»Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt!«

oder: Kann es eine Solidarität der Designszene geben?* von Jürgen Siebert

Zu den tagtäg­li­chen Missachtungen der Kommunikationsdesigner gehören unan­stän­dige Wettbewerbe, herab­las­sende Auftraggeber, anpran­gernde Massenmedien, Ignoranz gegen­über ihrer (Dienst-)Leistung und die finan­zi­elle Geringschätzung ihrer Arbeit. Das (inzwi­schen entsorgte) Cottbus-Logo hat gezeigt: Wenn alles zusammen kommt, entsteht Müll, alle Beteiligten sind frus­triert und niemand weiß so richtig warum.

Dass es die Initiative Fidius für faire Designwettbewerbe geben muss, ist für sich schon ein Skandal. Geradezu himmel­schreiend: Unter den ersten vier Preisträgern findet sich ein Nestbeschmutzer, eine Designinstitution, die eigent­lich ihre Schäfchen vertreten und schützen soll, anstatt sie beim »Designpreis der Bundesrepublik Deutschland« mit 4stelligen Teilnahmegebühren zu schröpfen. Wenn wir jetzt anfangen uns gegen­seitig zu zerflei­schen, dann Gute Nacht Designland Germany.

Der Ruf nach einer Designkammer erklang jüngst. Nun kann keiner behaupten, dass es der Branche an Vertretung(en) fehle. Ganz im Gegenteil, möchte man meinen, denn die Landschaft der Designverbände ist fruchtbar und glie­dert sich wie folgt:

BDG (Kommunikationsdesign), VDID (Produktdesign), VDMD (Modedesign), IO (Illustratorenorganisation), AGD (für alle Sparten), desi­gne­rin­nen­forum (Frauen-Mischverband, teils dem AGD zuge­ordnet), forum Typografie, forum für Entwerfen, DDC, 100 Beste Plakate, … und über 20 föderal orga­ni­sierte Designzentren – von der Design-Initiative Nord (Kiel) über das IDZ in Berlin bis hin zum Design Zentrum München.

Glücklicherweise gibt es den Versuch der Interessenbündelung. Die großen Berufsvertretungen sind seit November 2006 in der Initiative Deutscher Designverbände IDD orga­ni­siert, eine Art infor­meller Dachverband mit dem Ziel, »die Rahmenbedingungen für Designerinnen und Designer sowie der Design-Nutzer zu verbes­sern.« Der Präsident des IDD, Henning Krause, hat ein grif­figes Bild für seine Arbeit: »Interessenvertretung ist Dickbrettbohren.«

Kein Grund die Waffen zu stre­cken. Immerhin ist es Erik Spiekermann dank jahre­langem persön­li­chem Engagement gelungen, von der Europäischen Union als einzigem Kommunikationsdesigner in eine Riege der Botschafter für das European Year of Creativity and Innovation 2009 aufge­nommen zu werden, neben so etablierten Berufen wie Dirigent, Architekt, Choreograf und Handy-Unternehmer.

Dass Spiekermann nicht viel von Interessenvertretungen hält ist spätes­tens seit dem Forum Typografie in Berlin 1991 bekannt, wo er das Thema gesamt­deut­scher Designverband mit den Worten wegbü­gelte: »Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt.«

Was zählt, ist das Engagement eines jeden einzelnen. Jede Designerin, jeder Designer, die/der unauf­hör­lich für das Ansehen seiner gestal­te­ri­schen Arbeit kämpft ist mehr Wert als eine orga­ni­sierte, aber schwei­gende Masse. Die TYPO 2009 möchte ihren Beitrag dazu leisten, dass die Stimme der deut­schen Designerinnen und Designer gegen­über Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit lauter wird.

Hierfür reser­viert sie den Nachmittag des 2. Tages für die Aktivisten der Szene. Parallel zum Vortragsprogramm werden sie in 3 Veranstaltungen Gelegenheit haben, ihre Erfahrungen und Ideen zu präsen­tieren und auszutauschen.

Weil ich mir wünsche, dass an diesem Nachmittag nicht nur wirt­schaft­lich erfolg­reiche Designer ihren Input geben, sondern ein Querschnitt der Gesamtszene mitwirkt, werden die Türen zu den 3 o. g. Veranstaltungen auch nicht-akkre­di­tierten Besuchern offen stehen. Bitte vormerken!
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* der unge­kürzte Beitrag im TYPOblog; Foto: ©ƒStop @ FontShop


50 Kommentare

  1. Andi

    wer wird konkret teilnehmen?

  2. Jürgen

    Henning Krause, Johannes Erler, Heide Hackenberg, Erik Spiekermann … und 6 weitere. Bewerbungen werden jetzt angenommen!

