfallen würde. Mitarbeiter kann man entlassen – Bürger nicht. Diese Unterschiede und der Unterschied in der Verfasstheit von Städten und Unternehmen haben natürlich Folgen für die Führung …
Aussderdem: Das Attribut „wie ein Unternehmen funktionieren“ gleichzusetzen wäre mit „Erfolg“ und „Effizienz“ ist ein Mythos. Ich arbeiten nun seit 13 Jahren für Unternehmen in Europa und im Mittleren Osten; für Konzerne und Familienunternehmen … dass dort nicht nach Machterhalt, Proporz und Vetternwirtschaft Entscheidungen fallen würden, stimmt natürlich nicht. Da könnte ich so einiges berichten …
P.S: Das hier ist seit langem eine der interessantesten Diskussionen auf Fontblog … Danke, Cottbus.
Jürgen Siebert
Bürgen können die Stadt wechseln oder in den Speckgürtel ziehen … zum Beispiel weil die Mieten zu hoch sind oder die Bildungspolitik nicht zusagt. Das ist in meinen Augen durchaus vergleichbar mit einem Unternehmen, dem (gute, engagierte) Mitarbeiter weglaufen. Ich glaube auch in einem Unternehmen zu arbeiten, in dem Solidarität einen ähnlich hohen Stellenwert hat … vielleicht sogar einen höheren … als in manchem Gemeinwesen. Wie auch immer: Ich sehe mehr Parallelität zwischen Unternehmen und Gemeinwesen als manch anderer Kommentator, aber natürlich auch die Unterschiede. Wahrscheinlich eine Glas-halb-voll/halb-leer-Situation.
HD Schellnack.
>Du willst es nicht sehen oder akzeptieren
Ich hoffe, du meinst das nicht so – denn wenn ich es nicht sehen will, bin ich in Deinen Augen anscheinend ein Ignorant, will ich es nicht akzeptieren, ein Fanatiker – beides fände ich schade.
Tatsächlich habe ich schlicht und ergreifend eine Meinung – eine nicht mal sonderlich feste, also nennen wir es lieber eine These, eine Ansicht. Ich nehme an einem Diskurs wie diesem Teil, um im Austausch mit anderen Menschen zu sehen, ob diese These steht oder ob jemand sie plausibel aushebeln kann. Anders als von dir angenommen, würde ich also gern «sehen». Ansonsten würde ich gerade bei einer volatilen und in letzter Zeit von echten Querschüssen geplagten Plattform wie dieser meine Zeit nicht vergeuden.
Wenn du die Meinung hast, eine Stadt sei gleichzusetzen mit einem Unternehmen, also einer profitorientierten Einrichtung mit Angestellten und Kunden, dann akzeptiere ich diese Meinung – und sehe sie weder als ignorant noch als fanatisch an -, auch wenn sie mit meiner nicht kongruent geht. Und freue mich auf Argumente, die meine eigene Ansicht unterminieren, hinterfragen, mich zwingen, meine Thesen neu aufzustellen, dazuzulernen, entweder indem ich für meine Meinung bessere Gründe finde – oder eine neue Meinung annehme. Was oft genug passiert, nebenbei – ich hab zum Thema Abtreibung sicher 2 oder 3x meine Meinung gravierend geändert und hab inzwischen eigentlich keine mehr :-D.
Wenn es dir lieber wäre, wenn ich hier nicht störe, wäre ich für eine kleine Mail diesbezüglich dankbar und halte dann mein Maul, keine große Sache. Ich will beileibe nicht nerven.
Ich kann gut verstehen, dass du als unternehmerisch aktiver und politisch wacher Mensch wünschst, dass Städte wie Unternehmen geführt sind. Aber Städte haben einen ganz anderen Existenzgrund, eine andere Genese, andere Geschichte – und ich bin zumindest der Meinung, dass es auch einfach falsch ist, obwohl ich nun beileibe kein Antikapitalist bin, an alles und jedes den Maßstab des «Business», der Effizenz, der Leistung und des Wachstums zu hängen. Zum einen, weil Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Sozialverbunde wie Städte eben nicht nach diesen Maximen operieren (sollten), zum anderen, weil in dieser Sicht immer eine hohe Chance, zu scheitern und zu frustrieren, innewohnt. Eine Stadt wie Duisburg schrumpft. Nimmt man ein Unternehmen als Maßstab, ist dies ein Mißerfolg, denn Wachstum is everything. Nimmt man aber – ganz beliebig gegriffen – eine Metapher des Organismus als Vergleich (und man braucht keinen Vergleich, eine Stadt ist einfach eine Stadt), dann kann das ganz anders aussehen – schrumpfen kann auch gut sein. Und so weiter. Warum muss alles «ein Unternehmen» sein? Warum darf eine Stadt nicht eine Stadt sein? Eine gute Strategie, eine gute Kommunikation, Ziele und so weiter kann sie trotzdem brauchen – aber sie ist in all diesen Dingen eben nicht eine Aktiengesellschaft, ebensowenig wie sie ein Hasenzüchterverein ist. Und das ist auch ganz cool so, finde ich. Die andere Denke führt zu Schwachsinn wie der Elbphilharmonie (die ich an sich gut finde, aber nicht den dahintersteckenden Konkurrenzkampfgedanken zu anderen Städten… Kultur ist kein Krieg).
>Empfinde ich als eine herablassende Sichtweise
Und die zweite Breitseite, die ich aber gerne entkräften möchte: Es ist keineswegs herablassend gemeint. Aber nun ist nicht jede Stadt New York oder Berlin oder Shanghai. Und gott sei dank! Es gibt einfach Städte, die SIND nur. Da leben und arbeiten die Leute, gehen mal ins Kino, hängen auf ihren Balkonen. Und irgendwie ist in diesen Städten nichts «besonderes». Die sind einfach nur. Die wettbewerben vielleicht auch gar nicht (oder sollten es nicht), die sind einfach völlig normal durchschnittlich.
Ich halte es für einen unglaublichen Irrglauben, dass jeder und alles «besonders» sein müssen – irgendwie hat das irgendwo was mit unserer Casting-Gesellschaft zu tun, denke ich manchmal –, dieses universelle Glücksversprechen, nach dem jeder studieren darf, jeder ein Top-Abi haben sollte, jeder einen Job kriegt. Hey, Reichtum für alle.
