Die visuelle Führung der Marke Volkswagen
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung von MetaDesign anlässlich der 10-jährigen Beratung für Volkswagen, ergänzt um Informationen aus der Corporate Font Abteilung bei FontShop. Nur selten plaudern große Agenturen aus dem Nähkästchen, gerade wenn es um die Betreuung weltbekannter Marken geht. Doch 10 Jahre erfolgreiche Arbeit für Volkswagen heißt auch: die Ergebnisse der visuellen Markenführung sind längst in der Öffentlichkeit verankert … Zeit für ein Resümee mit Blick hinter die Kulissen.
Die Zusammenarbeit Volkswagen-MetaDesign begann 1997 mit dem Wunsch nach einer hochwertigeren Ausstrahlung des VW-Logos. Doch kaum hatten die Gestalter dem Markenzeichen eine dreidimensionale Anmutung verliehen, wurde klar, dass diese scheinbar kleine Veränderung weitere Anpassungen nach sich ziehen würde. Wenig später entwickelte MetaDesign Volkswagens erstes weltweit einheitliches Corporate Design.
Unternehmen entwickeln sich weiter. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf ihr Erscheinungsbild. Beispielsweise stehen für Volkswagen aktuell zahlreiche Interactive-Projekte vor der Tür, wie die Gestaltung eines Interface Designs für Navigationssysteme oder interaktiver Bordbücher. Aus dem ersten Angleichen des Logos an die neue Strategie wurde ein kontinuierlicher Corporate-Design-Prozess, der allein im Jahr 2006 etwa 230 Einzelprojekte beinhaltete. Zeit für einen kleinen Überblick über Fundamente, herausragende Meilensteine und neue Herausforderungen.
Ein Markenauftritt: das Corporate Design
MetaDesign setzte bei der Entwicklung des Corporate Designs auf gelernte und vorhandene Elemente auf, wie zum Beispiel dem Volkswagen-Markenzeichen sowie dem Farbduktus, und schuf sukzessive die zentralen Bausteine des visuellen Auftritts der Marke. Eigene Schriften (basierend auf Futura und Utopia, weiterentwickelt von Ole Schäfer) und die Entwicklung einer visuellen Klammer bilden bis heute die Konstanten im Auftritt der Marke Volkswagen. Speziell abgestimmte Gestaltungsrichtlinien ergänzen diese Elemente und verleihen der Marke weltweit ein einheitliches Gesicht.
Doch um es weltweit einsetzen zu können, muss ein Corporate Design auch flexibel sein. Denn nicht in jedem Land haben Marken die gleiche Positionierung. Sie treffen auf unterschiedlichste Anforderungen und müssen in der Kultur des jeweiligen Landes adäquat agieren können. Während Volkswagen in Deutschland eher als Familienmarke wahrgenommen wird, zeigt der »freche Europäer« in den USA seine unangepasste und aggressivere Seite. Damit sich solche regionalen Unterschiede auch in der Werbung wiederfinden können, ohne dabei die Selbstähnlichkeit der Marke zu gefährden, hat MetaDesign bei der Konzeption des Corporate Designs Gestaltungsfreiräume definiert.
CD-Net: weltweit, einfach
Um die Marke Volkswagen im Corporate Design weltweit konsistent sichtbar zu machen – in der Außengestaltung der Volkswagen Händler ebenso wie im Werbeauftritt oder in sämtlichen Produkt- und Unternehmensbroschüren –, entwickelte MetaDesign im Jahr 2000 das onlinebasierte Volkswagen Corporate Design Net. Das neue Medium ermöglicht es allen Gestaltungsverantwortlichen, schnell auf Anpassungen der Gestaltung zu reagieren und weltweit einen einheitlichen Auftritt zu gewährleisten.
