Fontblog Artikel im Januar 2013

Nivea: Das Logo mit der Lücke

Die briti­sche Creative Review widmet sich heute dem über­ar­bei­teten Verpackungsdesign der welt­weit vertrie­benen Nivea-Kosmetik-Produkte und titelt spöt­tisch: »A cleaner, simpler N IVEA«. Dabei spielt der Autor Patrick Burgoyne auf den mise­rabel spatio­nierten NIVEA-Schriftzug an, der seit einigen Jahren im Einsatz ist – mit einem auffällig weiten Abstand zwischen dem ersten und zweiten Buchstaben. Allerdings war die Logotype gar nicht Gegenstand des Redesigns, wie gestern bereits ein Kommentator im Designtagebuch tref­fend vermerkte. Und das ist schade, wäre doch die Überarbeitung von Fuseproject der ideale Zeitpunkt für die Behebung dieses Uraltfehlers.

Vertraut man der Nivea-Markenhistorie auf Pinterest, wurde der falsche Buchstabenabstand (er betrifft nicht nur N und I, sondern alle 5 Buchstaben) vor 20 Jahren einge­führt. Anfang 2000 bekam der Schriftentwerfer Achaz Prinz Reuss von Beiersdorf den Auftrag, aus dem Nivea-Logo eine komplette, eigen­stän­dige Schrift zu entwerfen. Ende 2000 schloss er die Arbeit ab. Ausgehend von der Kompromiss-Hauschrift Metro Black von William A. Dwiggins aus den 30er Jahren hatte Reuss eine Schriftfamilie mit zwölf Schnitten sowie eine Textversion erstellt. Seitdem wird für die Marke zur Identitätssteigerung ausschließ­lich dieser Zeichensatz verwendet, von der Korrespondenz über die Printanzeigen oder Fließtexte bis zur Verpackung – natür­lich auch im Ausland, unter anderem mit den passenden kyril­li­schen und grie­chi­schen Zeichen.

Dass der Schriftentwerfer wahr­schein­lich nicht für die Spationierung des Logos verant­wort­lich ist, verrät ein Blick auf die aktu­elle Website. Dort zeigt sich die Nivea Bold in Überschriften – als Webfont, harmo­nisch spatio­niert – in Bestform:


Neu: Online-Forum zu Design und Rhetorik

Über Design reden ist nicht immer einfach. Design begründen noch weniger. Es gibt jedoch eine Wissenschaft, die sich hervor­ra­gend dafür eignet, Bilder und Gestaltung mit Worten zu beschreiben: die Rhetorik.

»Wer Rhetorik hört, denkt an Cicero und an unge­liebte Lateinstunden aus der Oberstufe. Doch schon in der Antike diente die Rhetorik einem Zweck, der auch im Design wesent­lich ist: Wirkung erzielen.« so beschreibt der Konstanzer Professor Volker Friedrich die Zielrichtung des von ihm gegrün­deten wissen­schaft­li­chen E-Journals »Sprache für die Form«, dass er mit Hilfe von Masterstudenten des Moduls Designrhetorik auf den Weg gebracht hat. Friedrich lehrt am Studiengang Kommunikationsdesign der Konstanzer Hochschule Schreiben und Rhetorik.

Unter www​.design​rhe​torik​.de kann man ab sofort Essays und Interviews von und mit renom­mierten Publizisten, Philosophen, Designern, aber auch von Studenten lesen. Des weiteren lassen sich Fachbegriffe in einem Wörterbuch nach­schlagen. Oder man kann sich von den »Mythen des Alltags« unter­halten lassen. Selbst für visu­elle Anreize ist gesorgt: Der Illustrator Prof. Thilo Rothacker hat einzelne Beiträge pfiffig illus­triert. In den kommenden Monaten soll die Online-Publikation kräftig anwachsen und sich zu einer Referenz entwickeln.