Nur ist dem ja gar nicht so. Auch wenn mediale Aufsteigergeschichten es gerne verbrämen, es gibt in unserer Gesellschaft auch (und gottseidank) ganz durchschnittliche Menschen. Die moderieren nix im TV, die singen keinen Grand Prix, die haben keinen Nobelpreis, die gehen nur morgens zur Arbeit, ziehen ihre Kinder groß und leben etwas unsichtbar (aber hoffentlich durchaus glücklich) vor sich hin. Das muss auch so sein – die Vorstellung, dass jeder und alles «besonders» ist, würde unweigerlich bedeuten, dass NIEMAND besonders ist, weil ja alle gleich besonders sind. Hamburg wäre dann genauso «besonders» wie Gelsenkirchen oder Mainz. Dem ist aber nicht so. Es gibt durchschnittliche Menschen, es gibt durchschnittliche Städte. Die müssen deswegen so gar nicht schlechter sein, sie sind nur anders. Und wenn man sucht, findet man IMMER etwas besonderes, sicher – aber die Ergebnisse sind meist etwas bedrückend, weil sie herbeigezerrt, erzwungen sind. Und unnötig. Eine gute Stadt muss lebenswert sein, nicht besonders. Sie muss eine gute Stadtplanung, einen guten Mix, Kultur, Diversifikation, ein gewisses Maß an Gentrifizierung, ein gewisses Maß an Unberechenbarkeit, Infratstruktur und und und haben… aber sie muss eigentlich gar nicht «besonders» sein.
Das ist insofern keineswegs herablassend gemeint, sondern BESCHEIDEN. Wir Designer denken immer, wir müssen uns um alles kümmern und gleich die ganze Welt retten. Durch ein Logo und einen Claim. Was, muß man doch mal sagen, etwas bizarr ist. Sicher, eine gute Kommunikation kann unendlich viel bewirken und ich bin der erste, der an die unternehmensberaterische aber auch kulturelle Kraft von Design glaubt. Aber Design ist nicht dazu da, die Welt rosa anzupinseln und alles ist prima. Das ist nicht unsere Aufgabe. Zu denken, dass Designer eine Stadt «besonders» machen können – mit einer Kampagne, einem Logo, whatever, ist mir etwas zu hoch gegriffen. Mit viel Zeit, mit tollen Partnern, mit vielen Fronten, vielleicht (und ich mag ja zB Savilles Design für Manchester, grandios!), aber eine Stadt ist zu fraktal, zu komplex, zu holographisch in so mannigfaltiger Weise, die ein Unternehmen nicht ansatzweise erreicht, dass es vermessen wäre, auch nur zu denken, dass man hier so durchgestalten kann wie etwa bei Nike oder Apple. Und wozu auch?
Und natürlich klappt das manchmal trotzdem – ich finde, NYC hat für mich einen klaren Designstil, wenn ich an die Stadt denke (Vignelli halt), London ansatzweise auch. Aber das lässt sich nicht endlos multiplizieren, und das zu wollen hat auch einen designfaschistoiden Beigeschmack.
Denn manchmal ist es ja auch toll, wenn eine Stadt so ein richtig häßliches Logo hat – sonst würden wir die schönen Sachen doch gar nicht mehr zu schätzen wissen.
Peace!
Jürgen Siebert
Also den ›Ignorant‹ habe ich überhört, aber den ›Fanatiker‹ … den unterschreibe ich sofort ;-) (siehe Kommentarlänge). Und ich empfinde das nicht als negativ, sondern als Deine Stärke …
Gleichwohl bin ich nicht in der Lage zu antworten, was ich nicht öffentlich begründen möchte.
Peace – ist doch selbstverständlich!
Immer noch die gleiche Vroni
Es geht doch nur darum, ein kleines Zeichen zu setzen für Sympathie.
Es geht doch nicht um peinliches Reklamegebrüll eingebildeteter Großartigkeit oder pseudo Premium-Lifestyle-Gedöns, in dem sich der einfache Bürger nicht wiederfindet, sondern qualvoll windet.
Fangen wir doch beim Text an.
Wie wäre es mit dem Stilmittel der sympathischen Untertreibung.
Fürs ewig unterdrückte und fremdgesteuerte Cottbus:
„Rummel ist überschätzt“
„Wenigstens keine Haie“
Anstatt des ewig überschätzten Designs und seiner edlen Pseudo-Großartigkeit:
____________________Ein Stab für die Dichter:
„Du hast gelogen!“ – „Ja ja, ich habe gelogen. Ich bin Dichter. Ich gebe der Wahrheit Spielraum.“ („Ritter aus Leidenschaft“)
Martin Jordan
Wie ähnlich oder unähnlich die Kommunikationprinzipien von Städten und Unternehmen auch sein mögen: beide sprechen eine heterogene Menge von Stakeholdern an — seien es Bürger, Touristen, Beamte oder eben Kunden, Zulieferer und Großhändler — durch eine heterogene Gruppe von Absendern. Obwohl weder Medien noch Inhalte sich gleichen können, sollen oder dürfen — der Baudezernat spricht mit dem beauftragten Architekten auf andere Art sowie über andere Dinge als die Politesse mit dem regelbrüchigen Radfahrer — ist im Idealfall jedes Kommunikationsartefakt einander selbstähnlich. Eine kommunikative Einzigartigkeit könnte man dies nennen — oder wie Armin Reins sagen würde: Corporate Language.
In einem letztjährigen Projekt fragten wir uns wie eine Stadt eine eigene Identität ausleben statt aufkleben kann. Im Fall der sächsischen Stadt Wurzen, 17.000 Einwohner und nord-östlich von Leipzig gelegen, konnten wir die Antwort mit Hilfe ihres berühmtesten Stadtkindes, dem Dichter Joachim Ringelnatz, geben. Sowohl in touristischer Kommunikation außerhalb der Stadt als auch an diversen Punkten in der Stadt sollte Ringelnatz seinen lyrischen Schabernack treiben — und Wurzen dadurch eine originelle wie originale Identität erhalten. Die schelmisch-kauzige Lyrik möge einem in Zeitungsannouncen und wohl platzierter Online-Werbung ebenso begegnen wie auf Heckscheiben Wurzener Autos, Streichholzschachteln in örtlichen Cafés oder erzählerischen Pflastersteinen auf dem Marktplatz, so das Konzept. Eine Fortführung dieser Linie in der Kommunikation mit den Bürgern auf dem Standesamt oder in der Schule hielten wir denk- und realisierbar.
