München-Nachlese: Allianz-Arena

Auf dem Nachhauseweg machten wir Halt an der Allianz-Arena … eine archi­tek­to­ni­sche Zwischenstation, die mich begeis­terte. Das 70.000 Besucher fassende Fußballstadion im Norden Münchens wurde für die beiden Münchner Fußballvereine FC Bayern München und TSV 1860 München gebaut, die seit der Saison 2005/2006 dort ihre Heimspiele austragen. Die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron entwi­ckelten im Rahmen eines Wettbewerbs das Konzept dieses Stadions, mit einer durch­sich­tigen Umhüllung aus Folienkissen, die von innen farbig beleuchtet werden können.

Die 2760 Ethylen-Tetrafluorethylen-Folienkissen werden ständig mit getrock­neter Luft aufge­blasen und weisen einen Überdruck von 3,5 hPa auf. Die Folie ist 0,2 mm dick. Die Beleuchtung kann für jedes Kissen getrennt wahl­weise in Weiß, Blau oder Rot und in mehreren Helligkeitsstufen erfolgen. Vorgesehen ist, das Stadion jeweils in den Farben der spie­lenden Heimmannschaft zu beleuchten, wobei weiß bei Länderspielen verwendet werden soll. Unter dem Dach sind Rollos ange­bracht, die während des Spielbetriebes zum Schutz vor Sonnenlicht geschlossen werden können.

Die Sichtbetonwände des Stadions sind silber­farben lasiert. Die schwarze Beschriftung erfolgte per Schablonen direkt auf den Beton (Schrift: Formata Condensed). Im Inneren des Stadions gibt es einen Shop-Bereich mit den Megastores des FC Bayern (800 m²) und den des TSV 1860 (400 m²), sowie Sponsoren-Ausstellungsbereiche (zur Zeit Medion, Telekom, Audi und Festina). An der Stadionaußenseite sind rund­herum Fan-Kioske einge­lassen. Zahlreiche Gastronomiebetriebe verteilen sich auf einer Fläche von rund 6.500 m². Das dazu­ge­hö­rende vier­ge­schos­sige Parkhaus mit Plätzen für rund 9.800 Autos ist das größte Europas.

Die Geschichte des Stadions ist turbu­lent. Zunächst wollte der mäch­tige FC Bayern München das Olympia-Zeltstadion von 1972 schleifen um dort seine Fußball-Arena zu erbauen. Dann folgte der Ausschreibung 2004 eine deftige Korruptionsaffäre, in die der Präsident des TSV 1860 München, sein Sohn und zwei weitere Beschuldigte wegen des Verdachts der Untreue und Bestechlichkeit verwi­ckelt waren.

Dass aus diesem Sumpf, einer Verquickung von Eitelkeiten, Machtstreben, Ignoranz und Korruption am Ende dieses poeti­sche Bauwerk entstehen konnte, gehört für mich zu den großen Geheimnissen um Kaiser Franz und seine Vasallen.


3 Kommentare

  1. Christian Speelmanns

    Leider sind die Folienkissen auch das einzig inno­va­tive an der Arena! Im Innern verbirgt sich ein herkömm­li­cher Stadionbau mit einem Stahltragwerk, daß nichts von der äußeren Leichtigkeit hat. Die Dachträger liegen dort nämlich so dicht, daß der Rasen auf dem Spielfeld an manchen Stellen zu wenig Licht bekommt. Da man heut­zu­tage wesent­lich „leich­tere“ Dachtragwerke konstru­ieren kann, wie etwa beim Berliner Olympiastadion, ist die Allianz-Arena mit ihrer Stahlschlacht ein deut­li­cher Rückschritt zum Olympiastadion von 1972. Dies liegt aber nicht unbe­dingt an den Architekten, da diese nur die „künst­le­ri­sche“ Oberleitung hatten und denen eine „feind­liche“ Bauleitung aufdik­tiert wurde.
    Die unter dem Dach ange­brachten Rolos waren übri­gens schon kurz nach der Inbetriebname defekt und hingen in Fetzen herunter.
    Was aber am ganzen archi­tek­to­ni­schen Konzept neuartig war, ist die konse­quente Publizierung, die zur Bildung der Marke „Allianz-Arena“ beitrug. Die prägnante Form des Gebäudes tauchte in vielen Werbungen und Anzeigen auf.

  2. Boris

    Ich finde es sehr inter­es­sant, dass HdeM nicht mal eine eigene Website haben, sondern nur die E-Mailadresse bekannt ist. Unter http://​www​.tektorum​.de/​s​h​o​w​t​h​r​e​a​d​.​p​h​p​?​t​h​r​e​a​d​i​d​=​1​633 hat man darüber auch schon diku­tiert und kam zu dem Ergebnis, dass das Büro HdeM wohl gar keine Website brauch, weil sie eh genug zu tun haben :D

    Gruß
    Boris

  3. typneun_ms

    … aber wisst ihr, was das typo­gra­fi­sche ALLERALLERbeste an der Allianz-Arena ist?

    Na?

    Irgendeiner hat entschieden, dass sogar die Nummern der Parkplätze in der riesigen Parkgarage der Allianz-Arena in der passenden Typo (Formata) gesetzt/gesprüht sind. WAHNSINN!

    Als ich das erste mal dort war, war ich schier aus dem Häuschen. WOW! Da hat sich einer mal nicht abspeisen lassen mit ›Ach wurscht, das merkt eh keiner, wenn das irgendne andere Sch…schrift ist, ist doch viel zu großer Aufwand.‹ Nein, dieser Herr (oder diese Frau) hat sich durch­ge­setzt und typo­gra­fisch korrekt gear­beitet. Ich bin begeis­tert. Meinen Respekt! :)

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