Webfont-Woche, Fontcast #2: Simon Daniels (Microsoft)
Im zweiten Fontcast unserer Webfont-Woche kommt einer der mächtigsten Screenfont-Manager zu Wort. Seit 1995 widmet sich Si(mon) Daniels bei Microsoft der Bildschirm-Typografie. Er begleitete die Auswahl und die Verbreitung der Microsoft-Core-Fonts für das Internet, die Entwicklung des Embedded-OpenType-Formats (EOT) und die Verbesserung der Textwiedergabe am Bildschirm durch ClearType. Seit dem Sommer 2009 kümmert er sich zusätzlich um die Navigation von Windows 7, darunter natürlich die Schrift, aber auch Icons, Wallpaper und andere Elemente.
Stephen Coles fragt den Microsoft-Manager nach seiner Einschätzung zu den konkurrierenden Webfont-Techniken und stellt ihm selbstverständlich die Frage, die uns alle beschäftigt: Wann wird der Internet Explorer das neue Webfont-Format WOFF unterstützen.
FontCast #2 — Webfonts Week: Simon Daniels of Microsoft from FontShop on Vimeo.
2 Kommentare
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Christian
Aus meinem Blog von vor gut einer Woche (ist etwas länger, dafür ausführlicher):
Seit gestern ist Windows 7 auf dem Markt. Für Microsoft die große Hoffnung, die Schwächen von Vista auszugleichen. Ich möchte daher einen Vergleich der beiden Betriebssysteme wagen und zwar unter einem Gesichtspunkt, wo ich mich auskenne: bei der Gestaltung und dem Einsatz von Piktogrammen. Zugegeben, ich arbeite seit zehn Jahren mit dem Mac, habe zwischendurch mit PC gearbeitet und bin ein großer Fan von Mac OS X, versuche mich aber in einer gewissen Objektivität.
Dazu habe ich einen Blick in die Systemsteuerung gewagt, die sehr komplexe Informationen übersichtlich darstellen muss. Hier sind Piktogramme sehr nützlich, da sie die Orientierung und vor allem Wiedererkennung der Themen vereinfachen. Meine Apple-Systemsteuerung bietet 28 Menüpunkte, also auch 28 Piktogramme. Die Windows-Ansicht habe ich in einem Testbericht bei Spiegel-Online gefunden mit 44 Menüpunkten und ebenso vielen Piktogrammen.
Platzbedarf
Die Mac-Ansicht kommt mit 670 × 560 Pixeln (± 375.000 Quadratpixel = ca. 13.400 Quadratpixel pro Piktogramm inkl. Text) aus, die Windows-Ansicht mit 850 × ca. 560 Pixeln. 67 (± 476.000 Quadratpixel = ca. 10.800 Quadratpixel pro Piktogramm inkl. Text). Klarer Punkt bei der Platzausnutzung für Windows.
Aber: Windows 7 liefert eine Fülle von Steuerungsmöglichkeiten, die sich nicht auf Anhieb erschließen. »Infobereichsymbole«, »Verwaltung«, »Windows Defender«, »Anpassung« etc sind erklärungsbedürftig. In Verbindung mit den Piktogrammen kann ich aber ahnen, wofür die Menüpunkte gut sein könnten. Viele Menüpunkte könnten in Überpunkten zusammen gefasst werden. Alle Punkte zum Erscheinungsbild von Windows etwa oder alle Verbindungen mit Peripherie oder dem Internet.
Mac liefert Übermenüpunkte, die Themenbereiche ordnen und zudem mit farblich wechselnden Balken visuell getrennt sind. Auch hier gibt es Menüpunkte, die gelernt werden müssen, etwa »Exposé & Spaces«, »Spotlight« oder »MobileMe«. Auch hier kann die Verbindung mit den Piktogrammen eine Ahnung liefern, worum es geht, selbsterklärend sind sie nicht. Dennoch ist der Eindruck geordneter und aufgeräumter.
Vergleich des Menüpunktes »Nutzer«
Der Einsatz von Piktogrammen ist nicht ganz einfach und lässt meistens gut erkennen, wie gut jemand die Perspektive des jeweils anderen in der Kommunikation übernehmen kann. Beispielhaft vergleiche ich hier die Darstellung des Themenbereichs »Nutzer« bei Windwos und Mac:
Vergleich MAC–Windwos
Windows: Zwei Halbbüsten sind zu sehen, leicht versetzt, dreidimensional ausgearbeitet mit Schatten und Lichtern. Mann und Frau sind zu sehen, zwei Hautfarben, zwei Haarfarben, zwei Farben bei den Kleidungen und das ganze auf 27 × 27 Pixeln.
Mac: Zwei Halbbüsten sind zu sehen, minimal hintereinander versetzt, die hintere minimal aufgehellt, ansonsten ohne Farbdetails und ohne geschlechtliche Details. Format: 37 × 26 Pixel.