Leider blieb es eine Studie, die hier einsehbar ist, doch sich vermutlich nicht unendlich skalieren ließe:
http://www.martinjordan.de/wurzen/
Stephan
Zur Identität einer undefinierten Stadt:
Als gebürtiger Cottbuser und nunmehr seit einigen Jahren in Niedersachsen lebender kann ich mit etwas Abstand zu meiner Heimatstadt sagen, dass es mir schwer fällt Cottbus ein Gesicht zu geben oder eine Identität. Cottbus ist stark vom Tagebau als Wohnstätte der Arbeiter und Ingenieure geprägt worden. Um den historischen Stadtkern, welcher durch Fehler der 70er Jahre Architektur als solcher nicht besonders erkennbar erhalten ist, stehen Plattenbausiedlungen ohne Charme und ohne nennenswerte Kultur. Es sind Schlafstätten mit den Annehmlichkeiten der 80er Jahre gewesen.
Man gräbt und sucht seit Jahren nach prominenten Aufhängern wie dem Fürsten Pückler oder den wirklich schönen Wasserpyramiden, welche selbst Einheimischen oft unbekannt sind. Das ist angesichts der Gesichtslosigkeit meiner Heimat der Griff nach dem Stohhalm, angetrieben von dem Wunsch sich für Touristen attraktiv zu machen. Klappt aber nicht, weil Cottbus nicht das ist was es gerne sein möchte. Die sorbische Kultur, welche Identität stiftend wirken könnte, wurde auf totes Brauchtum reduziert und mit der Nähe zum Spreewald hat die Stadt einfach nur Glück gehabt. Mit knapp 100.000 Einwohnern mag Cottbus ein Zentrum darstellen in der Lausitz aber das ist ein Glas Wasser in der Wüste auch.
Cottbus ist vielmehr ein Zentrum für Naturwissenschaften mit seiner BTU und FH, es ist eine Drehscheibe im Handel mit Polen, Dresden, Leipzig, Berlin, Frankfurt Main. Die stadt trägt großen Anteil an der bundesdeutschen Energieerzeugung. Cottbus kann Ausgangspunkt für Spreewald-Touristen sein, aber da haben Burg oder Lübbenau bessere Karten. Mir ist auch keine überregional bedeutende Attraktion oder Kunst- und Musikszene bekannt.
Wenn ich also so zurück denke gibt es kaum ein besonderes Merkmal außer dem seltenen Wappentier Krebs und dennoch kann ich mich mit Cottbus voller Heimatliebe identifizieren. Für eine Identität als Marke ist die Stadt zu sehr Patchwork.
Für mich sind die Logoansätze auch alle nicht tragbar. Und das nicht nur aus gestalterischer Sicht. Konzeptionell sind sie alle noch vom letzten Wettbewerb durchdrungen. Daran zu erkennen, dass der überwiegende Teil wieder die für die Stadt unbedeutenden Pyramiden verwendet.
Vielleicht wäre eine reine Wortmarke wirklich besser.
„COTTBUS – Stadt ohne Logo“ :-D
tom
@ martin jordan
Schöne Idee mit der Stadt Wurzen. Jedoch lässt sich eine Stadt auch nicht auf ihren größten Dichter reduzieren. Das wäre etwas zu wenig. Aber als erweitertes Kommunikationskonzept, in ein größeres Ganzes eingebunden, ist es eine schöne Idee die gut funktionieren und viele tolle Möglichkeiten bieten würde.
katinka*
@ Jürgen
Du solltest ein Buch aus den Beiträgen und Kommentaren machen. Titel: „Cottbus – wie ein Logo die Gemüter bewegt“ oder „Cottbus – Ein Signet spaltet die Designgemeinde“
@Stephan
„Cottbus – Stadt ohne Logo“ fänd ich auch super
tom
“Cottbus – Wir sparen sogar am Logo”
Würde voll im Trend liegen. Und dann in Courier gesetzt.
Oliver Adam
@ Stephan (49)
Danke für Deine Hintergrundinfos. Besonders den drittletzten Absatz finde ich äußerst hilfreich, denn da steckt doch alles für die Positionierung drin! Ich nehme das mal als Briefing. Dann ist doch die Sache klar: Wenn Paris = Liebe und Rom = Ewigkeit (warum nicht von der Großen lernen?!), dann ist Cottbus = Energie. Das also ist mein Claim, der zusammenfasst, wofür Cottbus steht:
COTTBUS – voller Energie
Dieses Thema im Sinne der Positionierung lässt sich wunderbar ausfalten:
– voller Energie im Sinne echter Energieerzeugung
– voller Energie im Sinne von Tatenkraft und Bildung, siehe Unis
– voller Energie im Sinne eines florierenden Handels (Tor zum Osten)
– voller Energie im Sinne von neuen und alten Unternehmen
– voller Energie im Sinne von Innovationen
– voller Energie im Sinne von Dynamik
– voller Energie im Sinne von Sport (Energie Cottbus)
– voller Energie im Sinne von Nachtleben (vielleicht später mal?)
– voller Energie als Versprechen für Touristen
– etc. pp.
Ich bin sicher, die Mehrheit der Cottbusser würden diesen Claim mögen. Zudem lässt er viele kreative Spielmöglichkeiten zu, so dass auch eine gewisse Komplexität, die manche Kommentatoren einfordern, abgedeckt werden kann.
Dann würde ich eine »lebende Logosystematik« im Gegensatz zu einem starren Logo-Bildchen entwickeln. Und das Ergebnis würde sicher alles Bisherige toppen.
Stephan
@ Jürgen: warum eigentlich wieder Cottbus? Haben andere Städte in den letzten Jahren keine Marketing-Logos hervorgebracht? Vermutlich nicht so dilettantisch. Vielleicht auch mal als Positivbeispiel.
Stephan
@ Oliver Adam: da gebe ich dir Recht, dass dein Ansatz vermutlich bei den meisten Cottbussern auf Zustimmung treffen würde. Der berufliche und gesellschaftliche Hintergrund der meisten Einwohner ist der Energiesektor.
Jürgen Siebert
Weil die Diskussion hier vor anderthalb Jahren mit großem Engagement begann und nun in die zweite Runde geht. Da kann ich doch nicht einfach zusehen … so gesehen wird auch Fontblog von Cottbus angetrieben. Es engagieren sich auch wieder die gleichen Fontblog-Leser in Kommentaren.
Andere Städte haben auch Marketing betrieben, Fontblog hat oft darüber berichtet und dies mit seinen Lesern diskutiert. Eine (unvollständige) Auswahl:
Städtemarketing in der Sackgasse?
Be Berlin (mehrfach)
Ruhrstadt
Halle-Saale
Belfast
Ruhr hoch n
New York City
30 Jahre »I ♥ NY«
Oberes Mittelrheintal
Dessau
Klagenfurt (Österreich)
Gera
London
Den Haag
Chicago
Stephan
@ Jürgen: danke für die Liste der Beiträge. Interessant, das alles so gebündelt noch mal nachzulesen :-)
Immer noch die gleiche Vroni
Ah, wir texten jetzt alle :-)
Finde ich prima.