  3. Alexander Dimolaidis

    Herr Spiekermann hats mal wieder wunderbar auf den Pol getrieben. Und hat sicher­lich auch recht, was das Nutzen-Aufwand-Verhältnis manches Verbandes angeht. Aber eine wirk­lich starke Lobby wie in anderen Branchen hat es im Designbereich ja auch nie gegeben (siehe Versorger oder Verkehr).

  4. Henning

    Uh huh, Jürgen, da muss ich zwei, drei Dinge gerade rücken:

    «Dass es die Initiative Fidius für faire Designwettbewerbe geben muss, ist für sich schon ein Skandal.»

    So besehen, wäre die Existenz von Verbraucherschutzorganisationen auch ein Skandal. Tut mir leid, da geh ich nicht mit.

    «desi­gne­rin­nen­forum (Frauen-Mischverband, teils dem AGD zugeordnet)».

    Tja da muss ich nun doch etwas öffent­lich klar stellen, wenn ich damit zitiert werde. Für diesen Spruch hab ich nämlich neulich geschimpft bekommen von den Designerinnen. Das df ist natür­lich unab­hängig vom AGD, und hat auch – anders als die AGD – eine Qualifikationsvoraussetzung für die Aufnahme von Mitgliederinnen.

    «Der Präsident des IDD, Henning Krause, …»

    Nee, da die körper­schaft­liche Gründung der iDD noch in Arbeit ist, hat erstens die iDD gar keine/n Präsidenten, sondern Sprecher und der bin auch nicht ich, sondern Susanne Lengyel und Steffen Schauberger. Ich bin Präsident des BDG und Vizepräsident des Designertages.

    Der andere Vizepräsident des Designertages, Erik Spiekermann, hat 1991 eine popu­läre Stimmung aufge­nommen, weil die dama­ligen Verbände erstarrt waren. Erik ist übri­gens auch Mitglied des BDG, des forum typo­grafie und übri­gens auch des IDZ. Soviel dazu :-)

    «Was zählt, ist das Engagement eines jeden einzelnen.»

    Das ist wahr. Wahr ist aller­dings auch, dass manche Dinge nur mit profes­sio­nellem Lobbyismus zu wuppen sind.

  5. robertmichael

    »Parallel zum Vortragsprogramm«

    oooch nö, jürgen. das ist doch nicht schön wenn sich die leute zwischen chipp kid und einer podi­ums­dis­kus­sion entscheiden müssen. kann man das nicht einzeln veranstalten?

  6. christina

    kann man nicht desi­gner oder ähnli­ches (:)) aus der schweiz oder aus holland einladen? es wäre span­nend zu erfahren, warum in diesen ländern design einen viel höheren stel­len­wert in der gesell­schaft hat als bei uns hier in deutschland.

  7. Vroni

    Guter Beitrag, Jürgen, sehr gut formuliert.

    Meine Position ist eigent­lich ganz einfach. Aber radikal:

    Als Ex-Werber und Ex-Marketingnase sage ich: Alles weg, die Judäische Volksfront genauso wie die Volksfront von Judäa, die da unten allein auf der Treppe sitzt und gerös­tete Dachsnasen isst, und die Vereinigte Volksfront. Das ist Zersplitterung vom Feinsten, wie sie schon die Monthy Pythons auf die Schippe genommen haben.

    Das Problem wird sein: die Eitelkeit, die verlo­renen Posten. In den Dudez-Fürstentümern der Miniverbandsherrlichkeit (- und dämlich­keit :-), um die Damen nicht auszu­schließen), weil deren Overheads aufge­löst werden müssten zugunsten eines einzigen Overhead, der arbeitet. Plus einer funk­tio­nie­renden Lobby- und Stabstelle, zum Beispiel auch profes­sio­nelle PR. Was man sich als 200- 3000 Mitgliederverband nicht leisten kann, nach einem Zusammenschluss wäre das kein finan­zi­elles Thema, da kämen geschätzt (wer bessere Zahlen hat, nur her damit) mind. 8000 zusammen.

    Bei BDG und ADG ist der einzige von außen für Designer (und Öffentlichkeit) wahr­nehm­bare Unterschied, dass der eine nur Diplomnasen nimmt, der andere auch andere Nasen zulässt. Ich bin auch eine Diplomnase, war bei der AGD, aber es stört mich nicht, wenn die Undiplomierten was können. Also Referenzen oder/und Website her bei Neulingen und gut ist. So schwer kann die Einsteigerprüfung nicht sein. Der BDG muss da nicht päpst­li­cher als der Papst sein, denn die Zeiten sind vorbei, da nur das Diplom für Qualität bürgte. Ich kenne grot­ten­schlechte Diplomnasen.

