bukowskigutentag 4/12: Die mit den Wulffs heult

Write-a-like BILD Contest mit Medien-Quiz

s geht um Familie Wulff, und zwar um die mensch­li­chen Aspekte des Auszugs aus dem Schloss Bellevue, bzw. aus der Dienstvilla in Berlin-Dahlem. Unser Spiel dazu geht jetzt so: Ich kredenze Ihnen Auszüge aus einem Artikel und Sie raten danach, in welcher Zeitung er erschienen ist. Erst dann dürfen Sie auf den Lösungslink am Ende dieses Beitrags klicken.
Los geht’s.

Subjektiv objek­tiver Qualitätsjournalismus

»Am vergan­genen Freitag war den Wulffs gar nichts mehr wichtig. Sie wollten Berlin nur noch den Rücken kehren. Weg von den Reporter-Rudeln, fort in ein Leben ohne Schloss und Sterne- Köche. Auf einen Fahrer hatten sie verzichtet. Am Steuer saß Bettina Wulff – ein Hinweis darauf, wer künftig in Großburgwedel das Sagen hat? Hinter den Eltern saßen die Söhne Linus (mit Teddybär) und Leander. Man fragt sich, worüber die Wulffs auf der Fahrt geredet haben.«
Offensichtlich gut infor­miert, der Schreiber, der weiß, was den Wulffs wichtig war oder auch nicht. Und am Steuer saß also Bettina Wulff – ein Hinweis darauf, wer künftig in Großburgwedel das Sagen hat? Leider haben beim Lesen dieser Aussage rund 10.000 Gehirnzellen in meinem Kopf kollektiv Selbstmord begangen. Dafür verlange ich hiermit offi­ziell Schadenersatz vom verant­wort­li­chen Verlag. Und man fragt sich also, worüber die Wulffs auf der Fahrt geredet haben? Nö. Fragt man sich nicht. Geht mich auch gar nichts an.

Die kleine Journalistenschule und Product-Placement

»Es muss eine über­stürzte Abreise gewesen sein: In der Einfahrt zur Dienstvilla des Bundespräsidenten in Dahlem liegt an diesem Montagvormittag noch eine gelbe Sandkastenschaufel und ein rotblauer Sandkasteneimer. Hat das nicht mehr in den Skoda Yeti gepasst?«

Achtung: Diese Passage enthält wich­tige Informationen! Eine gelbe Sandkastenschaufel und ein rotblauer Sandkasteneimer. Kann mal einer den Journalisten die Adjektive wegnehmen, bitte? Das mag zwar ein lustiges Spielzeug sein, sollte aber nur zum eigenen Vergnügen gebraucht und keines­wegs den Lesern zuge­mutet werden. Und die Familie fährt also einen Skoda Yeti. Ist letzeres Product-Placement oder Werbung? Und wenn nicht, welchen Wert beinhaltet die Information, was für ein Auto die Familie Wulff fährt?

Paparazzi-Alarm!

»Am frühen Freitagabend erreichten die Wulffs das Haus in Großburgwedel, dessen Finanzierung Wulffs Rücktritt ausge­löst hat. Ein paarmal haben die Wulffs das Haus seitdem verlassen: Am Samstagabend für zwei Stunden und am Sonntagmorgen gegen 9 Uhr 30. Da brachte ein Lieferant frische Brötchen und Zeitungen vorbei.«

Moment mal, was’n hier los? Man weiß also, wann die Wulffs seit dem frühen Freitagabend das Haus verlassen haben. »Am Samstagabend für zwei Stunden und am Sonntagmorgen gegen 9 Uhr 30.« Frage: Woher wissen die das? Verbringt da ein Paparazzi eine Wochenende vor der Tür oder ist das aus der BILD abge­schrieben? Noch eine Frage: Wer um Himmels Willen will denn das wissen und wen geht das denn was an?

