Q-type – Arbeitshandbuch für gute Typografie

Anlässlich des Jahrestreffens Forum Typografie e. V. in Bremen präsen­tierte Boris Kochan (Kochan & Partner) ein zwölf­sei­tiges Arbeitsbuch, das Qualitätskriterien für Typografie, ihre Entstehungsgeschichte und die Anliegen und Ziele darstellt, die mit diesen Qualitätskriterien verfolgt werden.

Um die Diskussion über Beispiele zur Auseinandersetzung um gute Typografie anschau­lich zu machen, liefert »Q-type« den Präsentationsrahmen für gelun­gene Exponate gleich mit. Die Idee: Beispiele in den Rahmen legen, foto­gra­fieren, kommen­tieren und im Internet zur Debatte stellen. Als Plattform für diese Diskussion ging zeit­gleich mit Fertigstellung des Buches die Internetseite von q-type online. Hier soll eine kriti­sche, öffent­liche und nicht mode­rierte Diskussion über Qualität in der Typografie ange­regt werden.

»Die offenen Qualitätsregeln für gute Typografie führen aus dem Elfenbeinturm elitärer Designtheorie mitten in den Alltag heutiger Designpraxis. Mit Q-type wollen wir zur Auseinandersetzung anregen, Regeln als Möglichkeit zur Bewertung und Verbesserung aufzeigen und damit einen Beitrag zu quali­täts­voller Typografie leisten«, ergänzt Martin Summ, Kreativdirektor bei Koachan & Partner.

Das Arbeitsbuch ist im Prokon-Verlag erschienen und kostet 23,00 Euro. Der volu­mige Buchblock besteht ausschließ­lich aus Pappe, bei dem jede Seite nach einer eigenen Laserschnitt-Schablone gefer­tigt wurde. Die Bindung besteht aus einem durch­ge­steckten Pappstreifen.


47 Kommentare

  1. Raketentim

    Na ich weiß nicht. Die Form – sie erin­nert mich ein wenig an die Papp-Bücher, die Kinder mit 3 Jahren geschenkt bekommen. Beim Studium haben wir manchmal auf dickeres Papier drucken lassen, wenn wir ein Buch opulenter wirken lassen wollten, als es tatsäch­lich war. Ich kann mir über den Inhalt dieses Arbeitsbuches noch kein Urteil bilden, aber mein erster Eindruck war: Da will jemand eine Broschüre als Buch verkaufen.

  2. Ivo

    Was mich wirk­lich aufregt, und das muss ich an dieser Stelle aus gege­benem Anlass einmal loswerden, sind Firmen, Agenturen oder sons­tige Kommunikationsexperten, die die Blog- und Portalbetreiber regel­mäßig mit derar­tigen Neuerscheinungen oder Veranstaltungshinweisen beglü­cken und sich dabei nicht einmal die Mühe machen, eine gescheite Anrede zu benutzen. Ich bin nicht »Sehr geehrte Redakteurin, sehr geehrter Redakteur« und ich will, wenn man mir eine Mail schickt, zumin­dest wissen, mit wem ich es und vor allem warum zu tun habe. Ein Satz nur, wie man auf mich bzw. meine Seite gekommen ist und dass man sich über eine Veröffentlichung freuen würde. Ich soll Sachen bewerben, die ich noch nicht einmal gesehen habe aufgrund von Anfragen, die gar keine sind, sondern Erwartungshaltungen, die Dinge gefäl­ligst vorzu­stellen, die man mir elek­tro­nisch schickt. Wo ist da eigent­lich die Gegenleistung?

    »Sollten Sie Rückfragen haben oder print­fä­higes Bildmaterial benö­tigen, spre­chen Sie mich gerne an.« Sprechen Sie mich doch bitte erstmal an. So wie sich das gehört mit Namen und dem Grund des Schreibens. Es gab Zeiten, da hat man das mal gemacht und manchmal sogar Rezensionsexemplare mit einem formalen Anschreiben verschickt. Aber die sind wohl vorbei. Das ist mir bisher erst ein- oder zweimal passiert. Solche Mails wie in diesem Fall – ich kann einfach davon ausgehen, dass Jürgen die selbe heute bekommen hat – hingegen kommen fast täglich herein!

    Jürgen, kriegst du wenigs­tens eine perso­na­li­sierte oder die Standardspammail? Und warum veröf­fent­lichst du das auch noch? Stehst du da über den Dingen? Muss man sich diese Haltung über die Jahre erar­beiten? Bitte, lass mich teil­haben, ich will doch noch etwas lernen …

  3. Jürgen

    Ich verstehe Deinen Brass. Tatsächlich bekomme ich zuneh­mend Spam-Mail dieser Art, damit muss man wohl leben, wenn man schon so lange bloggt wie wir. Ist ja schnell entsorgt, der Müll …

    Im aktu­ellen Fall war es auch so … und wenn ich Boris Kochan wäre, würde ich der PR-Agentur etwas husten. Da ich ihn gut kenne und wir uns auf der TYPO zuletzt getroffen haben, genießt er meinen persön­li­chen Schutz. Die Veröffentlichung ist allein dieser Freundschaft geschuldet.

  4. Boris Slanted

    Ivo, Du hast völlig Recht! Ich bekomme auch immer einen Haufen solcher Mails. Bei Studentenarbeiten kann ich ja noch verstehen, dass sie kein Exemplar mitschi­cken. Alle anderen Bücher usw. veröf­fent­liche ich nur noch, wenn ich sie auch wirk­lich auf dem Tisch liegen habe und mir ein Bild darüber machen kann.

