»Wehret den Anfängen«, Schweiz?

Ralph du Carrois hat die Schweizer Flagge etwas umge­staltet. Er schreibt: »Bei dem Plakat das zum Bürgerentscheid zum Minarett-Verbot in der Schweiz hing wird einen bang ums Herz und das Grafikerhirn beginnt Analogien zu kreieren.« Er schuf eine grafi­sche Interpretation, zu der ich gerne verlinke, die ich hier jedoch nicht zeigen möchte. Kommentare? Ja, gerne …


49 Kommentare

  1. tetti

    Spontane Reaktion: Platter gehts nimmer!

  2. fabian

    Spontane Reaktion: dumm und beleidigend.

  3. Peter

    Das Plakat zum Bürgerentscheid über das Minarett-Verbot ist gestal­te­risch und inhalt­lich unter aller… na Sie wissen schon! Aber was das Carrois-Poster angeht, so befinden wir uns auf der Niveau-Leiter nicht weit davon entfernt. Wie ich finde ein äußerst ober­fläch­li­cher Ansatz zu einem sehr komplexen Thema. Besser macht das design2context. Rüdi Bauer & Co fordern Aufklärung und Transparenz, gerade im poli­tisch Grafikdesign.

    http://​www​.desi​gn2​con​text​.ch

    Und übri­gens: Danke Jürgen, dass das Carrois-Poster hier nicht auftaucht.

  4. David

    Pure Polemik.

  5. sharif

    Billiger linker Reflex.

  6. Florian

    Es ist eine Diskussion, ob ein Land entgegen der (zumin­dest in Deutschland herr­schenden) Religionsfreiheit ein solches Minarett-Verbot gesetz­lich fest­legen kann; warum die Eidgenossen so entschieden haben, eine andere. Wie viele andere bin auch ich der Meinung, hier haben die Plakate der Minarett-Gegner doch zum erheb­li­chen Umschwung der öffent­li­chen Meinung beigetragen. Zugegeben, die Plakate der Opposition sind auch sehr gut, aber eben nicht so auffällig und meinungs­be­ein­flus­send. Im Weblog Designtagebuch hat jemand zu recht ange­merkt, das letzte, was wir noch brau­chen können, wäre eine Design-Polizei. Allerdings wird hier (Minarett-Abstimmung in der Schweiz), allein durch die Werbung anstatt mit öffent­li­cher und abwechs­lungs­rei­cher Debatte, mit unglei­chen Mitteln gekämpft. Ähnliches vermu­tete ich schon als Grund bei der Wahl der Iren zur EU-Reform.
    Ich bin für eine direkte Demokratie und für Volksabstimmungen. Aber irgendwie müssen wir die Grundlagen schaffen, um eine gleich­mä­ßige und sach­liche Berichterstattung zur fairen Meinungsbildung im Vorfeld sicher­zu­stellen. Das ist ja eigent­lich Grundsatz aller Medien, aber leider keines­weges Realität.

  7. herr stoltenhoff

    schade. die mitwir­kung von desi­gnern in der debatte könnte eigent­lich eine gute idee sein. dieser entwurf ist leider – gelinde gesagt – verkürzt und pubertär ausge­fallen. liegt viel­leicht noch eine vari­ante in der schub­lade, mit „schweiz“ in einer braunen fraktur gesetzt?

  8. Hans

    Geschmacklos.

  9. Chajm

    Es gibt eine Menge zum Schweizer Minarettverbot zu sagen (vieles davon habe ich in meinem Blog gesagt) und zur direkten Demokratie, aber das hier sind ein paar Prisen zuviel Polemik. Viel zu platt und viel zu uninnovativ…

  10. Trash-Gordon

    Was die meisten hier als platt bezeichnen, empfinde ich als „auf den Punkt gebracht“. Es sind ja schließ­lich auch noch sehr kleine „Häkchen“. Man sieht aber durchaus, was sich daraus mal entwi­ckeln könnte. Eine solche Entwicklung darf von mir aus auch gerne mit dras­ti­schen Aussagen bekämpft werden.

