6 Jahre Fontblog: Rückblick 2004/2005
Mitte Februar 2010 wird Fontblog 6 Jahre alt. An den kommenden Freitagen möchte ich die verrücktesten, spannendsten und erfolgreichsten Beiträge noch mal aus dem Archiv kramen. Heute beginnt die Rückschau mit den Jahren 2004 und 2005.
12. Februar 2004: Ich schreibe den ersten Eintrag auf einer Seite, die FontShop Notizen heißt. Mein Text basiert auf einer Pressemitteilung über Schriften mit europäischen Sonderzeichen. Ich weiß noch nicht genau, was ich tue und wie es weiter geht.
17 Februar 2004. Erster Exklusivbeitrag, Horst Moser entdeckt Nachlass von Paul Renner (Futura).
5. April 2004. Letzter Beitrag des Jahres (von 20 insgesamt), Ankündigung von morgendlichen Workshops auf der TYPO Berlin 2004.
11. Mai 2005. Nach einem Jahr Pause nehmen die FontShop Notizen wieder den Sendebetrieb auf. Die TYPO-Berlin-Konferenz 2005 naht … da gibt es bestimmt etwas zu erzählen.
12. Mai 2005. Schon einen Tag später gebe ich Vollgas mit 5 Beiträgen, die das zukünftige Themenspektrum definieren: Brandaktuelles, Reportage, Geschmackspolizei, Ab in die Tonne, Tipp, …
6. Juni 2005. So urteilten die Besucher über die TYPO 2005: Der beliebteste Sprecher, was gefiel, was gefiel nicht. Und weil in den zurückliegenden 15 Monaten noch kein einziger Kommentar im Fontblog erschienen war, schicke ich mal einen Testsatz ins All, der auch ankommt. Ist mein Themenmix noch nicht provokant genug?
9. Juni 2005. Ich spucke zum ersten Mal Galle und schreibe, warum die SZ-Diskothek nicht funktioniert. Fazit: einen Freund weniger, dafür aber 9 Kommentare.
16. Juni 2005. Eine Woche später lege ich mich mit Spiegel Online an, weil ihr Autor Bastian Sick über die falsche Benutzung von Gänsefüßchen lamentiert, sein eigener Beitrag jedoch die (typografisch) richtigen An- und Abführungen vermissen lässt. Ralf Herrmann und HD Schellnack bestätigen in Kommentaren, dass es gehen müsste. Doch Spiegel Online kann’s bis heute nicht richtig: Als das „Monster“ für Blair zum Kriegsgrund wurde.
20. Juni 2005. Tue Gutes und rede darüber: FontShop bezieht ab sofort grünen Strom von Greenpeace.
14. Juli 2005. Die FontShop Notizen heißen ab sofort Fontblog und bekommen ihre eigene Adresse unter www.fontblog.de. Der Ratschlag für die Umbenennung kam von Andreas Seidel.
18. Juli 2005. Bei der Arbeit am FontBook 4 stoße ich auf das Problem, nach welchen Kriterien ich 50 verschiedene Bodoni-Pakete (20 Seiten) sortieren könnte. Ich entschließe mich zur Sortierung nach Popularität, die ich mir bei den Beatles abgeguckt habe (Weißes Album, 1968).
23. Juli 2005. Ich berichte eine Woche lang täglich von der TypeCon aus New York. Dort feiert die FontFont-Ausstellung FiFFteen ihre US-Premiere. Abends im Hotel genieße ich auf meinem MacBook die iTunes-Musik von Konferenzteilnehmern in den Nachbarzimmern, die ihre Bibliothek auf »gemeinsam nutzen« eingestellt haben, was zu Hause im Büro ziemlich unverfänglich ist, aber in einem Konferenzhotel peinlich sein kann.
28. Juli 2005. Wer nicht weiß, was sich hinter den Satzfehlern Plenk und Klemp verbirgt, sollte den Beitrag Nicht plenken , nicht klempen ,bitte ! bitte noch mal lesen.
6. August 2005. Catrin Schmitt ist die Hauptgewinnerin der FontShop-Geburtstagsverlosung. Ich überreiche ihr eine TYPO-Karte und ein Pixel-Portrait, erstellt von eBoy, den Hexenmeistern der Bitmap-Kunst.
19. August 2005. Die 10 häufigsten Publishing-Satzfehler von damals sind es wahrscheinlich heute immer noch. Zum Glück kämmen Automatiken in den Layout-Programmen automatisch die meisten Fehler aus.
30. August 2005. Die neue Fontblog-Rubrik »Schriftgeschichten« kommt gut an. Nach Prater, Myriad und Frutiger widme ich mich ausführlich der ITC Avant Garde. Später werde ich die Recherchen und die Abbildungen für das erste gedruckte Font-Ranking verwenden, »Die 100 Besten Schriften aller Zeiten«.