  5. Tina Kulow

    @Ivo und @Jürgen: Hallo, die Email haben wir versandt und ich entschul­dige mich dafür, dass sie so einen schlechten Eindruck hinter­lassen hat. Und wir haben uns natür­lich auch bei Boris entschul­digt – denn die Neuigkeit rund um q-type ist nun wirk­lich kein Spam.
    Uns ist ein Fehler unter­laufen – doof, aber ist passiert.
    Wir bevor­zugen in der Tat eine direkte, persön­liche Kommunikation und hoffen, dass wir meis­tens Presseinformationen an Menschen schi­cken, die es auch inter­es­siert. Mit persön­li­cher Anrede. Und wir versenden auch super gerne Rezensionsexemplare – da es auch Kolleginnen und Kollegen gibt, die nicht sofort Bücher zuge­schickt bekommen möchten, hatten wir uns für eine Email und Buch auf Anfrage entschieden. So ist jeder anders, kommu­ni­ziert anders und wir werden dies in unserer künf­tigen Kommunikation berück­sich­tigen. Für heute entschul­dige ich mich noch­mals für den schlechten Eindruck, den Ärger, und ich würde mich freuen, wenn wir direkt sprechen/uns kennen­lernen – viel­leicht am Telefon?. Oder auf dem nächsten Typotag (@Jürgen Siebert wir hatten uns tatsäch­lich auf dem Typotag vor 2 Jahren kurz kennen­ge­lernt, standen beide hinten mit dem Mac….) (tk@kulow-kommunikation.com)

  6. sharif

    Was’n das hier für ein Theater?

  7. Christian

    Na, die Diskussion hier zeigt, dass die Kommunikation manchmal wich­tiger (oder domi­nanter) als das Produkt sein kann :-)

  8. Alpha-Hasi

    …äääh, und ich soll jetzt so einen Pappwinkel kaufen, gute Typobeispiele rein­legen, das ganze foto­gra­fieren und auf eine Website hoch­laden, die dann im Eigentlichen Werbung für diesen Pappwinkel ist, den dann auch andere kaufen sollen um gute Typobeispiele… ähhh…?! Bin ich der einzige, der das ’n bisserl komisch findet?

  9. Andreas

    @ Alpha-Hasi: Bist Du nicht. Und eines der vorge­stellten Beispiele macht gleich doppelt Werbung. Denn Studiosus ist doch Kunde von Kochan & Partner. Und das gezeigte Beispiel findet Martin Summ, der hier als Kreativdirektor der Agentur vorge­stellt wird, dann als »über­sicht­lich und einfach eine Augenweide«. Klar. hat er wohl auch selber gemacht. ;-)

  10. Martin Summ

    Gerne möchte ich mich als Mit-Verursacher in die Diskussion einbringen. Über die (sagen wir mal unglück­liche Form) der Veröffentlichung zu disku­tieren, halte ich für legitim und abge­hakt. Über die Form und die Idee des „Pappwinkels“ zu disku­tieren fände ich schon span­nender, nehme aber auch war, dass diese wohl nur schwer bis gar nicht verstanden oder akzep­tiert wird. Auch das geht okay für mich, denn als Designer darf man natür­lich auch kriti­siert werden.
    Was ich aller­dings verwun­dert fest­stelle ist, dass die veröf­fent­lichten »Qualitätskriterien für gute Typografie« hier anschei­nend niemanden inter­es­sieren oder zumin­dest niemand Bezug darauf nimmt. Sind diese denn allge­mein bekannt und hier passiert viel Wirbel um längst Gegessenes oder noch viel schlimmer: Keiner kennt sie, keiner braucht sie?
    Das Buch ist ledig­lich ein mögli­cher Versuch, die formu­lierten Kriterien für das Forum Typographie in Szene zu setzen und mit dem Forum eine weitere Möglichkeit zur öffent­li­chen Diskussion zu Qualität in der Typographie zu geben. Vielleicht haben wir uns dämlich ange­stellt, viel­leicht ist die Idee schlecht oder viel­leicht möchte auch keiner über gute Beispiele reden. Ich weiss es nicht, fände aber Antworten darauf sehr spannend.

    @Andreas: Wie man viel­leicht sehen kann, sind alle bishe­rigen Beispiele unter meinen Namen einge­stellt und dienen mehr als Beispiel, wie wir uns das Ganze vorstellen können. Allerdings hast du Recht, wenn du es komisch findest über eigene Arbeiten in dieser Form zu reden. Bitte nicht zu ernst nehmen. Ich nehme es gerne wieder raus, wenn der erste Fremdbeitrag drin­steht ;-) Wie wäre es denn mit einem Beitrag von Dir?

    Ich würde mich weiterhin über eine ange­regte Diskussion freuen

  11. Christian

    @ Martin Summ: Ich vermute, die Aufregung hier rührt nicht von den Gestaltungskriterien für Typografie, sondern eher von der Darstellung des Projekts, die die Adressaten nicht ganz einordnen können. Ist die Aktion nur Werbung für das Buch? Geht es um Typo? Ist das ein Werbegäg für Kochan und Partner? Warum ist es auf Pappe gedruckt? Warum sollte ich da mitma­chen? Ich vermute, dass du jede dieser Fragen im Einzelnen präzise beant­worten kannst, aber die Summe – der Mehrwert – kommt nicht klar rüber, daher wohl die Aufregung hier.

  12. Jürgen

    @ Martin Stamm. Das Ignorieren der Inhalte ist die Folge der bereits erwähnten mangel­haften Kommunikation. Ich bekomme eine nichts­sa­gende Pressemitteilung, die vieles verschleiert anstatt aufzu­klären (Christian hat die zurück­blei­benden Fragen wunderbar zusam­men­ge­tragen) und erst nach Aufforderung trifft ein Rezensionsexemplar bei mir ein.

