Marcus Botsch 1961 – 2012
»Ich komme aus einer anderen Welt und habe von Typografie keine Ahnung«, begann der Berliner Industriedesigners Marcus Botsch seinen Vortrag auf der TYPO Berlin 2003, die unter dem Motto Humor stand. Sein Thema: die »Designinitiative des Deutschen Humors«. Immer wieder ermahnte der Redner die Zuhörer, doch bitte nicht zu lachen, denn »Humor diskreditiert« (Kurt Tucholsky). So unglaublich witzig seien die meisten Jobs eines Designer sowieso nicht, was er mit Beispielen aus der eigenen Praxis belegte. Bei seinem beruflichen Ausflug in die Medizintechnik entwarf er unter anderem ein Endoskopie-System, Laser für die Neuro-Radiologie, Beatmungsgeräte für die Pädiatrie, und allem voran »Kunstherzen, bis der Arzt kommt«.
Auch als Accessoire-Designer habe er sich versucht. Am Entwurf eines Kleiderbügels sei er kläglich gescheitert. »Zum Glück ist das berufliche Spektrum im Design so groß und weit, dass jeder irgendwann sein Terrain findet«. Markus Botsch fand es unter anderem mit der Gründung der Satirezeitschrift »Designrevue«, die er 1997 mit seinem Kollegen Nils Holger Moormann ins Leben rief. »Wir wollten Fakten, Fakten, Fakten, ein Pendant zur Titanic, nur für die Designszene« und ruckzuck wurde die Publikation auf den Designmessen zum Selbstläufer. Schlagzeilen wie »Meine Designer waren alle Versager« sorgten noch sechs Jahre später für Lacher im Saal. Einen weiteren Triumph feierte Botsch als Schirmherr des Red Nose Award, die »Designinitiative des Deutschen Humors«, eine Parodie auf den Red Dot Award und Titelgeber für seinen Vortrag. Botschs Humor-Fazit auf der TYPO 2003: »Der Kampf geht weiter … und Humor ist die beste Medizin gegen graue Haare und Magenschmerzen.«
Wie wir erst heute erfahren haben, ist Marcus Botsch am 6. Januar plötzlich und unerwartet in Berlin gestorben. Der in Münster geborene Industriedesigner wird uns durch seine Entwürfe im öffentlichen Raum in Erinnerung bleiben, zum Beispiel den Berliner Trinkbrunnen, das Public Design für Alt-Sachsenhausen oder die Mastleuchte Potsdam. Auch seine pointierten Texte und Kolumnen dürften noch lange zitiert werden. Im Verlag form erschienen zwei von ihm verfasste Bücher: Die Mineralwasserflasche von Günter Kupetz und 7 bis 9 Grad. Public Design für Potsdam.
(Foto: Gerhard Kassner)
8 Kommentare
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K.N.
RIP.
Ich kannte den Design leider nicht. Scheint aber sehr erfrischend gewesen zu sein. Gibt es eine Möglichkeit, irgendwo irgendwie einen Blick in seine Designrevues zu werfen?
Mick
Sehr traurig, dass er gestorben ist …
Vroni
Eine Kreativen im Geist Kurt Tucholskys, ja bitte.
(Humorlose Branche, das ist manchmal wahr. Ehrpusselige Branche, das stimmt immer.)
Um dann aber erst von ihm zu erfahren, wenn er gestorben ist. Das ist bitter.
Gibt es irgendwelche Youtubes von ihm?
philipp
Ein guter Geist weniger. Ich habe Marcus Botsch einmal kennengelernt und mich seither immer gefreut, von ihm zu hören, weil man da Unkonventionelles und Ermutigendes zu hören bekam. Naja, bis auf obigen Eintrag. So war das nicht abgemacht.
AGNES
Marcus du warst fantastische und sehr kreative mensch,mit kunstler seele,sympatisch und streng manchmal,aber trozdem gute mensch….sei glucklich da oben
Winfried Scheuer
Auch ich bin traurig über seinen plötzlichen Abschied.
Übrigens:
Die Design Revue hat Markus nicht mit Nils Holger Moormann
gegründet, sondern mit mir.
Er war auch der Erfinder von „Dr. Stahl“ dem Ikonen-Verdoppler,
einer Literatur Person.
Er selbst hat noch als Student in Essen die Hot Bertaa, ein Alessi Produkt von Phillip Starck, auf einer Metallsäge in zwei Hälften gesägt und diese auf Spiegel gelegt.
Die Verdopplung war fertig.
emil botsch
er war ein sehr lusitger mensch mit denn man auch viel unternehmen konnte es hat immer spaß gemacht mit im was zur unternehemen wir haben immer was andres gemacht aber er war auch der mensch der die ruhe immer genoss :) ich war sehr traurig als ich erfarhen habe das er nicht mehr da ist RIP marcus liebe grüße emil :)
Ekkehard Kaapke
Seit meiner Kindheit habe ich Markus Botsch nicht mehr gesehen und gehört. Wir waren damals Mitglieder des Wikinger-Clubs (nein keine Rechtsradikalen!) der sein Lager vorwiegend im Keller des Anwesens der Eltern Botsch aufgeschlagen hatte, muss so um 1974 gewesen sein. Die Kreativität war ihm damals schon in die Wiege gelegt und wir hatten eine schöne und spannende Zeit dort. (Unvergesslich die Handelslager im Keller des Botsch-Hauses:-) Auch nach so langer Zeit habe ich ihn und seinen Bruder Roland nicht vergessen. Mein herzliches Beileid den Angehörigen.
Ekkehard Kaapke
Friedberg/Bayern