Peanuts

»Menschliche Größe beweist nach diesem turbu­lenten Wochenende, an dem die Koalition auf der Kippe gestanden haben soll, dann (ausge­rechnet) eine Sozialdemokratin. Andrea Nahles, Generalsekretärin der SPD, findet die Debatte müßig, ob dem 52-jährigen Alt-Bundespräsidenten ein Ehrensold in Höhe von 199.000 Euro im Jahr zusteht. Diese Frage sei ›klein­lich‹, findet Nahles. Üblicherweise steht der Ehrensold nur Bundespräsidenten zu, die aus gesund­heit­li­chen oder poli­ti­schen Gründen aus dem Amt scheiden.«

Eine Pension von 200.000 Euro im Jahr für einen in Unehren aus dem Amt schei­denden Bundespräsidenten scheinen für Frau Nahles und die hier berich­tende Zeitung also Peanuts. Dafür lobt sich der Schreiber auch noch selbst, indem er die mensch­liche Größe beweist, Frau Nahles‘ mensch­liche Größe zu erkennen und sich selbst indi­rekt, aber deut­lich für die Zahlung der Pension auszu­spre­chen. Geil!

Gleich schreiten wir zu verspro­chenen Quiz-Frage. Lassen Sie sich vorher noch auf der Zunge zergehen, dass dieser Beitrag in der Rubrik »Politik« anstatt in der in diesem Fall gebo­tenen Rubrik »Write-a-like BILD« erschien.

Was glauben Sie, wo dieser Artikel erschienen ist?

  • Berliner Kurier
  • B.Z.
  • Bunte
  • Kölner Express
  • Süddeutsche Zeitung
  • Entenhausener Bote

Lösung…

Michael Bukowski


9 Kommentare

  1. Jörg

    Upps! Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Ansonsten super Artikel von Herrn Bukowski.

  2. Frau Meike

    ‚Um Gottes Willen‘, würde man vermut­lich sagen, wenn man ein reli­giöser Mensch wäre. ‚Um Gottes Willen‘ und ‚Herr im Himmel‘ und lauter so Sachen.
    Zum Glück bin ich nicht religiös.
    Also: WTF?!

  3. Thilo

    Ich hatte den Artikel in der SZ eben­falls gelesen und war sehr enttäuscht von meiner Zeitung. Danke für diese gold­rich­tige Medienkritik!

  4. jemandzuhause

    das war eine einfache frage. die süddeut­sche baut langsam, aber konse­quent ab. in den letzten jahren ist sie immer öfter und billiger ins bräsige abge­glitten, den guten stil von früher hinter sich lassend. es bleibt – leider – nur noch der griff zur faz, wer sich möglichst präzise und klar formu­liert infor­mieren möchte.

  5. Nichtleser

    Was glauben Sie, wo dieser Artikel erschienen ist?

    Berliner Kurier
    B.Z.
    Bunte
    Kölner Express
    Süddeutsche Zeitung

    Es war im Grevenbroicher Tagblatt.

    Spaß beiseite. Die Wulffs tun mir langsam biss­chen Leid …

  6. Kurt

    Schade um die zehn­tau­send Gehirnzellen. Dass Sie irgend­wann bloß nicht das Niveau des zitierten Artikels errei­chen und ich dann rufen muss: Schade um den Bukowski, schade um seinen Dauerkommentar!

  7. Auch ich!

    Geehrte Frau Stoverock,

    wenn man die Kirche über die Jahrhunderte hinweg so betrachtet, kann Ihre Einstellung nur von Vorteil sein. Besonders dann, wenn man liest, dass die Vatikanbank Mafiageld veran­lagt, was der Papst persön­lich zuge­geben hat, indem er sich dafür ausge­spro­chen hat, dies künftig besser nicht mehr zu tun. Was er damit wohl gemeint haben mag?

  8. andi kissel

    danke für die scho­nungs­lose aufar­bei­tung dieses sch***-artikels in der sz. schlimmer geht es kaum.

  9. Torsten

    So was nenne ich Schreibdiarrhö :-). Aber ich halte eh nicht viel von Journalisten und Zeitung geht gar nicht.

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