Günter Gerhard Lange 1921 – 2008
Einer der bedeutendsten Schriftentwerfer und Typografen des 20. Jahrhunderts, Günter Gerhard Lange, starb am gestrigen Dienstagmorgen in München. Lange kam am 12. April 1921 in Frankfurt (Oder) zur Welt. Nach der Schule wurde er, erst 18 Jahre alt, unmittelbar zu Beginn des 2. Weltkriegs zur Wehrmacht einberufen und kurz darauf in Frankreich verwundet.
1941 begann er eine Ausbildung an der Akademie für grafische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. GG Lange studierte Kalligraphie und Schriftgestaltung, Satz und Druck bei Georg Belwe sowie Zeichnen, Malerei, Radierung und Lithographie bei Hans Theo Richter. Er schloss sein Studium mit Auszeichnung ab und arbeitete zwischen 1945 und 1949 in Leipzig als Maler und Grafiker sowie als Assistent unter Walter Tiemann. Ab Oktober 1949 setzte Lange seine akademischen Studien an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin fort.
Anfang 1950 begann GGLs Tätigkeit bei der H. Berthold Schriftgießerei am Mehringdamm in Kreuzberg. Mehr als ein halbes Jahrhundert sollte er der Marke Berthold dienen. 1961 wurde er zum künstlerischen Direktor der Berthold AG ernannt. In dieser Periode schuf er fast hundert Originalschriften mit Referenzcharakter, unter anderem Arena (1951–54), Boulevard (1955), El Greco (1964), Concorde (1968–78), Akzidenz Grotesk, Imago (1979–82) und Bodoni Old Face (1983). 1989 wurde GG Lange für seine Leistungen vom amerikanischen Rochester Institute of Technology mit dem »Frederic W. Goudy Award« ausgezeichnet. 2000 erhielt er die »TDC Medal« des New York Type Directors Club.
Günter Gerhard Lange war ein großartiger Hochschullehrer und Redner, in Analogie zum amerikanischen Prediger Billy Graham (»Maschinengewehr Gottes«) auch das Maschinengewehr Gutenbergs genannt (Manfred Klein, 1981). Er sprach auf mehreren TYPO-Konferenzen und Treffen der Allianz Deutscher Designer (AGD). Seine Eröffnungsrede zur TYPO ’96 erschien auf Vinyl und ist weiterhin im TYPO-Videoblog in voller Länge anzusehen: GG Lange – Die Inszenierung einer Botschaft in der Fläche. (Foto: Marc Eckardt)
12 Kommentare
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thomas | BFA
oh, schade!
das schöne am beruf das typedesigners: du bist in der lage, etwas zu schaffen, was weiterlebt.
das ist im falle der AG ohne zweifel gelungen.
kai
R I P G G L — Wieder einer der großen. Mein Held! Bin traurig.
Kai
thorsten
Machs Gut, GGL, und danke für all den Fisch!
Du hattest Ecken und Kanten, und jedes Typo T-Shirt sah gut an Dir aus.
Suzu
Ich bin traurig,
dass er gegangen ist –
und glücklich,
dass ich ihn kannte.
Danke GGL.
andré apel
oh nein! das ist so schade!
grüße andré
Andreas
@ André
das sehe ich ganz genau so!
Uwe
Wenn jemand stirbt, das ist traurig. Traurig auch, dass langsam eine wirklich innovative und handwerklich kompetente Generation langsam ausstirbt. Aber nicht traurig ist es, dass langsam auch die deutschen Soldaten des Hitler-Reiches aussterben. Und GGLs Bezeichnungen „Schwein“ und so weiter für Postboten und sexistischen Bemerkungen, die witzig sein sollten, finde ich nicht „legendär“ und amüsant, sondern einfach nur großkotzig. Deshalb mein Mini-Nachruf mit dieser kritischen Anmerkung.
MiCHi B
War zwar abzusehen, dass es aber dann doch so schnell geht ist sehr schade (ist es in solchen Fällen aber natürlich immer).
GGL war seit den Anfängen meiner Ausbildung eine der Personen, die diesen Beruf erst zur Leidenschaft wurden ließen. Im Jahr 2005 habe ich sogar ein paar Kisten seiner typografischen Bibliothek bekommen.
Ich werde heute eine Kerze für ihn anzünden.
thomas | BFA
uwe: innovative handwerklich kompetente leute sind immer da. geh mal zur typo. da trifft man jede menge. sehr viele von denen sind hier auch schon namentlich gefallen. oder schau dich im netz um, auch da ist einiges geboten, sogar aus deutschland.
vielleicht ändern sich die trends und die ansichten zu themen, aber es entstehen immer wieder spannende neue dinge, die ihre leitfiguren haben.
schonmal ein vom postboten massakriertes heft oder eine völlig demolierte drucksache aus dem briefkasten gezogen? die bezeichnung »schwein« ist da sicher noch freundlich.
abgesehen davon ist ein dietmar henneka nicht weniger impulsiv und geradeaus. aber gerade das macht neben den informationen die geboten werden auch die show aus.
ich mag sowas, wenns mal zur sache geht. wir sind keine politiker wir müssen nicht immer geschmacksneutral sein. wenn etwas offensichtlich scheisse ist, dann ist es eben scheisse.
Serifenschabe
G.G.Lange war mein Chef bei der damaligen Berthold AG. Tag für Tag zeichnete ich z. B. die Serifen einer Schriftfamilie und versuchte die „O“ s nicht eiern zu lassen. Mit dem Rapidogaphen! Gibt’s die noch? Kann ich mir selbst nicht mehr vorstellen. Das war sehr mühsam! Aber SEINE Kommentare und Korrektur-gespräche erbauend lustig. Ich erinnere mich gerne an ihn und glaube, dass es kaum noch Persönlichkeiten seiner Art gibt.
Ich bin wirklich traurig …
Irmgard V.
Danke
G † G † L
für das so unendlich wichtige Werk
für Lebendigkeit und Liebenswürdigkeit
für Rat und Tat
für Mut
Übermut ist verziehen, spätestens jetzt
Mario Suppan
G.G. Lange hat mich zum Grafikdesign/Werbung geführt, als ich ihn damals an der Universität für angewantde Kunst in Wien zum ersten Mal sah. Danach bewarb ich mich bei Walter Lürzer, wo Herr Lange unterrichtete, und wurde aufgenommen. Herr Lange war ein phantastischer Redner und entfachte in jedem von uns Studenten ein Feuer für Typografie (auch wenn es nicht leicht war jemals seinen Ansprüchen zu genügen). Er war immer väterlich zu uns Typotölpel, sprach uns immer mit „Meister“ an, und merkte sich alle unsere Gesichter, und erinnerte sich auch an bestimmte Geschichten, die wir ihm erzählten, auch ein halbes Jahr später, wenn er wieder ein Seminar für uns abhielt.
Auch wenn die Studienzeit lange her ist, werde ich ihn sehr vermissen, hatte immer die Hoffnung ihn mal wieder zu treffen.
Mario Suppan