Möchte jedoch, ohne einem Cottbusser zu sehr auf die Füße zu treten, vermerken, dass das Ding mit der ENERGIE ein aufgesetztes Ding zu sein scheint (kommt nur vom Namen des Fussballclubs und von der dortigen Art der Industrie her).
Der Cottbusser an sich ist vermutlich ruhiger, nachhaltiger und hat es vermutlich eher nicht so mit dem energischen Rumgewirbel. Wie Frankfurt oder das hektische Berlin. Seine Bedindlichkeit scheint mir woanders zu liegen.
Grüße und fröhliches Weiterdichten
Oliver Adam
Um den »Cottbusser an sich« gehts auch nicht (Innensicht). Für den braucht es kein Stadtmarketing. Marketing ist ein Hilfsmittel für den Verkauf. Ergo richtet sich das Stadtmarketing an »alle da draußen«. Wenn mir zudem noch ein Cottbusser sagt:
dann scheint das Energie-Dynamik-Thema sogar beim »Cottbusser an sich« konsensfähig zu sein.
Für alle da draußen gilt aber auch:
Da ist schon viel. Gerade deswegen ist ja das Thema Energie gerade nicht aufgesetzt:
– Der Unternehmer will nicht in die Ödnis. Er will in eine Stadt voller Energie.
– Der Student will nicht in eine verschnarchte Uni. Er will in eine voller Energie.
– Der Tourist will was erleben. Er will in eine Stadt voller Energie.
– Der Bürger wohnt: in einer Stadt voller Energie (Das ist nicht aufgesetzt, denn: »Der berufliche und gesellschaftliche Hintergrund der meisten Einwohner ist der Energiesektor.«)
Also: passt!
Zilly
Eine Stadt Cottbus darf durchaus auch nur „Stadt Cottbus“ heißen. Zum Thema „Energie“: da geht es mir wie Vroni, da fehlt mir auch der Hintergrund, vor allem weil Du nur von einem Claim und einem Logo schreibst. Das klingt dann sehr nach reiner Fassade und ist der der Grund, wieso hier so lange diskutiert wird. Statt Energie könnte da auch „Fantasie“, „Spaß“ oder „Emotion“ stehen. Liefert die Stadt Energie: ja, aber nur in Sachen Strom und Elektrizität, eher nicht im Sinne von Lebensfreude und Erlebnis. Im Moment sieht es da noch nicht so gut auf der Ist/Soll-Achse aus.
Es ist wichtiger, erst die Grundlagen zu schaffen, damit die Stadt auch in allen Belangen diesen Claim erfüllen kann/ könnte. Dann darf man sich’s auch auf die Fahnen schreiben und verbreiten. Wenn man es umgekehrt durchführt, entäuscht man doch nur drei Deiner vier Zielgruppen.
Immer noch die gleiche Vroni
@Oliver Adam
Mit allem einverstanden.
Sorry dennoch:
Eine Corporate Identity kümmert sich sehr wohl auch um die Wirkung nach Innen.
Nicht nur um die nach außen.
kristin
Ich verfolge die Cottbus-Logo-Debatte schon seit dem letzten Jahr und habe mich über vieles geärgert, aber auch gelacht. Um mit zu reden fehlte mir bisher der Mut. Jetzt muss ich es einfach los werden. Ich glaube, beim Wettbewerb sind sogar viele gute Logoentwürfe eingegangen, nur, dass diese niemand zu Gesicht bekommt, weil sie aussortiert worden sind. Dilettantismus und Geschmacksverwirrung im Rathaus scheinen der Grund dafür. Anders kann ich mir nicht erklären, wieso mein Logo nicht mal in die engere Wahl gekommen ist. Ja, es stimmt, ich habe beim Wettbewerb mitgemacht. Naiv wie ich war, dachte ich mit einem soliden, grafischen Entwurf einen konstruktiven Beitrag zu leisten können. Leider bin ich eines besseren belehrt worden – Cottbus kann man nicht helfen.
Ich beschäftige mich jetzt wieder sinnvolleren Dingen…
………Unkraut zupfen.
Oliver Adam
Auf beide Kommentare habe ich nur gelauert:
oder anders:
und:
Ich stimme dem voll zu. Und jetzt kommts: Wenn man andockt an das, was man hat (Energie), dann bestimmt dieses Thema sozusagen als »Entscheidungs- und Ideenkorridor« alle politischen Entscheidungen der Stadt. Die Entscheider müssen sich fragen: Was fehlt, um den Touristen eine »Stadt voller Energie« anzubieten. Ist das Projekt X kompatibel mit dem Positionierungsmerkmal »voller Energie«? Was könnte das für unsere Stadt heißen? Welche Barrieren müssen beseitigt werden, um Studenten eine Stadt/Uni voller Energie anzubieten? Insofern wirkt das Thema Energie auch nach innen, damit die damit – auch zukünftigen – kompatiblen Projekte der Stadt den Claim »voller Energie« auch beweisen.
Nach innen könnte auch heißen, dass Hemmnisse aller Art für die Bürger beseitigt oder vereinfacht werden. Die Abläufe der Behörden könnten zum Beispiel zu einem Muster in Deutschland werden: »Wir haben die Warteschlagen beim Bürgeramt nicht verkleinert. Sondern beseitigt. Cottbus – voller Energie«. Oder: »Unsere Behördenbriefe versteht nicht nur der Akademiker. Sondern jedes Kind. Cottbus – voller Energie«. Und plötzlich kommen ARD, ZDF, n-tv usw …
Ihr seht, die Konzentration auf ein Thema, konsequent durchdekliniert und angewandt nach außen und nach innen wirkt äußerst kraftvoll und aktivierend.
Immer noch die gleiche Vroni
@ Oliver Adam
So argumentiere ich auch Auftraggebern gegenüber immer. Hach. :-)
Jetzt kommts:
Aber grade DIESES neoliberale Gedöns, dieses energiereiche Work-Work-Balance-Geschwurbel möchat ich als Designer net den Cottbussern andienen.
Nicht dafür.
Wie wärs mit Nachhaltigkeit und Green-Washing? (Jetzt bin ich pöse). Ist grade der Mode-Hit. Das mit dem Power-Gedöns und der Energie bis zum Umfallen ist doch ISNM-Geschwätz von gestern: arbeitet, um zu arbeiten?