    Wie bei Fusionen und Mergings bei Unternehmen eben auch sind es eben dann weniger Pöstchen, die zu verteilen sind. Bevor sich jemand aufregt: Ich weiß, dass viele Positionen Ehrenämter sind. Aber nicht alle…

    Last no least, der Verweis auf die, wie heißt das nochmal? bereits exis­tie­rende Initiative Deutscher Designverbände IDD, welcher mit Sicherheit kommt, wenn Zusammenschluss gefor­dert wird: Unbekannt wie ein Dorf in Polen und mit dem Namen „Initiative“ sieht es aus wie: „Es war ein Versuch“- „Ach, nicht ernst gemeint“.

    Ich kolpor­tiere das so über­spitzt, nicht weil ich jemanden ärgern will, sondern so, wie das der innere Autopilot der Öffentlichkeit wahr­nimmt oder wahr­nehmen wird. Weil ich mich mit Außenwahrnehmung/Branding beruf­lich lange habe beschäf­tigen müssen. Aber viel­leicht war ich zu lange in der Werbung tätig (das schadet mensch­lich enorm, ich weiß :-), man wird da eine kleine Zynikerbacke und legt Leute rein…).

    Grüße

  8. HD Schellnack

    Schließ mich Robert an – Simultan wird eher rohr­kre­pieren, oder?

    Ich bin auch nicht so sicher, dass die Leute auf dem Podium da wirk­lich unter­schied­li­cher Meinung sind… ?

  9. Jürgen

    @ Henning:
    1. Fidius: Du hast recht.
    2. desi­gne­rin­nen­forum: Danke für die Korrektur
    3. Präsident: miss­ver­ständ­li­ches Impressum auf IDD

    Zum »Engagement des Einzelnen«: Das meine ich genau so wie du, also im Sinne »Einer für alle, alle für einen.« Auf Verbände hoffen und selbst die Hände in den Schoß legen ist eine Utopie.

    @ Robertmichael: Keine Sorge, wir legen besagte Veranstaltungen zum Großteil in die Pausen und selbst­ver­ständ­lich nicht in Konkurrenz zu Programmhöhepunkten (obwohl sie selbst einer werden soll).

  10. Jürgen

    @ HD Schellnack: Hab ich vergessen … Du kommst auch aufs Podium. Und Du wirst garan­tiert anderer Meinung sein als zum Beispiel der Kulturpolitiker, den wir einladen möchten ;-)

  11. HD Schellnack

    Wenn ich mir meine nächsten zwei Monate ansehe, werde ich vor allem froh sein, es a) zur Typo zu schaffen und b) noch aufrecht zu gehen :-D.

    Aber da der Ruf nach Staatshilfe mir derzeit ordent­lich auf die Nerven geht – und nichts anderes ist das Rufen nach einer Kammer ja – und ich selbst wunderbar absurde Erlebnisse am Markt hatte die letzten Wochen, wird das sicher witzig. Auch wenn ich KEINE Ahnung habe, welche Meinung ich an dem Tag gerade haben werde :-D.

  12. Sebastian

    Ich muss sagen es freut mich sehr, dass der Fontshop (oder die Initiative von Jürgen) den Stein des Anstosses wagt und Menschen zum reden zusam­men­bringt, das wird der einzige weg sein um etwas zu ändern! Das Thema publik machen, über den Tellerrand schauen, disku­tieren – gerade mit bran­chen­fernen Personen, Empfängern von Dienstleistungen. Ein großes Lob und hohe Anerkennung dafür! Das ist nicht selbstverständlich.

    Auch denke ich, dass das Problem ein fehlendes Bewusstsein für Gestaltung und den Wert dieser Dienstleistungen ausser­halb der Szene ist. Gerade deswegen muss man raus­gehen und das Problem da angehen wo es bisher unbe­tei­ligte hören und sensi­bi­li­siert werden. Mein subjek­tiver Eindruck von einem Den Haag-Besuch in den letzten Wochen hat mir gezeigt, dass in diesem Land – vom Flyer über Ladenbeschriftung bis zu Gestaltung von öffent­li­chen Einrichtungen – die grund­sätz­liche Akzeptanz höher sein MUSS! Sonst hätte sich diese erfri­schende Kultur nie durch­setzen können. Ist wie gesagt aber nur ein Eindruck und kein Faktum.

    Deswegen denke ich aber auch, dass eine Verwaltungskrake mit Restriktionen, Satzungen, Vorschriften, Gesetzen und all dem anderen Kram, den die Parteien, Handelskammern und Taubenzüchtervereine dieses Landes prägen der falsche Weg wäre.

    Schon allein die Zugehörigkeit an Abschlüsse zu knüpfen, bei einer Branche die von Kreativität, Freiheit und dem Brechen von gedank­li­chen Regeln lebt ist fatal. Das wird wieder nur eine sich selbst­ver­wal­tende Träge Institution.

    Viel wich­tiger ist das Tun des einzelnen, auf Leistungen und Prinzipien zu pochen, wie gesagt ein Bewusstsein schaffen und keine Organisation.

