Erkenntnisse zum Registrierungszeichen ®

RegistrierungszeichenKl
Gestern schrieb mir Jan Dambach folgende E-Mail: »Ich arbeite gerade als Ferienjobber in einer Druckerei... Dort muss ich Produktmappen für die Heidelberger Druckmaschinen AG kleben. Die schreiben dort ›Speedmaster®‹. Allerdings das ® hochgestellt. Der Chef dort meinte, das wäre immer hochgestellt. Was sagt der Typograph?«
Heute morgen dachte ich ›Eine einfache Frage‹, greife zu verschiedenen Fachbüchern, unter anderem zu Detailtypografie von Forssmann/de Jong. Ich erfuhr jede Menge über die Bedeutung des ®-Zeichens und dass es »kompress oder leicht gesperrt am geschützten Namen« steht. Über die Form bzw. seine Grundlinie finde ich allerdings keinerlei Hinweise.
Also nähere ich mich der Antwort auf andere Weise: Die geladenen Lieblingsschriften schreiben und deren ® unter die Lupe nehmen. Ich bin überrascht. Noch vielfältiger als die Stile der Schriften ist die Interpretation des ®-Zeichens. Mal klein und hoch (FF Acanthus, Rotis, Bello), mal groß und kaum hoch gestellt (FF Din, Frutiger Next, FF Meta), im Falle der FF Scala sogar (optisch) tief gestellt und bei der Parable ist das ® größer als die Versalien. Na prima. Keine Regeln? Alles beliebig? Nein!
Zunächst einmal: Über Aussehen und Position des Zeichens entscheiden alleine die Schriftentwerfer. Wenn irgendwelche »klugen« Office-Programme (oder -User) meinen, sie müssten das Symbol wie eine hochgestellte Ziffer behandeln, mit den entsprechenden Kaputtmach-Mechanismen (z. B. Verkleinerung), gehört denen auf die Finger geklopft.
Da es sich bei dem ® nicht um einen Buchstaben sondern um ein Sonderzeichen handelt, genießt es beim Entwurf mehr Freiheitsgrade ... daher die Vielfalt der Interpretationen. Mein kleiner, absolut nicht repräsentativer Text lässt darauf schließen, dass das ® bei Antiqua-Schriften kleiner und »hochgestellter« interpretiert wird als bei Sans-Serifs. Ausnahmen bestätigen die Regel (FF Scala). Die Schrift FF Parable, ein Lesbarkeitswunder, wurde für das Setzen von Texten unter 8 Punkt optimiert, und tatsächlich sieht eine 7 pt Parable-Text wie eine 10 pt Times aus (siehe Abbildung).
vergleich_times_parable
So ist es zu erklären, dass sich ihr Entwerfer Chris Burke beim Gestalten des ®-Zeichens für eine übertrieben große Form entschied. Für das Hochstellen gab es keinen Platz, denn Burke zeichnete FF Parable mit extrem kurzen Ober- und Unterlängen, um die Kleinbuchstaben fast so hoch wie die Versalien anzulegen. Der enge Zeilenabstand in meiner Abbildung ist das Ergebnis der automatischen Einstellung meines simplen Texteditors, der einer 7 Punkt großen Schrift einen kleineren Abstand zuweist als der 10 Punkt großen Times darüber. Im »richtigen Leben« müsste man den Parable-Zeilenabstand manuell vergrößern.
Ich habe auch gelernt, dass ein und derselbe Schriftentwerfer sein ® unterschiedlich interpretiert. Erik Spiekermann bezeichnete seine junge FF Unit stets als die Schwester der über 20 Jahre alten FF Meta. Gleichwohl legte er das ® in beiden Schriften völlig unterschiedlich an. Auch hier liegt die Begründung im Anwendungszweck und in der Drucktechnik begründet. Meta entwarf Spiekermann ursprünglich für das Setzen von Telefonbüchern, die auf schlechtem Papier mit High-Speed-Druckern produziert wurden: großes ®-Zeichen. Unit erblickte das Licht der Welt im Digitalzeitalter, wo Offset-Druck-Maschinen messerscharfe Schriftbilder liefern, PDFs brillant auf Bildschirmen erstrahlen und Tintenstrahldrucker mit 1200 dpi und mehr ausgeben: kleineres ®-Zeichen. Warum sein Unit-® allerdings oval statt rund ist, diese Frage muss er uns selbst beantworten.
|