Krich ja immer schon die Krise, wenn man mich als Powerfrau betitelt undvermute ärgste Manipul…, halt Dingsda und Nachtigalltrapps, damit ich noch mehr schufte, grrr. :-) Genauso wirds den Bürgern gehen, die sind doch nicht doof.
Oliver Adam
Einspruch! Ich mag ja provokante Stellungnahmen, leider haste mein Posting nicht vollständig gelesen ;-) . Wenn die Stadt etwas für den Bürger leistet, damit Dinge einfacher werden, bequemer, so hat das so gar nichts mit »neo-liberal« (was ist das?!) zu tun. Wenn die Stadt was für Studenten tut, damit die ihr Studium besser hinbekommen, hat das nicht mit neoliberal zu tun. Wenn die Stadt Touristen und Unternehmen anlockt, hat das nix mit neoliberal zu tun, sondern damit, dass eine Stadt seinen Bürgern eine lebenswerte Heimat bietet: Wollte hier nicht ein Kommentator lieber Kita-Gebühren bezahlen? Bitte schön, so geht’s!
Zilly
@ Oliver Adam 64:
Naja, du hast ja auch diese Kommentare provoziert ;-). So macht dein Claim auch mehr Sinn. Das einzig zu lesende Konzept war bisher das hier (klar, Du willst ja auch keine Ideen verschenken):
Ob man jetzt einen Entscheidungskorridor, eine Ist-Soll-Achse oder eine Werte-Themen-Matrix verwendet ist ein Detail. Das ist jedenfalls das was ich mit „Grundlagen schaffen“ gemeint habe.
Trotzdem bleibt für mich doch der Begriff „Energie“ austauschbar: »Wir haben die Warteschlagen beim Bürgeramt nicht verkleinert. Sondern beseitigt. Cottbus – mehr Freude am Leben«. Du formst und verpackst damit ja quasi eine Stadt, die sie so nie war.
Das Prinzip „Tue Gutes und Rede darüber“ zur Positionierung finde ich sympathisch, baut aber sehr stark darauf, die bisher mangelnde Eigeninitiative durch den Schlachtruf „voller Energie“ umdrehen zu können. Ob aber eine Einrichtung wie das Stadtmarketing ausreicht, die Probleme einer Stadt zu lösen? Wie ich oben geschrieben habe, ist es aber auch eine Frage der Reihenfolge: Erst etwas aufbauen, dann verbreiten.
Nur das wir uns nicht falsch verstehen: Auf was Du hinauswillst und so wie du es jetzt schreibst finde ich es auch ambitioniert und interessant – dass das Thema Energie jetzt nur ein mögliches Beispiel ist, ist mir auch klar. Neoliberal find ich’s jedenfalls nicht ;-)
dante
Wir sind hier ganz überrascht – diese Diskussion hat Potential!
Zwei Fragen sollten mir aber gestattet sein:
1. Was wird aus dem Konzept »Energie« wenn die Kohle alle ist – Braunkohle hat jetzt auch nicht unbedingt den Besten Ruf als Energieträger? CO2-armes Kraftwerk und Biomasse-Anlagen sind auch keine Alternativen auf welche die Menschheit bauen kann (beides sind Projekte der BTU Cottbus).
Aus allgemein ökologischen Aspekten würde ich (egal ob Cottbuser oder nicht) vorsichtig mit dem Thema Energie umgehen, erst Recht wenn diese Stadt dazu gemacht wurde. Wir haben hier zwei riesige Stadtteile die nur gebaut wurden um den Arbeitern der Kraftwerksanlagen ein zu Hause zu geben. Diese Stadtteile baut man seit Jahren massiv zurück.
2. Es ist schwer zu vermitteln wie der Kleingeist hier die Oberhand innehat, wenn man dies nicht selbst erlebt hat. Wie bekommt man eine Verwaltung dazu einen Glauben zu vermitteln, welche selbst nicht in der Lage ist zu glauben? Diverse Konzeptionen lagen doch schon auf deren Tisch.
PS an Vroni: Die Qualität steht bei uns nach wie vor auf einer Stufe mit dem Zwischenmenschlichen, nur halt beim Kunden nicht, habe mich wohl etwas schusselig ausgedrückt.
Oliver Adam
@ Zilly (66)
Das stimmt! Aber …
Was wäre eigentlich das Gegenteil? Mangelnde Eigeninitiative konservieren und alles Pink anmalen? Lamoryanz? Resignation? Was ich eigentlich sagen will: Alles lassen, wie es ist, und dann ein lustiges Logo dazu, passt nicht. Erst das Konzept (»Wo stehen wir und wo wollen wir hin?«), dann die richtigen Leute und Entscheidungen – und erst dann kann man sich an die Gestaltung machen.
Und eins stimmt doch auch: »eine Stadt, die sie so nie war.« heißt ja nicht, dass sie nicht so eine werden könnte. Das hat mit Aufbruch, eben Energie, zu tun. Wenn die Entscheider den nicht mitbringen, ist eh alles für die Katz …
Oliver Adam
@ dante (67)
Guter Einwurf: Doch Energie ist ewig. Wenn nicht Kohle, dann Solar, Wind, Biomasse und Co.: »Wir decken 35% unseres Stroms aus alternativen Quellen. Cottbus – voller Energie«. Hier sehe ebenfalls einen möglichen Aufbruch in eine lebenswerte Zukunft.
Sicher, eine schwierige Sache, für die es kaum eine befriedigende Lösung gibt :-( . Entweder selbst politisch mitmischen – oder auf einen günstigen Moment warten … Oder diese Leute dazu bewegen, gute externe Fachleute als Berater zu engagieren ;-).
dante
@Oliver Adam
Meine Zeilen aus Beitrag (33) würden hier abermals gut passen. Ob Externe Berater mehr Vertrauen einfahren können als ein grober Cottbuser ist auch etwas, was es gilt zu testen.
Eigentlich können wir nur noch einen Witz vermarkten, einen sympathischen Witz über uns selbst, alles Andere glaubt uns doch keiner mehr.
Zilly
Dann wären wir uns ja jetzt über die Reihenfolge einig. ; )
Um das Gegenteil ging es nicht. Ich bin Optimist, wirklich, durch und durch: Aber ich bin skeptisch, dass das Stadtmarketing mehr als nur ein Strohfeuer anzünden kann, vor allem weil die Feuerstelle ja erst noch geschaffen werden muss. Eine bestehende Flamme anfächern, ja das ginge. Ein Leuchtfeuer zu schaffen, das auch noch aus der Ferne zu sehen ist, während der Baum für das Holz erst noch gepflanzt werden muss und sich dann „Stadt des Feuers“ zu nennen, ist doch eher idealistisch.