    So, und ab jetzt können wir über Inhalte reden.
    Die Kurzform: Das Werk ist ein – im wahrsten Sinne des Wortes (Wellpappe) – mate­riell aufge­bla­senes, selbst­ver­liebtes Stück lauwarmer, akade­mi­scher Thesen über Typografie, das mehr­fach gegen die selbst gestellten Forderungen verstößt.

    Die Langform: Welchen Anspruch verfolgt ein Druckwerk, das 2 Seiten Manuskript auf 9 Seiten Pappe verteilt, davon 6 Seiten Titel/Vorbemerkung/Verbandsschulterschluss/Das Forum Typografie/Curriculum Vitae/Impressum? Was bleiben sind Netto 3 Seiten über typo­gra­fi­sche Gestaltung, die optisch und tech­ni­sche insze­niert (verschlossen) sind wie ein Goldbarren aus Fort Knox. Das ist selbst­ge­fällig, nicht mehr und nicht weniger.

    Zu den Widersprüchen der eigenen Thesen … Die Thesen glie­dern sich in A Grundverständnis (S. 3), B Gestaltung (S. 4) und C Funktion (S. 5).
    A Grundverständnis:
    • »den Sinn und Stellenwert der Aufgabe zu verstehen«
    • »den Inhalt und seinen Charakter zu durch­dringen und damit seine Beschaffenheit, Ordnung sowie Kontexte zu erkennen«
    • »produkt- und ziel­grup­pen­re­le­vante Rezeptionsgewohnheiten zu erkennen und zu berücksichtigen«
    • »bestehende Gestaltungsrichtlinien (Corporate Design) zu beachten und diszi­pli­niert umzu­setzen bzw. weiter zu entwickeln«
    • »der Aufgabe und ihrem Stellenwert gemäß verant­wor­tungs­voll und wirt­schaft­lich zu arbeiten«

    Ein klarer Punktabzug für die letzte These, 0,5 Punkt für These 1, 1 Punkt für These 2, 0,5 Punkte für These 3 und 0 Punkte für These 4, macht 2 von 5 mögli­chen Punkten.

    B Gestaltung(smittel) … die jewei­ligen Punktabzüge dahinter:
    »ein Layout, das den Inhalten sowie dem tech­ni­schen und atmo­sphä­ri­schen Umfeld gerecht wird und die inhalt­li­chen Gliederungen und Dramaturgien gestal­te­risch wieder­gibt« (1/1)
    »Formate, Formatlagen, Satz- und Bildspiegel, Spaltenanzahl und -breiten« (1/1)
    »Eine Farbwahl und Festlegung eines Farbklimas unter Berücksichtigung von atmo­sphä­ri­scher und inhalt­lich-konsis­tenter Leserführung sowie dem Zusammenhang mit Abbildungen und Bedruckstoffen« (1/1)
    »eine Typografie, die die Auswahl und Anordnung von Bildern und grafi­schen Elementen tref­fend ergänzt und unter­stützt« (1/1)
    »eine fach­lich rich­tige Wahl, Mischung und Auszeichnung von Schriften unter typo­gra­fi­schen, inhalt­li­chen und herstel­lungs­tech­ni­schen Gesichtspunkten« (1/1)
    »Die Verwendung quali­täts­voll herge­stellter Schriften mit voll­stän­digen Zeichensätzen und Schriftschnitten, insbe­son­dere von Kapitälchen und Minuskelziffern« (1/1)
    »eine stim­miger stil-, schrift- und typo­gra­fie­ge­schicht­li­cher Bezug und das Streben nach einer zeit­ge­mäßen Weiterentwicklung der visu­ellen Kultur« (0,5/1)
    »eine Gesamtgestaltung, die primär auf das Produkt und seinen Gebrauch bezogen ist« (0,5/1)
    macht 7 von 8 mögli­chen Punkten

    C Funktion … die jewei­ligen Punktabzüge dahinter:
    »Führung der Leserschaft mittels einer dem Inhalt folgenden Textgliederung durch schlüs­sige Schriftauszeichnung und Absatzkennzeichnung« (1/1)
    »Lesbarkeit und Leserlichkeit der Texte durch Schriftanordnung, -wahl, -auszeich­nung und ange­mes­sene Schriftgrößen« (1/1)
    »Einhaltung mikro­ty­po­gra­fi­scher Satzregeln in Bezug auf Satzbreiten, Buchstaben-, Wort- und Zeilenzwischenräume, Silbentrennung, Ziffernausgleich und -glie­de­rung« (1/1)
    »Verwendung der fach­lich rich­tigen Satzzeichen und eine konse­quente Überwachung der rich­tigen Schreibungen, z. B. nach dem Duden« (1/1)
    • »Einsatz von fach­lich rich­tigen Herstellungstechniken in Bildbearbeitung, Druck und buch­bin­de­ri­scher Ausstattung und Verarbeitung« (1/1)
    macht 5 von 5 mögli­chen Punkten

    Fazit: Konzept mangel­haft, Ausführung ordentlich
    Ich bean­trage die Aufnahme einer weiteren Maxime in das Kapitel A Grundverständnis:
    Der typo­gra­fi­sche Gestalter darf nicht zum Opfer konzep­tio­neller Irrwege werden.

  13. HD Schellnack

    Mann, die Thesen klingen aber hoch­ge­sto­chen, oder?
    Typographie soll doch Spaß machen, Kinners, nicht den Sound der DDR verbreiten. So wie ich es da oben lese liest es sich eher wie aus einem Curriculum für Typo von 1982 raus­ko­piert. Eher schade. Ich habs nicht in den Händen un mag mich täuschen – gern sogar – aber es wirkt wie viel heiße Luft und wenig sinn­voller Inhalt, was dann an sich einiges über den Status von Design derzeit sagt, oder? Thatsummerblockbusterfeeling.

