Spark bringt Schönschrift auf Low-Tech-Displays
Pünktlich zur Elektronikmesse CES in Las Vegas haben unsere Kollegen bei Monotype in Woburn (Massachusetts) eine neue Font-Technologie-Umgebung veröffentlicht, die es erlaubt, – vereinfacht gesagt – dem ›Internet der Dinge‹ typografisch auf die Sprünge zu helfen. Mit dem Spark™ Font-Baukasten ist es erstmals möglich, mit wenig Code, wenig CPU-Power und wenig Energie skalierbare Schriften auf simplen Displays zu realisieren. Das Internet der Dinge ist das zentrale Thema der diesjährigen CES, die sich in Referaten und auf Messeständen intensiv der Anbindung von Geräten ans Netz widmet.
Der Präsident von Samsung, Boo-Keun Yoon, widmete fast seine gesamte Keynote der Vernetzung von Alltagsgegenständen. Sie habe das Potential, die ganze Gesellschaft zu transformieren. Um seinen Thesen mehr Gewicht zu verleihen, holte Yoon den amerikanischen Ökonomen und Soziologen Jeremy Rifkin auf die Bühne, der eine »Ära der Superkonnektivität« ausrief. Beide Referenten beschrieben Szenarien, die Samsung mit seinen Produkten noch in diesem Jahr möglich machen wolle … mit vernetzten Geräten wie elektrischen Zahnbürsten, Personenwaagen, Kühlschränken oder Espressomaschinen, die alle über kleine Bildschirme ihren »aktuellen Gemütszustand« spiegeln um ihn anschließend zu senden.
Das Problem, vor dem zur Zeit viele Ingenieure stehen: die meisten Haushaltsgeräte sind digitale Analphabeten, die mit voll grafikfähigen Touchscreens, wie wir sie alle lieben, nicht nur gnadenlos überfordert wären sondern auch hoffnungslos teuer würden. Als Alternative bieten sich simple Digitalanzeigen mit fixen Pixelfonts an, die zwar den Charme eines Kraftwerk-Album-Covers der 1980er Jahre verbreiten, aber als vernetztes High-Tech-Tool im Elektronikmarkt nur schwer vermittelbar sind. An dieser Stelle kommt Monotype Spark ins Spiel, das quasi grafikfähige Typografie (= skalierbar aus Vektordaten errechnet) auf Low-cost-Displays ermöglicht.
Anzeigequalität von gestern, heute morgen auf dem Weg ins Büro festgehalten: fixe Bitmap-Fonts informieren im KFZ-Display über die empfangbaren Radiostationen … raumgreifende 1980er Jahre Font-Technologie auf einem 5-Zoll-Bildschirm Baujahr 2007
Mit der Hilfe von Monotypes Spark müssen sich die Entwickler elektrischer Geräte keine Gedanken mehr über Rechenpower oder Speicherkapazität machen. Das System umfasst die Software-Komponenten iType® Spark und WorldType® Shaper Spark, sowie einen Satz optimierter Fonts, darunter Avenir®, Burlingame®, Frutiger®, Helvetica® und Univers®. Die iType-Komponente erlaubt den Entwicklern, Schriftzeichen aus hochwertigen TrueType-Fonts zu skalieren und zu rendern, einschließlich Auto-Hinting in Echtzeit, so dass Texte einfarbig oder in 8-Bit-Graustufen ausgegeben werden können. Dies alles erfordert nicht mehr als 20 KB RAM-Speicher und spielt sich mit einem Code-Volumen von rund 100 KB ab (für einen ARM Prozessor).
Die WorldType-Shaper-Software hilft dabei, die benötigten Zeichensätze und Zeilenumbrüche für »exotische« Absatzmarktes sicher zu stellen, zum Beispiel wenn komplizierte und bidirektionale Skripte wie Arabisch, Thai oder Devanagari auf Low-End-Geräten abgebildet werden müssen. Schon jetzt unterstützt Spark, neben den westlichen Sprachen, Chinesisch, Japanisch, Koreanisch und Arabisch. In der Grundausstattung beansprucht WorldType lediglich 5 KB Rechenspeicher und Platz für 118 KB Programmcode.
