Abmahnung wegen gleicher Logo-Schrift

So etwas ist mir in meiner bald 30-jährigen Berufslaufbahn im Kommunikationsdesign noch nicht begegnet: Eine ostwest­fä­li­sche Radiokette mahnt ein Studentenradio ab, weil dieses in seinem (eigen­ständig gestal­teten Logo) die gleiche Schrift verwendet. Daniel Fienes hat diesen Fall in seinem »Persönlichen Weblog über Medien, Internet und Gedöns« ausführ­lich darge­stell, für bundes­weite Verbreitung sorgte Thomas Knüwer (Indiskretion Ehrensache).

Besser als Knüwer kann ich es nicht formu­lieren: »… was macht der gute deut­sche Medienmacher: Er mahnt ab. Klar, man könnte auch mal mitein­ander reden, gerade weil zwischen den Sendern ja keine Hörerüberschneidung statt­findet, ein Uni-Radio keine Werbung macht – und somit keine Wettbewerbsbeziehung besteht. Vielleicht auch weil sich die Lokalfunker denken: Hey, da arbeiten unsere Mitarbeiter von morgen. So viel Überlegungen aber sind heut­zu­tage schon zu viel verlangt. Man lässt einfach die Anwalts-Pitbulls los. Das Ergebnis ist das, was man einen Shitstorm nennt.« Zum Beispiel auf den Fanseiten vonRadio Bielefeld und Radio Gütersloh.

(published from TYPO Berlin with my iPhone)


26 Kommentare

  1. Rainer

    Der RadioQ-Schriftzug wurde ganz einfach mit einem Freefont namens »Rezland« von Fraser Davidson abge­setzt, das Q viel­leicht der Futura entnommen. Das AMS-Logo zeigt da nur ähnliche Formen, aber gar nichts verwech­sel­bares. Die Abmahnung ist schon ein starkes Stück …

  2. Tobi

    Es ist immer einfach, auf Abmahnern rumzu­ha­cken, die Sympathien gehören ja reflex­artig dem Kleinen. Die Rechtslage ist aber bekannt und die Abmahnung inhalt­lich zumin­dest nach­voll­ziehbar: hier­nach ist es verboten,

    ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließ­lich der Gefahr, daß das Zeichen mit der Marke gedank­lich in Verbindung gebracht wird, …

    § 14 (2.2) MarkenG

    Übrigens ist eine Abmahnung ja immer die einsei­tige Beurteilung einer Rechtslage (was legitim ist). Wer anderer Auffassung ist, reagiert einfach nicht auf sie oder lehnt sie ab – das ist ein ganz normaler Vorgang während der außer­ge­richt­li­chen Klärung eines Rechtsstreits und kein Grund, „Hilfe, Vergewaltigung“ ins PR-Rohr zu schreien.

  3. thomas junold

    tobi: sorry, das sind lokal­ra­dios und die benehmen sich wie die telekom. das ist mit kanonen auf spatzen schiessen. ich halte es schlichtweg für maßlos über­trieben von einer verlet­zung der marken­rechte in mehreren dutzend fällen pro jahr zu reden.

    wenn man so dumm (sorry, mir fällt kein anderes wort ein) ist, eine anwalts­kanzlei zu beschäf­tigen, die nur mit/von diesem kunden leben kann, sollte man sich auch nicht wundern, wenn es ein wenig wind von vorne gibt.

    in diesem fall gehört meine sympa­thie defintiv dem studen­ten­radio. abge­sehen davon, warum hat das profes­sio­nelle radio ein logo, welches ja ganz offen­sicht­lich aus einem nicht profes­sio­nellem font gebaut wurde. um ehrlich zu sein, ist das logo des radios so gene­risch, das man sich nicht wundern muss, dass es ähnliche lösungen in der glei­chen branche gibt.

    ich kann das ganze aber auch mal umgangs­sprach­lich für lokal­ra­dio­leute sagen: was für kurz­sich­tige flach­zangen! *und jetzt wieder werbung*

  4. Tobi

    @thomas: Mit einer mangelnden Unterscheidungskraft kann man ja durchaus argu­men­tieren und auf dieser Grundlage mit einem Angriff auf die „Original“-Marke reagieren – aber die Auffassung des Antragstellers als Ausgangspunkt ist auch nachvollziehbar.

    Es muss doch auch einmal ausge­spro­chen werden, dass die Verwendung eines so ähnli­chen Logos nun einmal dumm oder zumin­dest recher­chefaul war. Ein solche diffe­ren­zierte Betrachtungsweise ist von dem Autor des popu­lis­ti­schen „Indiskretion Ehrensache“-Artikels natür­lich nicht zu erwarten, wenn er sein „Anwalts-Pitbulls“-Klischee abfeiern will. Der Artikel erfüllt übri­gens auch ansonsten alle Kriterien von Propaganda. Dass Herr Siebert es nicht besser hätte formu­lieren können, wie er schreibt, möchte ich auch zu seinen Gunsten bezweifeln.

  5. HD Schellnack.

    Was ja alles okay wäre, wenn auch nur eins der Logos halb­wegs passabel aussähe. Aber so?