    **************************************

    Und ich hoffe, DAS ist nur ein Tippfehler von Jürgen (aber wenn, dann ein toller…:-D) und nicht im Original so:

    • »Verwendung der fach­lich rich­tigen Satzzeichen und eine kosne­quente Überwachung der rich­togen Schreibungen, z. B. nach dem Duden« (1/1)

    richtOgen ist in dem Kontext schon phan­tas­tisch :-D.

  14. Jürgen

    Danke für den Hinweis HD: Wenn in einem Satz das Wort »Duden« vorkommt, werde ich immer nervös und verschriebe mich garantiert ;-)
    Du hast die (beiden) Fehler im Kommentar für die Nachwelt fest­ge­halten, also habe ich sie im Beitrag herausgehauen.

  15. HD Schellnack

    Oh, es waren deine Fehler – sorry. Ich hätte es SO prima gefunden, wenn es im Original gewesen wäre, nicht aus Schadenfreude, sondern einfach weil es an der Stelle eine so herr­liche Freudsche Fehlleistung ist. Ach, schade….

    Als jemand, der beim Schreiben mehr Fehler produ­ziert als poli­zei­lich zuge­lassen ist, fühl dich bitte nicht ange­griffen :-D.

  16. HD Schellnack

    Es gibt fest­ge­legte Kriterien für gute Typographie?
    *smacks his head against the wall*

  17. Simon Wehr

    Hier wird über ein Buch geschrieben, das sehr wenige Seiten hat und diese offen­sicht­lich noch sehr groß­zügig gestaltet sind. Das Buch hat eine Erscheinung, die sagen wir mal »laut« ist. Die Vermutung von Raketentim kam mir sofort beim Betrachten des Bildes. Als ich mich dann auf den Verlagsseiten über das Buch infor­mieren wollte, war es dort noch nicht einmal gelistet. Auch auf der Internetseite von Kochan & Partner war nichts über das Buch zu finden.

    Die Idee mit dem Forum finde ich eigent­lich gut, aber ich verstehe auch hier nicht: Muss ich mir jetzt das Buch und damit den Pappwinkel kaufen um, mitma­chen zu können? Und die Geschichte mit Studiosus ist mir auch direkt aufge­fallen, auch wenn ich mir schon gedacht habe, wie es dazu gekommen ist.

    Wie soll man da über Inhalte reden?

    Kurzum, ich finde es schade, dass eine so gut gemeinte Idee durch Kommunikations- und Formfehler so viel Gegenwind bekommt.

    Außerdem: Jeder Designstudent weiß schon nach dem 2. Semester, dass sich gute Gestaltung nicht nach einfa­chen Regeln bemessen lässt. Warum sonst machen so viele »Regelbrecher« so gute Gestaltung?

  18. Jürgen

    Hätte ich vorher gewusst, dass es die Qualitätskriterien auch digital gibt, wäre mir das Abtippen aus einem »Buch« erspart geblieben, dessen Pappseiten sofort wieder zusam­men­klappen, wenn man sie aufge­schlagen hat. Könnt ihr euch vorstellen, wie dämlich das aussah und wie viel Zeit mich das gekostet hat?

  19. Ivo

    Wenigstens hast du dein Referenzexemplar …
    [Nein, ich will jetzt auch keins mehr. Dann muss ich nur wieder drüber schreiben.]

  20. thomas | BFA

    warum wirken solche vereine immer so verknö­chert und völlig spass­frei ihre ideen vertre­tend. typo­grafie soll doch spass machen, warum muss das immer so bier­ernst sein.

    ein wenig mehr rock­nfuck­ing­roll werte kollegen und innen. ;-)

  21. Oliver Adam

    »Führung der Leserschaft mittels einer dem Inhalt folgenden Textgliederung durch schlüs­sige Schriftauszeichnung und Absatzkennzeichnung«

    Leider auch schlechtes Wording :-(

    · passive »ung«-Wörter
    · passiver Sprachstil
    · Monstersätze
    · Blähworte (Was ist mit »Leserschaft« gemeint? Doch einfach nur »Leser«. Das Führerprinzip gibt’s auch nicht mehr, und mit »Absatzkennzeichnung« sind schlicht »Absätze« gemeint.)
    · Bolzige Hierarchieebenen in einzelnen Sätzen

    Besser:
    Leser können einem Text am besten folgen, wenn Sie den Inhalt ordent­lich glie­dern: Wählen Sie dazu ange­mes­sene Schriftauszeichnungen und Absätze.

  22. Oliver Adam

    Oder noch kürzer:

    Leser können einem Text am besten folgen, wenn Sie den Inhalt ordent­lich glie­dern – durch ange­mes­sene Schriftauszeichnungen und Absätze.

  23. thomas | BFA

    oliver: so stehts ja auch in »typo­grafie für dummies«, dafür braucht man keinen verein.

  24. Simon Wehr

    Das ist doch genau das Problem. Gute Gestaltung hat gewisse Regeln. Wenn man diese umfassen erläu­tern will, reicht kein Buch. Wenn man diese kurz und knapp zusam­men­fassen will, kommt man zu schnell auf Binsenweisheiten die nichts mehr aussagen.

  25. Christian

    Gibts eigent­lich auch kompakte und witzige Büchlein über Knieoperationen oder Datenbankprogrammierungen? Woher kommt der didak­ti­sche Zug ausge­rechnet der Gestalter? Ästhetischer Leidensdruck? Diskussionsmangel? Warum müssen die Profi-Gestalter ihr Tun kompakt zusam­men­fassen? Weil das Ergebnis einfach aussieht? Guter Hochglanzlack sieht auch einfach aus, ist es aber nicht.
    Angenommen, diese Grafikdiskussionen gehen über Selbstmarketing hinaus: Wem nützt das? Reden wir etwa auch über phry­gi­sche Wendungen, weil wir Klingeltöne laden können? Ich nicht.

