Fontblog Artikel im August 2012

Das London-2012-Logo: Ein Fazit

Was wurde geschimpft und geläs­tert über das Londoner Olympia-Logo, als es am 4. Juni 2007 erst­mals vorge­stellt wurde (Fontblog berich­tete: Das Olympia-Logo 2012 ist für alle da). Bereits ein Tag später habe ich das freie Konzept (das 1 Jahr später verworfen wurde) hier im Fontblog vertei­digt: London 2012 will doch nur spielen. Die Debatten waren heiß und span­nend, führten aber nicht weiter. Daher lautete mein Fazit am 11. Juni 2007 »Freiheit nicht erwünscht … Designer mögen es eher dikta­to­risch«. Diskussion beendet.

Zu den stärksten Kritikern der London-2012-Identity gehörte die briti­sche Designpresse, allen voran Creative Review und Design Week. Letztere feiert das einst »Scherbenlogo« getaufte Signet heute als Design-Ikone (London 2012 design icons – the Olympic logo) und schreibt wört­lich: »Klug, ener­gie­ge­laden und leicht unprak­tisch … es reflek­tiert London.« Nur Schade, heißt es weiterhin, dass es über mehrere Jahre »wie eine Briefmarke einge­setzt wurde«, anstatt mit ihm zu spielen. Als einzigen Ableger der Ursprungsidee erin­nert das Magazin an ein adidas-Video von Matt Pyke (Universal Everything), das vor 3 Jahren entstand:

London 2012 Olympics / Adidas launch from Universal Everything on Vimeo.

Creative Review wirbt heute im Blog für seine aktu­elle Print-Ausgabe, in der sich Adrian Shaughnessy ausführ­lich mit dem London-2012-Logo und seinen Machern beschäf­tigt, die erst­mals offen über den Entwurfsprozess reden. In einem Vorwort zeigt sich CR-Chefredakteur Patrick Burgoyne versöhn­lich: “I still can’t bring myself to love it and I do think that the goals of 2012 could have been achieved with some­thing more appe­aling. But I abso­lutely admire the thin­king behind what Wolff Olins did for 2012. They set in motion, from the very begin­ning, a prin­ciple that London would reinvent what it means to host an Olympic Games. That prin­ciple succeeded brilliantly.”

Fazit: Weniger meckern, mehr wagen, Neues akzeptieren.


Und noch mal: Die vorbildliche Website von Zwölf

Weil’s so schön war: Auch heute wieder eine Website, die mir gefällt. Sie löst eine vergleich­bare Aufgabe wie das gest­rige Beispiel, jedoch anders. Stefan Guzy schrieb mir eben dazu: »Wir haben mal unser Online-Portfolio aktua­li­siert und ein paar neue typo­gra­fi­sche Projekte und Fotos aus der Werkstatt hoch­ge­laden. Ein Videointerview gibt’s auch: zwoelf​.net/​p​o​r​t​f​o​lio. Beste Grüße«

Die beiden letzten Beiträge basieren übri­gens auf offi­zi­ellen (Presse)-Mitteilungen, die auch andere Medien und Blogger erhalten haben. Ich schreibe am liebsten über Dinge die mir gefallen und Dinge die mir miss­fallen. Mittelmäßiges versandet. Gefälligkeiten für Freunde kommen mal vor … die beiden letzten Artikel gehören defi­nitiv nicht dazu.


Die vorbildliche Website von Katharina Gaenssler

Der Münchener Designer Bernd Kuchenbeiser hat mich eben per Mail darüber in Kenntnis gesetzt, dass er die Website der Fotokünstlerin Katharina Gaenssler neu gestaltet habe. Ich bekomme öfters solche Mitteilungen. Dann schaue ich mir die Arbeit an, und entscheide ich, ob es sich lohnt die Nachricht weiter zu erzählen. Da ich mich schon lange nicht mehr so ausdau­ernd in eine grafi­sche Arbeit vertieft habe wie eben, muss es sich um eine mittei­lens­werte handeln.

Ich hätte mir die 1777 Abbildungen von Katharina Gaenssler kaum so lange ange­sehen, wenn sie von Kuchenbeiser nicht so elegant ins Web gebracht wurden. Wunderbar, wie eine klare Gestaltung in das Werk der Künstlerin hinein­zieht. Wunderbar, wie man wieder heraus­kommt. Wunderbar, wie man anschließen noch tiefer hinein­ge­zogen wird. Danke dafür. Zur neuen Website von Katharina Gaenssler …

Warum gibt es eigent­lich so wenig gut/themengerecht gestal­tete Websites für Fotografen?