  11. sissi

    sehr tref­fend, hätte nur die ‚Häken‘ nur etwa einen Milimeter raus­kragen lassen, wäre wirk­samer gewesen – aber ansich sehr coole Idee und Reaktion des linken Europas auf den Ist-Zustand der schwarz/rechten EU-Realität.

  12. timeout

    Die Idee ist nicht schlecht. Leider das Thema verfehlt.

  13. Marvin

    Überspitzt und auf den Punkt gebracht. Weiter so!

  14. carrois

    Über 57 % der schweizer Wahlberechtigten hatten einen billigen rechten Reflex.
    Das ist beängstigend.

  15. sharif

    Die Schweizer haben mit diesem Votum doch eine klare Stimme für die multi­kul­tu­relle Gesellschaft abge­geben. Die Mehrheit hat Angst vor einer isla­mi­schen Theokratie. Da wäre dann nämlich Schluss mit Multikulti. »Wehret den Anfängen«. Gut gewählt, der Slogan!

  16. Ivo

    Ralph, billiger rechter Reflex ist meiner Meinung nach zu einfach gedacht. Sicher ist da etwas natio­nales Gedankengut unter den 57%, aber die breite Masse der Schweizer ist doch nicht gleich rechts oder natio­nal­so­zia­lis­tisch. Ich glaube das wird alles ziem­lich hoch aufge­hängt im Nachhinein. Der große Teil der Schweizer Wahlberechtigten ist durchaus für eine multi­kul­tu­relle Gesellschaft. Die Abstimmung ging ja auch nicht gegen den Islam, sondern gegen eine zu deut­liche Versymbolisierung einer weiterhin geschicht­lich nicht fest im Land etablierten Religion. Die Leitkultur ist nunmal histo­risch anders geprägt. Dass diese demo­kra­tisch versucht sich zu schützen kann ich grund­sätz­lich mal nach­voll­ziehen. Ob es nicht dennoch ein Fehler war, dagegen zu stimmen, will ich jetzt mal gar nicht beur­teilen. Aber über die Hälfte einer Gesellschaft die Mündigkeit abzu­spre­chen hilft nun sicher nicht weiter. Das schafft letzt­lich mehr Probleme als es löst.

  17. carrois

    … beängs­ti­gend.

  18. fhuber

    Spontant? Godwin’s Law
    http://de.wikipedia.org/wiki/Godwin%E2%80%99s_law

    Von daher ein riesen­großes Gähnen von meiner Seite…

  19. carrois

    Ivo, richtig das Bild von mir über­spitzt und platt und trifft sicher den Großteil der Schweizer zu hart.
    Die Vereinigung, die in der Schweiz zum Bürgerentscheid gerufen hat, ist, soweit mir bekannt, aber weder auf ein fried­li­ches Zusammenleben aller Kulturen und Religionen aus noch in der Lage so objektiv und sach­lich wie Du die Dinge zu kommen­tieren. Als mündiger Wähler sollte es möglich sein neben dem eigenen Schutzbedürfnis auch die Interessen der Initiatoren zu erkennen.
    Ich bin der Meinung, dass viele, viel mehr als wahr­schein­lich die 57 % aus den etwa 50 % derje­nigen die gewählt haben, ebenso erschro­cken sind wie ich es war.
    Wie bei vielen Aufrufen zu Meinungsäußerung gehen mit Sicherheit die Extremen zur Wahl. Die anderen lassen sich entmün­digen, da sich nicht hingehen und ihre Meinung ggf, sehr ausge­wo­gene und wohl über­legte Meinung kund tun. Sie müssen sich nun mit dem Pauschalen, im Bevölkerungsmittel sicher falschen Ergebnis, 57 % Ja zum Minarett-Verbot beschäf­tigen. So wie ich mich hier seit zwei Stunde auch damit beschäf­tigen muss ob es gut war meine Meinung zu äussern und das in der gezeigten Art. Ich bin der Meinung es war gut.
    Nachdenken kann aber nicht schaden, mir nicht, wie anderen nicht, weder davor noch danach.