  26. Simon Wehr

    Steht da am Ende das Vorurteil »gestalten kann jeder«, dass wir Designer zwang­haft wider­legen müssen, in dem wir auf die Komplexität von Gestaltung hinweisen?

  27. HD Schellnack

    >Gute Gestaltung hat gewisse Regeln.
    Joah, aber die muss man ja nicht so majes­tä­tisch formu­lieren, oder? Bestes Buch in der Hinsicht ist und bleibt Indras Einstieg in die Typographie/Gestaltung, aber so mani­fest-beamtig daher kommende Gestaltungs-Grundregeln, ai ai ai.
    Gestaltung in Handschellen kann eben nicht die Zukunft des Designs sein, das war immer so und wird immer so sein. Sobald es Regeln für den perfekten Stuhl gibt, ist es die AUFGABE von Design, diese in Frage zu stellen. Dass Lesbarkeit und gute Typographie gar nicht unbe­dingt Zwillinge sind, hat Emigre schon vor über 20 Jahren bewiesen… :-D

  28. Nora

    ich kenne den Inhalt schon seit fast zwei Jahren glaube ich … und habe mich direkt am Anfang schon mächtig aufge­regt darüber … da ich mich frage, wozu ich um Gottes Willen im Jahre 2008 jetzt eine Fibel brauche, in der Qualitätskriterien für gute Typografie defi­niert werden. Zum x-ten mal auf dieser Welt, nach­zu­lesen in unter­schied­lichsten Publikationen des ganzen letzten Jahrhunderts und von diesem noch dazu. Die Antworten lauteten erst … um den Kunden zu verdeut­li­chen, was wir doch für wert­volle und nütz­liche Dinge tun und warum wir das tun … Das Ding (Der Inhalt – ich rede jetzt über­haupt nicht von diesem Pappdings) ist für mich so urdeutsch und büro­kra­tisch und gräss­lich angst­voll, dass ich mich davon wirk­lich distan­zieren möchte … humorlos bis zum geht nicht mehr … Dann gab es die zweite Diskussion, ich glaube es war beim Forum Typografie in Düsseldorf im letzten Jahr, da hat das Forum dann ein Faltblatt raus­ge­geben mit diesen Kriterien drauf, und das setzte dann für mich die Krone oben­drauf: das war typo­gra­fisch und grafisch wirk­lich diame­tral entge­gen­ge­setzt zu dem was da stand … in diesem Diskussionskontext entstand dann die Idee, ich glaube sie war von Boris Kochan, diese Inhalte sozu­sagen zu visua­li­sieren anhand guter Praxis-Beispiele und das Ergebnis ist jetzt dieser Winkel denke ich mal.

    Das ist jetzt sozu­sagen ein Markenzeichen des Forum Typografie, der Papp-Winkel mit den Beispielen drin und funk­tio­niert viel­leicht ja auch ganz gut als PR-Maßnahme. Für mich sind die Inhalte und die Sprache nach wie vor ein aufge­kochter Sud, den ich nicht wirk­lich löffeln möchte.

    Aber wer weiß, wenn wirk­lich nachher heraus­ra­gende Beispiel da drin liegen und damit eine Forum mehr geöffnet wird, in welchem Designer mal bereit sind, sich Dinge genauer anzu­schauen, tut es der Qualität der Typografie viel­leicht wirk­lich einfach gut auf lange Sicht gesehen.

  29. Jürgen

    Bestes Buch in der Hinsicht ist und bleibt Indras Einstieg in die Typographie/Gestaltung …

    Genau das hat vor einer Stunde auch Verena Gerlach gesagt, die mich kurz besuchte.

  30. HD Schellnack

    Ich meine, bevor ich miss­ver­standen werde: NATÜRLICH gibt es sowas für bestimmte Regeln in der Typographie. Die sind nun aber seit Tschichold unver­än­dert und kaum je besser als von ihm (oder viel­leicht noch Bringhurst) auf den Punkt gebracht – und sie gelten nur in beson­deren Gebieten (Buchsatz uswpp), wirken ansonsten aber viel­leicht doch schreck­lich einengend. Für jede soge­nannte Regel gibt es dutzend­weise gelun­gene, effek­tive und gute Gegenbeispiele. Design ist Spiel mit Regeln, Rgeelverstößen, Verschiebungen.

  31. Stepp

    Ich kann – nach mehr­ma­ligem Lesen der Qualitätskriterien – bei bestem Willen keine „Regel“ entde­cken, die mich in meiner Gestaltungsfreiheit einschränken würde.
    Auf mich macht der Text auch einen extrem sach­lich-nüch­ternen Eindruck, aller­dings würde ich nicht soweit gehen ihn wertend als „bier­ernst“ zu bezeichen.

    Für die Mitglieder und Freunde der betei­ligten Vereine ist das Papp-Buch doch eine gelun­gene mate­ri­al­ge­wor­dene Inszenierung der erar­bei­teten Kriterien. Ich bin mir ziem­lich sicher daß die Macher sich selbst wesent­lich weniger ernst nehmen als das hier viele Kommentatoren tun. Also warum die ganze Aufregung?

  32. Jürgen

    Ach so, Q-type soll nur ein Spass sein … leider strahlt es das nicht aus. Also sollte man den Kommentatoren nicht verübeln, dass sie sich ernst­haft mir dem Projekt auseinandersetzen.

  33. Tina

    Hhm, Spaß an Gestaltung haben wir doch hoffent­lich alle?

    Und wie wär’s denn mit Mitmachen?

