Bruno Maag über die Puma-Schrift

In einem Kommentar zu meinem Beitrag Gedanken zur WM-Trikot-Typografie meldete sich gestern der Schöpfer der Puma-Schrift »Pace«, Bruno Maag, zu Wort. Damit seine aufschlussreichen Gedanken ein größeres Podium bekommen, hebe ich sie mit diesem Eintrag auf eine größere Bühne ... leicht gekürzt und mit Umlauten versehen (Bruno lebt und arbeitet in London mit einer englischen Tastatur).

Also: ›from the horse’s mouth‹, wie man so schön sagt ...
Da regen sich die Leute über die Kleinschreibung auf – was ist denn so widrig dran? Es ist ungewohnt, weil man ja noch nie was anderes als Versalien gesehen hat. Aber ich finde es erfrischend, mal was anderes zu machen.
Ich möchte noch weiteren Kommentaren Stellung nehmen:
• keine Sonderzeichen für Polnisch: Der Font beinhält einen vollen Zeichensatz mit allen nötigen Zeichen für West- und Osteuropa. Wenn Benutzer es nicht schaffen, die richtigen Zeichen einzufügen, ist das wohl kaum das Problem des Fonts. Andere Nationen haben es geschafft, ihre Akzente zu setzen.
• Gestaltung der Ziffern: da gibt es von der FIFA und UEFA klare Vorgaben bzgl. des Raumes, den sie einnehmen dürfen. Auch hier finde ich die Idee, die Ziffern kursiv zu halten erfrischend. Sie deuten auf Bewegung hin und die Schattenlinie ist ein Dekorationselement, was ja nicht unbeding falsch ist.
• Namen sind verschieden lang: Damit muss man leben. Verschieden breite Fonts bereitzuhalten ist für den Design- und Produktionsablauf der Shirts schlicht unzumutbar. Man darf nicht vergessen, dass die Shirts lokal von Produzenten gemacht werden, die von Typografie keine Ahnung haben. Die bekommen einfach einen Font und der wird raufgebeppert. Denen die Auswahl von zwei oder drei Fonts zu geben, hilft da gar nix.
pumaschrift

• Fussball-Trikots sind der Mode unterworfen:
Was heute bei der WM gezeigt wird, ist nächstes Jahr nicht mehr aktuell. Entsprechend muss sich auch die Typo darstellen. Es geht hier nicht um ausgewogene und bis ins Detail ausgeglichene Typografie, sondern darum, sich von der Konkurrenz abzuheben. Im Fall von Puma geschieht das eben mit den auf einem Rechteck aufgebauten Ziffern.
• Schriftdesign: Wir arbeiteten bei der Schrift eng mit GBH Design zusammen, auf der Basis von ihnen entworfenen Skizzen, auf dem Rechteck aufgebaut. Ganz bewusst wurden keine Kurven aufgenommen. Wir arbeiteten an verschiedenen Versionen der Serifenansätze, kamen dann aber zum Schluss, dass die jetzigen die richtigen sind. Das Problem der Lesbarkeit ist gelöst, grade weil alles in Gemeinen geschrieben wird.
• Lesbarkeit: Man muss sich dem Anwendungszweck der Schrift bewusst sein. Niemals würde ich diese Schrift anders als auf den Trikots anwenden. Für etwas längeres als Namen ist sie nicht brauchbar. Während sich die Gemüter über die Lesbarkeit erhitzen, darf man nicht vergessen, dass die ›Benutzer« nicht Buchstabe für Buchstabe lesen, sondern ganze Wortteile (= Namensteile).
• Branding: Puma hat es geschafft, sich gut von der Konkurrenz (Nike, Adidas) abzuheben. Alle Puma Trikots haben die gleiche Schrift. Es besteht eine schöne Einheit.
Ich bin der Ansicht, dass diese Schrift für den Zweck und Einsatz genau richtig ist. Was nächstes Jahr sein wird, oder beim Europa-Cup, weiss ich auch nicht. Jedenfalls ist diese Schrift praktisch, in der Mode wie auch bei der Trikot-Produktion. Für mich als Schriftdesigner ist das ›a job well done‹.

Bruno Maag, Dalton Maag Ltd
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