    btw. das … beängs­ti­gend galt dem 2. Eintrag von sharif

  20. fabsen

    1. gedanke: ›da hat jemand mut.‹
    2. gedanke: ›da ist jetzt jemand im gespräch.‹
    3. gedanke: ›schöne website.‹
    4. gedanke: ›ziel erreicht? … ‹

  21. Chajm

    @carrois Ich bin mal ein wenig pole­mi­scher: Du meinst also die Schweiz sei auf dem Weg zu einem Staat, der einen Teil seiner Bewohner töten will? Dafür steht das ange­deu­tete Symbol ja bekannt­lich. Für eine Ideologie und einen Staat, der einen Teil seiner eigenen Bevölkerung und Millionen anderer Menschen plan­mäßig ermordet hat.
    Diese Bildsprache und ähnliche verbale Analogien kennen wir doch sonst eher von hyste­ri­schen Kundgebungen und anderen, eher unsach­li­chen, Veranstaltungen.

  22. Sepp

    yipeee. Ich liebe die Nazikeule.

    Bravo Ralph du Carrois endlich mal was neues.
    Nein ehrlich. Die idee ist schon sooo alt. Das ist echt unterirdisch.

  23. ati

    Seltsame Diskussion. Natürlich steht jede Politik, die mit den Ängsten der Menschen vor dem Fremden spielt im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kontext. Wie denn nicht? Deshalb sind längst nicht 57% der Schweizer und deren deut­sche Unterstützer auto­ma­tisch Nazis! Aber sie befür­worten in diesem Punkt eine Politik, die sich nicht scheut aus der Frage nach dem Minarettverbot eine Frage nach der Ismlamisierung der Schweiz zu machen. Das Poster lässt sich in dieser Hinsicht nicht falsch verstehen.
    Muss man also im Nachhinein Angst haben oder erschro­cken sein, wenn man zu den Befürwortern des Minarettverbots zählt? Nein, so lange man kein Moslem ist, muss man sich keine Sorgen machen.

    Entschuldige Ivo: Ist der Begriff „Leitkultur“ eigent­lich aus Roland Kochs Repertoir oder eher ein CSU-Einfall zum Thema Kopftuch vs. Kruzifix an bayri­schen Schulen? Ich finde, „Leitkultur“ ist so ein Begriff, der den offen­sicht­li­chen Zusammenhang von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit verwäs­sert. „Leitkultur“ ermög­licht es, jemanden aus der Gesellschaft auszu­grenzen und das für objektiv richtig zu halten.
    „Eigentlich haben wir nichts dagegen, dass ihr Minaretten bauen wollt, aber unsere Leitkultur, wisst ihr… Sorry!“

  24. Ivo

    Ob man nun Leitkultur mag oder nicht, aber jede Gesellschaft hat sie nun mal. In meiner eigenen Vorstellung ist sie zwar nicht unver­än­der­lich, wird sich aber natur­gemäß immer erst einmal gegen eine Änderung von außen stellen. Die Debatte hierzu halte ich längst noch nicht für ausge­fochten, gleich­wohl sie in einer immer weiter zusam­men­wach­senden Welt überall fällig werden wird. Das beweist schließ­lich auch der Schweizer Volksentscheid.

  25. ati

    Ja, viel­leicht muss darüber noch geredet werden.
    Das Poster aber, und das habe ich in meinem ersten Kommentar vergessen, ist völlig beknackt, dumm und platt.

  26. carrois

    Guten Morgen.

    Eine solche Welle der Empörung sah ich nicht voraus.
    Ich will niemanden in seinen Empfindungen verletzen, wie es das Plakat der Schweizer Initiative zum Verbot des Baus von Minaretten getan hat.
    Drum entschul­dige ich mich hier für die Veröffentlichung die, wenn auch nur auf indi­rektem Weg, anscheinen bei den Beteiligten der Diskussion sehr ernst genommen wurde.
    @Chaim: Nein, ich meine etwas ganz anderes. Strömungen und Meinungen gerade in einer von Medien über­flu­teten Welt können, sollten die regu­lie­renden Kräfte eines demo­kra­ti­schen Staates nicht greifen, auch diesen in eine Richtung zwingen, die ich so für ein Land mitten in Europa nicht für erstre­bens­wert halte.
    Da ich auf Deiner Seite heraus­lese, dass wir im Grunde der selben Ansicht sind, Du aber ebenso wenig Verständnis für die grafi­sche Umsetzung zeigst wie viele hier, werde ich den Eintag von meiner Seite entfernen.