  6. Matthias

    Vielleicht sind die nur neidisch auf das schon ansprech­n­dere Logo von RadioQ?!

  7. cd-rw

    wie ist das eigent­lich mit schöp­fungs­höhe wenn man das wort „radio“ in einer free­font setzt? das „i“ ist hier wohl das einzige selbst gestal­tete (so wie das verschränkte „q“ auf der anderen). sonst: andere schrift, andere farben, andere gestaltung.

    das wort „radio“ könnens ja sowieso nicht schützen …

  8. Tobi

    @cd-rw: „Schöpfungshöhe“ ist ein Kriterium aus dem Urheberrecht, nicht dem Markenrecht, und greift hier daher nicht.

  9. Johann

    Eben: ÄHNLICH viel­leicht. Aber nicht gleich. (Haben die ein Glück, dass kein „T“ im Logo vorkommt.)

  10. Tobi

    @Johann: „Gleich“ ist aber nicht das Kriterium – siehe #2.

  11. Uwe Borchert

    Hallo,

    hier liegt IMHO mit an Sicherheit gren­zender Wahrscheinlichkeit keine Verwechslungsgefahr vor und die Abmahnung war unbe­rech­tigt. Dies kann man in einem 3Zeiler dem gegne­ri­schen Anwalt mitteilen und darauf hinweisen dass man bei einer Aufrechterhaltung des Anspruchs dies gerne juris­tisch von einem Fachanwalt klären lassen kann. Wer auf Nummer Sicher gehen will lässt das gleich einen Fachanwalt machen. Und dann wartet man erst mal auf die Antwort und macht in der Zwischenzeit Propaganda für die eigene Sache und wirft ein klein wenig mit Dreck nach dem Gegner.

    Ist der Gegner nicht voll­ver­trot­telt wird er die Sache fallen lassen. Ist er es doch … so würde ich (als Nicht-Anwalt) die Chancen vor Gericht als gut bezeichnen. Sicherheit gibt es bei so etwas aber nie. Geeignete Anwälte findet man z.B. über den CCC oder freie Radios … die eigent­lich perma­nent in juris­ti­schen Problemen stecken.

    MfG

  12. christian

    beide logos sind in Münster seit Jahren im Einsatz. komi­sches Verhalten von Radio WAF, bei aller liebe.

  13. ludger

    Radio Q hat ja nun das Logo schon entfernt und sich dem massiven Angriff gebeugt. Aus dem Artikel von Horst Müller geht ja hervor, dass scheinbar 4 Buchstaben des RadioQ Logos abge­mahnt wurden. Man kann vermuten, dass es nicht das Q und das „Empire-State-Building“ waren. Kann man denn eigent­lich wirk­lich einen marken­rech­li­chen Anspruch anmelden, der sich auf ein Wort, gesetzt aus einer frei verfüg­baren Schrift gründet. Muss ich dann fürchten, dass ich, wenn ich mit der Rezland das Wort „radio“ auf einem Plakat setze, diese Ansprüche auch verletze? Der Rest der Logos zeigt doch wenig Gemeinsamkeiten und Verwechselungsmöglichkeiten.

  14. Stephan Musholt

    Ich habe an anderer Stelle bereits meine Meinung zum Seibel-Artikel hinter­lassen und tu es an dieser Stelle noch mal: Differenziert ist der Artikel höchs­tens hinsicht­lich der Anzahl Beteiligten, die zu Wort kommen. Auf Seite der Campusfunker werden jedoch nur Reaktionen wieder­ge­geben, keine Argumente. Er gibt zudem die Abläufe nicht richtig wieder (Reaktion der AMS erst nach Einschalten von Prof. Hoeren), er unter­schlägt Argumente (Verwechslungsgefahr umstritten, keine wirt­schaft­liche Konkurrenz) und ist höchst suggestiv („Aufregung um ein kleines Logo“, „Realitätsschock“, „auch das kann Wollgramm erklären“, etc. …).

    Für mich wahr­lich kein gutes Stück Journalismus.

  15. Chris

    @ludger:
    Ja – das kann durchaus passieren, da es eben eine einge­tra­gene Wort-Bildmarke gibt, die für bestimmte Klassen geschützt wurde und eben auch diese Schrift nutzt. In wieweit ein Gericht das so sehen würde ist dann auch wieder ein anderer Punkt, da es bei Wettbewerbsstreit direkt um sehr hohe Summen geht und man so u.U. besser den geringsten Weg des Widerstandes geht – es sei denn man ist sich ganz sicher, dass man nichts verletzt.

