Fresh Fonts 13 | 45, 44 Meroe, Urtext, Festival
Schriftenhäuser aus aller Welt legen zum Jahresende Entwürfe für alle typografischen Anforderungen vor. Latinotype, Fontyou, Linotype, Cruz Fonts, Urtext Music Fonts und Sudtipos zeigen uns, wie zeitgemäße Schriften für Print- und Web-Projekte aussehen.
Linotypes Meroe Familie von Peter Becker durchsetzt raue mit offenen Formen. Meroe basiert auf Beckers Handschrift mit einem fast ausgetrockneten Kalligraphie-Stift auf rauem Papier. Der …
Weiterlesen»Typorama«, das Lettern-Ballett des Philippe Apeloig
In Frankreich ist er der unangefochtene Star des Kommunikatonsdesigns: Philippe Apeloig, 2009 Sprecher auf der TYPO Berlin. Der 1962 in Paris geborene visuelle Gestalter studierte zunächst an der École Supérieure des Arts Appliqués, wo er sich für Typografie und Kalligrafie begeisterte, anschließend an der École Supérieure Nationale des Arts Décoratifs. 1983 absolvierte er ein Praktikum beim damals führenden holländischen Designbüro Total Design, gegründet von Wim Crouwel, das schon damals mit Computergrafik experimentierte. Ein zweites Praktikum 1985 machte ihn endgültig zum Digitalkünstler.
Zu dieser Zeit begeisterte Apeloig jedoch nicht nur die zweidimensionale Gestaltung, er war auch Liebhaber moderner Theater- und Ballett-Inszenierungen, insbesondere von Alwin Nikolaïs, Merce Cunningham und Pina Bausch. Die Leidenschaft für die bewegte Kunst führten ihn zu einer Sichtweise, die bis heute sein Werk prägt: Buchstaben wie choreografierte Körper einzusetzen.
Philippe Apeloig sprach auf der TYPO Berlin 2009 über den Buchstaben als Autor (Foto: kassnerfoto.de; Zusammenfassung seiner Präsentation)
Anlässlich seines 30-jährigen Berufsjubiläums zeigt das Pariser Museum Les Arts Décoratifs in der Rue de Rivoli ab dem 21. November 2013 die erste große Retrospektive zu Apeloigs Schaffen. Zur Ausstellung ist bereits der gewichtige, 400-seitige Katalog mit dem Titel Typorama erschienen, mit Beiträgen von Ellen Lupton und Alice Morgaine. Herausgeber und Gestalter des Buchs ist der Kölner Designer Tino Graß, spezialisiert auf die Konzeption und Realisation von Erscheinungsbildern, sowie Printdesign und Ausstellungsgestaltung.
Graß begegnete Philippe Apeloig erstmals 2006 beim »22. Forum Typografie« in Düsseldorf. Im Anschluss an das dreitägige Treffen entstand in enger zusammenarbeit mit den Referenten das Buch »Schriftgestalten – über Schrift und Gestaltung« (Niggli, 2008), ein Abriss aktueller Schriftkultur. Bei einem der Besuche in Paris zur Korrektur des Apeloig-Kapitels fragte dieser Graß, ob er nicht nach Paris kommen wolle, um ein Buch über seine Schaffen zu machen. Nach anfänglichem Zögern sagte er Anfang 2007 zu.
Es folgten mehrere Besuche und Ende 2008 eine Plakatausstellung im Espace topographie de l’art, einer Galerie im Pariser Marais. Das Konzept für die Ausstellung war schnell entwickelt, aber das Zusammentragen der Plakate war ein Drama. Tino Graß erinnert sich: »Zwei Leute brauchten einen gefühlten Monat, um die Plakate aus unzähligen Rollen und Planschränken herauszusuchen. Um dies in Zukunft zu vermeiden, erweiterte ich mein bis dato erstelltes Archivierungssystem um einen ›Easy Access Archiv‹. Alle Plakate, Skizzen, Bücher, Drucksachen und Presseartikel waren danach für jeden schnell und einfach zu finden. Das Konzept wurde auch auf die digitalen Daten und Server übertragen. Die Plakate für eine Ausstellung, die ein paar Monate später an der Université du Québec in Montreal statt fand, waren an einem Tag zusammengetragen und verschickt.«
Das nun nach 5-jähriger Zusammenarbeit veröffentlichte Buch zeigt eine Auswahl der wichtigsten Arbeiten Philippe Apeloigs. Erhellende Texte, Inspirationsquellen und Entwurfsskizzen erklären die Projekte und ihre Entstehung. Der erste Teil von Typorama ist in thematische Kapitel strukturiert und beschreibt die Arbeiten mit Informationen zu Auftraggebern, Gestaltungsparametern und deren Konzeption. Der erste Teil interagiert mit dem zweiten, in dem Zeichnungen, Fotos, Probedrucke, Kopien, Collagen und digitalen Abbildungen die Entwürfe zu den Arbeiten im ersten Teil in chronologischer Reihenfolge beleuchten. Dazu Tino Graß: »Beim Betrachten der Skizzen lassen sich viele Zusammenhänge erkennen. Nicht nur die Irrwege und das Verwerfen von Ideen, oder die detaillierte grafischen Ausarbeitungen eines Gestalters, sondern auch die Veränderung der Arbeitsweise durch neue Technologien und den digitalen Wandel.« In zwei Essays von Ellen Lupton und Alice Morgaine werden die Entwicklungen und auch Einblicke in das gestalterische Schaffen Philippe Apeloigs näher beschrieben.