Oliver Adam
Da kann ich Dich beruhigen: Ich selbst bin Berliner und habe außer dem Logo-Desaster nix mitbekommen ;-) .
Ok, das wäre schon mal ein Anfang! Und wer weiß, welche Energien das dann freiwerden lässt … :-))
Immer noch die gleiche Vroni
„Was wäre eigentlich das Gegenteil? Mangelnde Eigeninitiative konservieren und alles Pink anmalen? Lamoryanz? Resignation? “
Ne. Selbstbewusstsein.
Das fehlt denen.
Das Gegenteil von Energie ist doch nicht mangelnde Eigeninitiative, sondern in sich ruhen. :-)
Wie war das nochmal in Physik 11. Klasse?
Kinetische Energie – Potenzielle Energie. E-kin – E-pot
Während die kinetische sich verpulvert, ist die andere noch da.
(Manchmal mag ich die Physiker…)
Zilly
@dante 70
So à la „Wir können alles außer schwäbi… äh – Logos“? ;-)
@Vroni 73
Hut ab. Sehr gut gekontert!
P.S.
Wat? Jetzt bin ich extra Designer geworden und muss mir trotzdem noch Physik antun?
Oliver Adam
Na ja, jetzt wird’s spitzfindig, fast schon ins leicht Nonsensehafte. Aber prüfen wir mal die Argumentation:
Das stimmt nur logisch leider nicht. Das Gegenteil von Energie ist: keine Energie. Etwas, das keine Energie hat, ist tot, schlimmer noch: nicht da. Wenn der Motor keine Energie erzeugt, fährt der Wagen nicht. Selbst Menschen, die in sich ruhen, brauchen, um diesen Zustand aufrecht zu erhalten, Energie dazu. In sich ruhen kann nur, wer diesen Zustand aktiv herbeigeführt hat. Analog, Zilly, konstatiertest Du ja »mangelnde Eigeninitiative«, also das Fehlen von Eigeninitiative – etwas, das »nicht da« ist, also »tot« ist: keine Energie. Das Gegenteil ist: Eigeninitiative, also Leben – Leben im Sinne von Aktivität, die man als »voller Tatenkraft«, eben »voller Energie« beschreiben kann.
Und sorry, Vroni, Physik war nicht Dein Leistungskurs ;-), stimmts? Sonst würdest Du das mit der potenziellen Energie nicht so milchmädchenmäßig-falsch beschreiben. Du wüsstest dann nämlich, dass ein Körper, der sich auf Bezugsniveau befindet, eine potenzielle Energie von: Null hat, also analog absolute Passivität. Auf diesem Niveau scheint mir Cottbus kommunikationstechnisch offenbar zu sein. Du wüssest dann auch, dass von diesem Niveau aus der Körper Arbeit aufwenden muss, eine Form der aktiven Energie. Wie das funktionieren kann, habe ich beschrieben.
till1
@HD: »Ich halte es für einen unglaublichen Irrglauben, dass jeder und alles «besonders» sein müssen«
danke, danke, danke, danke für diesen satz! dieses einzigartigkeits-gelaber ist doch nonsens. klar ist jeder einzigartig, aber seine wünsche, vorstellungen, hobbies, musikgeschmäcker (auch wenn man sich anstrengen mag) sinds einfach nicht.
man arbeitet als designer nicht das „einzigartige“ an einer sache heraus, sondern dass, was der auftraggeber sagen möchte. und das weiß er zumeist nicht.
@all – danke für eine der besten fontblog-diskussionen seit längerem
zur energie: „energie“ ist genauso wie „i am sterdam“ oder „i (heart) new york“ doch nur platzhalter, ein kleinster gemeinsamer nenner – auf die sich jeder einigen kann – w.a.s. a.b.e.r. a.u.c.h. i.n. o.r.d.n.u.n.g. i.s.t.!
aber die akzeptanz zu solchen sachen ist automatisch höher, als wenn man sich versuchen würde, in solch einer vielschichtigen identitätsmenge wie einer stadt ein einziges spezifikum zu suchen und alle mit einer nichtigkeit zu erschlagen.
bei einem produkt hingegen gibt es in der regel tatsächlich nur sehr sehr wenige eigenschaften und minimalste unterschiede zur konkurrenz, sonst ist alles statisch – also sollte man hier auch möglichst scharf, spitz, kontrastierend, spezifisch arbeiten.
Zilly
Na, vor lauter Zitaten von Zitaten blickt man ja langsam nicht mehr durch. Also der Reihe nach, ich hab das Gefühl, das gerade aneinander vorbei diskutiert wird und wir uns vom Thema entfernt haben. So hab ich’s verstanden:
Z. (66): Das Prinzip “Tue Gutes und Rede darüber” zur Positionierung finde ich sympathisch, baut aber sehr stark darauf, die bisher mangelnde Eigeninitiative durch den Schlachtruf “voller Energie” umdrehen zu können. „Eigeninitiative fehlt“
O.A. (68): Was wäre eigentlich das Gegenteil? Mangelnde Eigeninitiative konservieren und alles Pink anmalen? Lamoryanz? Resignation? Was ich eigentlich sagen will: Alles lassen, wie es ist, und dann ein lustiges Logo dazu, passt nicht. „Eigeninitiative ≠ Resignation“
V (73):Ne. Selbstbewusstsein. Das fehlt denen. Das Gegenteil von Energie ist doch nicht mangelnde Eigeninitiative, sondern in sich ruhen. :-) „Energie (im Sinne von Energie verbrauchen) ≠ in sich ruhen“
O.A.(75): Das stimmt nur logisch leider nicht. Das Gegenteil von Energie ist: keine Energie. Etwas, das keine Energie hat, ist tot, schlimmer noch: nicht da. „Energie (im physikalischen Sinn) ≠ keine Energie“
sowie
O.A.: Analog, Zilly, konstatiertest Du ja »mangelnde Eigeninitiative«, also das Fehlen von Eigeninitiative – etwas, das »nicht da« ist, also »tot« ist: keine Energie.„mangelnde Eigenititiative = tot = keine Energie“
Beim letzten Zitat habe ich leider nicht verstanden, auf was du hinaus willst. Ja, das mag sein, habe ich etwas anderes behauptet?