    Hier findet man übri­gens die einge­tra­genen Marken:
    http://​register​.dpma​.de/​D​P​M​A​r​e​g​i​s​t​e​r​/​m​a​r​k​e​/​e​i​n​s​t​e​i​ger

    Suchbegriff radio und als Typ Wort-Bildmarke auswählen. Beim durch­blät­tern stellt man dann schnell fest, dass die Neugestaltung des Logos eine wahre Meisterleistung war, da auch noch die alten Logos der AMS-Gruppe auftau­chen. Man nehme also ein Freefont, ersetze die Teile um die Antenne damit und kassiere fleißig ab ;))

  16. Stefan Eilts

    Natürlich hätte man es guten Gewissens auf einen Rechtsstreit ankommen lassen können, ABER: der kleine ehren­amt­liche Sender hat schlichtweg nicht die Kohle, die Anwaltskosten dafür aufzu­bringen. Ganz zu schweigen von den angeb­lich 25.000 Euro, die man zahlen müssten, sollte man dann doch unter­liegen (ein Risiko bleibt da ja immer). Also hatte RadioQ über­haupt keine andere Wahl, als einzu­kni­cken. Daraus – wie es Herr Wollgramm und zT auch Frau Seibel tun – ein gütli­ches Einvernehmen abzu­leiten, offen­bart schon ziem­li­chen Zynismus. Schade, dass Frau Seibel auf Ihrem Blog keine Kommentare zulässt.

  17. Martin

    Mag ja alles irgendwie über­zogen sein, aber: RadioQ hätte sich mal vorher von Juristen der Uni beraten lassen sollen und Markenrechte für das Logo anmelden. Das macht jeder Turnverein! Radio Q hat gepennt, schlecht recher­chiert und jetzt ist die Verwunderung groß! Bitte Opfer und Täter nicht verwechseln!

  18. Donner Jotchen

    Genau! Eigentlich mal bei Radio Q Nachfragen: hat Studentin abge­kup­fert??? Hat Vorstand geschlafen? Ziemlich laien­haft. So einen Empörungsnachwuchs braucht kein Sender!

  19. ludger

    @Chris: Ja, das gibt es, aber die Logos haben bis auf die Verwendung des glei­chen Fonts und des nicht schütz­baren Wortes „radio“ nichts gemein. Es ist also eher der Fall, dass eine etwaige gericht­liche Entscheidung unwägbar ist, und deshalb klein bei gegeben wurde. Wenn hinter dem Studentenradio eine große Organisation mit viel Anwaltspotential und Geld gestanden hätte, wäre das Provinzradio nicht so vorge­gangen. (wohl ein ärger­li­cher Allgemeinplatz).
    @Donner: Was hätten sie den recher­chieren sollen? Das es eine einge­tra­gene Marke unter Verwendung eines frei verfüg­baren, wenn auch markanten, Fonts beim Wort „Radio“ gibt? Und dann? Wieviele Logos mit nicht schütz­baren begriff­li­chen Teilen und dem glei­chen Font gibt es wohl?

  20. Sebastian Runge

    Find ich gut, dass das Thema hier zur Sprache kommt. Ich hatte Jürgen auch eine Email mit dem Tipp geschickt das mal hier zur Diskussion zu stellen (umso mehr freut es mich, dass ich nicht der einzige bin, der bei diesem Fall hinten runter­kippt ist).

    Ich sehe hier weder die Schöpfungshöhe noch die Verwechslungsgefahr, geschweige denn den glei­chen Font! Da sind die Öffnungen der Buchstaben kreis­rund beim einen und quadra­tisch abge­rundet beim anderen Logo. Oder täusche ich mich da?

    Da ist der „Shitstorm“ nur die gerechte Strafe für derar­tiges Fehlverhalten.

  21. HD Schellnack.

    «Hallo Hallo? Ja, hier ist die Firma XYZ… ähm, wir haben fest­ge­stellt, dass Sie den Buchstaben Z in der glei­chen Schrift wie unsere Firma benutzt. Ja. Ja. Genau – in der Helvetica. Oder Arial, auch egal. Z. Ja. Jaaa. Unsere Anwälte werden in der nächsten Zeit mit einem Abmahnbrief auf Sie zukommen. Sie können natür­lich vorher auch Ihren Firmennamen ändern, ne? So. Tschüssie!!!»

  22. hjg

    Wer hier eine Verwechslungsgefahr sieht, ist genau so blind, wie die Kreateure des angeb­lich schüt­zens­werten Logos, das in Wirklichkeit den Prototyp typo­gra­fi­schen Schunds verkörpert.

  23. Typica

    Irgendwann läuft es darauf hinaus, dass Freelancer im grafi­schen Bereich komplett von der Bildfläche verschwinden werden, weil sie es nicht leisten können, unter solchen Vorraussetzungen die entspre­chende Markenrecherche zu bieten.
    Wahrscheinlich hat dann ein juris­tisch geschulter Experte für jeden Logoentwurf in Bezug auf das Markenrecht länger zu recher­chieren, als die Entwurfsphase gedauert hat!
    Vielleicht kommt ja demnächst noch ein Spaßvogel auf die Idee, alle Logos im Bereich „Junge Zielgruppen“ abzu­mahnen, die mit Comic Sans gesetzt wurden…:-)

  24. Torsten

    hey das ist radio waren­dorf, … da habe ich mal schwulen bürger­funk gemacht – regel­mäßig verschwanden unsere tapes :-) scheint immer noch ein selt­samer verein zu sein ^^

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