Popikonen (3): Beatles vs. Stones

Meine Kindheit und Jugend erstreckte sich über die gesamten 1960er Jahren (Einschulung 1960). Politisch war die Zeit geprägt vom Kalten Krieg zwischen den Westmächten unter Führung der USA und dem Ostblock unter Führung der Sowjetunion. Die alltäg­liche Schwarzweißmalerei lieferte nicht nur den Stoff für kommer­ziell erfolg­reiche Kulturprodukte (zum Beispiel die James-Bond-Filme … der erste erschien 1962), sie schlug auch bei ganz privaten Bekenntnissen durch. So gab es beispiels­weise an Karneval bei der Entscheidung Cowboy oder Indianer kein entweder oder: einmal Indianer, immer Indianer, womit gleich­zeitig der Feind fest­stand. Das Überlaufen in der folgenden Faschingssaison wurde mit Ausgrenzung quit­tiert. Ähnlich verhielt es sich mit dem Bekenntnis Beatles oder Rolling Stones. Ich kenne nur wenige Freunde, die Alben beider Lager im Plattenschrank hatten. Meist waren es Musiker, die sich von der Qualität einer Komposition oder eines Arrangements begeis­tern ließen, frei von Ideologien. Womit wir bei der Ursache des Kalter-Krieg-Denkens wären: Engstirnigkeit.

Die Beatles oder die Stones werden gerne zitiert, wenn jemand den Erfolg eines Popmusikers belegen möchte, zuletzt beim Oslo-Star Lena Meyer-Landrut. Weil ARD und ProSieben das Finale der Show über Wochen vorbe­rei­teten, und die 3 Finalsongs noch in derselben Nacht zum Download anbieten konnten (wovor ich großen Respekt habe), belegten die 3 Titel binnen weniger Stunden die ersten drei Plätze der deut­schen Charts, was weder den Beatles, noch den Stones oder Elvis je gelang. Bei allem Respekt vor der Leistung von Lena M-L: Sie nach dem 3-Hit-Wonder mit diesen welt­weit erfolg­rei­chen und nicht nur auf musi­ka­li­schem Gebiet einfluss­rei­chen Künstlern zu verglei­chen, ist absurd.

Tatsächlich hat nach den Beatles keine andere Band die Pop-Musik in vergleich­barem Ausmaße beein­flusst. Auch die Stones nicht, ganz im Gegenteil: Mick Jagger lag den Fab-Four während der Aufnahmen von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band zu Füßen, um 5 Monate später das musi­ka­lisch und visuell vergleich­bare Album Their Satanic Majesties Request heraus­zu­bringen, das damals, wie St. Peppers, als psyche­de­lisch einge­stuft wurde (Abbildungen der beiden Cover, oben).

Ein Maß für den Einfluss der Beatles ist zunächst einmal die schiere Menge der Cover-Versionen ihrer Songs (»Yesterday« soll laut Wikipedia über 3000 mal geco­vert worden sein). Nach St. Peppers wurde jede Veröffentlichung der Liverpooler von Musikern in aller Welt sofort nach Erscheinen studiert und analy­siert. Vor allem unter Jazz- und Orchester-Musikern. Drei Beispiel, die ich hier zitieren möchte, belegen diesen Einfluss. Da ist zum einen die gerade erschie­nene und preis­werte Verve-Compilation Beatles vs. Stones, (iTunes-Link), die 18Hits beider Bands liefert, unter anderem Interpretiert von Count Basie, Wes Montgomery, Sergio Mendes, Monty Alexander und Ella Fitzgerald.

Zwei echte Perlen sind Alben von Ramsey Lewis (»Mother Nature’s Son«, Amazon-Link) und George Benson (»The Other Side of Abbey Road«, iTunes-Link). Der Jazzpianist und -Keyboarder Lewis knöpfte sich gleich nach Erscheinen das »Weiße Album« der Beatles vor (1968) und inter­pre­tierte seine 10 Lieblingssongs, darunter auch so schwer zugäng­liche Titel wie »Mother Nature’s Son«, »Dear Prudence«, »Good Night« und »Everybody’s Got Something to Hide Except Me and My Monkey.« Der Gitarrist und Sänger George Benson widmete sich ein Jahr später dem aktu­ellen Album Abbey Road, und schuf aus dem Material das ruhige. über­wie­gend instru­men­tale Album »The Other Side of Abbey Road«.


Ein Kommentar

  1. Hans Schumacher

    Ein Antagonismus, den Guy Chadwick’s House of Love (sic) spie­lend, ähem, über­wunden haben:
    The Beatles and the Stones (sollte aller­dings bis zu den 80ern dauern)

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