100 Beste Edition: Band 7 ist da!
Heute erscheint Band 7 der von FontShop ins Leben gerufenen 100 Beste Schriften Edition: Gill Sans OT (Bestellseite für Neuabonnenten, Bestellseite für Einzelkauf).
Als sich Futura in Deutschland Ende der 20er Jahre zum Bestseller entwickelt, sucht Stanley Morison, der künstlerischer Leiter von Monotype, ein britisches Äquivalent. Irgendwann Ende 1928 fällt ihm der Bildhauer und Zeichner Eric Gill ein, der 7 Jahre zuvor mit Edward Johnston eine beeindruckende Sansserif für die Londoner U-Bahn mitentworfen hat. So ähnlich könnte der »Futura-Killer« aussehen. Noch am selben Tag berzeugt er den Künstler von diesem Projekt.
Zwei Wochen später begutachten sie beide in London alte und neue Skizzen von Schriften. Morison war erstaunt, dass viele der Johnston-Buchstaben mit nur wenigen Eingriffen eine vorzüglich lesbares Textschrift ergaben, trotz geringer Mittellänge. Der Grund: die Zeichen der neuen Gill-Schrift basieren zunächst auf Antiqua-Proportionen; erst in einem zweiten Schritt geometrisierte ihr Entwerfer die Formen.
Über 36 Garnituren der Gill Sans entstanden in den Jahren 1929 bis 1932 für den Bleisatz. Das besondere an der Grotesk – im Vergleich zur Futura – ist nicht allein der ausgeprägte Strichstärken-Kontrast: Alle Schnitte weisen einen eigenen Charakter auf, weil sie nicht mechanisch aus einem Entwurf abgeleitet sind.
Das Paket für die 100 Beste Edition enthält die 8 nützlichsten Gill-Sans-Schnitte, 5 Basis-Fonts und 3 Condensed-Fonts … selbstverständlich alle im modernen OpenType-Format. Diese neue Version der Gill ist mit üppigen OpenType-Features ausgestattet, zum Beispiel Kapitälchen in den Schnittn Medium, Medium Italic, Bold und Ultra Bold. Darüber hinaus bieten alle Schnitte Ligaturen, Bruch- und Tabellenziffern, einschließlich einer alternativen 1 mit Anstrich. Die Textschnitte sind mit Mediäval- und Versalziffern bestückt. Wie bereits in den Volumes zuvor sind die Schnitte untereinander stilverknüpft, so dass sie in Office-Programmen per Stilbefehl anzusteuern sind.
Das neben abgebildeten Gill-Sans-Schriftmuster zeigt in der oberen Hälfte links den Nachbau eines historischen Single-Covers aus dem Jahr 1969, rechts daneben die Reproduktion einer Single der Temptations aus dem Jahr 1970. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre war besonders der plakative Gill-Sans-Ultra-Schnitt überall zu sehen. Auch heute hat der zeitlose Schnitt nichts von seiner kräftigen Ausstrahlung verloren. Im unteren Teil des A4-PDF sind alle Schnitte im Detail aufgeführt sowie deren wichtigste Figuren, die über OpenType-Funktionen leicht abrufbar sind (zum Beispiel Kapitälchen).
Das FontShop-Ranking 100 Beste Schriften aller Zeiten (erstmals angekündigt am 12. Januar und veröffentlicht am 24. Januar) basiert auf dem Urteil einer internationalen Jury und dem Votum der FontShop-Kunden, genauer: den Verkaufszahlen der letzten Jahre. Anfang Januar stellten wir uns die Frage, wie man aus dem Ranking ein brauchbares und bezahlbares Schriftprodukt entwickeln könne. Die Idee einer mehrbändigen Edition entstand. Ihr Ankündigung wurde begrüßt, die Fontblog-Leser waren beteiligt am Feinschliff der Schriftauswahl.
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Wichtig für neue Freunde der 100 Beste Schriften Edition: Auch die CD 7 Gill Sans OT gibt es als Einzelausgabe und als vergünstigte Abo-Ausgabe. Letztere hat große Vorteile für Sammler:
(1) sie erhalten die Folge-Bände automatisch
(2) zahlen erst nach Erhalt der Lieferung
(3) 178,– € Abopreis pro Band (statt 199,– €)
(4) das Abo ist jederzeit per Anruf oder E-Mail kündbar
(alle Preise zzgl. MwSt. und Versand). Zur Gill Sans-OT-Bestellseite …
10 Kommentare
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Der Sven
Auch auf die Gefahr hin, Empörung auszulösen: Ich mag die Gill Sans absolut nicht (außer vielleicht condensed). Freue mich da eher auf die Dax und die Quadraat … aber das dauert ja leider noch ein bisschen …
robertmichael
ich schließe mich sven an. irgendwo hat ja jede schrift ihre berechtigung aber um die gill bin ich bis jetzt immer gut drumherum geommen.
kann mir mal jemand das geheimnis des i-punkts verraten – wieso sitz der schief?
Jürgen
Das Geheimnis ist, dass Eric Gill Bildhauer war und – gerade bei der Ultrabold – jeder Buchstabe eine Individuum ist. Nüchterne Schriftmuster der Gill Sans haben mir bisher auch nicht viel gesagt … Als ich aber jüngst bei einer Recherche durch Plattencover und Musikposter aus den 60er/70er Jahren blätterte, ist bei mir ein Funke übergesprungen. Gerade das Desmond-Dekker-Cover (das im Original mit einer Gill Light gesetzt ist; schaut mal hier), macht mich richtig an. Es hat eine tolle Dynamik, die alleine aus der Typografie (und natürlich der Farbe) entsteht.
robertmichael
ich gebe dir recht, irgendwo hat die gill etwas, was einen anfixt. vor allem die ultra black (e und a sind toll), aber sie ist leider auch angestaubt. es gibt zwar gute beispiele (wie das temptations-cover) aber leider bringen diese immer etwas 80er-jahre-schlager-musik-feeling rüber. wenn man diesen nerv treffen will – perfekt! aber für seriösen fließtext ist sie eher weniger geeignet, die gill hat ihre stärken als displayfont.
thomas
aber lesbar ist die wie hölle, auch wenn die konsistenz der einzelnen formen eher fragwürdig ist.
ich denke, dass man mit der gill immer noch gute typografie machen kann ;-) auch wenn ich sie auch ein wenig »über« habe. wenn man die sehr plain einsetzt, ist sie wirklich langweilig, aber inszeniert kann ich sie mir sehr gut vorstellen, vor allem die ultra bold, das ist schon die grobe kelle :-)
Der Sven
Hmm – so richtig ist der Funke bei mir noch nicht übergesprungen. Hat denn jemand aktuelle, gute Einsatz-Beispiele zur Hand?
robertmichael
nix besonderes. http://www.japanlink.de/images/pic_ll_leute_bewild3.jpg.
wirkt aber.
Jürgen
Nach dieser Liste im Typo-Wiki ist Gill Sans Hausschrift der folgenden Unternehmen und Medien:
3sat, AMD, BBC, Cable & Wireless, Direct Line (Versicherung), Müller (Drogerie), Peugeot, Saab und TNT.
Auf diesem Filmplakat kommt sie zum Einsatz und dieser Inschrift.
Der Sven
Vielen Dank – bei Saab sieht sie gar nicht übel aus – und auf dem Filmplakat auch nicht … man kann sie also auch dezent einsetzen, ohne das sie großen Lärm macht. Vielleicht ändere ich meine Meinung ja noch …
thomas
wobei das BBC-logo glaube ich ein klassiker ist, was die verwendung der gill angeht. das ist einfach sauber, schnörkellos, spitze.