    Unter http://​www​.forum​-typo​grafie​.de/​s​e​i​t​e​n​/​q​u​a​l​i​t​a​e​t​s​k​r​i​t​e​r​i​e​n​.​h​tml die rtf-Datei down­loaden, dann die Vielfalt der mögli­chen guten Gestaltungen mit einer eigenen, persön­li­chen Version erwei­tern, das Ergebnis an das Forum Typografie schi­cken und damit die Reihe der Gestaltungsbeispiele erweitern?

    Oder/und im „Papp-Winkel“ plazieren, foto­gra­fieren, an Q-type schi­cken und sich damit weiteren Diskussionen über Qualität in der Typografie stellen?

  34. HD

    Ein PS: Juli Gudehus hat mich ja letz­tens drauf hinge­wiesen, dass ich anschei­nend schrift­lich oft ernster wirke als von mir selbst gedacht – trotz der ja immer kilo­weise einge­streuten Smileys. Also, ganz wichtig: Das oben gesagte ist absolut keine Kritik an Kochan, an Martin Summ oder gar an der Absicht des Forums Typographie, das ja wich­tige und rich­tige Arbeit leistet. Es ist eher so die abstrakte, viel­leicht auch meine persön­liche, Auseinandersetzung mit der Frage nach Regeln und ob man sie braucht. Bitte nicht auf konkrete Arbeiten oder Personen beziehen, ja?

  35. Betrachter

    Stammtisch Fontblog.
    Aufblasen. Luft ablassen. Neue Ballons kaufen.

  36. HD Schellnack

    Also, nur für mich spre­chend, geht es mir eher darum, dass diese «Gestaltungskriterien» aufge­blasen klingen und irgendwie auch sind. Abgesehen davon, dass es keinen Spaß macht, sie zu lesen (oder zu vermit­teln), haucht da etwas dikta­to­ri­sches durch, so eine deut­sche Note (dieser Pefektionismus, das Unentspannte, das man ja auch selbst von sich kennt)… und das ist eben unschön in einem krea­tiven Metier. Weißt du, Tschichold war auch so, aber gott, der konnte wenigs­tens mit Feuer darüber schreiben, warum man keine stumpfen Einzüge machen sollte (die die PDF dieser Qualitätskriterien übri­gens aufweist, ebenso wie einige andere typo­gra­phi­schen Detailunschönheiten, was ich dann irgendwie schon wieder sehr mensch­lich und tröst­lich finde, auch wenn ich sie meinen Studenten um die Ohren geschlagen hätte.)Ich mag irgendwie, dass das Dokument sich visuell gleich selbst wider­spricht, das macht ja dann doch sympathisch.

    Das Problem ist viel­leicht der apodik­ti­sche Stil des Schreibens, das nicht erklärt, nicht vermit­telt, nicht kommu­ni­ziert, sondern axio­ma­tisch «Kriterien für gute Gestaltung» aufstellt. Bin ich der einzige, dem bei sowas das Frühstück nicht mehr schmeckt, weil ihm der Geruch bren­nender Bücher durch die Nase geht?

    Parameter guter Gestaltung entstehen im dyna­mi­schen Fluss, im Diskurs, im Gespräch, im Streit – so wie hier, aufblasen, Luft ablassen, so entsteht ein Gespräch über Qualitäten und vor allem wird klar, dass man da eben treff­lich drüber anderer Meinung sein kann. Das ist demo­kra­tisch, auch mal leiden­schaft­lich und am Ende hat man trotzdem gemeinsam eine Ahnung von Konsens über Tendenzen im Design und über eine Art Good/Bad-Orientierung. Es gibt eine Menge Bücher, die Lustvoll über Design und Typographie schreiben und an Beispielen und durch Erklärungen nahe­legen, was gut ist (und warum) und was schlecht sein könnte.

    Aber fast juris­tisch klin­gende, am Ende aber doch irgendwie konkret extrem wenig sagende, formel­hafte «Gestaltungskrierien» – nein, sorry. Wer will das?

    Zumal ich dir KONKRETEN Merkmale guter Typographie im ganzen Text nicht gefunden habe. Und selbst die, die uns da sicher allen einfallen, gelten ja immer nur a) im Zeitkontext und b) gibt es immer Beispiele für Leute, die gegen all diese Regeln verstoßen und trotzdem EXTREM gutes Design und extrem anre­gende typo­gra­phi­sche Arbeiten machen (vorher­seh­bares Stichwort: David Carson, aber Jonathan Barnbrook wäre auch nennens­wert, Emigre… almost ever­y­body from Cranbrook… )

  37. Birgit

    Also, ich finde, der Text mag zwar trocken klingen, aber Regelverstöße verbieten tut er nicht. Das mag zwar manchmal erst auf den zweiten Blick erkennbar sein, Typografie ist aber immer auch Finetuning, oder?

    Beispiel:
    »produkt- und ziel­grup­pen­re­le­vante Rezeptionsgewohnheiten zu erkennen und zu berücksichtigen«

    „berück­sich­tigen“ bedeutet nicht „befolgen“, sondern ledig­lich „wahr­nehmen“. Daraufhin kann man sich dafür entscheiden, gegen Regeln zu verstoßen. Die Rezipienten will man ja schließ­lich errei­chen. Dies kann auch durch eine typo­gra­fi­sche Gestaltung geschehen, die den Inhalt völlig unlesbar macht.

    HD, was sind denn die „KONKRETEN Merkmale guter Typographie“, die Du vermisst?

  38. Andrzej

    Diese Diskussionen hier gefallen mir mehr und mehr, weil sie auch auf einer Meta-Ebene so viel Spannendes über unsere Berufsauffassung aussagen, wie Designer so ticken, um es salopp zu sagen.

    Wir machen hier genau das, was wir im Beruf ja auch machen, und was für mich DIE Kernkompetenz von Designern ist:

    Bewerten, was geht und was nicht geht.