Philippe Apeloig gestaltet vor allem für Kulturveranstaltungen, Verlage und Institutionen. Zu seinen Auftraggebern gehören die Compagnie Chopinot und viele mehr. Dabei haben seine Arbeiten in Frankreich inzwischen auch unter Nicht-Experten Wiedererkennungswert erlangt. So vielfältig der Kanon, den er uns in Ausstellung und Katalog präsentiert, so klar und konsistent seine visuelle Sprache: wenig Farbe, möglichst kein Bild, aber dennoch Bewegung, meist durch eine typografische Inszenierung. Die oberste Maxime, wie auf der TYPO Berlin 2009 proklamiert: der Buchstabe ist der Autor. Dieser braucht keine weiteren Requisiten, stattdessen wird er mit der Information verknüpft, die es zu transportieren gilt. So werden unter Apeloigs Regie Buchstaben zu Schiffen, die ihren Schatten ins Wasser werfen, zu Klaviertasten, die in einer Animation über den Bildschirm jagen oder sie stellen einen Lesesaal aus der Vogelperspektive nach.
Fazit: Der Katalog ist mehr als eine Leistungsschau des bedeutendsten französischen Grafikdesigners unserer Zeit, weil er im zweiten Teil Prozesse darstellt, die sowohl für Laien als auch für erfahrene Kollegen sehr aufschlussreich sind.
Typorama: Philippe Apeloig, Design graphique; Herausgeber: Tino Graß; Éditions Les Arts Décoratifs (französisch) und Thames & Hudson (englisch), 384 Seiten, rund 55 €. Weitere Informationen …
Grow, die Schrift mit 63 Geschmacksrichtungen
Die Schweizer Designer und Schriftentwerfer Johannes Breyer und Fabian Harb haben ein spannendes Schriftprojekt entwickelt, das sie Dinamo-Grow nennen und auf einer raffinierten Demo-Website präsentieren. Das Grow-Schriftsystem basiert auf sechs Grundschnitte. Aus diesen Grundschnitten lassen sich durch Kombination mit der eigens entwickelten Software insgesamt 63 individuelle Schriften generieren, die als separate Fonts generiert und eingesetzt werden können.
Jeder Zeichensatz umfasst Latin-Extended, es gibt 14 Stylistic Sets, Bruch- und Römische Ziffern, Pfeile und Ligaturen.
Das Kombinationsschriftsystem Grow erzeugt aus 6 Grundschriften 63 verschieden Fonts
Kombinationsbeispiele aus den sechs verschiedenen Grow-Grundschriften
Das erste Konzept für Grow entstand in einem Café …
Weitere Informationen auf www.dinamo.us und in diesen 4 PDFs …
★ der Woche: Magallanes Condensed
Ihr besonderes Etwas sind die kalligrafischen Abstriche bei Klein- und Großbuchstaben, die dem Schriftbild Persönlichkeit geben, ohne die Leserlichkeit zu beeinträchtigen. Der ★ dieser Woche ist Daniel Hernández 16-schnittige Magallanes-Erweiterung: Magallanes Condensed, statt 230 € nur 46 €*. Fontblog geht ins Detail.
Vorzüglich ausgebaut und jetzt auch mit Condensed-Schnitten und breiter Sprachunterstützung eignet sich die Magallanfamilie für anspruchsvolle Branding- und Corporate-Projekte
Zur Einführung gibt es die komplette Magallanes-Condensed-Familie auf fontshop.com für unschlagbare 80 % unter dem späteren Preis, nämlich nur 46 € statt 230 € (*zzgl. MwSt, bis 20. November 2013).