Ein wissen­schaft­li­cher Beirat steht dem Herausgeber eben­falls zur Seite. Er besteht aus den Konstanzer Professoren Valentin Wormbs und Brian Switzer sowie aus Arne Scheuermann, Professor und Leiter des Forschungsbereichs Kommunikation an der Hochschule der Künste Bern. Die Redaktion, die von Friedrich mit den derzei­tigen Konstanzer Masterstudenten der Studiengänge Kommunikationsdesign geführt wird, ist für die Inhalte zuständig.

Weitere Informationen … (Illustration: © Thilo Rothacker)


Umlaut-Integration mit Trim Poster

Umlaute in Headlines machen oft keine gute Figur. Besonders beim Satz von Periodika, wo der enge Zeilenabstand die Umlautpunkte oft an die Zeile darüber drängt. Abhilfe schaffen jetzt Letters from Sweden, die Ihre Display- und Editorial- Familie Trim Complete mit der Headline-Lösung Trim Poster verstärken. Beim Entwurf verfolgten Göran Söderström und Patch Hofweber ein ehrgei­ziges Ziel: kompakte Versalien-Schlagzeilen, die nicht »anecken«.

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Einen sehr varia­blen Headline-Font mit sieben Schriftschnitten von Extra-Compressed bis Expanded veröf­fent­li­chen Letter zum Ausbau ihrer Display und Editorial-Familie Trim

Akzentzeichen mit Platzbedarf weisen neben der deut­schen Schriftsprache auch Polnisch, Portugiesisch, Tschechisch und die skan­di­na­vi­schen Sprachen auf. Trim Poster sorgt für Headline-verträg­liche Akzent-Anpassungen bis zum letzten Háček.

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Deutsch, Polnisch, Portugiesisch, Tschechisch und über 100 weitere Sprachen: viel­fäl­tige Sprachunterstützung gestattet gren­zen­loses Kommunizieren

Umlautprofi Trim Poster

Doppelte Umlautintegration erfolgt durch die Belegung von »A« und »a«-Taste und sorgt für Headline-Umlaut-Abwechslung

Durch Anwenden der OpenType Style Sets (02 – 05) in OpenType-kompa­ti­bler Gestaltungssoftware können x-Höhe und Form der Umlautzeichen zusätz­lich ange­passt werden.

FontShop: Trim Poster: Umlautmanagement

Das Umlaut-Finetuning findet mithilfe der Stylistic Sets im OpenType-Menü statt

Fein aufein­ander abge­stimmt sind auch die Schriftschnitte: Der Grundschnitt Trim Poster Regular und sechs ergän­zende Schnitte Trim Poster Extra Compressed, Trim Poster CompressedTrim Poster CondensedTrim Poster Semi CondensedTrim Poster Semi Expanded und Trim Poster Expanded sorgen für Headline-Übersicht und passen sich jeder Satz-Situation an.


FontShop: Trim Poster

 

Sieben Headline Schriftschnitte ermög­li­chen eine flie­ßende Überschriftengestaltung

Trim Poster ist eine Headline-Familie, die sich neben der Integration von Akzenten auch dem flexi­blen Headline-Satz für Display- und Editorial-Anwendungen (Zeitschriften) verschreibt.

Trim Poster Complete OT |

7 Fonts | 159 Euro, Einzelschnitt 49 Euro

Trim Complete OT

| 7 Fonts | 129 Euro, Einzelschnitt 39 Euro

 

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Alle Preise verstehen sich zzgl. MwSt., vorbe­halt­lich Preisänderungen

 