    Wie oben bereits erwähnt, entschul­dige ich mich bei allen die sich persön­lich durch das Bild belei­digt fühlten. Danke denen, die den kari­ka­tu­ris­ti­schen Hintergrund sahen.

  27. Chajm

    Es gibt eigent­lich zwei Leitkulturen:
    Leitkultur als vermeint­li­chen Mainstream in den hinein assi­mi­liert werden soll. Das ist die Leitkultur, die gerne herbei­phan­ta­siert wird. Sie ist jedoch nichts, was die Mehrheitsgesellschaft von irgend­einer Gruppe einfor­dern kann. Was ist in Deutschland die Mainstreamkultur?
    Für das Leben in der Bundesrepublik gilt eigent­lich nur, dass man sich an die geltenden Gesetze zu halten hat. Mehr fordert der Staat auch von den »Altbürgern« nicht und dementspre­chend kann er mehr nicht von den »Neubürgern« nicht mehr erwarten.
    Die Leitkultur, die Bassam Tibi ursprüng­lich beschrieb meint ja eine Orientierung auf Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft. Das ist ja auch im verlinkten Wikipediaartikel verar­beitet worden. Die meisten dieser Punkte sind über das Grundgesetz und die anderen geltenden Gesetze bereits erschlagen. Was den Bereich der Aufklärung angeht: Da sind auch »Mainstreambürger« noch abseits von Wegen unter­wegs, welche die Aufklärung ange­legt hat.

  28. Chajm

    @carrois Niemand hat verlangt, dass wir bezüg­lich der Umsetzung einer Meinung sein sollten! Ich verstand Deinen Entwurf als Beitrag zur Diskussion um diese Minarettgeschichte und habe ihn als solchen disku­tiert. Niemand verlangt aber zwangs­läufig, dass wir einer Meinung dies­be­züg­lich sein müssen. Andere Kommentatoren und Betrachter waren ja gänz­lich anderer Meinung. Zumindest scheint ja in der Betrachtung des Gegenstands selbst Einigkeit zu herr­schen. Selbstzensur ist viel­leicht nicht der smar­teste Schritt.
    Löschen würde ich es nur, wenn es recht­liche Probleme geben könnte … nicht alles gefällt immer allen!

  29. hans

    ich seh da nix … wo denn?

  30. ati

    @carrois Chajm hat Recht.

    @chajm Ich frag mich nur, wozu der Begriff Leitkultur? Die deut­sche Gesellschaftsordnung ist ausdrück­lich plura­lis­tisch und schützt die Andersartigkeit von Minderheiten. Mich wundert deshalb, warum niemand jemals auf die Idee kommt zu sagen: „Hey, wir sind plura­lis­tisch, klar wollen wir Moscheen, Minarette, Kopftücher, Punks, Freaks und alles was nicht gegen die guten Sitten verstößt. Aber Organisationen, die sich mit der Aushebelung des Staates befassen, wird unser Verfassungsschutz beobachten.“
    Das wäre doch mal was!

  31. Chajm

    @ati Das frage ich mich auch. Deshalb stellte ich den Begriff und seine Verwendung ja in Frage. Meine Antwort bezog sich auf Ivo.
    Was Du schreibst bzgl. des Pluralismus ist genau das, was ich persön­lich als ideal empfinde.

  32. christoph

    symbo­lis­ti­sche plakate gegen rechts tendieren dazu, beson­ders schlimmes weil beson­ders eitles kunst­hand­werk zu sein. alles, was nichts mit fakten und aufklä­rung zu tun hat, sollten grafik­de­si­gner sich bei diesem thema verkneifen.