Fleißpunkte für die Bonusfrage: Wenn wir schon physikalisch dilettieren, schauen wir uns dann auch noch gleich den ersten thermodynamischen Satz an? Der würde da doch ganz gut passen, soweit ich mich erinnern kann. Wie ging der nochmal? Energie kann weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur in andere Energiearten umgewandelt werden. Wie lässt sich das auf Cottbus übertragen? Also muss Energie bereits vorhanden sein, um Energie umzuwandeln. Ist sie das?
zaungast
wenn das mit der ENERGIE ernst gemeint gewesen sein sollte dann geh ich mal ganz stark davon aus daß sich damit so gut wie jeder cottbusser identifizieren kann. und zwar ganz un-abstrakt des lokalen fußballvereins wegen…
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/5/55/Logo_Energie_Cottbus.svg/255px-Logo_Energie_Cottbus.svg.png
Zilly
Ich denke, das ist vielen hier durchaus bewusst. War das nicht sogar eine Bedingung für den ersten Claim, die Energie irgendwie unterzubringen? „Fürstliches Cottbuss- Stadt der Energien“?
robertmichael
möchte mich meinem vorredner till1 anschließen, auch wenn ich es in letzter zeit selten schaffe mitzudiskutieren, so lese ich trotzdem noch immer gern den fontblog und endlich gabs mal wieder eine lobenwerte diskussion.
ich möchte nochmal ein zitat von HD anführen:
nicht nur wir designer – auch unsere kunden. genau das versucht hier cottbus von ‚uns‘ zu verlangen. wir können cottbus nur helfen, den rest muss cottbus selbst erkennen und ggf. wie oliver adam es vorschlug mehr ‚energien‘ in die stadt stecken.
danke auch für den französischen logogenerator, den werde ich dem ein oder anderem kunden gern weiterempfehlen ;)
Oliver Adam
Mit Blick auf die vorangegangenen Argumente will ich meinen Ansatz nochmal zusammenfassen. Und dann scheint mir von meiner Seite aus alles gesagt. Zuvor ein Sorry an Vroni und Zilly: Ich möchte Euch nicht herabwürdigen, aber ich finde, Physik bringt uns nicht weiter. Physik beschäftigt sich mit Theorien und dem »was ist«. Verkopfung eben. Marketing und Kommunikation hingegen mit Wahrnehmung. Der Himmel »ist« ja nicht blau; wir nehmen ihn aufgrund der Konstruktion unserer Augen nur so wahr.
COTTBUS – voller Energie
»voller Energie« ist für mich eine Istbeschreibung und eine Vision: Es beantwortet die Frage, wie Cottbus wahrgenommen werden soll – vor allem von außen. Spitz argumentiert ist das Thema nicht »Energie«, sondern eben »voller Energie« – im Sinne von voller Leben, voller Tatkraft, voller Perpektiven, voller Aufbruch – als Vision. Voller Sport, voller (echter) Energie – als Basis und Istbeschreibung.
Wie das nun übersetzt wird in konkrete Projekte, da haben robertmichael und andere Recht, das können die Cottbusser nur selbst entscheiden und entwickeln. Selbst kleine Jugendprojekte auf Bezirksebene könnten eben »voller Energie« sein.
Das Gegenteil ist:
COTTBUS – voller Nicht-Energie
Das ist die schonungslose Beschreibung eines aktuellen Zustandes, die Zilly und andere vortrugen: keine Eigeninitiative, alte Seilschaften, Wegzug junger Leute, Resignation, Nihilismus, Alkoholismus etc.
Natürlich wollen und können wir die HD’sche Welt nicht retten. Aber einen Kommunikationsrahmen für eine Stadt bieten – das können wir schon. Und wenn uns das hier gelingt:
dann ist das schon viel. Denn den Platzhalter ausfüllen müssen die Cottbusser selbst, keine Frage. Und ehrlich, das können die auch!
Zilly
Na, der Himmel ist für mich blau und mein Malkasten zum Glück nicht nur schwarz-weiss. Deine Zusammenfassung sehe ich zum Beispiel im tiefroten Bereich.
Das wichtigste wurde gesagt. Da mir hier ein absurdes Fazit untergeschoben wurde, schreib ich nochmal mein eigenes: Jede Stadt kann sich vermarkten, aber keine Stadt muss. Eine Stadt darf auch nur eine Stadt sein.
Stadtmarketing macht nur dann Sinn, wenn entweder ein Ansatzpunkt dafür existiert oder Strukturen sich bereits im Aufbau befinden oder eine Vision/ ein Visionär vorhanden ist.
—ab hier zum Vorschlag von O.Adam:Austauschbare Claims sind weder Strukturen und noch Visionen. Sie helfen keiner Stadt, erst recht nicht wenn sie noch reine Luftnummern sind – dann schaden sie durch enttäuschte Erwartungen. Ein Lada ist kein Mercedes. Ein Lada ist ein Lada und darf auch so auftreten, er hat seine eigenen Vorteile.
Optimismus und visionäres Denken sind wunderbare Eigenschaften. Stadtmarketing als Problemlöser großer Alltagsprobleme zu sehen ist aber nicht optimistisch sondern wirklichkeitsfern.
P.S.
@Oliver Adam: Besonders schmunzeln musste ich über den Absatz mit „herabwürdigen“ – von wem kam das mit der potentiellen Energie? Zur Thermodynamik, Bonusfrage: leider null Punkte für Dich wg. übersehener Ironie
Immer noch die gleiche Vroni
Untersteiche das dick in 3 Punkt.
Und ein Logo ist nicht der Weltenretter, etwas kleiner: der Problemlöser des Stadtmarketings, das keinen Plan hat.
Bürgern und Externen einen erstrebenswerten (oder auch nicht erstrebenswerten) energetischen Zustand wie Energie! vor die Nase zu setzen, kann nicht glaubhaft funktiorenieren, wenn dort oben in Cottbus
– abgebaut wird
– die Leute hohe Arbeitslosigkeit haben
– keine Perspektive haben.
Da wird Energie! zum Potemkinschen Dorf. Das Logo dazu zu einer lächerlichen Hülle, denn der Abstand zwischen Realität und Wunschvorstellung ist dann zu groß.
Stephan
@ Zilly: deine Zusammenfassung finde ich gut bis auf dein P.S. so etwas ist spitzfindig und muss in einer Diskussion nicht sein. Auch der Ansatz von Oliver Adam mit der Thematik „Energie“ zu spielen ist gut. Besonders in einer Region in der es vielen an eben dieser Energie in Form von Initiative fehlt, wo Mutlosigkeit und politische Resignation herrschen.
Richtig finde ich auch wie du sagst: „Eine Stadt darf auch nur eine Stadt sein.“ Sollte Sie in erster Linie auch. Marketing ist ja kein Heilmittel. Denn eines ist auch klar, irgendwann ist es vorbei mit der Braunkohle und Tourismus allein hält keine Stadt am laufen. Da fehlen zur Zeit wirklich Alternativen, wirtschaftliche Visionen, das Licht am Ende des Tunnels.