Beck’s »Song Reader«: ein Lettering hebt ab

Es hat immer etwas Magisches, wenn eine Zeichnung die Papierebene verlässt und in den drei­di­men­sio­nalen Raum abhebt. Das entste­hende Objekt verleiht dem Ursprungsbild eine zusätz­liche Glaubwürdigkeit, die es belebt und unsere Sichtweise verän­dert. Diesen Effekt verdeut­licht in anschau­li­cher Weise ein Video, das mit Jessica Hische Umschlaggestaltung (Abbildung unten) für das Notenbuch Song Reader (Amazon Link) des kali­for­ni­schen Musikers Beck spielt. Auf der Suche nach dem Popmusik-Format für das digi­tale Zeitalter veröf­fent­lichte Beck im Dezember sein 12. Album nicht als CD oder Platte, sondern als Buch, genauer: eine Kladde mit groß­zügig bedruckten Notenblättern und nost­al­gi­schen Illustrationen, deren Ästhetik an die fünf­ziger Jahre erin­nert. Die japa­ni­sche Künstlerin und Beck-Fanpage-Betreiberin Ham ließ sich von Hisches Titelgestaltung zu einer faszi­nie­renden Papierschneidearbeit inspi­rieren, die sie im folgenden Video festhielt:

Weil das neue Beck-Werk kein wirk­li­ches Album ist, sondern ein Sammlung von Notenblättern, ergibt sich seine Daseinsberechtigung für die »Konsumenten« alleine aus der Fähigkeit, Noten zu lesen und ein Instrument spielen zu können. Wer über diese Gabe verfügt, der gibt, wer sie nicht hat, der empfängt … zum Beispiel YouTube-Filme mit den Interpretationen der Stücke. Und weil die Beck-Liebhaberin Ham leider kein Instrument spielt, versuchte sie auf ihre Art etwas zu geben, mit Papier, Klebstoff und Schere.

Weitere Informationen auf Fontfeed …


Platinus Pro zum Schwungpreis

Das argen­ti­ni­sche Schriftenlabel Sudtipos hat sich der Wiederbelebung von Zierschriften der letzten 200 Jahre verschrieben. Neuester Wurf ist die förm­liche Platinus Script Pro. Der Font stammt aus dem klas­sisch-kommer­zi­ellen Schriftzug der 1930er Jahre, der auf  Grußkarten der 1980er und 1990er Jahre ein Comeback feierte. Die meisten Buchstaben bestehen aus einem einzigen Strich, der rhyth­misch die Richtung ändert und einen lässigen und gleich­zeitig präzisen Fluss erzeugt. Kalligraphie-Meister Alejandro Paul & Angel Koziupa  ergänzten üppige Schwünge und Ligaturen.

FontShop: Platinus ProDie Platinus Script Pro-Familie besteht aus den Schnitten Regular und Bold mit jeweils 570 Glyphen. Als Zierschrift veredelt sie Produktverpackungen, Buchumschläge, Menüs oder Grußkarten. Bis 31. Januar bieten wir Platinus mit einem Rabatt von 30% an. Alle Neuerscheinungen dieser Woche können Sie auf unserem Pinterest-Board Fresh-Fonts anschauen.


Satzklassiker (6): Smeijers Arnhem pioniert den Zeitungssatz

Fred Smeijers

Anhaltend regnen Bleibuchstaben auf die Studierenden, bevor der Kurs sich der digi­talen Produktion zuwendet. Die Type-Design-Studenten an der Leipziger  Hochschule für Grafik und Buchkunst, die Fred Smeijers gemeinsam mit Stephan Müller leitet, erfahren die Geschichte des Schriftenentwurfs, dann das Zusammenspiel zwischen Schrift und Gesellschaft und gelangen von dort zur eigenen typo­gra­fi­schen Positionierung. Smeijers eigenes Schriftenschaffen prägten stets drei Elemente:

i) die Analyse histo­ri­scher Vorbilder,

ii) der Entwurf zeit­kon­former Fonts mit modernsten digi­talen Werkzeugen

iii) und die prak­ti­sche Prüfung der Schrift im Druck.

So entstand auch die Arnhem-Familie: Die Staatszeitung der nieder­län­di­schen Regierung beauf­tragte 1998 den renom­mierten Nederlandse Staatscourant, unveröffentlichtes Redesign»Werkplats Typografie«-Kurs der Arnheimer Hochschule der Künste mit einem Redesign.

