Der lange Weg zur Klarheit
Die New York Times beschäftigt sich mit dem spannenden Thema Schrift auf Wegweisern. Der Typedesigner James Montalbano hat 2004 die Schrift Clearview entwickelt, die mehrere Jahre getestet wurde und die Highway Gothic ablösen soll. Das Fazit der Zeitung: »Looking at a sign in Clearview after reading one in Highway Gothic is like putting on a new pair of reading glasses: there’s a sudden lightness, a noticeable crispness to the letters.«
Der NYT-Artikel stellt das Thema Typografie und Bewegung in seltener Tiefe dar und wartet mit erkenntnisreichen Abbildungen auf. Sehenswert ist auch die Diashow plus Kommentare. Danke an Till Westermayer für den Hinweis.
4 Kommentare
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Ralf Herrmann
Ich habe letztes Jahr 20.000 Highway-Kilometer zurückgelegt und konnte so alt und neu über Wochen vergleichen. Ich hatte mich vorher schon richtig gefreut, die Clearview live begutachten zu können. Aber so sehr sich meine Typografen-Seele auch dagegen gewehrt hat: Die alte Schrift war (zumindest für mich) besser lesbar. In manchen Bundesstaaten war gerade der Wechsel im Gang. So konnte man an einigen Überführungen sogar beide Schriften direkt nebeneinander sehen. Das Ergebnis war leider eindeutig.
Es klingt zunächst paradox: Montalbano hat wirklich alles richtig gemacht …
… was man als Schriftdesigner klassischer Druckschriften beachten muss (offenere Punzen, bessere Zurichtung etc.). Aber genau darin liegt auch das Problem. Ich würde die Schrift sofort für ein Corporate Design vorschlagen, aber für die Straßenschilder ist sie einfach zu perfekt, die Buchstabenbilder damit zu gleichförmig und im benutzten engen Satz (der auch wieder einer Druckschrift entspricht) braucht man einfach zu lange, um die Einzelbuchstaben lesen zu können.
Ganz im Gegensatz zur alten Schrift. Diese wurde immer extrem weit gesetzt. Die Einzelbuchstaben sind so schon aus beträchtlicher Entfernung erstaunlich gut lesbar. Viele Buchstaben wie a (siehe oben) und g schmieren in der Tat optisch zu. Aber dennoch haben sie selbst dabei jeweils ein so eigenständiges Schriftbild (jeder kennt ja zum Beispiel das bekannte, abgesäbelte Interstate-g), dass man sie dennoch schneller erkennt, als die gleichförmigen, perfekten Lettern der Clearview. Und das gilt in gleicher Weise für die abgeänderten Ziffern, wie man auch bei der verlinkten Bildergalerie sehen kann.
Es scheint, die angestrebte und erreichte »Klarheit« der Schrift, schadet ihr (zumindest bei diesem Einsatz) mehr als sie nützt. Auch für mich eine denkwürdige Feststellung.
Frank Zollstock
Also das Kerning zwischen A und Y bei BRAYSVILLE geht ja wohl gar nicht. :-o
Yanone
Noch ein Minuspunkt für die neue Schrift. Sie macht den gleichen Fehler, den auch die DIN zuerst hatte: Zu geschlossene 6 und 9, die sich zu sehr gleichen und zu verwechseltem Lesen auch mit der 8 führen können. Die DIN und die alte Highway-Schrift hatten das aber mit offener 6 und 9 bereits überwunden, die Clearview macht da wieder einen Schritt zurück.
Jens
[…] Der Fontblog von Jürgen Siebert macht heute auf einen interessanten Artikel in der New York Times vom 12.8.07 aufmerksam […]