    Nach Kriterien, die jeder in sich trägt, die sich mal mit den einen, mal mehr mit den anderen überschneiden.

    Letztendlich wollen wir dabei auch autonom sein/bleiben, aber wir wollen uns auch an etwas ausrichten und sind froh über Verbindlichkeiten in dieser flie­ßenden Welt der Kreativität.

    Ein guter Designer ist meiner Meinung nach emotio­nal/un-exakt UND exakt/regeltreu. Mal das eine, mal das andere mehr zu betonen macht die Spannung in unserem Beruf aus. Diese Spannung zu halten ist nicht mehr und nicht weniger als unser Job und das ist hier toll raus­ge­kommen, finde ich.

    Daß nicht die Regeln das Entscheidende sind, sondern wie wir auf diese Regeln (oder anderen Input) reagieren. Daß wir alle diese feinen Antennen sind, die sofort unsere eigene Denkmaschine anwerfen und uns wirk­lich den Kopf zermar­tern, was geht und was eben nicht geht, aber irgend­wann auch unsere Entscheidungen treffen und anfangen tätig zu werden und unseren Beitrag leisten.

    Ich finde, das reicht und mehr muß auch nicht sein.

    In diesem Sinne, uns allen ein frohes Schaffen… ;-)

  39. HD

    Die konkreten Merkmale guter Typpgraphie, wie im Text mehr­fach vermekt >>> siehe Jan Tschichold. Siehe Indra, siehe einige andere «Kochbücher». Es gibt ein oaar relativ einfache Grundachen, an denen du siehst, ob ein Textsetzer etwas Ahnung hat (oder guten Willen) oder nicht. Die Parameter haben sich seit den 60er Jahren dabei leider etwas nach unten verschoben (ich finde alte Bücher fast ausnahmslos besser gesetzt – in der Masse – als neue), aber OSF, Caps, Ligaturen, Einzge, rich­tige Wort/Zielenabstände, Grauwerte, Sparsamkeit im Layout… all die Sachen, die ich übri­gens in der PDF teil­wei­se­alle fehlen (und das finde ich so völlig ironie­frei wirk­lich wunderbar, weil dieses Manifest sich gleich selbst aushe­belt, wie es sich für Manifest-Versuche in der Postmoderne irgendwie gehört.)

  40. Karsten

    Leider sind die soge­nannten „quali­täts­kri­te­rien“ so aufge­blasen wie inhalts­leer. Da wird zwar in jeden punkt ein dezent einschüch­terndes „richtig“, „fach­lich richtig“, „fach­lich korrekt“, „quali­tät­voll“, „schlüssig“, „ange­messen“ einge­flochten. Leider wird nicht einmal ange­deutet, was unter „richtig“ etc zu verstehen sei. Nehmen wir den punkt der „fach­lich rich­tigen Wahl, Mischung und Auszeichnung von Schriften“ und lassen das „fach­lich richtig“ weg. Es bleibt die beschrei­bung dessen, was ein typo­graph halt so macht: Er wählt und mischt schriften, und zeichnet damit aus. (Nicht davon.) Und das „fach­lich richtig“? Ein unsicht­barer verfasser sugge­riert, daß typo­gra­phie eine sache des richtig/falsch und gut/schlecht sei. Und, daß nur dieje­nigen „rich­tige“ typo­gra­phen seien, die sich streng an irgend­welche unge­nannten zehn gebote der typo­gra­phie halten. Zugang nur für funda­men­ta­listen. Bin allen­falls neugierig, wen die dahin­ter­ste­henden vereine als große besser­wisser bei sich bietenden gele­gen­heiten ins rennen schi­cken werden, als experte hier, als gutachter dort.

    Denen, die glauben, daß typo­gra­phie einzig eine sachen von regeln sei oder daß es „krite­rien“ im sinne von „fach­lich richtig/falsch“ gebe, möchte ich vorschlagen, Tschichold und seine mehr oder weniger humor­vollen imita­toren zum teufel zu jagen (oder zumin­dest: bloß zum vergnügen zu lesen) und die typo­gra­phie­bü­cher Paul Renners zur hand zu nehmen. Inhaltlich wird einem vieles bekannt vor kommen (von Tschichold, den Renner als lehrer nach München geholt hat). Jedoch kein dikta­to­ri­sches „das sperren von minus­keln ist verboten“ oder „versa­lien müssen gesperrt werden“. Von Renner kann man lernen, daß typo­gra­phie alles andere ist als striktes befolgen von starrem regel­werk, eher die kunst des kontex­tua­li­sie­rens. Bestimmte lösungen machen nur unter bestimmten umständen sinn. Also eher eine anre­gung zum selber-denken.

    HD: Es gibt ein oaar relativ einfache Grundachen, an denen du siehst, ob ein Textsetzer etwas Ahnung hat

    Wirklich? Man mag am satz im gesamten erkennen, ob jemand weiß, was er tut. Oder: ob er sich gedanken gemacht hat. Aber ich würde die kompe­tenz eines setzers/typographen* nie daran fest­ma­chen, ob er diese oder jene regel befolgt oder nicht, die dieser oder jener autor meinte publi­zieren zu müssen. (Ständiges wieder­holen macht gewisse „regeln“ nicht sinn­voller. Tschichold ist mitnichten das erste und letzte wort, wie mehrere beiträge hier glauben machen wollen. Vieles ist dispu­tabel und sollte es bleiben. Tschichold ist kind einer bestimmten epoche und hat auf die typo­gra­phie seiner zeit reagiert.)

    * Reden wir hier als setzer oder als gestalter?

