Fontblog Artikel im März 2008

★ Der Buchtipp des Tages

Sylvain Mazas wurde 1980 in Chambéry (fran­zö­si­sche Alpen) geboren. Mit 19 begann er ein Illustration-Studium in Frankreich, das er 2004 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee fort­setzte. Im Rahmen seiner Diplomarbeit fuhr Sylvain 2007 für 3 Monate in den Libanon. Zurück in Deutschland zeich­nete er auf, was dort mit ihm und in seinem Kopf passiert war. So entstand ein knapp 200-seitiges Buch, in der Art eines Notizblocks, hand­ge­schrieben, voller Illustrationen und Gedankendiagramme.

Es ist der Beginn eines Lebensprojektes mit 3 Zielen: »Dieses Buch sollte mir gestatten, den Konflikt in Nahost zu lösen, mein Diplom zu kriegen und eine Frau zu finden. Teil 1.« Eines der 3 Ziele ist nun erreicht, die 2 anderen sind noch in Arbeit.

Sylvain Mazas wohnt und arbeitet in Stralsund und in Berlin. Er arbeitet für den Förderverein Jugendkunst e. V. und Mückenschwein, den »besten Verlag der Welt«. Hier gibt es mehr Informationen zu dem Buch, eine Leseprobe und einen Bestelllink (nur 5 € plus Versand).


Eintracht entscheidet sich gegen Kreuz-Trikot

Es ist schon ein Kreuz mit der Design-Demokratie. Nachdem in den letzten Monaten einige Crowdsourcings in die Hose gegangen sind, macht sich jetzt Eintracht Frankfurt wegen einer Fan-Abstimmung ins Hemd. Die Anhänger des Fußballbundesligisten konnten sich im Internet an der Wahl des Auswärtstrikots für die kommende Saison betei­ligen. Klarer Sieger wurde der Entwurf mit einem ange­spitzten Kreuz auf der Brust. Doch der Verein wird sich wohl gegen das reli­giös inter­pre­tier­bare Motiv entscheiden und statt­dessen Platz 2 den Vorzug geben (ange­deu­tete Krallen mit einem stili­sierten Adler auf der Schulter). Vor einem halben Jahr lief der italie­ni­sche Meister Inter Mailand in einer Champions-League-Partie gegen Fenerbahce Istanbul mit einem ähnli­chen Trikot auf und sah sich anschlie­ßend heftiger Kritik von mosle­mi­scher Seite ausgesetzt.


Verpackungsdesign vs. Realität

Auf Pundo3000 sind 100 Produkte im Vergleich zu ihren Werbe- und Verpackungsfotos darge­stellt. Alle Waren wurden einge­kauft, die Verpackungen foto­gra­fiert, die Produktfotos vergrö­ßert, die Produkte nach Verpackungsvorgabe zube­reitet und zum Vergleich foto­gra­fiert. Die Seite versäumt nicht darauf hinzu­weisen: »Alle Produkte befanden sich inner­halb des Haltbarkeitsdatums. Alle Produkte wurden aufgegessen.«

Das Projekt will keine Waren und keine Marken diskre­di­tieren sondern sich kritisch mit den Methoden der Werbung ausein­ander setzen. Einige Produkte ähneln ihren Werbefotos sehr, andere weniger. Eine quali­ta­tive Bewertung findet nicht statt.


Dokumentarfilm, 1960: Linotype-Setzmaschine

Noch mal ein Beitrag des Chaosradios (Chaos Computer Club) zum Thema Typografie. Dieses Mal ein 35-minü­tiger italie­ni­scher Dokumentarfilm (englisch synchro­ni­siert) über eine Linotype-Zeilensetzmaschine aus dem Jahr 1960. Ausführlich wird das Zusammenspiel der drei Funktionsgruppen des Gerätes vorge­stellt. Abschließend gibt es einen Ausblick auf die Automatisierung des Setzvorgangs durch Lochstreifen (Teletypesetting). Zum Chaosradio-Dokumentarfilm …

Siehe auch Fontblog-Beitrag Chaosradio: Die Geschichte der Typografie.


Neuer Studiengang Produktdesign an der FH Köln

Noch bis zum 31. Mai können sich Studierende für den neuen Masterstudiengang Produktdesign und Prozessentwicklung der Fachhochschule Köln bewerben, der im Wintersemester 2008/2009 erst­mals ange­boten wird. Der vier­se­mes­trige Studiengang ist inter­dis­zi­plinär ange­legt und richtet sich an heraus­ra­gende Absolventinnen von Maschinenbau-, Design- und Wirtschaftsingenieurstudiengängen. Er zielt auf die Vermittlung eines ganz­heit­li­chen Verständnisses der Produkt- und Prozessentwicklung – von der Marktforschung über die Ideenfindung, Gestaltung und tech­ni­sche Umsetzung bis hin zum Einsatz Qualität-sichernder Maßnahmen. Der Masterstudiengang befä­higt für Führungspositionen in den Bereichen Produkt- und Projektmanagement, Produktentwicklung, Design und Prozessentwicklung. Weitere Informationen zu dem neuen Studiengang …


