Ikonen: Tagebucheintrag TYPO San Francisco

mailChimp

Julius by Paul Frank war gestern, jetzt kommt Frederick von Chimpenheimer IV. Mit affen­ar­tiger Geschwindigkeit eroberte das Maskottchen des E-Mail-Marketing-Providers MailChimp in den vergan­genen 12 Monaten die Spitze der US-Characters-Popularitätsskala. Dieser Erfolg ist sowohl das Ergebnis – teils provo­kanter – Auftritte auf den haus­ei­genen Webseiten (Mailchimp-Geschäftsbericht), als auch eines raffi­nierten viralen Marketings, vor allem in Designerkreisen. Ein geschickt gespon­serter, lebens­großer Plüschaffe, zum Beispiel im Co-working-Space von Tina Roth Eisenberg (aka swiss­miss) in Brooklyn, garan­tiert immer wieder­keh­rende Auftritt in in ihren zehn­tau­send­fach gese­henen Fotos im Blog und auf Instagram. Neu hinzu­ge­kommen sind Billboards, also Großflächenauftritte in US-Metropolen. Die Beweggründe hierzu werden im haus­ei­genen Blog beschrieben: The Story Behind the MailChimp Billboards.

Das Foto oben zeigt einen Frederick-von-Chimpenheimer-Auftritt in der Howard-Street, direkt neben den Konferenz-Centern Moscone und Buena Yerba.

jessie

Mit einem im wahrsten Sinne des Wortes bewe­genden Auftritt eröff­nete Jessi Arrington gestern die 2. TYPO-San-Francisco-Konferenz. Mit ihrem Mann Creighton Mershon, der ihre Präsentation steu­erte (»My KJ = Keynote Jockey …«), grün­dete sie vor kurzem das Designbüro Workshop. Beide entstammen der vitalen Design-Keimzelle Studio Mates in Brooklyn. Bisher trat Arrington durch ihre Liebe für Farbe in Erscheinung (Lucky so and so), oder über­ge­schnappte Aktionen wie ihre Regenbogen-Parade, die sie über Kickstarter finanzierte.

Arrington ist ein Energiebündel, und das ist ihr Problem … oder besser gesagt: Man wollte es zu ihrem Problem machen. Ihr wurde während des Studiums eine Behandlung gegen HDHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) empfohlen. Die körper­li­chen Übungen machte sie mit, die Medikamente nahm sie jedoch nicht ein. »Ich wollte mich der Symptome stellen, und nicht einfach nur Mittel dagegen nehmen.« Arrington brach die Hochschule ab heira­tete. Eine TV-Doku-Soap über die ameri­ka­ni­sche Medizinerin Temple Grandin, die an Autismus leidet, half Arrington dabei zu verstehen, wie ihr »Gehirn tickt«. Sie entdeckte ihre Ich-heit (You-ness) und arbeitet seit dem daran, aus der Schwäche eine Stärke zu machen und diese in das neu gegrün­dete Designbüro Workshop als Kapital einzubringen.

Mehr über Jessi Arringtons Auftritt in San Francisco im TYPO-Blog … 

donald

Gestern Abend zu Gast beim TYPO-Empfang: Donald Ervin Knuth, geboren am 10. Januar 1938 in Milwaukee, Autor des Standardwerks »The Art of Computer Programming« und Urvater des Textsatzsystems TeX. Entwickler wie Raphael Schaad (Flipboard, links im Bild) beten ihn an. Knuth prägte den Begriff »lite­rate programming« und damit des Wunsch, Computerprogramme mit derselben Sorgfalt wie einen lite­ra­ri­schen Text zu verfassen sowie Quelltext und Softwaredokumentation zu vereinen. Für sein mehr­bän­diges Werk The Art of Computer Programming, an dem er immer noch arbeitet, schuf er mit TeX und Metafont Computerprogramme, die druck­reifen Textsatz ermög­li­chen und die beson­ders im mathe­ma­tisch-akade­mi­schen Bereich einge­setzt werden.

Seit 1992 befindet sich Knuth im Ruhestand, um sich ausschließ­lich der Fertigstellung von »The Art of Computer Programming« zu widmen. Seit Februar 2011 liegt Band 4A vor, der sich mit Kombinatorik beschäf­tigt. Band 4B und 4C sollen folgen, Band 5 (von sieben geplanten) hofft er bis 2020 fertigzustellen.

Mir begeg­nete der Name Donald Knuth kurz nach der Gründung von PAGE, 1986, also zu Beginn der Desktop-Publishing-Revolution. Sein Metafont war eine abstrakte Beschreibungssprache zur Definition von vekto­ri­sierten Satzschriften, also eine Alternative zu Adobes PostScript-Schriftformaten. Knuth entwi­ckelte auch den zuge­hö­rigen Interpreter, der den Metafont-Code ausführt und Bitmap-Schriften bestimmter Auflösung erzeugte. Zum Einsatz kam die Font-Technologie in Knuths eigenem Schriftsatz-Programm TeX, mit dem er den zweiten Band seines »The Art of Computer Programming« selbst setzte, weil er mit der Qualität des Fotosatzes des ersten Bands unzu­frieden war. Es war für mich daher gestern eine Riesenfreude, ihn 27 Jahre später persön­lich kennenzulernen.


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