    Ein großer Schritt ist hier, mit der Diskussion auf der Typo getan! Machen wir doch einfach weiter so und gehen es langsam aber ziel­si­cher an statt alles durch Regeln und Entscheider lösen zu wollen.

    Gruss Sebastian

  13. Arne

    Der BDG muss da nicht päpst­li­cher als der Papst sein, denn die Zeiten sind vorbei, da nur das Diplom für Qualität bürgte. Ich kenne grot­ten­schlechte Diplomnasen.

    Liebe Vroni, der BDG ist da keines­wegs päpst­li­cher als der Pabst. Das Diplom ermög­licht eine Aufnahme »nach Aktenlage«. Kolleginnen und Kollegen, die ohne Diplom quali­fi­zierte Arbeit ablie­fern, zeigen sie und werden aufge­nommen. Es ist also bereits so einfach und undog­ma­tisch, wie Du es vorschlägst.

  14. Vroni

    Lieber Arne,
    wenn das so ist, das freut mich dann sehr, finde ich ganz prima.

    Dann sind die Unterschiede zwischen AGD und BDG nur noch im homöo­pa­thi­schen Bereich. (Wer kein Doc ist: Tausendstel bis Millionstel pro Kügelchen).

    Na dann lieber BDG und liebe AGD, habt euch lieb und heiratet endlich. Oder könnt ihr euch nicht leiden?

  15. Arne

    Dann sind die Unterschiede zwischen AGD und BDG nur noch im homöo­pa­thi­schen Bereich.

    Nee, Vroni, so würde ich es nicht ausdrü­cken, denn die Unterschiede sind doch etwas größer:

    Der BDG versteht sich als Berufsverband und fokus­siert ausschließ­lich den Bereich Grafik- bzw. Kommunikationsdesign, die AGD ist offen für Designer aller Fachbereiche.

    Das wesent­liche Auswahlkriterium für die Mitgliedschaft im BDG ist die beruf­liche Qualifikation, nach­ge­wiesen durch Diplomzeugnis oder quali­fi­zierte Arbeiten. Bei der AGD gibt es diese Hürde nicht, ihr reicht das ausge­füllte Beitrittsformular nebst Abbuchungsauftrag.

    Aber trotz unter­schied­li­cher Ausrichtung haben sich BDG und AGD lieb und koope­rieren bestens in der iDD.

  16. Vroni

    Genau mit so einer Antwort habe ich gerechnet.

  17. nora

    Vroni on stage, please!

    (sind eigent­lich deine Zahlen wieder aufge­taucht von der letzten Diskussion zum glei­chen Thema hier? Die hätte ich doch so gerne noch­mals gelesen – du weißt schon, die Tierärzte-Nummer.)

  18. Vroni

    Nora,
    die Tierarztnummer ist leider verlustig gegangen und nimmer aufge­taucht. Sicher kann man die Zahl der Design-Freelancer und die der Viechdoktoren verglei­chend googlen, die Bundesstats waren da immer mein Freund.

    Ich kann leider nicht, aber viel­leicht sind ja doch Weibsleut hier anwe­send, die wollen. Sonst verlinke ich hier zur Strafe den mit der Steinigung und den roten Bärten. Jehova!

  19. HD Schellnack

    Oh, das ist ja schade, dass du nicht kommst, Vroni… mist!

  20. tina

    Ich würde ja noch irgend­je­manden von Slanted vorschlagen.
    Zum Beispiel Lars, Flo, Pat oder Julia.

    http://​www​.slanted​.de/​r​e​d​a​k​t​ion

  21. tina

    oder nora

  22. de_signer

    Neulich auf einen Jobportal:

    Wir sind auf der Suche nach Grafik-Studenten, die uns bei der Erstellung von Bannern, kleinen Layouts etc. auf Stunden (€15,)- oder Projekt-Basis unterstützen.
    Es kann gerne von Zuhause gear­beitet werden, aber auch ein einge­rich­teter Arbeitsplatz steht zur Verfügung.
    Interessenten richten sich bitte einfach an eine Kontaktmöglichkeit. Infos über unser Unternehmen gibt’s hier: http://​www​.xxxx​.de/
    Dr. xxxx Head of Content xxx GmbH xxx.xxx@xxx.de
    Tal xxx xxx Eingang xxx.xxxm80331 München

    €15 bei grossen kunden die autos herstellen !!!

    der einzige „Job�? unter lauter Praktika
    in den letzten Monaten.

    Praktikas sind feste Jobs in den Angenturen geworden,
    haben echte Arbeitsplätze verdrängt und Herr Spiekermann sagt »Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt.«

    Das ist einfach nur traurig.

