Die plakative Visualisierung einer Persönlichkeit

Der Düsseldorfer Diplom-Designer Jan Eumann machte mich heute auf seine Diplomarbeit aus dem Sommer 2010 an der FH Düsseldorf aufmerksam. Seit einigen Monaten arbeitet er an der Veröffentlichung, genauer: an der Konfektionierung seiner Diplomuntersuchungen, die in einen Online-Abfragesystem mündet, das gestern live gegangen ist. Die Druckkosten für ein Poster liegen bei 38,– € (Einführungspreis bis Ende des Jahres).

Den Kern seines Konzepts beschreibt Eumann wie folgt: »Es geht um den Entwurf und die Realisierung eines inter­ak­tiven Systems, das darauf ausge­richtet ist, die non-visu­ellen Merk­male einer Persönlichkeit in kompri­mierter Form und unter Zuhilfenahme persön­lich­keits­theo­re­ti­scher und sozio­lo­gi­scher Ansätze zu erfassen und mit visu­eller Prägnanz sowie nach­voll­zieh­barer Gestaltung in einem zusam­men­fas­senden Profil-Plakat auszu­geben.« Er nennt das System »Descryptor«, und daher lautet die URL www​.descryptor​.de.

Um die für das Plakat erfor­der­li­chen Daten zu erhalten, bedient sich Descryptor eines Erfassungsverfahrens, in dem die verschie­densten Parameter abge­fragt und analy­siert werden. Hierbei handelt es sich um demo­gra­fi­sche, sozio­gra­fi­sche und psycho­me­tri­sche Daten. Den Kern des Systems bildet ein Schlüsselsymbol, das mit Hilfe des wissen­schaft­lich aner­kannten Persönlichkeitstests NEO-FFI gene­riert wird und die fünf grund­le­genden Persönlichkeitsdimensionen in ihren Ausprägungen visua­li­siert. Weiterhin werden Verhaltensmuster, Milieuzugehörigkeit, Interessensorientierung und Sprachstile abge­fragt, die von allge­meinen Parametern, wie dem Alter oder dem Geschlecht, ergänzt werden.

Ausführlich inhalt­liche Informationen sowie die gestal­te­ri­schen Komponenten (z. B. der hier abge­bil­dete Piktogramm-Satz) liefert die Projekt-Website, auf der zudem ein 212-seitiges PDF-Buch das gesamte Konzept erläu­tert. Wer keine Zeit und Lust zum Lesen hat, werfe einfach einen Blick in den nach­fol­genden Film, in dem der Autor selbst sein Konzept erläutert:


9 Kommentare

  1. f:de

    Wirklich beein­dru­ckend!

  2. der gestalter

    wir sind alle waschmaschienen?

  3. R::bert

    wir sind alle waschmaschienen?

    … wenn’s denn nur so wäre! : )

    Sehr tech­nisch, dafür dass es um Menschen geht. Aber ein sehr intel­li­genter, wenn auch teil­weise etwas beängs­ti­gender Ansatz.

  4. erika

    Ah, erst bestellen für 38 Euro und dann das Ergebnis sehen. Das man online über­haupt nichts sieht sollte schon stärker kommu­ni­ziert werden, bevor man sich das Fragebogenmonster antut.

    Eine Selbst-Einordnung in die Sinus-Milieus macht (zumin­dest auf Basis der Standard-Beschreibungen) oben­drein über­haupt gar keinen Sinn. Da klas­si­fi­ziert sich keiner als Konsum-Materialist, wenn es in der Beschreibung als „Unterschicht“ konno­tiert ist. Ebenso bei den Typen – da ist der Kreative in der Beschreibung „eher feminin“ und die Bullshitsirene heult ganz laut los.

  5. Jan Eumann

    Vielen Dank erst einmal für die Kommentare.

    Liebe Erika,

    man kann die Erstellung des Poster nicht live verfolgen, damit ausge­schlossen ist, dass Fragen so beant­wortet werden, dass die Grafik gefällt. Selbstverständlich wäre es gut gewesen, wenn es zum Ende hin ein kleines Vorschaubild geben würde, jedoch sind viele Informationen recht klein gehalten und kommen nur bei einem 1:1 Ausdruck gut lesbar hervor. Zudem war die Implementierung ins System nicht ohne weiteres möglich. Da ich aber nach­voll­ziehen kann, dass niemand die Katze im Sack kaufen will, steht ja auch auf der Webseite http://​www​.descryptor​.de/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​/​t​e​i​l​n​a​h​m​e​/​e​r​f​a​s​s​u​ng/ unter Punkt 4, dass man sich auf Wunsch ein Vorschaubild zukommen lassen kann, welches aber nicht druckbar sein wird.