Aufruf: Factor Design sucht vermisste Mitarbeiter

Der 1. Mai 1993 gilt als offi­zi­eller Geburtstag von Factor Design. Diesen möchte das Hamburger Designbüro (mit Filiale in San Franzisko) mit allen Mitarbeitern und Praktikanten aus 15 Jahren feiern, wie ein Klassentreffen. Ort ist die alte Pianofabrik am Schulterblatt im Schanzenviertel, seit 1996 Sitz von Factor Design. DJ Hans Nieswandt und das bewährte Team der Factor Design Martinilounge werden dafür sorgen, dass auch der 2. Mai unver­gess­lich bleiben wird …

Nun kommt der Haken: Insgesamt haben in den vergan­genen 15 Jahren genau 168 Mitarbeiter und Praktikanten bei Factor Design gear­beitet. Mit 132 konnte inzwi­schen Kontakt aufge­nommen werden, aber 36 sind zur Zeit noch verschollen. Auf der Website factor​de​sign​.com/​f​d​/​1​5​YFD befindet sich eine Liste aller Mitarbeiter mit Zusagen. Wer also jemals bei Factor Design gear­beitet hat, dessen Name aber auf dieser Liste noch nicht orange einge­färbt ist, möge sich bitte melden bei: Uwe Melichar, 040.432 571 17, uwe.melichar@factordesign.de, Parole Klassentreffen!


Der Designmai findet jetzt täglich statt …

… könnte man sagen. Doch eigent­lich ist er tot. Fast. Der veran­stal­tende Trägerverein Transform-Berlin e.V. hat Ende 2007 Insolvenz ange­meldet. Die Web-Adresse www​.designmai​.de scheint von Strato frei gegeben zu sein. Der Name »Designmai« ist es nicht: Er wurde vom Insolvenzverwalter an einen ehema­ligen Designmai-Aktivisten verkauft.

Die Organisatoren des Designmai-Ablegers Youngsters (DMY) machen jedoch weiter. Weil sie den alten Namen nicht mehr benutzen dürfen, steht das Kürzel DMY ab sofort für Daily, Monthly, Yearly. Wenn das kein program­ma­ti­scher Titel ist: tägli­cher Einsatz für gutes Design.

Unter dem Motto »The Sky is not the limit« treten also vom 21. – 25. Mai 2008 (zum 6. Mal nach alter Zeitrechnung) die Protagonisten der natio­nalen und inter­na­tio­nalen Designszene an, um neueste Trends zu disku­tieren, Innovationen aufzu­zeigen und krea­tive Ideen auszu­tau­schen. Das Herzstück des DMY International Design Festival bildeen wieder die Youngsters, die in der zentralen Ausstellungshalle auf dem Industriegelände der Arena Berlin statt­finden. Ergänzt wird das Festival durch ein umfas­sendes Rahmenprogramm mit zahl­rei­chen Workshops und Seminaren rund um das Thema Design. Aktuelle News auf www​.dmy​-berlin​.com (wo gerade Wartungsarbeiten stattfinden).


Wired lag falsch und bereut – nach 10 Jahren

Im Juni 1997 erschien ein denk­wür­diger Wired-Titel: das Apple-Logo mit Dornenkrone und Strahlenkranz, darunter die Aufforderung »Bete!«. Tatsächlich war es zu dieser Zeit nicht gut bestellt um das Computerunternehmen aus Cupertino. Die Geschäftsführer wech­selten im 2-Jahres-Rhythmus, in der Not hatte man Steve Jobs »als Übergangslösung« für ein symbo­li­sches Gehalt von 1 Dollar ins Unternehmen zurück­ge­holt. Das Mac-Betriebssystem war nicht mehr zeit­gemäß, im Hardware-Bereich fehlten frische Ideen. Millionen Mac-Jünger fürch­teten um den Fortbestand der alter­na­tiven Computer-Plattform neben Windows.

Auch die Schlaumeier von Wired waren Mac-Freaks. Sie ließen sich für das Sommerheft 101 gut gemeinte Tipps für Apple einfallen, darunter viel Blödsinn, wie das Computerkultur-Magazin heute ehrlich gesteht. Zum Beispiel: »Stellt die Hardware-Produktion ein.« (ein Jahr später brachte Apple den wegwei­senden iMac auf den Markt), »Verkauft euch an IBM oder Motorola.« (2005 kündigte Apple den Wechsel von Motorola zu Intel an), »Kooperiert mit Sony, Sega oder Oracle.« und ähnliches.

Doch es gab auch sinn­volle Ratschläge: »Wir rieten Apple, schafft die Kabel ab und werdet drahtlos, entwerft ein neues Logo, brinbt eine PDA-Handy auf den Markt das E-Mails wire­less empfängt, wendet euch Intel zu, baut eine Ladenkette auf und gebt Steve Jobs, der ledig­lich als Berater einge­stellt wurde, die totale Kontrolle.« Besonderen Wertlegte Wired auf Tipp No. 101: »Keine Sorge: Ihr werdet über­lebe. Es ist Netscape, um das wir uns ernst­haft sorgen.«

Vielleicht war der Wired-Titel auch ausschlag­ge­bend für die neue Apple-Hausschrift, die 2002 die Garamond ablöste: Myriad. Das Wörtchen »Pray.« ist in Myriad Semibold gesetzt, mit einem Punkt dahinter … so wie bald darauf für den iPod geworben wurde.

Siehe auch: Wir haben uns vertan (Medienlese).