So war’s, beim TypograVieh in Weimar
Am Samstag fand in Weimar das typografische Treffen TypograVieh lebt statt, zum 4. Mal … daher stand auf den Plakaten »KursIV«, was wir Schriftenfreunde natürlich als »kursiv« lesen. Auch im Programmheft wurde kein Kalauer ausgelassen: »Weimar vierbriert zum viehten Mal zum alljährlichen SommerTyposium, wenn 6 der gefragtesten Umläute aus aller Welt sich einen ganzen Tag lang typisch plustern!«, an der Bar gab es »Suff« und »Futt« … OK, man muss sich auch mal verbal austoben dürfen. Und vielleicht ist es für eine solch kleine aber feine Veranstaltung gar nicht verkehrt, wenn sie so tut, als fände sie unter drei Namen an drei Orten statt. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt, der mir einfällt, denn »Kursiv«, ähem »TypograVieh« bzw. das »SommerTyposium der Bauhaus-Universität Weimar« ist eine wunderbare Veranstaltung. Und ich freue mich schon jetzt auf »KursV«.
Plakate mit jungen Schriften von jungen Schriftentwerfern: Yanone, Georg Seifert und Friedrich Althausen
Das Vortragsprogamm konnte sich sehen lassen und glänzte mit thematischer Tiefe, die eine TYPO-Berlin-Konferenz nur am Rande bieten kann. »Vor- und Nachweite bei einer Kursiven oder das Italic-Offset-Phänomen« lautete gleich nach dem Frühstück der Titel des Referats von Thomas Thiemich (HGB Leipzig), der von seinem Kommilitonen Hendrik Weber begleitet wurde, ebenfalls ein Kursiv-Experte. Anschließend fesselte Judith Schalansky das 150köpfige Auditorium mit ihrer »Fraktur mon Amour«-Liebesaffäre, die schon ein Jahr anhält und demnächst in die 2. Auflage geht.
Prof. Alex Branczyk (rechts) ist der Rector Magnificus hinter »TypograVieh lebt«
In der Pause gab es Gelegenheit, auf großen Plakaten die gesammelten Schriftschöpfungen der talentierten Weimarer Schule zu bewundern. Das Niveau ist ausgesprochen hoch, kurzlebige Effektschriften sucht man vergeblich. Drei rote Aufkleber im Programmheft dienten dazu, die ausgestellten Werke zu bewerten. Der Gewinner ist mir nicht bekannt, vielleicht kann man das hier in einem Kommentar nachtragen.
Die Treffen am Rande sind das Wichtigste bei jeder Konferenz: hier schnacken Alessio Leonardi, Indra Kupferschmid, Prof. Jay Rutherford (verdeckt) und die moniteurs (Heike Nehl, Sibylle Schlaich) mit Kindern.
Der Dänische Designer Rasmus Koch beleuchtete in seinem Vortrag, wie unterschiedliche Projektanforderungen zu neuen typografischen Lösungen führen. Nach seinem Studium gründete Rasmus das Büro e-Types ApS, das Ende der 90er für unübliche kollektive Typolösungen bekannt wurde; seit 2001 im eigenen Büro in Kopenhagen.
Ahmed Humeid steuerte während der Veranstaltung ein aktuelles Video bei, in dem er die langjährige Zusammenarbeit zwischen der Bauhaus-Uni und seinem Büro in Amman darstellte, die zu Besuchen, Praktika und Know-how-Austausch führte.
Danke an Yanone, Alex und die vielen Helfer für eine tolle TypograVieh-4-Konferenz
Zwei der fleißigsten Schriftschöpfer unserer Zeit brachten mediterranen Charme in den typografischen Streichelzoo: Alessio Leonardi und Andreu Balius. In den frühen 90er Jahren gehörten sie zu den Wegbereitern der Idee des sich selbst verlegenden Schriftentwerfers (Leonardi: buymyfonts, Balius: Garcia, Typeware und heute TypeRepublic). Alessio stellte sein modulares Schriftsystem Elettriche vor, Andreu resümierte sein gesamtes typografisches Schaffen, von Garcia Fonts Co. bis heute.
Die besten Thüringer Klöße kocht die Oma von der »Scharfen Ecke« in Weimars Altstadt
Der krönende Abschluss der Vorträge war Lars Harmsen, der über das Reise- und Buchprojekt Bastard sprach. In seinem Beitrag auf Slanted hat Lars weitere Eindrücke der Wochenende-Veranstaltung festgehalten. Mehr Fotos könnte es bald hier geben, ansonsten wird die TypograVieh-Homepage ständig aktualisiert.
4 Kommentare
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Stefan
Ich war auch da und von dieser Stelle aus nochmal ein herzliches Dankeschön an die Veranstalter. Es hat Spaß gemacht.
Übrigens war nicht der Herr Rasmus Koch da, sondern sein Vertreter Till Rickert.
Jürgen
Danke für den Hinweis zu Rasmus Koch: Ich selbst habe den Vortrag nicht gesehen, aber alle, die ich gesprochen habe, waren der Meinung, Rasmus Koch sei der Referent gewesen ;-)
Yanone
Hallo Jürgen,
die Klebepunkte auf den Plakaten sind ausgezählt. And the winner ist… nun… ähm… also… Romibello und icke.
Alle Plakate und die Punkteverteilung gibt’s hier zu sehen:
http://typolis.net/vieh/stories/12748/