  33. fabsen

    @31: moin hans, r. carrois hat das vermeint­liche bild aus seinem blog entfernt. :|

  34. HD Schellnack.

    >alles was nicht gegen die guten Sitten verstößt
    Wie defi­niert man das und inwie­weit ist «die Sitten» denn anders als «die Leitkultur»? Hinter beidem steht ein – diffuser- Begriff von dem, was man in einem Land als grobe Grenzen des Zusammenlebens, als unaus­ge­spro­chenen sozialen Kontrakt versteht. Da jeder den etwas anders auslegt fangen die Probleme meist dann an, wenn man versucht, das in feste Worte zu fassen.

    Was die Schweiz angeht, so ist es ja keine neue Erkenntnis, dass das Land einen oft von außen selt­samen Mix aus konser­vativ und progressiv fährt, mal verblüf­fend welt­offen und modern, mal gnadenlos reak­tionär wirken kann. Insofern über­rascht ein solches Abstimmungsergebnis – vor der Folie der derzei­tigen Wirtschaftslage zumal – nicht so sehr, es drückt einfach Ängste und Vorbehalte aus, die man so oder anders auch in anderen Ländern hat. Ein Tayyip Erdogan, der in Köln Integration mit Assimilation gleich­setzt und diese wiederum als Verbrechen bezeich­nete, muss doch im Grunde verstehen können, wenn andere Völker ähnlich ethno­zen­trisch denken wie er selbst.

    Es gilt also weniger, einen Volksentscheid, der einem poli­tisch nicht liegt (und der in der Tat unglück­lich ist) als «faschis­tisch» zu brand­marken (ohnehin ein entsetz­lich abge­nu­delter Vorwurf, der ist jeder Wiederholung an Kraft verliert und zugleich den Holocaust rela­ti­viert, weil ja anschei­nend jeder Pieps heute «faschis­tisch» ist). Wichtiger ist, zu über­legen, was bei einem Volksentscheid zu solchen Vorbehalten führt – und das ist keine einsei­tige Sache, sondern ein dyna­mi­scher Prozess. Wenn man irgend­etwas aus diesem Ergebnis ziehen kann, dann die Aufforderung, Integration auf beiden Seiten ernst­hafter und aktiver zu betreiben.

  35. Alex

    „Über 57 % der schweizer Wahlberechtigten hatten einen billigen rechten Reflex.
    Das ist beängstigend.“

    In Deutschland wären es aber um die 80%

    Hackt mal nicht auf die Schweizer ein…

  36. Phil

    Viele Menschen meinen Multi-Ethnisch und sagen Multi-Kulti. Es ist unser Recht unsere Kultur bewahren zu wollen.

  37. Toto

    Das Nazi-Etikett für alles, was vermeint­lich „rechts“ von der eigenen Gesinnung posi­tio­niert ist, ist nicht nur plump, sondern auch dumm. Eine Aversion gegen Minarette mit Angriffskrieg und Judenvernichtung gleich­zu­setzen, ist außerdem geschmacklos. Ein wenig Toleranz sollte auch ein wenig „rechts“ des eigenen Tellerrandes zu finden sein – dort tummeln sich auch Menschen, die denken können und ein Recht auf eine – nicht zu verun­glimp­fende – Meinung haben. Der Spruch „Wehret den Anfängen“ zeugt auch von wenig Geschichtskenntnis, denn die histo­ri­sche Situation ist heute eine völlig andere und entbehrt sämt­li­cher Ursachen, die Voraussetzung für den Aufstieg des NS-Regimes waren.

    Vielleicht sollte man lieber, den Gedanken voraus­ge­setzt, dass es in der Schweiz selbst­ver­ständ­lich keine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Mehrheit gibt, einmal über die Hintergründe nach­denken, denn diese sind kultur­his­to­risch zu sehen. Hierbei geht es insbe­son­dere um das Status- und Machtsymbol, für das die Minarette (um Moscheen geht’s ja gar nicht) stehen. So darf man einmal an die histo­risch geprägten Ängste vor einer arabi­schen Expansion (etwa die Belagerung Wiens) erin­nern, vor deren Hintergrund es durchaus unsen­sibel ist, im Alpengebiet Minarette zu bauen.