Selbst Instrumente mit wenig Rechenpower können dank Monotypes Spark im Internet der Dinge mit kristallklaren, skalierbaren Textnachrichten kommunizieren
Eine skalierbare Schriftlösung dieser Qualität stand Ingenieuren, die Geräte mit wenig Speicherleistung und geringer CPU-Auslastung entwickeln, bisher nicht zur Verfügung. Mit Spark können erstmals kostengünstige und qualitativ hochwertige Textdisplays realisiert werden, die mehrere Sprachen und diverse Schriftgrößen im Rahmen einer minimierten Hardware-Umgebung unterstützen.
»Die Kunden von heute haben einen hohen Anspruch an das User-Interface ihrer Geräte – egal, ob es dabei um Displays im Auto, auf neuen Fitnessarmbändern oder die Anzeige auf einer Insulin-Pumpe geht«, erläuterte Geoff Greve, Vice President Type Operations bei Monotype, anlässliche der Vorstellung von Spark am vergangenen Montag. »Bisher waren Designer und Ingenieure in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt. Es war nicht möglich, flexible und skalierbare Text-Displays für Geräte mit geringer und mittlerer Rechenleistung zu entwickeln, ohne viel Arbeitszeit und höhere Kosten in zusätzliche Hardware oder Speicherkapazität zu investieren. Unsere Spark-Lösung gibt nicht nur den Texten auf Displays ein besseres Aussehen, sondern sie erlaubt zudem den Geräteherstellern, ihre Entwicklungskosten gering zu halten, weil sich eine Instrumentenserie sehr leicht mit anderen Sprachen und neuen Zeichensätzen für internationale Märkte skalieren lässt.«
Das Tolle an der neuen Technologie: jeder Interface-Ingenieur kann sie sofort selbst ausprobieren. Auf spark.monotype.com steht Monotype Spark mit vorgefertigte Binärdateien für eine breite Auswahl an Plattformen zum Download kostenfrei zur Verfügung. Das Download-Paket enthält ein Handbuch und Demofonts. Lizenzen zur kommerziellen Nutzung können ebenfalls später direkt online erworben werden. Kunden bekommen auch die SDK Quellcodes, wenn sie es bevorzugen, selbst zu portieren oder Anpassungen vorzunehmen.
17 Kommentare
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Tom
Endlich!
Eine Zahnbürste, die mir anzeigt, wie lange ich die Zähne geputzt habe. Sogar in skalierbarer Schönschrift. Wunderbar. So etwas braucht die Welt.
Ob das
Löschen des Textes an dieser Stelle die Welt retten wird oder neue Kunden bringt? Aber radikalisieren kann so ’ne Handlung schon den einen oder anderen. Frankreich zeigt dieser Tage das Resultat daraus.
Die zu Recht
beanstandeten sind eben auch Kunden von Fonts. Und wie ist das mit der einen Krähe gewesen, die der anderen kein Auge raus hackt?
Jürgen Siebert
Du musst nicht warten … es gibt sie schon, aber sie benötigt ein Smartphone, weil ein eigens Display noch zu aufwändig wäre: http://www.oralb-blendamed.de/de-DE/oralb-smartseries-elektrische-zahnbuerste-mit-bluetooth
Kurt
Hehe!
Alex
Eigentlich ein Wahnsinn, irgendwie alles mit IPhone darstellen zu müssen… Aber die im Blog erwähnten Schriftart gefällt mir echt gut!
