Große Logo-Demontage in Berlin

Seit drei Wochen »kuschelt« sich das eins­tige Skandalunternehmen Bankgesellschaft Berlin unter die Decke der Landesbank Berlin Holding AG. Gestern zog sie auch in Sachen Corporate Design den Schlussstrich unter eine trau­rige Vergangenheit. Binnen 15 Minuten verschwand das einst von Kurt Weidemann geschaf­fene Logo vom Dach des Firmengebäudes am  Alexanderplatz. Keine Chance für Sammler: das 9 Tonnen schwere Leuchtobjekt wurde unmit­telbar danach am Boden zerlegt.

Seit dem 20. Dezember 1995 symbo­li­sierte das Logo der 1994 gegrün­deten Bankgesellschaft den Anspruch, zu den führenden deut­schen Kreditinstituten zu gehören. Die soge­nannte Triade setzte sich aus den Farben der Gründungsbanken zusammen. Der Hamburger Design-Journalist Thomas Edelmann bedauert die De-Installation des einpräg­samen Firmenzeichens und attes­tiert ihm hohe Belastbarkeit: »Weidemanns Logo funk­tio­nierte selbst während des Skandals perfekt und hatte ihn eigent­lich überlebt.«

Er machte mich auf ein Interview aufmerksam, in dem Kurt Weidemann das Geheimnis der Belastbarkeit eines Corporate-Logos verrät. Auf die Frage, ob ein Designer einem Unternehmen über das Logo einen Mehrwert geben geben könne, antwor­tete er:

»Man sollte es zumin­dest versu­chen. Wenn ich ein Signet für ein Unternehmen gestalte, sollte ich tiefere Kenntnisse über dessen Arbeit haben. Vor allem, wenn es nur für beschränkte Zeit zum Einsatz kommen soll. Nicht passiert nicht selten, dass ein Unternehmen andere aufkauft, die kaum etwas mit dem Business der Mutterfirma gemeinsam haben.
Nehmen wir zum Beispiel das Logo der Bankgesellschaft Berlin, ein Zusammenschluss dreier Banken. Das war die Landesbank mit drei roten Schrägstrichen. Dann die Landesbank Berlin mit einem mageren und einem fetten B als Marke. Und schließ­lich die Berliner Hypothekenbank mit einer blauen Silhouette ihrer Zentrale als Firmenzeichen … wie ein aufge­klappter Bechstein-Flügel.
Da lernte ich: Bilde nie das Firmengebäude ab, es sei denn, du bietest es zum Kauf an. Bilder ändern sich. In der Vergangenheit hatten die Fabriken Schreibpapier mit ihrem Fabrikgebäude im Kopf, einschließ­lich rauchender Schornsteine … ein Zeichen für Erfolg. Heute ist das unbrauchbar, denn rauchende Schornsteine stehen für die übelste Form der Luftverschmutzung.
Bei den drei Banken konzen­trierte ich mich auf deren Firmenfarben; rot, gelb und blau … jede als Linie darge­stellt. So behielten sie alle etwas von ihrem alten Logo, was sich zum Symbol für ein neues Unternehmen formte. Das war’s. Doch das inter­es­san­teste an dem Logo ist, dass es nie als Marke einge­tragen wurde. Es gibt rund 1700 inter­na­tional regis­trierte Banken-Logos. Heute ein neues Logo zu gestalten ist wie in den Wald schießen, ohne einen Baum treffen zu dürfen.«


3 Kommentare

  1. Nick Blume

    »Doch das inter­es­san­teste an dem Logo ist, dass es nie als Marke einge­tragen wurde.« Das ist wirk­lich heftig. Wohl haben die es im Zuge des Skandals vergessen…

  2. Markus Widmer

    Ein Unternehmen von der Größe der Bankgesellschaft Berlin schafft es norma­ler­weise, inner­halb kürzester Zeit Verkehrsgeltung für ihr Logo zu haben. Das heißt: Das Logo wird von einer breiten Öffentlichkeit dem Unternehmen zuge­schrieben. Das ist vor Gericht, wenn es zu einem Streitfall kommt, oft mehr Wert als eine Markenregistrierung. 

    Das Bild vom Schuss in den Wald finde ich als einer, der neue Logos an den Mann / die Frau bringt, sehr, sehr tref­fend. Dazu kommt: Viele Kunden verlangen Einzigartigkeit, sind aber aus durchaus verständ­li­chen Gründen skep­tisch, wenn man etwas radikal Neues präsen­tiert. Logos sind halt Gebrauchsgegenstände, die vielen ganz prag­ma­ti­schen Kriterien entspre­chen müssen.

  3. robertmichael

    ich dachte – als ich das bild sah – das logo kommt jetzt auf den fernsehturm …
    der wird wohl auch gerade entschriftet?

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