bukowskigutentag 7/13: Autokorrektur

Neulich war ich einmal wieder im Einsatz bei der Agentur, für die ich ab und an als attrak­tive, junge Pressereferentin arbeite. Diesmal lag eine niveau­volle Aufgabe an. Für einen Kunden – und zwar einen der welt­weit großen Player im Schnullifatz-Segment – sollten wir neue, bisher unent­deckte Werbeformen und Kanäle finden.

»Schnullifatz? Wie schreibt man das eigent­lich?«, fragte einer aus unserer eigens gebil­deten SoKo »neue Werbeformate«. Eine berech­tigte Frage. Ich tippte den Begriff, also wie ich meinte, dass man ihn schreiben könnte, in mein Smartphone, dessen Autokorrektur das Wort »Schnullifatz« aber in »Syphilis« verwan­deln wollte.

Klar, kennt man ja. Die diversen Autokorrektursysteme in Computern und Smartphones werden nach Regeln program­miert, die kein Mensch je wird nach­voll­ziehen können und die in erster Linie zur Belustigung oder wahl­weise zum Ärger der Nutzer dienen; ganz sicher aber niemals als wirk­liche Hilfestellung, weil die Vorschläge dafür einfach zu bekloppt sind. Hier ein paar schöne, mit dem eigenen Smartphone erstellte Beispiele für Deutsch – Autokorrekturdeutsch:

  • nein – Bier
  • Tintenstrahldrucker – Tittenstrahlducker
  • Backstage – Backstube
  • Regierungskoalition – Himbeersorbet
  • Steuererklärung – fickööön!

Und so weiter, Sie kennen das. Aber! Damit hatten wir plötz­lich unbe­ab­sich­tigt eine Lösung für die uns gestellte Aufgabe gefunden. Könnte man die Autokorrektur-Systeme nicht so mani­pu­lieren, dass sie nicht mehr wie bisher quasi rando­mi­siert arbeiten, sondern ganz dezent, aber auffällig ein biss­chen »Naming« in Sachen unserer werbe­trei­benden Kunden betreiben? Na klar!

Als prak­ti­sches Beispiel, wie das im Ergebnis aussähe, konzep­tio­ni­zi­pi­fi­zierten wir gleich mal diesen fiktiven, aber wirksam auto­kor­rek­tur­ma­ni­pu­lierten Dialog via SMS, Chat oder sons­tigem Kurznachrichten-Kanal:

»Hallo, sehen wir UPS nächsten Samsung?«

»Hä?«

»Huch, sorry, ich meinte ›uns‹ und nächsten ›Samstag‹. Scheiß Autokorrektur mal wieder.«

»Ach so, Samsung, ähh, Samstag ist super. … Hab plötz­lich total Bock, mir ein Samsung-Produkt zu kaufen.«

»Hey, mach das. Am besten mit UPS liefern lassen!«

»Gute Idee, bis dann. hdgdl.«

»Bis dann, Deine Süßeschnecke69.«

Sehen Sie? Wirkt! Diesen Autokorrektur-Dialog haben wir mitsamt Konzept kürz­lich beim Kunden präsen­tiert und aktuell arbeiten wir an der Umsetzung.

Ich persön­lich schalte bei meinem Textverarbeitungsprogramm jetzt die Autokorrektur wieder ein. Und der Kuchen war übri­gens auf Anschieb so bekleis­tert, dass er uns mit reich­lich Gelb ausstat­tete, damit die Autokotfissur demnächst Rechtschreibvorschläge unter­breitet, die zwar nur bedingt sinn­stif­tend, dafür aber konsum­an­re­gend sind.

Erstaunlich übri­gens, dass ich vor etwa 318 Jahren ein Handy hatte, in dem ein lern­fä­higes T9-System einge­baut war. Diese Lernfähigkeit haben moderne Smartphones offen­sicht­lich im Laufe ihrer Evolution einge­büßt. Die Dinger mögen heute Cocktails mixen, Hegel verstehen oder den Abwasch machen können. Aber lernen, wie Herrchen oder Frauchen was zu schreiben geruhen, könnense nicht, die dummen Dinger. Ein tech­no­lo­gi­scher Atavismus, dessen Ursache mir schlei­er­haft ist. Vielleicht sogar ganz beru­hi­gend, dass nicht immer alles nur voran, sondern auch mal was rück­wärts geht.

Michael Bukowski

P.S.: Autoren, die diesen Beitrag geschrieben haben, haben auch diese Beiträge geschrieben.


2 Kommentare

  1. till1

    die beob­ach­tung zur lern­fä­hig­keit von t9 vs. lern­fä­hig­keit von smart­phones stellt mich auch schon seit langem vor rätsel… an der update­fä­hig­keit kanns ja nicht liegen.

  2. Frau Scholz

    Die T9 Lernfähigkeit vermisse ich auch schon seit Jahren und ehrlich – ich dachte, ich hab was an den Einstellungen meines iPhones falsch gemacht und nehme mir seit 1 Jahr vor, da mal genau nach­zu­sehen. Wenn ich Zeit habe. Meine To Do Liste und ich danken dir also herzlichst.

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