    Ein Verbot als Reaktion auf diese Strapazierung von Toleranz ist natür­lich keine ange­mes­sene Lösung (und wird auch keinen Bestand haben), dennoch sollte man ein wenig Verständnis für die grund­le­genden kultu­rellen Ängste offen­sicht­lich nicht uner­heb­li­cher Teile der Schweizer Bevölkerung aufbringen können. Dies wäre ein weitaus viel­ver­spre­chender Ansatz, als mit der Antifa-Keule ins Leere zu hauen.

  38. ati

    @HD Schellnack
    Gute Sitten ist ein juris­ti­scher Begriff und nicht schwammig:
    http://​de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​G​u​t​e​_​S​i​t​ten

  39. Ole

    Oha, an dieser Stelle mit einer geschicht­lich tief­ver­wur­zelten Furcht vor einem „arabi­schen“ – oder sagen wir viel­leicht histo­risch korrekter „osma­ni­schen“? – Expansionsdrang um Verständnis zu werben und auf der anderen Seite die popu­lis­ti­sche Antifa-Keule anzu­pran­gern, ist auch nicht gerade unplump. Ist es nicht viel eher so, dass Angst vor dem Fremden und vor Veränderung gerade in Landstrichen gut gedeiht, wo es beson­ders wenig Kontakt zu anderen Kulturkreisen gibt? Das kann man hier­zu­lande ja auch schön beob­achten … So viel zum Thema Tellerrand.

    Ich hätte mir ein intel­li­gen­teres Plakat gewünscht. Schade. Ich frage mich, warum es hier über­haupt gepostet bzw. verlinkt worden ist?

  40. Torsten

    Also hier fallen Begriffe da wird mir ganz schwindelig.
    Vielen rate ich hier lieber nur die Form zu beur­teilen und nicht den Inhalt. Ist es z. B. mora­lisch (ich mag diesen Begriff nicht sonder­lich) besser für Konzerne zu arbeiten als gegen Minarette zu sein? Ich finde es viel inter­es­santer wenn wir bei uns bleiben und nicht in fremden Gärten wildern.

  41. carrois

    … ein intel­li­gentes »Plakat« hätte ich mir auch gewünscht, habe aber keines hinbe­kommen. (sissy’s [11.] Vorschlag war gut, hätte ich mal so machen sollen). Es ist nur eine Portable Network Graphic (png) mit 424×254 Pixeln* heraus gekommen, die weder im öffent­li­chen Raum hing, noch zu einer streit­baren poli­ti­schen Meinungsäusserung aufrief, die ich wieder zurück­ge­zogen habe, um niemanden persön­lich zu belei­digen und die sich ledig­lich als Reaktion auf das ekel­hafte Wahlplakat das zum Volksentscheid und dessen Ausgang bezog. Eine Karikatur der Schweizer Flagge. Noch nicht mal mit ernst­zu­neh­menden Haken, sondern Häkchen, als Anstoß sozu­sagen: Hey, hier scheint etwas abzu­laufen, das wäre doch kritisch zu betrachten.
    Nein, große Empörung über ein kleines Bild.

    *Die Summe der Quersummen der beiden Seiten ergibt 21. Was immer das wieder bedeuten könnte …

    @42: … ja, weiss ich, kenne ich. Ich habe auf der Suche nach Vergleichbaren von 1935 bis heute Unmengen andere ähnliche Karikaturen gefunden. Ich habe nie behauptet das erfunden zu haben.

    Hier etwas substan­zi­el­leres zum Thema
    Nichts geht je verloren

    noch etwas satirisches
    Link 1
    Link 2

  42. HD Schellnack.

    Ati – ich glaube nicht, dass «Sitten» oben im BGB-Sinne gemeint war, dann hätte es mit «Leitkultur» nun gar nichts zu tun. Die Straßenverkehrsordnung eignet sich auch nur bedingt als Thema für Integrationsthemen. Worum es ging, ist die Tatsache, dass nahezu jedes Land eine Art extrem schwam­miger gefühlter Identität hat, und dass es aber extrem schwierig bis unmög­lich ist, diese zu fassen oder gar zum Standard zu erklären. Was nebenbei aus meiner Sicht eher eine gute Sache ist, mir wäre unwohl, wenn mir die Regierung eine «Leitkultur» ins Leben defi­nieren würde und ich glaube, so dumm wäre auch niemand wirklich.