Auf über 2.500 Seiten findet sich im CD-Net in fünf Sprachen alles über die Marke Volkswagen und ihr Corporate Design: 737 Vorlagen für die praktische Anwendung, Praxisbeispiele, Gestaltungsrichtlinien sowie ein eigener Bereich zur Markenidentität. Über Newsletter und spezielle Ankündigungspostkarten werden Volkswagen Händler und für die Marke tätige Agenturen stets über Neuigkeiten im CD-Net informiert. Mit Erfolg: Jeden Monat greifen aus über hundert Ländern durchschnittlich 60.000 Nutzer auf die von MetaDesign technisch, inhaltlich und redaktionell betreute Plattform zurück.
Ausgezeichnet: Volkswagen Corporate Design Essentials
Die »Volkswagen Corporate Design Essentials« zeigen, wie Volkswagen im neuen Corporate Design weltweit Akzente setzt, und vermitteln ein Gefühl für die Marke. Das tut dieses Brand Book so überzeugend, dass MetaDesign dafür bereits mit drei Preisen ausgezeichnet wurde: Beim Wettbewerb »Best of Corporate Publishing 2005« konnten die »Corporate Design Essentials« die Jury ebenso überzeugen wie beim »red dot award: communication design 2005«. Im Jahr 2007 wurden sie zudem vom Rat für Formgebung mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Neue Gesetze – neues Design
Veränderte rechtliche Rahmenbedingungen können ein Corporate Design vor neue Herausforderungen stellen. So hat beispielsweise die EU beschlossen, dass Autohändler zukünftig die Möglichkeit haben sollen, Fahrzeuge mehrerer Marken anzubieten. Neben den vorhandenen Gestaltungsrichtlinien für komplette Verkaufsräume werden dann auch Elemente benötigt, mit denen sich die Marke Volkswagen im Zusammenspiel mit anderen Herstellern präsentieren lässt. Das neue Innenraumkonzept für Volkswagen Händler ist daher eines der großen Projekte bei MetaDesign im Jahr 2007.
Die Volkswagen-Hausschriften: sofort, weltweit
Wie bei der Marke Audi hat MetaDesign auch bei Volkswagen den Vertrieb der Hausschriften in die Hände von FontShop gelegt. Importeure, Werbeagenturen und Hersteller erwerben die VW-Exklusivschriften über das CD-Net. Dort liegt ein Online-Bestellformular über das die von VW autorisierten Partner die Schriften bestellen können. Der schnelle, weltweite Vertrieb ist – neben vielen anderen – eine Voraussetzung dafür, dass sich der einheitliche Auftritt der Marke schnell durchsetzt. Insgesamt haben weltweit über 10.000 Partner die VW-Schriften lizenziert. (siehe auch: Ein halbe Tonne VW-Schrift).
Die Volkswagen-Exklusivschriften im FontShop-Lager
15 Kommentare
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<em>kursiv</em> <strong>fett</strong> <blockquote>Zitat</blockquote>
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Lars
Nichts gegen die hervorragende Arbeit von Ole Schäfer, aber die Weiterentwicklung der VW-Schriften übernahm, wenn ich mich nicht irre, Lucas de Groot.
robertmichael
und – keine ahnung wer es zu verantworten hat – glückwunsch an denjenigen der sich den claim »das auto« ausgedacht hat. ganz großes kino!
Micha R.
„Das Auto“ hat sich (Quelle unbekannt) angeblich Volkswagen Marketing selbst ausgedacht – so auch die Claims davor. Vielleicht ein urban rumour.
sp
Sorry, aber das war nun im Wesentlichen eine kürzere Zusammenfassung der Pressemitteilung, ergänzt um den kleinen Hinweis, dass FontShop für den Schriftenvertrieb verantwortlich zeichnet. Ist der Fontblog ab sofort hauptzuständig für die MetaDesign-PR?
Jürgen
Wie viele große deutsche Designbüros gibt es, die regelmäßig über ihre Arbeit sprechen/schreiben? Man kann sie an einer Hand abzählen. Ich unterstütze alle Bemühungen in dieser Richtung. Design braucht mehr Debatten.
