US-Logo-Discounter in Bedrängnis
Die fragwürdige Geschäftsidee »Logos von der Stange« ist in den USA an ihre Grenzen gestoßen. Dort gibt es den Anbieter LogoMaid (»Logo-Dienstmädchen«), der gerade durch die Blogosphäre getrieben wird, weil er das Logo der Webseite SimpleBits abgekupfert hat (hier beschreibt ihr Betreiber Dan Cederholm die Entstehung des Logos). Dan Cederholm hat den Fall auf Flickr bekannt gemacht, was ihm nicht nur dort rund 1000 Kommentare eingebracht hat, sondern eine kleine Lawine unter design-orientierten Blogs ausgelöste. Auf dieser Digg-Seite weisen viele Kommentatoren auf weitere LogoMaid-Adaptionen hin, die inzwischen fast alle nicht mehr im Angebot sind. (Quelle).
Wenn man sich ein wenig in die Diskussion vertieft wird klar, dass das Business-Modell von LogoMaid auf tönernen Füßen steht. Wer am Fließband Logos gestaltet, die auf geometrischen Formen basieren, wird früher oder später sehr dicht in der nähe existierende Exklusiventwürfe geraten (Sun, SonyEricsson, Nike …). Gänzlich unglaubwürdig wird die Logo-Fabrik, wenn sie schlicht und einfach klaut (siehe Abbildung oben; der Entwurf wurde in den letzten Tagen entfernt).
Bewerbt euch lieber nicht
Die Kreativdirektoren Daryl Corps und Ben Kayder der Londoner Agentur Lunar BBDO suchen einen Spitzen-Typografen. Dass sie es bitter nötig haben, beweisen sie selbst mit ihrer Stellenanzeige. Sie greifen die uralte Idee (1994) von David Carson auf, ein Interview in Ray Gun aus Zapf Dingbats zu setzen (eine sehr originelle Schriftwahl); Carson brachte damals seine Verachtung gegenüber Bryan Ferry zum Ausdruck (auf dieser Seite gibt es eine kleine Abbildung dazu).
Die Stellenanzeigen sind im Stile eines Jan Tschichold bzw. im Bauhaus-Look gehalten. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich jede Menge Rätselfreunde im Alter zwischen 60 und 80 Jahren aufgrund der Anzeige bei den beiden bewerben. Mehr zu der Kampagne bei Creativepro. Danke an Jörg Gudehus für die Quelle.
Endlich: Das Spray gegen Elektrosmog
Gäbe es ein Spray gegen Dummheit, würden wir vor solchen Anzeigen verschont bleiben. Aber es gibt weder ein Spray gegen Dummheit, noch eins gegen Ausländerfeindlichkeit. Aber endlich eins gegen Elektrosmog. Es ist natürlich kein Produkt »Ihrer Apotheke«, sondern Schaumschläger der Kosmetikindustrie bringen es auf den Markt. Es heißt »Expertise 3P™« und kommt von Clarins.
Die Werbertexter des französischen Herstellers ziehen alle Register: Angst schüren (»Denken Sie, dass elektromagnetische Strahlen, die Mauern durchdringen, vor Ihrer Haut Halt machen?«), Märchen auftischen (»Thermus thermophilus aus der Tiefe des Ozeans und Radiola rosea aus der Kälte Sibiriens passen sich optimal ungünstigen Bedingungen an.«), Rauchbomben zünden (»In Kombination mit den Radikalenfängern Weißer Tee und Lapsana stärken sie die Hautabwehr gegen Umweltbelastungen.«) und ein schlechtes Gewissen machen (»Fühlen Sie sich wohl in Ihrer modernen Umwelt!«)
Eigentlich verfolge ich die Botschaften der Kosmetik-Hersteller nur am Rande. Dass man die Kunden jedoch auf derart hohem Niveau für dumm verkauft, hat mich überrascht. Da setzt – einfach mal so – eine gewichtige Stimme der Schönheitsindustrie das Gerücht in die Welt, dass »moderne technische Geräte« (eine Anspielung auf Handys, Schnurlos-Telefone, Laserdrucker und Computerbildschirme?) der Haut schaden. Und dass Pflanzenstoffe so wirkungsvoll gegen elektromagnetische Strahlen seien wie ein Faradayscher Käfig … Wahrscheinlich denken die Clarins-Werber: Wer in der 6. Klasse das Interesse am Physikunterricht verloren und den Glauben an Lippenstift und Wimperntusche gewonnen hat, wird das schon glauben.
Willkommen im Mittelalter. Doch wartet ab … die Quacksalber werden den Beweis für die beiden Behauptungen bald nachliefern, denn wie steht in der Anzeige: »demnächst Gegenstand einer wissenschaftlichen Veröffentlichung.«
Müll im iTunes-Store
Eben bekomme ich eine E-Mail von Apple mit den eigens für mein Käuferprofil ausgewählten Musikempfehlungen. Darunter eine Sammlung von Jerry-Lee-Lewis-Songs. Sie wird unter dem Titel »Chantilly Lace« angeboten, benannt nach einem Hit des Rockabilly-Musikers aus dem Jahr 1972. Auf einem Pseudo Cover steht allerdings »Chanlly Lace« (mit till-Ligatur), was irgendwie wieder zu den angebotenen Songs passt, die wie aus der Mülltonne klingen … anscheinend grottenschlechte Live-Aufnahmen. Liebe iTunes-Redakteure: Wenn ihr euren guten Ruf nicht verlieren wollt, lasst Eure Roboter gegenüber guten Kunden keine minderwertigen Produkte anpreisen.
