Typografische Linotype-Schatzkarte, anno 1967

Linotypeland

Robertmichael hat auf Flickr die Reproduktion einer histo­ri­schen Landkarte veröf­fent­licht: Linotypeland 1967. Es handelt sich um ein humo­ris­ti­sches Drupa-Werbegeschenk, das sich wie folgt anpreist: »Das iſt der wahr­hafft und concreten Abconterfactur des ›Reiches Typographien‹ neu entdeckte Landtabell ſambt Provinzen, Staetten und Orten ſowie Flueſſen und den Meeren.
All Ihren Feundten in herz­li­cher Verbundenheit und zu Nutz & Frommen dedi­ciret von der Linotype Anno Drupae MCMLXVII. Entdeckt von Albrecht Bauer, gezeychnet von Hermann Hüffer«.

Wer nun eine Schriftmuster-Karte erwartet, sollte nicht enttäuscht sein. Wir befinden uns in der heißen Übergangsphase vom Bleisatz zum Fotosatz, und Linotype machte seinen Umsatz weniger mit Schriften als mit Maschinen. Es ging den Machern beson­ders um den Erhalt bzw. die humo­ris­ti­sche Neuinterpretation von grafi­schen Fachbegriffen … die Karte ist also eine Sprachparodie. Freut Euch über: den »Anlegeplatz für Seitenschiffe«, das »Plakatschriftengehölz«, den »Gutenberg«, den »Anzeigenfriedhof« und die »Zwiebelfischgründe«.


14 Kommentare

  1. Peter

    einfach ein geniales Fundstück, auch wenn reine DTPler sich wegen dieser Karte verirren würden :)

  2. Tanja

    IST DAS TOLL!! :-) Da kann ich ja gar nicht mehr aufhören zu lesen! Sehr gelungen sind auch das Meer Atlantiqua, das Hochdruckgebiet und das Sammelschiff. Wunderbar. Und über die ganze Begeisterung ist mein Kaffee kalt geworden.

  3. robertmichael

    wenn es euch so gefällt, dann leg ich noch was nach.
    sorry für die schlechte qualität die vorlage gab nix besseres her.
    http://​www​.flickr​.com/​p​h​o​t​o​s​/​r​o​m​i​b​e​l​l​o​/​4​6​5​0​6​8​5​16/

  4. Peter

    die Landkarte hat jedoch viel mehr Witz, so was als DIN A1 würde ich direkt ins Büro hängen.

  5. Max

    compu­terra inco­gnita, auf in unent­deckte welten.

    (unten links)

  6. Nick Blume

    Spatienhaufen? > SPATIONIERUNG.
    Perlonien? > PERL (?)

    Einfach eine schöne Arbeit.

  7. Jens Kutilek

    Perlonien? > PERL (?)

    Perl ist ein Schriftgrad, 5 Punkt.

  8. Florian

    Ich habe auch noch ein paar Fragen an die alten Bleisatz-HauSchweizerdegen:
    Auf was spielt der Froschweyher [R 20] an, was verbirgt sich hinter der Speck-Räucherei [Q 18]? Wer kann mir die Eierkuchen-Bäckerey [X 4] erklären?
    Ich weiß, dass in Plumbonien eine deftige Sprache gespro­chen wurde … aber was zum Teufel sind ›Negerzeitungen‹ [M 7]?

  9. Tanja

    Hallo Florian,
    ich weiß nicht, ob sich das darauf bezieht, aber der Frosch ist beim Winkelhaken eine Art verstell­barer Anschlag, mit dem die Satzbreite einge­stellt wurde. Auf dem Bild hier http://​de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​B​i​l​d​:​M​e​t​a​l​_​m​o​v​a​b​l​e​_​t​y​p​e​.​jpg ist der Frosch der Hebel links unten.

  10. Peter

    Bei »Negerzeitungen« bin ich mir unsi­cher. Aber in viele Druckereien werden Butzen – kleine Partikel auf den Druckplatten – auch als »Neger« bezeichnet. Die Speck-Räucherei und Eierkuchen-Bäckerei kann ich auch noch nicht ganz zuordnen. Aber in der Drucker- und Setzer-Sprache gab es immer schon viele regio­nale Besonderheiten, die man nicht alle unbe­dingt kennt.

  11. Tanja

    Hab mal gerade nach­ge­schlagen: Speck ist Stehsatz und Eierkuchen ein zusam­men­ge­fal­lener Satz, der nicht richtig ausge­bunden oder ausge­schlossen wurde. Stimmt das? Ich meine, mich an Speck erin­nern zu können, aber Eierkuchen hab ich defi­nitiv noch nie gehört …

  12. Florian

    Wow, vielen Dank für die Antworten! Geballtes Fachwissen aus Offenbach. ;)

    Ich hatte bislang nur mit Zwiebelfischen zu tun; aber immerhin hab ich keinen Eierkuchen gebacken …

  13. Claude Bürki

    Diese Karte ist eine wahre Fundgrube an Reminiszenzien. Kann man diese nach­dru­cken? Gibt es noch verein­zelte Exemplare?
    Wäre schön, man könnte diese repro­du­zieren. Bin über­zeugt, es gäbe viele Abnehmer in der Schweiz und in Deutschland. Wer hat noch eine und meldet sich bei:
    Claude Bürki, Tel. oder sms an: 0041 79 77 55 004.
    Gott grüss die Kunst.

  14. Andreas

    ich kenne „Speck“ in der Typographie als Stehsatz, den man für einen neuen Auftrag teil­weise wieder­ver­wenden kann.

    Auch im Druckgewerbe, im Mehrschichtbetrieb, gibt es den Begriff: Hier bezeichnet er eine Mehrproduktion der Frühschicht, die die Spätschicht aufschreiben darf, um so trotz der abend­li­chen Reinigung gleich­viel vorweisen zu können wie die Kollegen von der ersten Schicht.

    @ Claude:
    ich werde mal sehen, ob ich über meine Kontakte etwas finde … auch ich wäre an einer Neuauflage interessiert.

    Gott grüß‘ die Kunst!

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