Shanghai Design Biennale 2010

von Helmut Ness, Vorstand Fuenfwerken AG

Die Wirtschafts- und Finanzmetropole Shanghai präsen­tiert sich dieses Jahr als Gastgeber der Weltausstellung unter der Vision »Better City, Better Life«. Für eine rasant wach­sende Großstadt mit rund 19 Millionen Einwohner eine durchaus passende These. Auch die in der vergan­genen Woche zum 5. Mal durch­ge­führte »Shanghai Design Biennale« griff das Motto der Expo auf (»Better Life, Better Design«) und stellte sich während der drei Konferenztage dem Themenfeld Verbesserung unseres Lebensraum durch inno­va­tive Designlösungen. Sprecher aus aller Welt beleuch­teten unter­schied­lichste Ansätze aus diversen Disziplinen, von Architektur und Stadtplanung über Enviromental-, Produkt- und Kommunikationsdesign bis hin zum Modedesign.

Die Verbesserung unserer Lebensräume, Nachhaltigkeit, die Herausforderung des demo­gra­phi­schen Wandels und das mess­bare Erforschen der wirk­li­chen Bedürfnisse der Menschen erwiesen sich am Ende der drei Tage als die Schlagworte, auf die sich die Vorträge, Diskussionen und Workshops immer wieder bezogen. Die kurar­to­ri­sche Leitung wurde in diesem Jahr dem Frog-Design-Gründer und Honorarprofessor der Angewandten Akademie in Wien Hartmut Esslinger über­tragen. Esslinger stellte sich in seinem Vortrag selbst als »Design-Katholik und -Prediger« dar, der im Sinne des Design-Thinking-Prozesses immer mit der Zielgruppe gemeinsam an Lösungen arbeite, um ein höchst mögli­ches Nutzererlebnis zu schaffen.

Für Hartmut Esslinger und Frog Design befindet sich der Mensch stets in einem räum­li­chen Kontext, dessen opti­male Erlebnis- und Lebensqualität das Designbüro anstrebt. Er zeigte seine Definition von Räumen, für die Designer Verantwortung über­nehmen können, zum Beispiel Urban Space, Environmental Space, Work Space, Living Space, Cyber Space, Gaming Space, Social Media Space, Mobile Space et cetera. Er unter­mau­erte seine Konzepte mit Projektbeispielen von Frog sowie Prototypen der Wiener Studenten.

Zum Themenbereich Urban-Design zeigten Städteplaner und Architekten ihre Konzepte. So gab Li Quiglai, Director of Planning der Expo in Shanghai (http://​en​.expo2010​.cn), einen Einblick in die Planung zur Nachhaltigkeit auf dem Expo-Gelände und die Optimierung der städ­ti­schen Infrastruktur im Zentrum von Chinas grösster Industriemetropole. Dabei stellte er kritisch den wach­senden Individualverkehr und die weitere Optimierung der Verkehrswege, Transportmöglichkeiten und Umweltaktivitäten als größte Herausforderung für Shanghai heraus. Der in Shanghai lebende Architekt des israe­li­schen Expo-Pavillons Prof. Haim Dotan (http://​www​.haim​dotan​.com/) zeigte seine Vision einer besseren urbanen Welt auf Grundlage von aus der Natur abge­lei­teten Erkenntnissen.

Aus Australien präsen­tierte Prof. Rosella Monacella von der RMIT University in Melbourne (http://​www​.rmit​.edu​.au) bein­dru­ckend, wie der ideale Lebensraum Mensch und Natur am Beispiel einer komplett Computer-gene­rierten Insel aussehen würde. Bei der Diskussion im Nachgang wurde kritisch auf die jüngsten Entwicklungen in Dubai hinge­wiesen, wo gerade nicht die Balance zwischen Natur und Mensch berück­sich­tigt ist. Abschließend stellte der Architekt und Planer der Weltausstellung 2015 in Italien, Prof. Ado Franchini, vor, wie er die Expo in 5 Jahren als Anlass nimmt, verfal­lene Industrieanlagen nach­haltig über das Jahr 2015 hinaus zu leben­digen Stadtvierteln zu entwickeln.

Im Themenfeld Visuelle Kommunikation und Branding zeigte der Landor-Chef China, Ray All, dass man auch als Designunternehmen ein Global Player sein muss, um die welt­weit operie­renden chine­si­schen Auftraggeber zu globalen Marken zu entwi­ckeln. Dabei defi­nierte All den Begriff  Marke als ein kreiertes Versprechen, das im Kopf des Konsumenten als bevor­zugte Wahl verstanden und akzep­tiert sein will. Am Beispiel des aufstre­benden Mischkonzern Hair demons­trierte er die 10-jährige Erfahrung Landors in China und stellte den gerade defi­nierten Positionierungsprozess der Marke für China und die west­liche Welt vor.

Als Deutscher Vertreter führte Fuenfwerken in die typo­gra­fi­sche Vielfalt des latei­ni­schen Alphabetes ein, mit dem in der Markenkommunikation gezielt Aussagen sichtbar und emotional trans­por­tiert werden können. Markenerlebnisse entstehen zwischen Vernunft und Emotion und sind ein stän­diger itera­tiver Prozess zwischen Rezipient und Sender auf der Suche nach dem opti­malen Einklang von »Look and Feel«, »Joy of Use« und »Usabilty«. Im Ausklang warb Fuenfwerken für seine Initiative gestaltBildung, die das Ziel verfolgt, Schülern früh­zeitig die Sensibilität für genaues Beobachten und so eine Grundvoraussetzung zum Gestalten zu vermitteln.

Für Interessierte sind Impressionen der Konferenz in einer Slideshow unter www​.fuenf​werken​.com/​lab zu sehen. Die offi­zi­elle, jedoch nicht beson­ders infor­ma­tive, Website ist: http://​sdb​.sstec​.com​.cn


2 Kommentare

  1. Stefan

    Hartmut Esslinger sieht eher wie mein früherer Geo-Lehrer aus, als wie ein prediger ;-)

  2. tee

    Die Schule heißt „Universität für ange­wandte Kunst“, nicht „Angewandte Akademie“

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