  23. HD Schellnack

    Ich kann aus Erfahrung sagen, dass nur wenige Praktikanten echte Arbeiten souverän und zuver­lässig erle­digen. Es geht nicht ohne, es macht irrsinnig Spaß, welche zu haben – aber Gott, sie sind keine voll­stän­digen Arbeitskräfte, oder doch nur selten. Wenn es wirt­schaft­lich geht (geht eben nicht immer), ist eine fest­an­ge­stellte Kraft immer die bessere Wahl.

    Vor der FOlie über­legen wir auch gerade, unser Praktika-Modell umzu­stellen. Von bisher 6-12 Monate auf nur noch 3, dafür aber KOMPLETT unbe­zahlt, wobei wir das Geld, dass dabei übrig bleibt in Projekte stecken würden und den Praktikanten freie Projekte in unserem Büro anbieten, also entweder für Kunden oder ganz eigene Sachen, die sie hier etwas betreut durch­ziehen und die aus dem Alltagsgeschäft sind, die am Ende aber allen Beteiligten Spaß machen – eine Art Miniatur-Diplom, freiere Arbeiten, irgendwie so etwas, wie Katharina es am Ende mit dem Etch-A-Sketch gemacht hat und die dann als Give-Away funk­tio­nieren oder aus dem Alltag heraus­ge­löst für Kunden wie etwa die Suchthilfe entstehen können, aber autarker sind als Alltagsjobs, auch mal einfach fehl­schlagen dürfen.

    Keine Ahnung, ob das funk­tio­niert, aber irgendwie ist aus unserer Sicht Praktikum an sich derzeit etwas zu über­denken. Wobei ich es ESSENTIELL finde, Studenten im Büro zu haben, macht einfach Spaß, wenn frische und auch mal uner­fah­rene Leute loswer­keln – aber ob man sie wirk­lich an ein CD setzen kann, ist immer auch Glückssache. Die Idee des Praktikanten als armes ausge­beu­tetes Tutu halte ich für größ­ten­teils einfach nicht wahr.

  24. Florian Pfeffer

    anstatt nach einem verband zu rufen, sollten sich desi­gner lieber an die eigene nase fassen. es gibt nämlich nicht nur unfaire wett­be­werbe, sondern auch viele (zum teil sehr renom­mierte) design­büros, die an solche wett­be­werben teil­nehmen. so gab es beispiels­weise für das kommu­ni­ka­ti­ons­kon­zept der deutsch­land­weit bewor­benen ausstel­lung „vertrautes terrain“ des zkm in karls­ruhe einen einge­la­denen gestal­tungs­wett­be­werb zu dem 25 (!) design­büros einge­laden wurden. honorar meines wissens: 0 euro (!). an diesem wett­be­werb haben sich 12 (!) büros betei­ligt. unter anderem so bekannte büros wie moni­teurs oder mario lombardo (der den wett­be­werb dann auch gewonnen hat).

    es tut mir echt leid – aber da hilft auch kein verband mehr und auch kein arzt. ihr müsst einfach aufhören, bei so etwas mitzu­ma­chen (dann erle­digt sich das problem von alleine)!

    ein schlechtes logo für cottbus ist im übrigen kein bein­bruch – ausser für cottbus selbst. das jetzige ergebnis ist die beste image-kampagne, die sich deut­sche design­büros nur wünschen können. bitte mehr davon!

    ich rufe deshalb zu einer initia­tive auf, mit dem ziel einer selbst­ver­pflich­tung bekannter und unbe­kannter design­büros, an unfairen wett­be­werben nicht mehr teil­zu­nehmen (und die teil­nah­me­be­din­gungen der wett­be­werbe an denen man teil­nimmt, trans­pa­rent zu machen). das wäre mal ein signal!

  25. Verena

    Danke Florian. Genau dort sehe ich auch das Problem: Bei den Designern selbst. Solange es immer­noch Menschen unseres Berufs gibt, die Eigenverlagsgoodies gegen 0 Vergütung (wovon leben die eigent­lich? Luft und Liebe kann es nicht sein) produ­zieren, um dann das Medallienregal zu füllen, bzw. gerne auch mal fette Jobs umsonst anbieten oder auch Charity Kampagnen, bei denen einem keiner rein­redet dotieren zu lassen, wird auch ein Verband nicht helfen. Da ich aber eine ausge­machte Misanthropin bin, höre ich auch gleich wieder auf mich aufzu­regen. > Es wird immer einen geben, der seinen Hintern ins Warme bringen will. Mit oder ohne Verband.

  26. Jürgen

    @ Florian. Hast Du Lust, Deine Position auf der TYPO vor Publikum zu präsen­tieren und dafür in der Podiumsdiskussion zu werben?

  27. Florian 2

    @22: Wieso glaubst du, daß ein höherer Stundenlohn ange­messen wäre?