  43. Jamie Oliver

    ich muss viel­leicht als betrof­fener schweizer auch was dazu sagen: 1. das Plakat für die Initiative wurde in einigen Städten wegen ihrem Inhalt verboten, in einigen Städten wurde ein verbot dissku­tiert. leider konnte man das Plakat nicht gesammt­schwei­ze­risch verbieten , aber es wurde versucht. die plakat­ge­sell­schaft gingen wegen Vandalismus soviele Plakate verloren dass die Druckerei nach­dru­cken musste. beides ist einmalig und noch nie dage­wesen in der Schweiz , ich finds daher komisch wenn der Urheber der gegen­pla­kate sagt niemand hätte sich in der Schweiz gegen die Plakate gewehrt und es nicht schreck­lich gefunden.
    2. es stimmten wirk­lich umso mehr Leute der Initiative zu umso weniger Kontakt sie mit Muslimen hatten
    3. popu­lis­ti­sche Plakate arbeiten mit den glei­chen Mittel wie faschis­tis­ti­sche Plakate.
    4. in der Schweiz hat niemand die Annahme erwartet, gerade weil es so rechts ist.

  44. carrois

    @Jamie

    Danke, dass Du Dich hier zu Wort meldest.
    Gut auch die erfreu­liche Nachricht des offenen Widerstands gegen die Plakate. Klingt alles schon viel realer und rückt einiges ins »rechte« Licht, … besser ins rich­tige Licht ;)

    Plakate, zumin­dest poli­ti­sche, arbeiten meist mit popu­lis­ti­schen Mitteln. Anders würden sie kaum Wirkung erzielen, oder kaum die Wirkung erzielen, die sich die Auftraggeber der Plakate vorstellen.
    Ich als Urheber des disku­tierten Bildes oder Plakates (wie immer auch es nun hier bezeichnet wird) habe ja schon versucht meine »grafi­sche Interpretation« zu erklären, sie in den rich­tigen Kontext zu setzen. Von der Wirkung war ich auch über­rascht … warum auch immer ich nicht damit gerechtet habe …

    Zu 2. Deiner Liste: gibt es so was wie eine Wahllandkarte? Würde mich sehr interessieren.
    Zu 4. Das hat wohl auch ausser­halb der Schweiz kaum jdm erwartet.

  45. jamie oliver

    Es gibt eine Wahlkarte: http://​bazon​line​.ch/​s​c​h​w​e​i​z​/​s​t​a​n​d​a​r​d​/​5​7​-​P​r​o​z​e​n​t​-​s​a​g​t​e​n​-​J​a​-​z​u​m​-​M​i​n​a​r​e​t​t​V​e​r​b​o​t​/​s​t​o​r​y​/​3​1​7​8​5​289

    Stadtkantone wie Basel oder Genf haben die Initiative abge­lehnt, Landkantone wie Appenzell mit prak­tisch keinen Muslimen ange­nommen. Bei Kantonen wie Zürich hat die Landbevölkerung das Ergebnis der Stadt (ca 35% Befürworter) auf 51,8 % gedrückt…

    Scheinbar haben viele streng gläu­bige Christen und auch viele femi­nis­ti­sche Frauen ein Ja in die Urne geworfen. Die rechts­ge­richtet SVP kommt norma­ler­weise auf einen Wähleranteil von höchs­tens 30%.

    Stein des Anstosses war übri­gens das Minarett in Wange nähe bei Olten. Wer wie ich das Minarett schon mal in echt gesehen hat wird ob der Verhältnismässigkeit lachen. Das Minarett ist sehr sehr klein und von weitem kaum zu sehen.

    Infos gibts auch auf Wikipedia (auch mit Abstimmungsergebnisse:http://​de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​S​c​h​w​e​i​z​e​r​_​M​i​n​a​r​e​t​t​s​t​r​eit

  46. Ole Schäfer

    … nur um Unklarheiten zu besei­tigen: der «Ole »(42) bin nicht ich. Zu dem Zeitpunkt saß ich im Bauhausclub in Dessau …

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