    Wie auch auf der Seite beschrieben wird, handelt es sich hierbei um einen Forschungsansatz und nicht um ein System, dass Anspruch auf Allgemeingültigkeit besitzt. Sicher hätte ich gerne den Analyse-Schlüssel des Sinus-Instituts mit einge­baut, aller­dings handelt es sich dabei um ein gut gehü­tetes Geheimnis, das nicht umsonst hinaus­ge­geben wird – zu recht, wie ich finde. Es geht hier um eine Selbsteinschätzung, und wem das an dieser Stelle zu blöd ist, der kann dann auch einfach kein Angaben machen. Sinus und RIASEC sind (auch optisch) nur mini­male Bestandteile, die ihren Teil dazu beitragen sollen, ein eini­ger­maßen umfas­sendes Gesamtbild abzuliefern.

    Vielen Dank dennoch für Deine Kritik (sofern diese Antwort über­haupt gelesen wird).

  6. Rolf

    Hallo Jan,
    aufwendig, sowohl inhalt­lich als auch grafisch.

    Allerdings sind mir im Video ein/zwei Kommentare aufge­fallen. Zudem versuchst du am Schluss eine Analyse mit Rückschlüssen auf beruf­liche Einsatzgebiete. 

    Die Kommentare, die mich „abschreckten“, aufgrund ihrer Pauschalität, welche ja zwangs­läufig die Reduzierung und Clusterung auf wenige Elemente mit sich bringt, waren z.B. „Oma, Verwittwet = einsam“ oder „vier Sprachen = hohes Bildungsniveau“.
    Abgesehen davon, dass ich diese Rückschlüsse für unzu­läng­lich empfinde, argu­men­tier­test du gerade damit, dass es eine Selbsteinschätzung ist. Ziehst aber später selber Rückschlüsse auf den beruf­li­chen Einsatz. Dies wider­spricht sich. Und ist genau der Grund, warum ich zu dieser tech­ni­schen Darstellung wenig Zugang habe und viel­leicht eher kritisch bin.

    Dies soll deine Leistung nicht schmä­lern. Ich sehe in solchen Ansätzen immer nur gleich einen Einstieg in weitere Pauschalisierung und Stigmatisierung.

    Grüße
    Rolf

  7. Stephan

    Interessantes System, wenn man die Reduktion auf nicht visu­elle Merkmale mag. Ich persön­lich empfinde nichts beim Anblick der gene­rierten Grafiken. Auch nicht nach dem Erklärungsvideo. Selbst der Vergleich der Plakate fällt mir schwer, ganz zu schweigen von einem sonn­vollen Rückschluss. Dafür sind mir die grafi­schen Elemente zu tech­nisch, zu wenig auf meine Erfahrungen bezogen. Z.B. denke ich bei einem Ringsystem nicht auto­ma­tisch an das Alter, weil ich eben kein Baum bin. Den visu­ellen Ansatz Offenheit oder persön­liche Unruhe oder Stabilität darzu­stellen, kann ich mit viel gutem Willen nach­voll­ziehen. Eine etwas mensch­li­chere gene­rierte Visualisierung würde mir zur Auswertung besser gefallen.

    @Rolf: das sind Beispiele und keine Pauschalisierungen. So sagt er doch im Video nur, dass man einen Zusammenhang der Parameter „Verwittwet“ = „geringe emotio­nale Stabilität“ nicht ausschließen kann. Dies gilt, so hab ich es verstanden, wohl nur für dieses eine Plakat.

  8. Sharif

    Schöne Idee. Aber leider wohl nur was von jungen Menschen für junge Menschen. Gefühlte zwei Drittel der Fragen sind zum Thema Musikgeschmack.
    Nix für mich.

  9. erika

    Hallo Jan,

    du hast sinus­schlüs­selig natür­lich recht, darauf hätte ich auch kommen können. Da die ganze Sinus-Sache ja aber sowieso eher selbst-zuge­ordnet unscharf statt­findet würde es ja viel­leicht Sinn machen, sich hier von den Bezeichnungen und Beschreibungen etwas weg zu bewegen oder positiv/negativ konno­tierte Formulierungen zu entschärfen. Klar sind es dann nicht mehr „die echten“ – aber macht es im Ergebnis einen Unterschied?

    Übrigens gefallen die Plakate trotzdem sehr gut – sehr feines Projekt! (Falls das im ersten Posting nicht so rüberkam).

    grüße!

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