Ich habe fast den Eindruck als versuche man sich mit dem finden eines Logo-Bildchens ein wenig zu betäuben: „seht her wir tun doch was für unsere Stadt. wir haben ein buntes Logo gestalten lassen“, um über die Realität hinweg zu täuschen.
Andrzej
Wir dürfen Cottbus jetzt nicht alleine lassen. Sie Stadt braucht ihr Logo, ganz einfach, weil sie eins haben will, und nach dem ganzen Terz hier bitte ein gutes…. Aber wo ist Logo-Superman?
Volker
Hallo, Lachen u. Weinen liegen nah beieinander, wenn man als Cottbuser diese Beiträge liest … genau wie vor gut einem Jahr schon.
Scheinbar haben die Stadtoberen nichts gelernt, so dass die peinliche Stümperhaftigkeit in weiteren, unbrauchbaren Ergebnissen endete.
Das Dilemma ist hier genau auf den Punkt gebracht worden: wie soll ein Logo in der Außendarstellung all die Facetten dieser “gepatchworkten” Stadt ausdrücken? Die notwendige Reduktion des Logos reduziert das Logo am Ende vor allem auf eins: Beliebigkeit / Austauschbarkeit, halt wie von dem fr. Logogenerator gemacht. Die Fehler liegen aber nur in der dilettantischen Herangehensweise der Verantwortlichen der Stadt Cottbus.
Die Wortmarke “Cottbus – voller Energien” passt evtl. noch am ehesten, obwohl auch diese nicht allen Belangen gerecht werden kann. Aber hier werden zumindest je nach Erwartungshaltung noch Assoziationen geweckt und sei es auch nur der leider nur noch zweitklassige FC Energie.
Angesichts der Borniertheit der Entscheider fällt mein Resümee wie folgt aus: „Cottbus – unverbesserlich!“
Sebastian
Die Logo-Vorschläge sind meines Erachtens alle nicht tragbar und nicht zu verwenden. Warum wird denn soviel Wert auf die Pücklerschen Pyramiden gelegt. Cottbus ist nicht Pückler. Pückler ist ein Teil von Cottbuser Kultur. In Verbindung mit Cottbus stehen sicherlich noch weitere Aspekte wie Bildung (u.a. BTU und FH), der Sport, u.a. Energie Cottbus, die Braunkohlewirtschaft, etc. Das alles in einem Logo unterzubringen, wird nicht funktionieren. Der dritte Vorschlag bietet Ansätze wie man abstrakt den Krebs oder die Pyramide darstellen kann. Die dritte Abbildung kann ich bei bestem Wille nicht erkennen. Letztenendes wird sich nie ein gut gestaltetes und konzeptioniertes Logo durchsetzen, so lange es im Oberhaus von der jetzigen Marketingabteilung (wenn es überhaupt eine gibt) ausgewählt werden soll. Ergo wird es wieder einmal beim alten Logo bleiben oder eine für mich fassungslos schlechte Variante der oben gezeigten wird auf sämtlichen Printprodukten und Plattformen seinen Platz finden. Der visuelle Würgereiz lässt grüßen.
tom
Man muss, denke ich bei Cottbus ganz unten an der Wurzel ansetzen. Kein abgehobenes „Möchtegern-Marketing“ und kein „pädagogisches Schönreden“. Die Wurzel ist „Heimat“ und damit stellt sich doch die Frage, was die Heimat lebenswert und einzigartig macht. Dann kann herausgearbeitet werden welche Vorzüge und Vorteile herausgestellt werden können. Man muss die Bevölkerung mitnehmen, bevor man ein überzeugendes Konzept für Außenstehende gestalten kann. Der beste Weg dorthin ist wohl, mit einer Cottbusser Heimathirsch-Agentur zusammenzuarbeiten, die ihre Heimat versteht und das kommunizieren kann. Dann wird es vielleicht auch interessant für andere. Nur ein Logo und ein Sprüchle bringen nichts. Das erfordert schon etwas mehr Arbeit und Einsatz. Und vor allem auch Kommunikation. Denn wenn die intern nicht stimmt, wird sie extern auch nicht funktionieren. Binsenweisheit.
Immer noch die gleiche Vroni
@ tom
Sie dachten das wohl auch. Insofern war das richtig gedacht. Nur falsch umgesetzt.
Die Bevölkerung mitnehmen heißt nicht, diese hirnlos über derartig passierte undurchdachte konzeptlose Unfälle (Rüschen und Deko, ähm Campinglogos) abstimmen zulassen. Das ist Pseudo-Demokratie: Lassen wir sie doch über unwichtige Deko abstimmen, das wird sie eine Zeitlang beschäftigen. …
dante
Was denkt der Nicht-Cottbuser über Cottbus? Kommen wir mit der Innensicht wirklich weiter? Kennt überhaupt einer Cottbus? Was wäre wenn wir keine Bundesligamannschaft hätten? Was wäre wenn wir nie einen Logocontest gestartet hätten? Vielleicht sind wir auch nur das „Tor zum Osten“? Zu irgendwas müssen doch die 33km zur Grenze gut sein.
„Cottbus – Jetze kommen och wir“
Marco
Cottbus hat entschieden oder wurde entschieden.
Es ist der überschwemmte Zeltplatz:
http://www.lr-online.de/regionen/cottbus/Baermich-Logo-macht-das-Rennen;art1049,2985127
Und da gibt es doch glatt 2.000 € „Preisgeld“.
mattes
http://www.lr-online.de/regionen/cottbus/Baermich-Logo-macht-das-Rennen;art1049,2985127
dante
Man hat sich entschieden:
http://www.lr-online.de/regionen/cottbus/Baermich-Logo-macht-das-Rennen;art1049,2985127
Oliver Adam
Na ja, zumindest passt die »Präsentation« in der Lausitzer Rundschau mit verpixeltem Bildchen wie die Faust aufs Auge. Schön auch der Satz: »Als Grundlage sollten Marketingkonzepte erarbeitet werden. « So muss es sein: Erst Logo. Dann Marketingkonzept.
ein cottbuser
Es schaut auch so aus, dass nicht nur in der Stadtverwaltung Cottbus Fachkräftemangel herrscht. Selbst bei der Lausitzer Rundschau ist der Kompetenzrückgang sichtbar. Diese beschämende teilweise laienhafte Präsentation macht’s noch schlimmer. Im Osten geht neuerdings die Sonne unter; zumindest in Cottbus.
Guten Abend.