★ der Woche: Magallanes Condensed OT, 16 Fonts, statt 230 € nur 46 €*
Magallanes ist eine neo-humanistische Sans-Serif, entworfen von Daniel Hernández für Latinotype. Soeben ist die Condensed-Version der Familie erschienen, von deren Bezeichnung man sich nicht täuschen lassen sollte: Da Magallanes breit angelegt ist, wirkt ihre Condensed eher platzsparend als schmal, so wie man das beispielsweise von FF Meta und FF Unit kennt (vgl. Abbildung ganz unten).
Das besondere Charakteristikum der Magallanes sind die kalligrafischen Abstriche bei den Klein- und Großbuchstaben. Sie verleihen dem Schriftbild Persönlichkeit, ohne die Leserlichkeit zu beeinträchtigen. Ganz im Gegenteil: Die Unterscheidbarkeit optisch ähnlicher Buchstaben wird verstärkt. Wegen ihres geringen Kontrasts wirkt die Schrift auf den ersten Blick wie mit einer Schablone geschrieben … fast eine Architekten-Schrift.
Die Familie ist vorzüglich ausgebaut, mit 8 Strichstärken von Ultralight bis Black, echten Kursiven und einer breiten Sprachunterstützung: Basic Latin, Western European, Euro, Catalan, Baltic, Turkish, Central European, Romanian and Pan Africa Latin.
Magallanes (oben) und Magallanes Condensed (unten) im FontBook-Vergleichstest: Die schmale Fassung könnte in anderen humanistischen Sans-Großfamilien durchaus als Grundversion durchgehen
Zur Einführung gibt es die komplette Magallanes-Condensed-Familie auf fontshop.com für unschlagbare 80 % unter dem späteren Preis, nämlich nur 46 € statt 230 € (*zzgl. MwSt, bis 20. November 2013).
Neuer, extra-fairer Designpreis von Dmig
Ja geht das denn überhaupt: ein Designpreis ohne Teilnahmegebühr, ohne Einreichungsfristen, ohne Gala-Dinner und Smoking? Na klar geht das, wenn man das Thema neu und zeitgemäß denkt. Und (vor)lebt. Genau das machen unsere Kolleginnen und Kollegen von Design made in Germany, auch Dmig genannt. Patrick Marc Sommer hat diesen Preis bereits am Freitag auf dem Type Talk in Berlin angekündigt.
Frakturzeit: Lasst es krachen mit Blaktur
Die Form vor Tradition strotzend – die Technik auf hohem OpenType-Niveau: House Industries Blaktur taucht jeden Text in krachledernes Ambiente. House hauen drauf: typografisch, musikalisch, humoresk. Dafür lieben wir sie!
Diese Blackletter-Familie schmeckt nach Knackwurst, Riesling und Bierzelt-Party. Ob für das Design von Etiketten, das Impressum des Gemeinde-Bulletins oder das Cover des Heavy-Metal-Tribute-Albums. Die Blaktur-CD kontrastiert ihre Blackletter-Fonts mit vier Original-Tracks der Foundry eigenen »Badnecks«-Combo.
Der kuriose Fraktur-Font wartet auf mit langem s und anderen Fraktur-Gemeinheiten und nimmt sein Genre gleichzeitig mit dem Dirkschneider Umlaut Randomizer auf‘s Korn: Dieser stattet beliebige Vokale mit Umlauten aus
WeiterlesenLettering vs Calligraphy: die Kunstdruck-Mappe
Mit ihrem Zweikampf-Blog www.letteringvscalligraphy.com haben sie in der Designcommunity für Furore gesorgt: Martina Flor, die Typografin aus Argentinien, und Giuseppe Salerno, der Kalligraf aus Italien, der wie Martina in Berlin zuhause ist. Auf der letzten TYPO Berlin trugen sie ihren visuellen Wettkampf mit und vor Publikum aus, sehr zum Vergnügen von über 800 Mitwirkenden.
Nun erscheint bei Pilcrow Print & Publishing eine auf 50 Exemplare limitierte und nummerierte Sammelmappe mit je 26 Initialen, teilweise unveröffentlicht. In dieser außergewöhnlichen Kollektion treffen Grafikdesign und Zeichnung, klassisches Handwerk und neueste Technologie aufeinander. Die Mappe ist mehr als eine Ergänzung zum Blog, denn sie erweckt die einst für den digitalen Einsatz entwickelten Artworks zu neuem Leben.
Einzeln eignen sie sich als Wandschmuck ebenso wie gemeinsam als kleine Ausstellung auf insgesamt 6,5 qm. Weitere Informationen auf der Verlagsseite …
»VS«, limitierte Ausgabe, 50 Exemplare, nummeriert und signiert. 52 gedruckte Initiale im Formt A3, Risograf-Print auf 150 g Munken weiß, Pilcrow Print & Publishing 2013