Berlin: Die besten Nachwuchs-Schriftentwürfe 2012

Wenn es in Europa um die Ausbildung zum diplo­mierten Schriftentwerfer geht, führt der Weg zwangs­läufig zu einer dieser beiden Hochschulen:  University of Reading oder die Koninklijke Academie van Beeldende Künsten. Über die Abschlussarbeiten des Jahrgangs 2011/2012 in Den Haag hatte ich an dieser Stelle bereits berichtet (Die Type-and-Media 2012 Abschluss-Schriften), einen Eindruck von den Abschlussarbeiten in Reading liefern die Websites Spread The Word 2012 (Bachelor) und Infobook 12 (Master).

Berliner Schriftenfreunde haben ab heute Abend die Gelegenheit, die besten neuen Type-Designs live in der Mota-Italic-Galerie zu bewun­dern. Die Veranstalter Sonja und Rob Keller schreiben dazu: »Wir zeigen im Anschluss ans letzte Jahr die dies­jäh­rigen Abschlussarbeiten der Type-Design-Masterstudiengänge aus Reading und Den Haag. Die gemein­same Ausstellung der beiden in Europa führenden Universitäten gibt eine erste Vorschau auf die neuen Schriftdesigns.«

Mastering Type 12 ist bis zum 15. September zu sehen. Die Vernissage ist heute abend ab 18:00 Uhr, Schliemannstr. 34.

Online-Satz: Regeln und Sonderzeichen Spickzettel

FontShop Spickzettel_Mac

Wer die Sonderzeichen nicht im Kopf hat, den führen FontShops Spickzettel-PDFs für Mac oder PC schnell zu  den wich­tigsten Tastenkombinationen:

Spickzettel für den Mac

Spickzettel für den PC

Sonderzeichen & Satzregeln sind durch die Online-Gestaltung mit Webfonts wieder topak­tuell. Der Begriff Satzregel kommt übri­gens von setzen (Schriftsatz, einen Text setzen) und nicht vom gram­ma­ti­ka­li­schen Satz als Wortgefüge. Zu Bleisatz- und Fotosatzzeiten war das Setzen ein Beruf, den es heute nicht mehr gibt, weil wir alle das mit links bzw. mit unserer Computertastatur selbst erledigen.

Hier eine Liste mit zehn Satzsünden, die uns häufig in Online-Texten begegnen und Tipps, wie man sie vermeidet:

  1. Falscher Apostroph: bringt’s nicht statt bringt’s nicht. So ist´s genauso falsch.
  2. Deppenapostroph, wie in PC’s oder auf’s: Hier gehört über­haupt kein Apostroph hin!
  3. Falsche Anführungen: Man schreibt nicht „Sonne“ sondern „Sonne“ (oder biblio­phil »Sonne«).
  4. Satzzeichen in Zitaten einschließen: Sie rief: „Wie schön die Sonne scheint“, und öffnete die Vorhänge. Das Satzzeichen des Zitates steht vor dem abschlie­ßenden Anführungszeichen, das Satzzeichen des Begleitsatzes außerhalb.
  5. Trenn-zeichen satt Gedankenstrich: – schon mal darüber nach­ge­dacht, per Divis statt Komma für Abwechslung zu sorgen?
  6. Zwei Trennzeichen — statt Gedankenstrich: – geht’s noch? Hierzu passend: Zwei ,,Kommas oder Apostrophe‘‘ statt echter „Anführungszeichen“.
  7. ß zwischen GROßBUCHSTABEN = KRASS!
  8. Unterstreichungen zum Hervorheben: auch fürs Web gibt es Bold- und Kursivschnitte.
  9. Falsche Brüche: – wie 1/2 oder 1/3 – statt ½ und ⅓.

* * *

Weitere Tipps: Eine umfas­sende Liste von in über­sicht­li­chen Rubriken ange­ord­neten Tatstaturkürzeln für Sonderzeichen bietet Christoph Köberlins Site Typefacts.

Als Einführung in den Satz empfehlen wir: Apfel i, unseren kompakten Ratgeber und Nachschlagewerk für die (typo)grafische Gestaltung. Die Printauflage ist vergriffen, kann aber als PDF-Dokument heran­ge­zogen werden.