  41. Birgit

    Wir reden hier ja über Regeln (Kriterien plus Spielraum, weil es die „rich­tige“ Lösung auch mehr­mals geben kann – einschließ­lich der falschen, welche viel­leicht dann, und besten­falls, einen neuen Ansatz markiert, der dann disku­tiert werden kann) und nicht über Gesetze.

    *
    Und ganz unbe­dingt muss ich hier, obwohl slightly OT, mal loswerden: Eine wirk­lich sinn­volle Regel ist die Großschreibung der Substantive in deut­schen Texten. Dauerkleinschreibung stört den Lesefluss ganz erheb­lich und wirkt wie zu geringer Zeilenabstand.

    Wer jetzt meint, das sei reine Geschmacksache oder Dogmatismus, der versuche bitte mal, ausschließ­lich die Substantive in einem Text zu lesen, die durch ihre Großschreibung aus dem Resttext heraus­ragen: Hiermit kann man ziem­lich schnell einen Eindruck davon bekommen, was im Text gesagt wird. Und das ist hilfreich.

    … klein geschrieben wirkt das Wort funda­men­ta­listen aller­dings viel erfreu­li­cher als groß geschrieben … :-)

  42. Sonja

    an 43ster Stelle (sicher mit Fehlern): Gestalter/Typografen sind einfach gnadenlos in der Beurteilung anderer Gestalter/Typografen/Arbeiten.
    Ohne viel Aufwand kann man Initiativen ersti­cken und das eigene Engagement in den Vordergrund rücken. Die Moral bekommt man gratis dazu, es lebe der Ich-Kult.
    Übrigens: Von Regeln ist nicht die Rede sondern von Qualitätskriterien.

  43. HD Schellnack

    Hey Karsten – danke für den Tipp mit Renner, der in der Tat weniger verbissen als «Ivan» Tschichold ist, bei dem am Schriftbild erst die ganze Menschheitsrettung hing und dann nur noch die Mittelachse.

    Ich finde übri­gens schon, dass schon auf den ersten Blick Details viel verraten – da mag ich noch Dozentengeschädigt sein. Egal, wie dufte eine Sache ansonsten ist, falsche Anführungszeichen, falsche Gedankenstriche und solche Basissachen tauchen bei ganz vielen Studenten noch auf, stumpfe Einzüge, Versalziffern (obwohl OSF vorhanden währen) und so weiter. Ich rede also nicht mal von der hohen Schule, sondern von so ganz einfa­chen kleinen Dingen… die mich, wenn Studenten soweit schon mal mitge­dacht haben, immer sehr glück­lich machen.

    Sonja, es geht doch nicht darum «Initiativen» zu ersti­cken, sondern um zumin­dest meine ganz persön­liche Reaktion, dass diese Kriterien aufge­blasen und arro­gant klingen und gleich­zeitig wenig Inhalt haben. Das ist eher so wie eine Film- oder Plattenrezension, und hat (aus meiner Sicht) ganz wenig mit Gestalter-kriti­sieren-Gestalter zu tun. Wobei es schon so ist, dass man als Designer dann doch zumin­dest amüsiert ist, wenn die Gestaltung der PDF quasi kontra­punk­tisch zum Inhalt ange­legt ist.

  44. Karsten

    HD: dass schon auf den ersten Blick Details viel verraten

    Auf jeden fall! Nur halt: die summe der details, nicht dieses oder jenes macht den typo­gra­phen. (Ich bekomme z.b. bauch­schmerzen bei eszett im versal­satz. Ob ein minuskel- oder versal-eszett, macht nicht viel unter­schied. Hab es mir aber abge­wöhnt, daran die kompe­tenz eines typo­gra­phen fest­zu­ma­chen. Vielleicht hat sich ja jemand gedanken gemacht und einen guten grund dafür, auch wenn ich den nicht nach­voll­ziehen kann.)

    Birgit: Eine wirk­lich sinn­volle Regel ist die Großschreibung der Substantive in deut­schen Texten. Dauerkleinschreibung stört den Lesefluss ganz erheb­lich und wirkt wie zu geringer Zeilenabstand.

    Hier verweise ich ausnahms­weise auf Tschichold und die zeit­weise von ihm verfoch­tene Grimmsche gemä­ßigte klein­schrei­bung. Siehe auch die einlei­tung im 1. band deren wörter­buchs. In bezug auf das „erheb­lich“: Nach ein paar jahren gemä­ßigter klein­schrei­bung kann ich sagen – wie alles ist es reine gewohnheitssache. :)

    Sonja: Von Regeln ist nicht die Rede sondern von Qualitätskriterien.

    Den unter­schied habe ich durchaus verstanden. In der diskus­sion ging es jedoch um beides, krite­rien und regeln.
    Rein auf die „quali­täts­kri­te­rien“ bezogen, und nur von krite­rien spre­chend: Man hat noch lange keine „krite­rien“ aufge­stellt, wenn man bloß tätig­keiten des typo­gra­phen auflistet und ein „richtig“ davorklebt.

  45. Karsten

    Und apropos Die Moral bekommt man gratis dazu, es lebe der Ich-Kult. – Das ist genau, was ich den verfas­sern diese quali­täts­kri­te­rien vorwerfe: Die moral für sich gepachtet haben, und sie mit der kraft der vereine, die dahin­ter­stehen, durchzusetzen.

  46. Sonja

    Hallo Karsten, da kann ich als Oberschwäbin nur sagen:
    „id maula – selbr macha – mitmacha – dann wird alles anders“. Freu mich dich, wenn Du im Forum Typografie mitwirkst – ich nehme an du bist nicht Mitglied, sonst hätten wir hier jetzt nicht diese Disskusion (ich halt es da mit den Holländern). Mit den Kommas hab ich es auch nicht, aber dafür gibt es ja andere Experten.

    Gruß Sonja

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