Heute: Deutscher Designpreis für Erik Spiekermann
Erik Spiekermann präsentierte eine Vorversion seiner ITC Officina für eine Titelgeschichte das Hamburger Designmagazins PAGE (1990)
In wenigen Minuten wird in Frankfurt am Main der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland an Erik Spiekermann verliehen.Die Laudatio hält John L. Walters, Herausgeber des britischen Eye Magazin, die angesehenste Zeitschrift für Typografie. Damit wird deutlich, worauf sich die Ehrung begründet: Das typografische Schaffen des Gründers von MetaDesign, FontShop und EdenSpiekermann. Seine Schriften ITC Officina, FF Meta, FF Info, FF Unit, Axel sowie die Exklusivsschriften für die Deutsche Bahn oder Nokia sind weltweit im Einsatz. Dies hebt auch der Hamburger Kollege Johannes Erler in seinem Beitrag »Das Kommunikationskraftwerk« hervor, geschrieben für den Verleiher des Designpreises, den Rat für Formgebung.
Erik Spiekermann auf der TYPO-Designkonferenz, in Berlin 2003
Wie misst man den Einfluss oder den Rang eines Grafikdesigners? Er hat keine Einschaltquoten, wie eine Fernsehshow, er hat keine Auflage, wie eine Zeitschrift oder ein Buch, es gibt auch keine wöchentliche Design-Hitparade. Statistische Erhebungen oder Befragungen helfen bei der Beurteilung. Wer 10 Vorträge im Jahr hält, könnte eine gefragte Person sein. Die gesammelten Flugmeilen sagen etwas über die internationale Strahlkraft eines Kreativen aus. Andere zählen Fachartikel oder Bücher. Ganz bestimmt ist auch der Umsatz eines Designbüros ein Gradmesser für dessen Qualität. Selbst wenn man solche Fakten in ausreichender Menge hätte, muss eine Beurteilung keineswegs objektiv ausfallen. Preisjurys können sich stundenlang darüber streiten, ob ein Werk, ein Auftritt oder die Qualifikation einer Person von Bedeutung sind.
Dank Internet haben wir in den letzten 10 Jahren feinere Messmethoden zur Hand, um den Einfluss einer Person oder eines Unternehmens zu ermitteln. Statistische Größen wie Page-Impressions, das Google-Ranking oder RSS-Abonnenten sind untrüglich, supergenau und tagesaktuell abzufragen. Gleichwohl sind es nur quantitative Belege, die nichts über die Qualität der Webseiten-Besucher aussagen, über deren Beweggründe, Herkunft und ihr Urteil.
Ganz anders dagegen das Web 2.0, zum Beispiel: Twitter, das viele Berufstätige als Werbemittel in eigener Sache einsetzen. Wie funktioniert das? Man sendet eine Art SMS mit maximal 140 Zeichen in die Welt, die jeder empfangen kann, der dem Versender auf Twitter folgt. Barack Obama hat mit dieser Art Kommunikation einen Wahlkampf gewonnen. Inzwischen folgen ihm 6,6 Millionen Menschen, die 10 bis 12 Mal pro Woche eine Botschaft des Präsidenten direkt empfangen.
Na schön … der US-Präsident ist täglich in den Nachrichten und der mächtigste Mann der Welt. Auch Lady Gaga folgen Millionen, weil sie einem publikumswirksamen Beruf nachgeht. Warum sollte jemand einem Designer auf Twitter folgen? Gibt es überhaupt Designer auf Twitter? Antwort: Es gibt dort Hunderte, darunter so bedeutende Büros wie Interbrand oder Pentagram, maßgebliche Designmagazine, Museen und mehrere Dutzend Design-Koryphäen. Darunter einer, dem heute 115.000 Interessierte folgen. Sein Twittername: @espiekermann.
Ganz ohne Fernsehunterstützung, Plattenverkäufe und Hollywood erreicht Erik Spiekermann eine Einschaltquote von über 100.000, weil er Design verständlich macht, weil er Design lebt, weil er Design vom Sockel holt. Das ist Einfluss.
Abbildungen: Hans Werner Holzwarth, Gerhard Kassner, Marc Eckardt
10 Kommentare
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Lars
die meisten dürften ihn für seine arbeiten bewundern / tribut zollen. ich zähle mich dazu. und nach außen wirkt er mehr als sympatisch.
ich gönne ihm den preis. allein schon, weil er das alles mit einer großen liebe macht, die er in zahlreichen büchern und interviews auch wunderbar ausstrahlt.
aber in unserer branche gönnt man ja den anderen nichts mehr, selbst wenn sie sich für die branche einsetzen.
thomas junold
erik ist unverzichtbar, das kann man nicht oft genug sagen. herzlichen gruß nach … wo ist er denn gerade? ;)
CB
Herzlichen Glückwunsch, Erik! Kaum einer kann leichtfüßiger erklären, wo Design überall wirkt und warum es wichtig ist, auf die Details zu achten. Erik holt Design nicht vom Sockel – er holt die Betrachter mit auf den Sockel der guten Proportion und der gelungenen Form.
Florian Pfeffer
herzlichen glückwunsch an erik!
Matthias
Ein Designpreis, bei dem der Preisträger nicht in der Jury sitzt. Da kann man ja wirklich mal gratulieren.
Tom
Seine Schriften kann man mögen oder nicht. Aber er schafft es Design in der Öffentlichkeit zu einem Thema zu machen.
Jürgen Siebert
Deutschlandradio-Interview mit Erik Spiekermann, anlässlich der Preisverleihung …
PAGE über die Preisverleihung …
Eike König über die Preisverleihung …
bild.de über die Preisverleihung …
Faz.net über die Preisverleihung …
Echo online über die Preisverleihung …
A.
Lynda Relph-Knight: „Nice one, Erik“, http://www.designweek.co.uk/home/blog/editors-blog/3023021.article
Nora
Erik! Verdient, verdient, verdient … Herzlichen Glückwunsch! Und Dank an Johannes für diesen sehr präzise geschriebenen Text über das _Kommunikationskraftwerk_ selten so einen passenden Begriff für Erik gehört.
Gerrit Terstiege
… und die form gratuliert in ihrer nächsten Ausgabe mit einem 10-seitigen Porträt.
Das Heft erscheint am 25. Februar …
http://www.flickr.com/photos/morfform/5237714594/
Viele Grüsse!
Gerrit