15. September 2005. Wiederveröffentlichung einer typografischen Kostbarkeit, die 2003 auf der TYPO-Konferenz verschenkt wurde: Spall(-Caps)-Talk im Pixi-Büchlein-Format. Zusammen mit Erik Spiekermann haben ich typografische Reime über Schriften und Schriftentwerfer zu Papier gebracht, zum Beispiel diesen:
Jan Tschichold malte einst bei Stempel
mit blauer Schrift auf einen Bembel:
»Von nun an setzt ihr aus Sabon,
statt Garamond das Feuilleton!«
Man kann das PDF heute noch downloaden …
18. September 2005. Am Abend der Bundestagswahl veröffentlicht Fontblog das amtliche typografische Endergebnis.
23. September 2005. Neue Serie: Fontnäpfchen – typografische Missgeschicke. Bereits die erste Folge sorgt für Schreikrämpfe.
28. September 2005. Der meistbesuchte Beitrag bis heute wird Fontblog gecrashed, obwohl der Begriff ›Tokyo Hotel‹ nicht vorkommt. Millionenfach laden Nerds aus aller Welt das Foto meines zerplatzten MacBook-LCD-Bildschirms herunter. Ich hatte es aus Spaß als Bildschirmhintergrund angeboten. Scherzbolde erschrecken ihre Bürokollegen damit.
8. Oktober 2005. Die neue Hausschrift der Deutschen Bahn erscheint, entworfen von Erik Spiekermann. Fontblog berichtet als erstes Medium darüber.
19. Oktober 2005. Das neue Kind der Schokolade wir vorgestellt. Trotz Photoshop-Künste war das Gesicht aus den 70er Jahren nicht mehr zu halten. Eine Protestwelle schwappt über die Republik. Alle hassen Kevin und wollen ihn weg haben.
20. Oktober 2005. Guerilla-Aktion auf der Frankfurter Buchmesse. FontShop verteilt Erpresser-Briefe mit der Aufschrift: »Wir haben Deine Schrift«, ausgedacht von Jung von Matt. Das Papier lockt ins Internet auf die FontShop-Webseite, wo alles aufgeklärt wird.
12. November 2005. Erste Folge des Spiels Wer wird Typo Millionär? Jede Woche Samstag abends veröffentlicht Fontblog eine komplette Runde mit 15 (im Schwierigkeitsgrad ansteigenden) typografischen Fragen – insgesamt 7 Folgen.
Unglückliche Designer
Ein Fotoblog erfreut die Designszene. Eigentlich ist Unhappy Hipsters (deutsch: Unglückliche Vorreiter) ein Bildunterschriftenblog, denn die Fotos sind alle bereits erschienen, und zwar im kalifornischen Leitmedium der Möbeldesignszene, dem Magazin Dwell (»At Home in the Modern World«). Der anonyme Autor von Unhappy Hipsters (»Es ist einsam, in der modernen Welt«) veralbert die inszenierten Innenarchitekturfotos mit fantasievollen Bildunterschriften.
So steht unter den 4 oben gezeigten Abbildungen das Folgende (von links nach rechts):
• Als ewiger Realist baut er den Tisch für eine Person.
• Er versucht sich mit einem Roman davon abzulenken, das ihn sein Schlafzimmer an einen Sperrholzsarg erinnert.
• Eines Tages erschien die Leiter. Julien erklimmt sie mit vorsichtigem Optimismus: Ist das der Weg zu dem, was er all’ die Wochen suchte?
• Der Vertrauensbruch sitzt tief, niemand möchte als erster von den Eiern kosten.
(© Abbildungen: Dwell, Texte: Unhappy Hipsters)
FontShuffle 1.2 für iPhone, iPod Touch und iPad
(Abb: Apple, Montage: Fontblog)
FontShop entwickelt gerade Version 1.2 der digitalen Schriftübersicht FontShuffle. Eine der neuen Funktionen ist die Vergrößerung der Schriftmustersätze mit der Kneifen-Geste. Bereits seit Montag liefert unser Server zu Testzwecken die Schriftmuster im neuen Format 960 x 640 Pixel aus, was jeder sofort mit seinem iPhone und iPod Touch ausprobieren kann (Schriftmuster erstellen und drucken = ins Fotoalbum ablegen; oder mailen). Damit wird FontShuffle 1.2 beim Erscheinen bereits die Bildschirmgröße des eben vorgestellten iPad unterstützen – ohne Interpolation.
Nachfolgend das in der obigen Montage abgebildete Palatino-Schriftmuster (einmal anklicken, um es in der neuen Originalgröße zu betrachten):
Nur mal so am Rande …
… www.fontblog.de nutzt kein Google Analytics!
(Und auch keine andere Technik, um benutzerbezogene Daten seiner Kunden zu erfassen, zu speichern und zu analysieren).
