Deutscher Designpreis für Erik Spiekermann

Erik Spiekermann präsen­tierte eine Vorversion seiner ITC Officina für eine Titelgeschichte das Hamburger Designmagazins PAGE (1990)

Am heutigen Freitag wird in Frankfurt am Main der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland an Erik Spiekermann verliehen.Die Laudatio hält John L. Walters, Herausgeber des briti­schen Eye Magazin, die ange­se­henste Zeitschrift für Typografie. Damit wird deut­lich, worauf sich die Ehrung begründet: Das typo­gra­fi­sche Schaffen des Gründers von MetaDesign, FontShop und EdenSpiekermann. Seine Schriften ITC Officina, FF Meta, FF Info, FF Unit, Axel sowie die Exklusivsschriften für die Deutsche Bahn oder Nokia sind welt­weit im Einsatz. Dies hebt auch der Hamburger Kollege Johannes Erler in seinem Beitrag »Das Kommunikationskraftwerk« hervor, geschrieben für den Verleiher des Designpreises, den Rat für Formgebung.

Wie misst man den Einfluss oder den Rang eines Grafikdesigners? Er hat keine Einschaltquoten, wie eine Fernsehshow, er hat keine Auflage, wie eine Zeitschrift oder ein Buch, es gibt auch keine wöchent­liche Design-Hitparade. Statistische Erhebungen oder Befragungen helfen bei der Beurteilung. Wer 10 Vorträge im Jahr hält, könnte eine gefragte Person sein. Die gesam­melten Flugmeilen sagen etwas über die inter­na­tio­nale Strahlkraft eines Kreativen aus. Andere zählen Fachartikel oder Bücher. Ganz bestimmt ist auch der Umsatz eines Designbüros ein Gradmesser für dessen Qualität. Selbst wenn man solche Fakten in ausrei­chender Menge hätte, muss eine Beurteilung keines­wegs objektiv ausfallen. Preisjurys können sich stun­den­lang darüber streiten, ob ein Werk, ein Auftritt oder die Qualifikation einer Person von Bedeutung sind.

Dank Internet haben wir in den letzten 10 Jahren feinere Messmethoden zur Hand, um den Einfluss einer Person oder eines Unternehmens zu ermit­teln. Statistische Größen wie Page-Impressions, das Google-Ranking oder RSS-Abonnenten sind untrüg­lich, super­genau und tages­ak­tuell abzu­fragen. Gleichwohl sind es nur quan­ti­ta­tive Belege, die nichts über die Qualität der Webseiten-Besucher aussagen, über deren Beweggründe, Herkunft und ihr Urteil.

Ganz anders dagegen das Web 2.0, zum Beispiel: Twitter, das viele Berufstätige als Werbemittel in eigener Sache einsetzen. Wie funk­tio­niert das? Man sendet eine Art SMS mit maximal 140 Zeichen in die Welt, die jeder empfangen kann, der dem Versender auf Twitter folgt. Barack Obama hat mit dieser Art Kommunikation einen Wahlkampf gewonnen. Inzwischen folgen ihm 6,6 Millionen Menschen, die 10 bis 12 Mal pro Woche eine Botschaft des Präsidenten direkt empfangen.

Na schön … der US-Präsident ist täglich in den Nachrichten und der mäch­tigste Mann der Welt. Auch Lady Gaga folgen Millionen, weil sie einem publi­kums­wirk­samen Beruf nach­geht. Warum sollte jemand einem Designer auf Twitter folgen? Gibt es über­haupt Designer auf Twitter? Antwort: Es gibt dort Hunderte, darunter so bedeu­tende Büros wie Interbrand oder Pentagram, maßgeb­liche Designmagazine, Museen und mehrere Dutzend Design-Koryphäen. Darunter einer, dem heute 115.000 Interessierte folgen. Sein Twittername: @espiekermann.

Ganz ohne Fernsehunterstützung, Plattenverkäufe und Hollywood erreicht Erik Spiekermann eine Einschaltquote von über 100.000, weil er Design verständ­lich macht, weil er Design lebt, weil er Design vom Sockel holt. Das ist Einfluss.

Abbildungen: Hans Werner Holzwarth, Gerhard Kassner, Marc Eckardt


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