Alex
Als ehemaliger
Neumann-Schüler bin ich zwar kein Schriftdesigner, Layouter, aber ein Wörtchenschupfer. Trotzdem habe ich auch dort lernen müssen, dass man Schlagzeilen, für die, die kein Deutsch mehr verstehen: Headlines, nicht in Großbuchstaben setzt. Und wenn, dann eben in großen und kleinen Großbuchstaben; deshalb weiß ich zwar, wegen des Fotos, dass es sich um eine Zahnbürste handelt, aber ich weiß nicht, was in dieser miesen Werbung geschrieben worden ist. Uwe sei Dank; nämlich dass ich nichts mehr lese, schon sobald es auch nur damit beginnt, die Kommunikation zu unterbrechen. Sei es wegen solcher groben Darstellungsfehler, die mir das Lesen erschweren, oder auch wegen einer Grammatik wie sie zum Beispiel im Satz „Dabei ist alles“ zu sehen, hören et cetera ist. Alleine die Frechheit der Kundenverarschung dahinter ermöglicht es mir immer mehr Geld anzusparen, weil ich bei solchen Konzernen einfach nichts kaufe. Wer mich als blöd empfindet, hat auch kein Recht mit mir Geld zu verdienen. Dazu gehören zum Glück immer mehr Konzerne, weil es zwar schwierig zu bestehende universitäre Ausbildungen gibt, die allesamt außer schwierig zu sein aber Folgendes nicht mehr können: den Schülern real wirkende sowie wichtige Inhalte vermitteln. So kommen viele Pfeifen also an die tollsten Jobs. Gut, dass in Konzernen ebensolche sitzen, da dann Qualitätskontrolle keine Rolle spielt und das Geld einfach so in die Luft geblasen wird wie im Beispiel oben.
Tom
Super. Dafür lohnt es sich ein paar neue Windparks zu bauen.
Energie
kommt nicht nur von Windparks: https://www.youtube.com/watch?v=Vi41zAu4FfM – Sie kommt vom tiefsten Geiste, und wird doch nicht immer sinnvoll eingesetzt. Besonders kaum vom Menschen, wie Psychologen ständig unterstreichen.
Jürgen Siebert
Volltreffer. Zwar verursacht ein iPhone im Jahr nur 1 € Stromkosten (Quelle), aber ein Minidisplay in der Zahnbürste mit der ressourcensparenden Spark-Technologie erspart das Einschalten des iPhones. Synchen: bei Bedarf.
Jo
Bringt doch aber alles nicht viel, solange die Displays eine miese Auflösung haben… Dann kann die Schrift noch so toll rendern. 1 fetter Pixel bleibt 1 fetter Pixel. Oder etwa nicht?
Kurt
Etwas über Pixel!
gadgets
Eine recht ausgewogene Diskussion zum Thema „Internet of Things“ zwischen Rem Koolhass und Tony Fadell (Nest) sei hier empfohlen:
http://www.archdaily.com/583642/video-rem-koolhaas-and-nest-ceo-tony-fadell-on-architecture-and-technology/
http://video.vanityfair.com/watch/tony-fadell-and-rem-koolhaas-on-design-in-the-digital-age
Mirko
Wow, die haben ja alle keine … Wie bei dieser live gesungenen Textänderung, weswegen er zu lachen begonnen hat: Nein, nicht Kathy Westmorelands hoher Gesang ist dafür verantwortlich gewesen, wie fast alle möglichen Zeitungen und Zeitschriften mit ihren schönen Schriften drucken. Schöne Schriften machen Reporter eben – wie die Unis, die sie besuchten – nicht unbedingt klüger.
Wenigstens wollen Wissenschaftler (?) bewiesen – ich meine, man spräche besser von bezeugt – haben, dass Männer mit weniger davon, nicht nur maskuliner und auch klüger seien, sondern auch bei den Frauen – gerade deswegen – besser ankommen würden.
Mirko
Korr.: Meine bisher im Kopf gesessen habende Information bezüglich der Elvis oft begleitet habenden Sängerin Kathy Westmoreland stimmt nicht auf diesen Auftritt zu passen.
Die oft fälschlich für den Lachkrampf verantwortlich gemachte Sängerin soll bei diesem Auftritt Emily (Cissy) Houston gewesen sein. Mehr Infos über diese Person findet sich im nachfolgenden Text: Klickst du da!
„… scheint
nicht … zu passen …“ oder „… stimmt nicht mit diesem … überein …“
gadgets
Die Spark Webseite ist leider sehr auf Entwickler/Ingenieure ausgerichtet und bietet wenig Info für Gestalter. Ich kann damit bisher wenig anfangen.