Beef ruft die Zukunft des Gedruckten aus
Wie viel 2.0-Kompetenz darf man von einem Verlag erwarten, der das Internet als Anschaffungs-Instrument für seine Drucksachen betrachtet? Die Horizont-Webseite der Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag ist wie ein redaktioneller Rotlicht-Bezirk aufgebaut, mit dem Straßenstrich in der Seitenleiste (News? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen. Werbemarkt? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen. Standpunkt? Nur für Abonnenten … Hier klicken, um eine Abo zu bestellen.). »Weitere Highlight« werden im unteren Dritten der Homepage als Peepshow inszeniert, mit grauer Gardine davor. Ja die bringen es sogar fertig, das Abonnieren nur für Abonnenten zu erlauben, denn auf die Bestellseiten für das kostenpflichtige E-paper, die SMS-News und das Archiv kommt man nur … als Horizont-Abonnent – ein geschäftsschädigender Zirkelschluss.
Seit kurzem gibt es einen unerwarteten Lichtblick am Horizont, das hauseigene Weblog Off the record. Es ist seltsamerweise ganz umsonst, was den Chefetagen des Fachverlags irgendwie durch die Lappen gegangen sein muss. Im Horizont-Blog erfahre ich heute, dass der Art Directors Club (ADC) und Horizont ein neues Magazin namens Beef starten (Off-the-record-Selbstlob »… ist gigantisch hübsch geworden …«).
Nicht unerwartet zitiert Off the record vorab aus einem Beef-Interview mit dem Verleger Thomas Ganske, dem die Kostenlos-Kultur des Internets gegen den Strich geht: »Leistung … sollte bezahlt werden. Ein Geschäftsmodell, das darauf basiert, Leistung dauerhaft ohne Entgelt zur Verfügung zu stellen, kann nicht funktionieren. Das ist ein Weltentwurf, der noch nicht so richtig durchdacht ist.« Liebe Kollegen von Off the record: Sägt ihr gerade am Ast, auf dem ihr sitzt? Oder darf man euer Blog bald nur noch zum Preis eines Horizont-Abos lesen?
So, und diese Beef hat sich nun »The End of the End of Print« aufs Titelblatt geschrieben, ruft also – in Anlehnung an einen David-Carson-Bestseller – das »Ende des Ende des Gedruckten aus«, was man auf gut neudeutsch auch als »The future of print« hätte formulieren können. Diese vermeintlich eigene Zukunft nennt Beef dann »Print 2.0«, was ich nicht ganz verstehe, denn im Web 2.0 ist doch nahezu alles kostenlos. Beef dagegen erscheint 4 mal im Jahr, kostet pro Heft 15 € (das Jahres-Abo 50 €). Was ich dafür bekomme und wie »gigantisch hübsch« Beef wirklich ist, wird auf den Beef-Seiten natürlich nicht verraten – von der Reproduktion des zweiseitigen Inhaltsverzeichnisses mal abgesehen. Mehr zu zeigen überschreitet möglicherweise die Grenzen der hauseigenen »Kostenlos-Kultur« … sicher wissen Horizont-Abonnenten schon mehr über Beef.
100 Beste Edition: jetzt auch in Österreich
Wir haben aus euren Kommentaren gelernt: Gute Ideen, von welchem FontShop sie auch kommen, sollen überall erhältlich sein. Und deshalb freue ich mich, dass Band 1 der 100 Beste Schriften Edition ab heute auch bei FontShop Österreich zu bestellen ist.
Unser lieber Kollege Klaus Dünser hat auf www.fontshop.at eine Edition-Bestellseite eingerichtet mit allen Informationen und den beiden Bestellmöglichkeiten: Einzelausgabe oder Abo-Ausgabe. Noch kosten beide gleich viel, nämlich günstige 99,– € Einführungspreis (zzgl. MWST. und Versand). Doch mit Erscheinen von Ausgabe 2 (Stempel Garamond/Sabon) werden die Abonnenten nur 178,– statt 199,– € zahlen.
Getty-Images-Plug-In für Fotografen
Benutzer des Foto-Verwaltungsprogramms iView Media, seit Juni 2006 in der Obhut von Microsoft (Fontblog berichtete) und in »Expression Media« umgetauft, können jetzt ganz einfach eigene Fotos der weltgrößten Bildagentur Getty Images zwecks Vermarktung unterbreiten. Das Plug-In Getty Submission Utility automatisiert zwei Prozesse:
1. Bild-Validierung: Den eigenen Bilder werden die Kriterien der Getty-Bildarchivierung angeheftet, zum Beispiel Meta-Datenfelder, Dateigröße, Format und weitere Bildattribute
2. Bewerbungsmappe: Sind die Bilder – für Getty verständlich – aufbereitet, verpackt die Software eine Auswahl zu einem Bewerbungspaket, das auf CD gebrannt und an Getty gesendet werden kann.
Web-Typografie nervt
Die Internetseite webtypography.net, zusammengestellt von Richard Rutter und Mark Boulton bietet praktische Hilfestellung für eine bessere Online-Typografie. Ihr Vortrag »Web Typography Sucks« gehalten auf der SXSW Festival-Konferenz 2007 (9. – 13. März, Austin, Texas) ist jetzt als PDF mit und ohne Kommentare online verfügbar. Empfehlenswert, lehrreich. Zu Web Typography Sucks … (Via: Pixelgraphix)