Hans
Leider klingt es so, als sei das Corporate Design/das CI von Volkswagen erst durch Metadesign erfunden worden. Es gab mal eine Berliner Filiale von Sedley Place Design, die Ende der 80er u. a. das Corporate Design von Volkswagen entwickelten/betreuten. Hervorgegangen aus der Urkeimzelle von Metadesign ;-) Thomas Manss hat da zum Beispiel in seinen frühen Jahren dran gewerkelt.
Bleibt auch die Frage, wem Debatten nützen, und wer ein Interesse daran hat. Fragt mal die Herren hier, (http://www.sedley-place.com) – die aussehen, wie ich mir, wäre ich Konzernchef eines weltweit agierenden Unternehmens, eine archetypische CI-Agentur vorstellen würde – ob sie gerne debattieren. Die Gefahr ist doch gross, mal aus dem Nähkästchen zu plaudern – und das hat kein Großkunde gerne, oder? Und sinnvoll über Design debattieren lässt sich nun mal nicht losgelöst von Inhalten, die dann benannt werden müssten.
Hans
Und manchmal tun sie es doch, deshalb mal ein statement aus den case studies von der Sedley Place Homepage in die Runde:
(betreff: VW/Audi)
We were first hired by Volkswagen AG in Wolfsburg – as part of a team with two specialist auto consultants from the U.S to look at how the brand values of each of the group’s car marques was expressed through the international dealership networks.
VW/Audi was seen as by the parent company as something called a „joint brand“.
This definition allowed the two brands (and the two brand cultures) to be seen as both joined and separate according to preference. More crucially, it meant that both cars were sold through a single dealership. It is interesting to note that BMW had some 500 dealerships in Germany – which was quite enough for their needs.
By comparison, Audi, through its ‘joint-brand’ status, had 3,000 outlets – most of them quite unsuited to their needs. Production was stimulated partly by the need to service the showrooms. Ideas about identity were being realised in steel.
The arrival of SEAT and Skoda on the VW scene allowed us to stimulate a through-going re-appraisal of the ‘joint-brand’ concept.
Out of our work came a policy where each brand within Volkswagen AG’s portfolio was allowed to plan its own dealership system with its own identity. This was a major step for VW.
Having established a new set of brand definitions we began working with VW’s central Market Institute designing the new badges and liveries for Brand VW, for Audi and for Skoda.
In each case we were using our traditional skills to create designs that would communicate to the various markets the essential brand values of each marque and, at the same time, to build in clear distinctions in the relationships between the brands.
We are proud to have had the opportunity to work on one of the world’s best known identities and to help point the way to its future evolution.
… ja, danke für die info.
erik spiekermann
Die arbeit für VW und Audi begann bei MetaDesign ende 1994 (nicht 1997) damit, dass Lucas de Groot und ich uns gedanken machten, wie die neuen 3D-logos von Sedley Place (von denen wir das projekt übernommen hatten) von vielen megabyte auf handlichere dateigrössen herunterprogrammiert werden könnten. 1995 folgten dann die konzepte zum Corporate Design (der kreis bei VW, der sichtbare raster à la space frame bei Audi als leitideen) und erst später waren sie zu überzeugen, die Futura und die Univers neu zu zeichnen. Die Futura hat Lucas gemacht, basierend auf bleisatzproben aus meiner bibliothek. Ich habe dann noch später VW die idee einer zweiten schrift verkauft und dafür nahmen wir die Utopia, die gut zur Futura passte. Die VW Headline war ursprünglich nur für auszeichnungen (sic) gedacht, ausgehend von der Futura Dreiviertelfett, wir haben aber auch die leichten und normalen schnitte gemacht, sogar mit mediävalziffern. Ich weiss nicht, ob die je genutzt wurden.
Schade, dass bei MetaDesign niemand mehr die wahre geschichte kennt. Aber nach der neuen geschichtsauffassung dort bin ich ja auch nicht mehr der gründer 1979. Auf jeden fall hat Ole Schäfer damit nix zu tun gehabt.