Unveröfentlichtes Redesign der Nederlandse Staatscourant (aus  »Dutch Type« von Jan Middendorp) →

Smeijers, der in Arnheim studiert hatte, wurde als typo­gra­fi­scher Berater hinzu­ge­zogen. Als die Anforderungen an die einzu­set­zenden Schriften immer höher gerieten, beschloss Smeijers eine eigene Schrift für den modernen Zeitungssatz zu entwerfen.

Zunächst für die Headlines, später für den Textsatz. Die Bedeutung der Aufgabe und ein groß­zü­giger Zeitplan seitens des staat­li­chen Auftraggebers, verschaften Smeijers die seltene Chance, seine eigene wie auch andere Schriften intensiv auf Zeitungsdruckmaschinen und -papier zu testen und opti­male Eigenschaften für Editorial-Schriften zu entwi­ckeln. Eine der Erkenntnisse: Die drei­eckige Kopfserife dient der Lesbarkeit mehr, als alle ausge­klü­gelten Alternativen.

Plantin Moretus Museum in Antwerpen

Das Druck-Kabinet des Antwerpener Museum Plantin-Moretus nutzte Smeijers regel­mäßig für prak­ti­sche Satz-Studien für  (Foto: kunst​en​erf​goed​.be)

Ergebnis nach unzäh­ligen Studien, Tests und Korrekturen war eine frühe Editorial-Familie mit hoch-funk­tio­nalem Design, dass sich an fran­zö­si­schen Satzschriften des 17. Jahrhunderts orien­tierte, jedoch seit der ersten Enwurfminute mit digi­talen Werkzeugen erschaffen wurde.

Das Arnhem-Konzept funk­tio­niert am besten mit großen Mengen von Fließtext. Fest verwur­zelt in tradi­tio­neller Typografie, hat Arnhem einen modernen Touch, oder »eine Kante«, wie Erik Spiekermann es ausge­drückt hat, zu dessen fünf Lieblingschriften Arnhem zählt.

Die Erstauflage aus dem Jahr 2002 umfasste vier Schriftschnitte mit passenden Kursiven: Arnhem Blond, Arnhem Normal, Arnhem Bold und Arnhem Black.

ArnhemMuster_web

2002 erschien die erste Arnhem-Familie mit vier Schnitten bei OurType. Allen gemeinsam ist die einfache drei­eckige Kopfserife, diex dient der Lesbarkeit mehr als alle ausge­klü­gelten Alternativen.

Der Arnhem-Normalschnitt hat eine kräf­tige Farbe, die beson­ders in kleinen Punkgrößen (unter 8 Punkt!) und unter unvor­teil­haften Druckbedingungen hervor­ra­gend lesbar bleibt. Statt eines Light-Schnittes  entwi­ckelte Smeijers eine Blond-Version, die unter Zeitungsdruck-Bedingungen nicht wegbricht.

FontShop: Arnhem Blond, Fließtext Muster

 

Textmuster der Arnhem Blond, Serif und Bold aus FontBooklet Nr. 1, zum Beurteilen und Vergleichen von Satzschriften 

Acht Jahre nach der Erstveröffentlichung präsen­tiert Smeijers die zweite Generation der Arnhem-Familie. Mit kleinen Überarbeitungen an Bauform, Veränderungen am Abstand zwischen den Zeichen und einem SemiBold-Schnitt. Der Arnhem-PRO-Zeichensatz im OpenType-Format umfasst heute alles was eine moderne Editorialschrift braucht: Kapitälchen, Lining- , Old Style- und Small Caps- Ziffern (propor­tiornal und für Tabellen); Brüche; wissen­schaft­liche Sonderzeichen, Nominatoren und Denominatoren;  mathe­ma­ti­sche Zeichen und Währungssymbole (tabular und propor­tional); Pfeile; Ligaturensätze und alle Akzentbuchstaben für west-, zentral- und osteu­ro­päi­sche Sprachen. Ein Glyphenvorrat von über 900 Zeichen pro Schriftschnitt.