Hintergrund: Datenschutzrechtlich gesehen ist Google Analytics problematisch und umstritten, weil sich aus den ermittelten Daten (IP-Adresse) ein umfassendes Nutzerprofil von Webseiten-Besuchern anlegen ließe. Zudem gestattet das Telemediengesetz in Deutschland eine Verarbeitung solcher personenbezogenen Daten nur, wenn der Benutzer vorher zugestimmt hat oder eine gesetzliche Ermächtigung vorliegt. Google Analytics ist jedoch ein Dienst, der sich beim Aufrufen einer Website »anonym« verhält.
Der Landesbeauftragte für Datenschutz in Schleswig-Holstein äußert sich in seinem 31. Tätigkeitsbericht vom 31. März 2009 zu Google Analytics:
»Derzeit ist die Nutzung des kostenlosen Google Analytics Services durch Webseitenanbieter unzulässig. Google muss dessen Konfiguration so ändern, dass die Betroffenen ihr Recht auf Widerspruch, Information und Auskunft sowie Löschung der Daten wirksam wahrnehmen können.«
Typo-TV: Gerrit van Aaken – Webfonts im Jahr 2010
Gerrit van Aaken (praegnanz.de) fasst verständlich und knapp zusammen, was hier im Fontblog bisher »nur« zu lesen war. Dringende Anguckempfehlung.
handschriftliche Notiz …
Die OpenType-Schrift Suomi Hand Script realisiert ihre Lebendigkeit über 983 Glyphen, davon sind 800 Ligaturen, die in einem Programm wir Adobe InDesign automatisch gesetzt werden.
Suomi Hand Script auf www.fontblog.de …
Suomi Hand Script auf Flickr …
Suomi Hand Script auf Twitter …
Novel, von Christoph Dunst
Nachdem viele typografische Blogs einen Bestenliste 2009 veröffentlicht haben, möchte ich wenigstens eine Schriftfamilie aufs Podest heben, die auch mir gut gefällt und die so schnell nicht in Vergessenheit geraten sollte: Die 2009 vom Type Directors Club ausgezeichnete Schriftfamilie Novel. Ihr Entwerfer Christoph Dunst studierte an der Royal Academy of Art in Den Haag, was man seiner Arbeit unmittelbar ansieht. Vor wenigen Wochen hat Christoph den Sitz seines Labels und Design Studios – Büro Dunst – von Den Haag nach Berlin verlegt.
Seine Schriftfamilie Novel ist eine moderne Serifenschrift, die ihren Ursprung in der Kalligrafie hat. Sie besteht aus einer Antiqua mit klassischen Proportionen und einer fast aufrechten und schmal laufenden Italic, die für sehr harmonische Hervorhebungen im Text sorgen kann. Die Schrift enthält 14 verschiedene Sätze Zahlen, viele OpenType Features und einen umfangreichen Satz an Ligaturen um allen Anforderungen komplexer Typografie gerecht zu werden.
In allen Kurven ist der Ursprung im Schreiben mit der breiten Feder erkennbar – ohne zu sehr an geschriebene Schrift zu erinnern
Ivo Gabrowitsch schrieb in seinem Jahresrückblick: »Novel war Mitte des Jahres die erste Schrift, die ich mir für die Bestenliste notiert habe. … Mein Herz schlägt für Antiquas mit einer leichten kalligrafischen Anmutung. Bei Novel ist diese Anmutung durch ein Grundkonzept erkennbar, das auf dem Schreiben mit einer breiten Feder basiert – besonders gut nachzuvollziehen in der fast aufrechten Kursiven. Hierdurch nehmen sich Textauszeichnungen dezent zurück, was ich besonders bei langen Texten beziehungsweise häufigen Auszeichnungen schätze.«
OpenType Features ermöglichten intelligente Ligaturen wie hier gezeigt bei fi-Kombinationen
Die sechs Fetten der Novel ermöglichen eine ausgewogene Kontrastierung
Novel ist als Pro Font (über 900 Zeichen) lieferbar oder als Standard-Font (ca. 240 Zeichen). Novel auf www-fontshop.de …
PdW 4: sexy Pinup, von Pieter & Paul
Kein Designer muss sich dafür schämen, wenn er die Kurven eines Autos oder einer Schrift attraktiver findet als die eines menschlichen Körpers. Nicht wenige Schriftentwerfer bekennen sich offen zu ihrer Bézier-Kurven-Sexualität. So auch Paul van der Laan und Pieter van Rosmalen (Bold Monday). Ihre Pinup ist eine sexy Headline-Schrift mit üppigen Kurven. Sie macht nicht nur Package-Designer an, sondern auch Plakatgestalter, Schildermacher, Werber und Marketingfuzzis.
Als Produkt der Woche kostet Pinup bei FontShop 7 Tage lang nur 35,– € statt 49,– € (zzgl. MwSt.). Hier geht es zur Bestellung und einem (jugendfreien) Schriftmuster-PDF …