Als apercu: 1977 oder -78 habe ich die reinzeichnung gemacht für das V.A.G logo in meiner zeit bei WolffOlins in London, jenem büro, bei dem damals noch die späteren gründer von Sedley Place arbeiteten. Unter ihnen auch Dieter Heil, der mit mir und Florian Fischer 1979 MetaDesign gründete. Damit das auch mal schriftlich fixiert ist.
Ole
Moin, mich interessiert dieses Thema wenig. Selbstverständlich ist die VW Futura von Lucas. Ich erinnere mich dunkel, dass ich ein paar Sonderzeichen dafür gezeichnet habe. Die Änderungen von Utopia zu VW Utopia stammen von mir, ebenso wie Audi Sans (Basis: Univers) und Serif (Basis: Bleisatzmuster Times).
erik spiekermann
Ole: so isses
david
Lieber Jürgen, genau das, was Hans und – etwas ausführlicher ;-) – Erik sagen, zeigt, was ich meine: PR-Materialien von Designagenturen – und gerade MD ist hier für eine ziemliche Oberflächlichkeit bekannt – erzählen nun mal immer die halbe Geschichte. (Bestenfalls.) Solche dann nur leicht gekürzt wiederzugeben, lässt auf Dauer einfach an der Seriosität des Blogs zweifeln, trägt aber keineswegs zu mehr (sinnvollen oder sinnlosen sei mal dahingestellt) »Debatten« bei.
Jürgen
david: danke für die Bestätigung, dass der Beitrag seine Berechtigung hat. Er löste eine Debatte aus, er dient möglicherweise der Kurskorrektur, er entlarvte Oberflächlichkeit, er leistete seinen Beitrag dazu, Design und die hierzu verkündeten Botschaften kritisch zu beleuchten.
Es ist ein großer Unterschied, ob ich einen PR-Artikel in einem Design-Magazin abdrucke (oft nicht mal als solcher gekennzeichnet) oder ob ich ihn in einem Blog zur Diskussion stelle – im Fontblog mit sperrangelweit geöffneter Kommentarfunktion und minimaler Trollrate.
Cappellmeister
Was ich am fontblog so sehr schätze ist, dass es ein kleines feines Expertenforum ist, in dem Neulinge auch noch was lernen können.
Wo sonst hat man so viele Koryphäen so greifbar vor sich? Derzeit ist es zwar noch auf wenige Leute beschränkt (Jürgen, Erik, Ole etc.) und erscheint deswegen vielleicht etwas einseitig – aber das wird noch.
Würde mir dennoch wünschen wenn es hin und wieder Artikel gibt, die auch mal in die Tiefe gehen (Fontshop-Karte ist ein gutes Beispiel). Zu Weihnachten darf man sich ja mal was wünschen :)
Von MetaDesign bin ich jetzt auch nicht zu 100% begeistert. An den Arbeiten für SIEMENS findet man immer noch Verbesserungen – aber wie bei jedem großen Unternehmen sind das punktelle Fehler. Man sollte das große Ganze betrachten – und hierbei leisten sie nun einmal sehr gute Arbeit.
Henning
Nee Erik, den leichten Schnitt der VW Headline habe ich entworfen.
erik
Henning:
am Anfang schon, aber dann hat ihn Lucas ins Gesamtkonzept integriert und Christian Schwartz hat alles nochmal überarbeitet und Mediävalziffern et al eingebaut. Da warst du schon weg, glaube ich.
Diese ganzen Geschichten wären es wert einmal sauber aufgeschrieben zu werden, solange wir alle noch über Detailerinnerung verfügen. Sonst war es irgendwann einmal Uli Mayer, die alle Schriften gemacht hat. Vielleicht rufe ich mal eine Konferenz der ehemaligen Schriftentwerfer bei MetaDesign ein:
Henning Krause, Jay Rutherford, Lucas de Groot, Ole Schäfer, Christian Schwartz, Erik van Blokland, Just van Rossum, Martin Wenzel, Hannes Famira, Fabian Rottke, Eva Walter, Susanna Dulkinys, Erik Spiekermann – wen habe ich jetzt schon wieder vergessen?