    Der faire Lohn bemißt sich übri­gens nicht an der Größe des Arbeitgebers, sondern an der geleis­teten Arbeit.

    Du scheinst aber zu glauben, daß große Autokonzerne mehr zahlen müßten als meinet­wegen der Bäcker um die Ecke.

    Auch über­siehst du, daß da explizit Studenten ange­spro­chen werden. Auch im Bereich der Ingenieurwissenschaften wirst du wohl kaum wesent­lich höhere Stundensätze für Werksstudenten etc. finden.

  28. HD Schellnack

    Florian, aus meiner Erfahrung gibt es zwischen großen und kleinen Kunden durchaus Unterschiede, die sich auch in der Preisgestaltung nieder­schlagen (können) – und das folgt einfach aus Kommunikationsstrukturen. Mit einem kleinen Team auf Kundenseite, oder einem einzelnen Inhaber/Gründer sind die Kommunikationswege kürzer, es braucht keine Pappenträgerei, endlose Abstimmungen und Kommunikationsprozesse, die AN SICH schon fast ein Design benö­tigen, things are simply faster. Das habe ich auch in großen Firmen schon erlebt – und freue mich immer, wenn man dann auch dort effi­zient und somit preis­werter für den Kunden sein kann. Ist aber nicht immer so.

    Bei der ZKM-Sache sieht man, finde ich, ganz schön, wie selbst wirk­lich gute Büros bei solchen blind pitches irgendwie seltsam blut­leer-austausch­bare Ergebnisse produ­zieren, die kaum mehr sind als Zitate zeit­ge­nös­si­scher Design-Standardelemente, die so oder ähnlich nun auch wirk­lich auf jeden belie­bigen anderen Klienten passen würden. Das, was der Kunde eigent­lich will – einen Hauch von Einzigartigkeit -, finde ich hier nicht. Der KANN so auch nicht entstehen. Solche Pitches waren und sind absurde – weniger für das Büro, das sich ja 1:25 (seufz) einen Etat verspricht und entspre­chend 1:25 eben wenig Energie rein­ste­cken KANN, aber vor allem für den Kunden, der 25x volle Leistung kriegt, auch nicht EINMAL, sondern 25x 1:25-Aufwand. Jeder Teilnehmer, auch Lombardo, wird erst richtig aufblühen, wenn er weiß, dass er nicht für heiße Luft arbeitet.
    Das Formdusche gera­dezu gaga damit umgeht und dem ganzen ganz offen­sicht­lich mit totalem Nulldesign und Bumsfallera den Stinkefinger zeigt, ist da sehr sympa­thisch :-D.

    Wie aber, konkret, würdest du einen «Code of Honor», nicht an unbe­zahlten Pitches teil­zu­nehmen, durch­setzen wollen? Man muss ja schon entweder sehr rigoros oder aber gut ausge­lastet sein, um nicht zu springen, wenn ein namhafter Kunde ruft, oder?

    Es ist erschre­ckend, nebenbei, wie weit wir hier von dem Spirit von Sachen wie «First Things First» gelandet sind,die ja weit jenseits der Wir-brau­chen-Aufträge-Mentalität verliefen. Ich denke, es ist einfach einer Marktlage geschuldet, in der es weniger Kunden und immer mehr (auch recht gute) Designbüros gibt.

  29. Florian 2

    Ich hätte vermutet, daß solche Preisunterschiede aufgrund der Firmengröße primär aus zwei Richtungen herrühren:

    1. der Bäcker um die Ecke kann objektiv weniger bezahlen als ein Großkonzern, der eine Million mehr oder weniger in der Bilanz kaum bemerkt.

    2. der Großkonzern ist solche Preise „gewohnt“ und zuckt gar nicht erst zusammen.

    Zu deiner Frage im vorletzten Absatz: Ich würde diesen „Code of Honor“ gar nicht durch­setzen wollen. Den kannst du gar nicht durchsetzen.

    Wenn du es doch schaffst (gegen­über Nicht-Teilnehmern), dann bist du entweder der Körperverletzung oder des Verstoßes gegen das Kartellrecht schuldig. :-)

    Ansonsten gilt wie immer: die Anbieter müssen sich im Markt bewähren. Wenn es für einen Anbieter vorteil­haft ist, an solchen Pitches teil­zu­nehmen, dann soll er es ruhig tun. Wenn es für einen anderen Anbieter unvor­teil­haft ist, dann läßt er es eben.

    Solch ein „Code of Honor“ hätte meines Erachtens nur das Ziel, alle über einen Kamm zu scheren, und denje­nigen, die diese Pitches brau­chen können, Steine in den Weg zu werfen.