Zur Arnhem-Textfamilie stieß die Titel-Variante Arnhem Fine mit Bold- und Roman-Schnitt und passenden Kursiven. Smeijers orien­tierte Ihr Laufverhalten und ihre Proportionen am Bedarf des Headlinesatzes in großen Textgrößen. Die beste Leseleistung erzielen diese Headline-Fonts in Größen ab 14 Punkt. Im Vergleich zu Arnhem Text-Schriften, verläuft die Form »knackiger«  in Details, wie Serifen oder Kurvenverbindungen. Ein weiterer wich­tiger Unterschied besteht in den Proportionen: Fine-Versionen haben längere Ober-und Unterlängen und eine redu­zierte x-Höhe – auch aus der Entfernung finden Arnhem-Headlines Ihre Leser.

Arnhem Fine

Nachdem der ursprüng­liche Einsatz von Arnhem im Nederlandse Staatscourant an büro­kra­ti­schen Hürden geschei­tert war, fand die neue Editorialfamilie reis­senden Absatz im Zeitschriften-Design. Arnhem Fine und Arnhem kamen 2007 nach dem Redesign des Financieele Dagblad (Bild oben zum Einsatz. Headlines, schmale Headlines und Textspalten wurden mit einem Mix aus Arnhem-Standard- Schnitten und indi­vi­duell ange­passten Arnhem-fd.– Schnitten gesetzt.

Über den Entwerfer: Fred Smeijers ist ein hollän­di­scher Typograf, der sich der typo­gra­fi­schen Forschung und Entwicklung verschrieben hat. Er hat unter anderem die Schriften Quadraat, Quadraat Sans (FontShop), Renard (The Enschedé Font Foundry), Arnhem, Fresco, und Sansa entworfen. Die letzten drei erschienen bei OurType, dem Font Label das Smeijers zusammen mit Rudy Geeraerts von FontShop Benelux gegründet hat. Smeijers entwi­ckelte Schriften, unter anderem für Océ, Philips, The New Dutch Telephone Books, MAN/BMW, Canon-Europe und Lloyds. Er veröf­fent­lichte Counterpunch (1996, Hyphen Press) und Type Now – a mani­festo (2003, Hyphen Press, Neuauflage 2010). Im Jahr 2000 erhielt er den Gerrit Noordzij Preis. 2004 erhielt er die Berufung an die Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB), Leipzig, seit 2011 leitet er dort gemeinsam mit Stephan Müller die Klasse für Type-Design.

Arnhem bei FontShop:

Arnhem Pro Complete | 20 Fonts | 800 Euro, Einzelschnitt ab 80 Euro

Arnhem Fine Family OT | 4 Fonts | 120 Euro, Einzelschnitt ab 40 Euro

Quellen:

I love Typoraphy, Februar 2008, Chris Sowersby

Grafische Revue Österreichs 03_06,  Michael Karner (PDF)

Dutch Type, 2004, Jan Middendorp, Printversion vergriffen

100 Beste Schriften, Platz 29: Arnhem

Alle Preise verstehen sich zzgl. MwSt., vorbe­halt­lich Preisänderungen

Arnhem-Blond Asteriske


Die müssen raus: Poladarium und Typodarium

Wir brau­chen Platz im Regal, und darum gibt es die beliebten Bild-Tageskalender Poladarium 2013 und Typodarium 2013 jetzt bei FontShop zum Sonderpreis: 15 € statt 20,92 € bzw. 13 € statt 15,70 € (zzgl. MwSt; keine Versandkosten). Mehr Informationen und Bilder zu den beiden Kalendern im Store. Und: Wir liefern das Typodarium noch in der anderswo vergrif­fenen silbernen Sammelbox.

Zum Typodarium auf font​shop​.de …
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Augenschmaus: »In einer deutschen Pension«

Seit längerer Zeit beob­achte ich das bemer­kens­werte Programm der Edition Büchergilde (vgl. u. a. Fontblog: 36 Versicherungsblüten, illus­triert von Jens Bonnke). In dem Frankfurter Verlag erscheinen wunderbar ausge­stat­tete Bücher, zeit­gemäß Illustriert und lese­freund­lich typografiert.