Windows will auf weniger Fläche mehr Details unterbringen als Mac. Das Windwos Piktogramm ist durch komplexe Binnenformen (Kragen, Revers, Ausschnitt zwischen den Köpfen) schwer zu entschlüsseln, vor allem für Menschen mit Sehschwächen. Die Wiedererkennung kann durch die Farbe erhöht werden, jedoch tauchen die Farben aus dem Piktogramm in fast allen anderen Piktogrammen wieder auf und sind damit zur Alleinstellung ungeeignet. Mac reduziert die Aussage auf »Leute«, was in einem Umfeld der Systemsteuerung relativ eindeutig ist und schnell selber hergeleitet werden kann. Alle Details, die auf die Art der Leute (Kleidung, Geschlecht, Hautfarbe etc.) schließen lassen, sind weggelassen worden, um die Aussage klar zu halten.
Wortwahl
Die Wortwahl bei Windows kann nicht verleugnen, dass viele Ingenieure mitgewirkt haben. Begriffe wie Konten, Optionen, Manager, Center oder Funktionen sind in der Darstellung von Menüpunkten überflüssig, weil sie austauschbar auf alle anderen Menüpunkte passen würden. Die Benutzerkonten könnten auch Benutzermanager heißen, die Internetoptionen auch Internetcenter und so weiter. Überflüssige und verwirrende Begriffe, die in der Fülle der Menüpunkte Orientierung verschaffen sollen, aber nur Ratlosigkeit hinterlassen. An einem Detail wird deutlich, dass die Programmierung und die Inhalte erst spät zusammen geführt wurden: Einige Worte passen nicht in die Spaltenbreite und sind auch nicht umformuliert worden, damit sie hineinpassen. beispiel Nutzerfreundlichkeit geht anders, Marketing auch. Dazu kommen Tautologien wie das Steuerungselement »System« in den Systemsteuerungen. Hier wäre »Windows« passender gewesen oder ähnliches.
Erkennbarkeit der Piktogramme
Fast alle Windows-Piktogramme haben eine perspektivische Verzerrung, was die Erkennbarkeit bei so kleinen Wiedergaben nur verringert. Abstrakte Gebilde wie bei »Heimnetzgruppe« sind nur nach mehreren Sekunden zu erkennen. Zu viele Glanzpunkte und Schatten verwirren: Die Form ist nicht erfassbar. Die Formen der Piktogramme insgesamt sind sehr frei und teilweise sehr komplex. Es gibt auch Kreise und Quadrate, doch die detailreicheren Formen überwiegen klar. Dieser Detailreichtum verlangt nach mehr Weißraum zur Strukturierung. Platz, der besser in die Größe der Piktogramme investiert worden wäre, nicht als ordnendes Element.
Mac-Piktogramme kommen mit deutlich weniger Farben aus (Schwarz/grau, blau, gelb, nur sehr wenig rot), zudem sind viele Piktogramme in ein Quadrat oder einen Kreis eingepasst, was der Übersicht mehr Struktur gibt. Auch die Mac-Piktogramme haben Binnenschatten und Verläufe, jedoch deutlich weniger Relieftiefe. Sie wirken flacher und flächiger, was die Erkennbarkeit erhöht. Auch hier gibt es ein paar Binnenformen, die nicht ganz eindeutig sind wie etwa bei »Energie sparen« oder »Sicherheit«, im großen und ganzen ist
die Formensprache aber wesentlich einfacher und eindeutiger, der Gesamteindruck ist ruhiger und aufgeräumter, was zu schnellerer Orientierung und besser Wiedererkennbarkeit führt. Zudem sind die Piktogramme eindeutig benannt. »Drucken und Faxen« (Mac) ist eindeutig. »Geräte und Drucker« (Windows) kann alles mögliche einschließen – oder auch nicht.
Fazit
Die Piktogramme bei Windows 7 sind immer noch uneindeutig, irreführend und handwerklich schlecht umgesetzt. Ein Betriebssystem, das von 80 % der Rechner weltweit genutzt werden soll, muss eindeutiger und präziser sein. Die Menüpunkte sind uneindeutig benannt, uneindeutig strukturiert und tragen Worthülsen als Ballast mit sich, die keine Hilfestellung geben. Diese Übersicht bietet keine Übersicht, sondern entspricht der einen Schublade in der Küche, wo das Backpapier, die Teelichte und die Bedienungsanleitung für den Mixer liegen – nicht dem Werkzeugkasten, den man zur Systemsteuerung braucht.
also: Mac :-)
ganzunten
@Christian: Danke für den Vergleich. Aber wenn du ähnliches mit anderen Bereichen der Systeme vergleichen würdest, sieht die Sache ganz anders aus: „Safari“, „QuickTime“ sind z.B. nicht wirklich selbsterklärend; „unsichtbare“ Funktionen wie z.B. „Exposé“ muss man auch erst erlernen und man sieht auch nicht, ob sie überhaupt aktiviert sind („Hot Corners“). Zusammen mit den fehlenden Hover-Effekten bei nahezu allen aktiven Elementen und der miesen Schriftdarstellung finde ich den Mac zur effektiven Arbeit immernoch weit schlechter.