  30. HD Schellnack

    Ich bin verwirrt. Oben forderst du:
    >ich rufe deshalb zu einer initia­tive auf, mit dem ziel
    >einer selbst­ver­pflich­tung bekannter und unbekannter
    >design­büros, an unfairen wett­be­werben nicht mehr
    >teil­zu­nehmen

    Jetzt sagst du:
    >die Anbieter müssen sich im Markt bewähren. Wenn es
    >für einen Anbieter vorteil­haft ist, an solchen
    >Pitches teil­zu­nehmen, dann soll er es ruhig tun.

    Was denn nun?
    Oder bringe ich zwei Florians durcheinander?

  31. Florian 2

    Ja, tust du, fürchte ich. Ich möchte meinen Nachnamen nicht angeben, aber even­tuell sollte ich ihn doch wenigs­tens abge­kürzt mit nur einem Buchstaben hinzufügen.

  32. Verena

    Also ich finde die Initiative von Florian Pfeffer super, und würde am Montag (zu Beginn der gewerk­schaft­lich gere­gelten Arbeitswoche) gerne mehr darüber erfahren.
    Z. B: Wo sollte man ansetzen? Eigentlich sollte das Verhalten von Designern meiner Meinung nach ja sowieso so sein, wie er es fordert. Andererseits war ich immer scho­ckiert über die völlige Überraschung meiner StudentInnen, wenn ich Ihnen erklärte, dass sie immer ihre Arbeit entspre­chend vergüten lassen sollten, um den Markt nicht noch weiter runter­zu­ro­cken, und sich selbst die Preise zu versauen. Das war ihnen teil­weise echt neu, dass sie damit selbst etwas zu tun haben sollten. Sollte so eine Initiative also eher didak­tisch (von oben) sein, oder sollte man an die Vernunft der Etablierten appel­lieren? Oder beides? Kann das über­haupt funk­tio­nieren, wenn die finan­zi­elle Rückage aller Designer unter­schied­lich ist? Ich bin gespannt :-)

  33. Jürgen

    @Florian (2): ich habe Deinem Namen mal eine 2 hinzu­ge­fügt, damit es für uns einfach zu unter­scheiden ist.

  34. HD Schellnack

    Ich meinte natür­lich den Florian Pfeffer, sorry Florian 2 :-D
    (Mann, gut, dass wir noch keine Kevins hier haben :-D)

  35. Florian 2

    Danke, Jürgen. Ich habs jetzt auch voraus­ge­füllt im Formularfeld, denke ich.

  36. Florian Pfeffer

    man könnte hier romane schreiben:
    @florian 2: ganz verkürzt – die höhe des hono­rars sollte sich unge­fähr an dem wert­schöp­fungs­po­ten­tial bemessen, das eine gute idee für den kunden in sich birgt. ein bäcker hat aufgrund einer guten kampagne das poten­tial 1.000 bröt­chen mehr zu verkaufen. ein gross­kon­zern hat aber ein poten­tial von 500.000 rasie­rern. wenn das honorar im zweiten fall höher ist, ist das ange­messen. und ja: 75% der arbeit des desi­gners ist vermitt­lung. grosser kunde – viel vermittlung.

    @ hd schell­nack: man muss in der tat rigoros sein. es ist ja im moment viel von nach­hal­tig­keit die rede und dass man mal über den tag hinaus denken sollte – das zahlt sich auf lange sicht aus. ich habe mir vor zwei jahren den grund­satz gemacht, an keinen unbe­zahlten pitches mehr teil­zu­nehmen und habe ganz unter­schied­liche erfah­rungen damit gemacht: manchmal konnte ich dann eben nicht teil­nehmen, manchmal wurde daraufhin ein pitch-honorar einge­richtet und manchmal wurde ich nach­träg­lich nochmal einge­laden – für geld (nachdem die auftrag­geber recht unglück­lich über die ergeb­nisse des kosten­losen pitches waren). manchmal habe ich auch ange­boten, teil­zu­nehmen – aber keine entwürfe abzu­lie­fern, sondern meine sicht auf das kommu­ni­ka­tive problem zu präsen­tieren; vorbe­rei­tungs­zeit: 1 tag (mit dieser methode habe ich eine reihe von wett­be­werben gewonnen gegen büros, die aufwändig präsen­tiert haben).

    @ verena: ich habe die idee zu dieser initia­tive schon lange (habe aber nicht die initia­tive gefunden, mich darum zu kümmern). im grunde wäre es ganz einfach: man fragt 20 renom­mierte büros (+ alle anderen, die teil­nehmen wollen), ob sie sich zu einem solchen code verpflichten und macht dann daraus eine grosse sache in der w&v, page etc. (also zeit­schriften, die auch auftrag­geber lesen).