Die Büchergilde (Gutenberg) wurde 1924 als Buchgemeinschaft vom Bildungsverband der deut­schen Buchdrucker auf Initiative seines Vorsitzenden Bruno Dreßler in Leipzig gegründet. In der Tradition der deut­schen Arbeiterbewegung stehend, ermög­lichte sie ärmeren Leuten durch preis­werte Bücher den Zugang zu Bildung und Kultur. Nach dem Krieg baute der Sohn des Gründers, Helmut Dreßler, die Büchergilde in Frankfurt am Main wieder auf. Bis zu seinem Tode im Dezember 1974 enga­gierte sich Dreßler für hand­werk­lich gut gemachte, illus­trierte Bücher. Diese Tradition setzt sich bis heute fort.

Im Herbst 2002 wurde der eigen­stän­dige Verlag Edition Büchergilde ausge­glie­dert, um Eigenproduktionen auch auf dem freien Buchmarkt anzu­bieten. Seitdem erscheinen in dem jungen Verlag Belletristik, Sachbuch sowie die Künstleredition »Die Bibliothek von Babel« mit Umschlagillustrationen von Bernhard Jäger. Seit Herbst 2008 gibt der Ilija Trojanow in der Edition Büchergilde die Reihe »Weltlese – Lesereisen ins Unbekannte« heraus.

Die neuste Veröffentlichung erscheint zum 90. Todestag der neusee­län­di­schen Kurzgeschichten-Autorin Katherine Mansfield. Sie ist als Meisterin der Short Story in die Literaturgeschichte einge­gangen ist. Beneidet von ihrer Zeitgenossin Virginia Woolf, war sie Vorbild großer Autoren wie F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway. 1909 verbrachte Katherine Mansfield einigeMonate in einer Pension im baye­ri­schen Bad Wörishofen. Hier verfasste sie ein Dutzend messer­scharfer Porträts und funkelnde Gesellschaftsskizzen, die 1911 unter dem Titel »In einer deut­schen Pension« erschienen und sie berühmt machten.

In Mansfields Erzählungen tummeln sich auffällig fröh­liche Witwen neben verun­si­cherten jungen Ehefrauen, auch der Teller voller Fleisch zur Mittagsstunde wie auch die allein­ge­las­senen Kinder der so fürsorg­li­chen Mütter stehen unter der Beobachtung der Autorin. Gekonnt stellt sie die Vorurteile und Stereotypen der engli­schen und deut­schen Mentalität auf den Prüfstein. Aus dieser Distanz und der daraus entste­henden Spannung zwischen den Mentalitäten zu Beginn des 20. Jahrhunderts entsteht ein Panoptikum, das durch das Können Katherine Mansfields sowohl Gesellschaftskritik übt als auch Klischees auf den Prüfstand stellt. Elisabeth Schnack hat die Geschichten über­setzt und mit einem ausführ­li­chen biogra­fi­schen Essay versehen.

Bebildert wurden die scharf­zün­gigen Texte mit üppigen Tableaus der Künstlerin Joe Villion, in denen sie Jugendstil-Elemente mit surrealen Bildideen und leben­digen Farben mixt. Villion wurde 1981 in München geboren, wuchs in Italien und Griechenland auf und lebt seit 2001 in Berlin. Dort studierte sie bei Henning Wagenbreth an der Universität der Künste. 2010 gewann sie den Gestalterpreis der Büchergilde für »Zazie in der Metro«, für das sie 2011 eben­falls das Ehrendiplom der Stiftung Buchkunst für ausge­zeich­nete buch­künst­le­ri­sche Leistungen erhielt.

Das 280-seitige Hardcover-Buch wurde in drei Sonderfarben plus schwarz gedruckt. Es enthält 21 Abbildungen und kostet 24,95 €. Gesetzt ist es übri­gens aus der wunder­baren Proforma Book (10,5 auf 15 Punkt), entworfen von Petr van Blokland. (ISBN 978-3-86406-020-5)