Wer Tastenkombinationen scheut, kann Sonderzeichen auch per Copy und Paste einfügen. Copypaste character bietet eine Punctuation-Zeichensammlung an – vorsicht: nicht jedes Zeichen ist auf jedem Rechner instal­liert. Es kann zur unschönen Quadrat-Darstellung von fehlenden Zeichen kommen. Tastenkombinationen sind sicher.


Frismakers Festival kommt nach Berlin

Am 5. September 2012 findet im MetaHaus von 9:00 bis 19:00 Uhr das erste Frismakers Festival in Berlin statt. Die Veranstaltung basiert auf kurzen 300-Sekunden-Präsentationen durch die Teilnehmer, einer Workshop Session, sowie anschlie­ßendem Networking. Die teil­neh­menden Manager und Unternehmen können bei Frismakers ihr Netzwerk ausbauen, sich inspi­rieren lassen und sich selbst, ihr Projekt, sowie ihr Unternehmen präsen­tieren. Ticket: 438,92 €.

Die Veranstalter (MetaDesign, NewThinking und Frismakers) suchen noch Manager, die ein span­nendes Projekt vorstellen möchten.


Florentinische Inline-Schmuckschrift

Die floren­ti­ni­sche Frührennaissance – Epoche des Überschwangs und der Lebensfreude – bewegte den Münchener Schriftenentwerfer Gert Wiescher als er die Inline-Script Fiorentina formte. Botticelli hätte seine Freude an den opulenten Schwüngen, Unterstrichen und Ligaturen gehabt. Unter den 655 Zeichen finden sich zusätz­liche Groß- und Kleinbuchstaben, raffi­nierte Ligaturen sowie Akzentbuchstaben für Baltisch, Rumänisch und Türkisch.

FontShop FiorentinaDie Renaissance-Elemente eines Bogens farben­frohen Geschenkpapiers aus Florenz inspi­rierten Gert Wiescher bei der Gestaltung der Fiorentina-Schmuckbuchstaben mit fleu­ronen Initial-Serifen

Zur Fiorentina-Zeichenübersicht …

Zum Gestalter: Wiescher star­tete seine Grafikerkarriere als Straßenkünstler in Paris. Via Barcelona und Johannesburg gelangte er so in seine aktu­elle Heimat München, wo er eine Werbe- und Designagentur betreibt. Neben Schriften veröf­fent­licht Gert Wiescher Bücher über Design und Typografie.

Fiorentina OT | 1 Font | 69,50 Euro (+ MwSt.)

 


Generative Text-Skulpturen für Push-Konferenz

Die Münchener Push-Konferenz widmet sich im November 2012 den Themenbereichen User Experience Design und Media Arts. Internationale Experten aus den verschie­densten Bereichen der Interactive-Branche geben Einblicke in ihre Arbeit, spielen Impulsgeber für die inter­ak­tive Kreativwirtschaft. Dieser Impuls soll sich auch in der visu­ellen Identität der Konferenz wider­spie­geln. Zu diesem Zweck entwi­ckelte der Veranstalter Envis Precisely einen Skulptur-Generator als indi­vi­dua­li­sier­bares Gestaltungselement. Auf Basis dieser Technik werden in den nächsten Wochen die Sprechertrailer sowie indi­vi­du­elle Namensschilder für die Besucher gestaltet.

Die Generator-Matrix besteht aus 3 x 3 x 3 Kuben, die in Abhängigkeit der Texteingabe auf ihren Bahnen verschoben werden. Die Entfernung, um die eine Blockreihe bewegt wird, beruht auf der Häufigkeit der einzelnen Zeichen im deut­schen Alphabet. Beispiel: Ein e versetzt die Reihe um einen Block, während ein selte­neres q einen größeren Einfluss hat. Die Position des einzelnen Buchstabens im Wort wiederum beein­flusst die Richtung, in der eine Reihe verrutscht wird. So verläuft die Verschiebungen der Blockreihe zuerst auf der x- und anschlie­ßend weiter über die y- und z- Achse. Dieser Vorgang wieder­holt sich solange der Betrachter schreibt. Der Generator wurde mit Hilfe von Three.js und CoffeeScript program­miert, damit er in allen modernen Browsern erlebt werden kann.

Generator zum Ausprobieren …