    @ florian 2: diese pitches braucht glaube ich keiner. je kleiner das büro, desto schäd­li­cher ist das (weil man die arbeit an dem pitch vorfi­nan­zieren muss mit kleiner aussicht auf erfolg – das ist für grosse, gut durch­fi­nan­zierte büros viel einfa­cher). man muss sich nur mal den markt für archi­tektur anschauen – da gibt es wett­be­werbe, an denen nehmen 200 büros teil … kosten­punkt: ein kleinwagen/büro – incl. abwrack­prämie. das versperrt den markt­zu­gang für neue/kleine büros, die sich das nicht leisten können. ich gebe aber zu, dass es wahr­schein­lich viele büros geben wird, die an einer solchen initia­tive nicht teil­nehmen werden, weil sie glauben, sich selber damit (kurz­fristig) wirt­schaft­li­chen schaden zuzu­fügen. und ich weiss auch, dass ich mich hier ganz schön aus dem fenster lehne (in der hoff­nung, auch in zukunft meinen eigenen stan­dards treu bleiben zu können). darüber hinaus muss so ein code natür­lich frei­willig sein und wäre so gesehen kein kartell und keine behin­de­rung unter­neh­me­ri­scher freiheit.

    mein eigent­li­cher punkt ist aber der: bei vielen desi­gnern ist der ruf nach grös­serer wert­schät­zung nur eine forde­rung an andere (und nicht an sich selbst). meine frage ist aber: wie kann ich wert­schät­zung einfor­dern, ohne selber meine arbeit mit einem entspre­chenden wert zu versehen? erst soll der kunde von alleine auf die idee kommen, das meine arbeit wert­voll ist und nun soll eine kammer kommen, die das für mich regelt (womög­lich gegen eine zwangs­ab­gabe wie bei der archi­tek­ten­kammer). das wird so nicht funk­tio­nieren … aus unter­neh­me­ri­scher sicht sollten wir froh sein, dass die CMA gerade vom bundes­ver­fas­sungs­ge­richt „abge­schafft“ wurde und nicht etwas ähnli­ches für uns selber fordern.

  37. Verena

    @Florian Pfeffer: Super, da würde ich gerne auch mitma­chen. Könntest Du mich bitte auf dem Laufenden halten?

  38. nora

    Die Initiative von Florian Pfeffer unter­stütze ich voll. Diesen Kampf um die Wertschätzung haben wir mit Sicherheit in unserer Branche nicht allein gepachtet, aber wir konter­ka­rieren alles, wenn wir unsere Leistung umsonst anbieten. Das ist ein Fass ohne Boden und wir sind dieje­nigen die nachher ausge­blutet am Boden liegen – selbst­ver­schuldet. Ich habe zum Beispiel täglich in meinem Hochschulmailkasten diverse Anfrage von großen und kleinen Firmen und Organisationen und Vereinen … die alle „tolle“ Projekte anbieten für Studierende, damit die endlich mal „was Richtiges“ machen dürfen. Und vor allem müssen sie dankbar sein, dass sie über­haupt für die Firma dieses Projekt machen dürfen. Und außerdem soll die Hochschule natür­lich auch dankbar sein, da man ja entweder mit dem Renommée der Firma respek­tive der Non-Profit-Organisation sich ja schmü­cken kann und dieses dann auch wieder zu eigenen PR Zwecken nutzen darf …

    Ich kann nur sagen … NEIN. Mittlerweile habe ich eine höflich formu­lierte Standardantwort, die ich nach Bedarf noch vari­iere. Wenn man den Studierenden schon beibringt, dass sie nur Kanonenfutter für eine PR-Maschinerie sind, kann ich doch nicht erwarten, dass diese dann Selbstwertgefühl entwi­ckeln. Und als Hochschule graben wir dann die Jobs ab, für den Nachwuchs, den wir gerade in die Welt geschickt haben? Wozu sollen wir denn dann noch ausbilden?

    Das heißt nicht, dass ich nicht dazu bereit wäre, sinn­volle Initiativen zusammen mit Studierenden zu unter­stützen, aber nicht unter den oben genannten Voraussetzungen.

    Nochmal zurück zum Thema Verband: Beim Thema Zwangsabgabe à la IHK oder Architektenkammer schüt­telts mich nach wie vor …

  39. HD Schellnack

    Nora – wie soll man so etwas realis­tisch durch­setzen? So richtig ich die Sache auch finde… der Vorschlag ist ja nicht neu – wie willst du so etwas konse­quent und auf breiter Front durch­setzen? Ohne Pflicht von oben à la Kammer. An einen Konsens – eine Art Code of Honor eben – glaube ich da keine Sekunde. Irgendwer wird immer gratis pitchen, wenn ein großer Kunde mit Auftrag winkt, oder? Die Teilnahme an unbe­zahlten Wettbewerben ohne Gebühr und ohne Siegerprämie (also noch anders in der Architektur) ist in unserem Segment doch Standard geworden – und obwohl ich Pitching vor allem für den KUNDEN selbst für ziem­li­chem Murks halte, kommen wir bei node­sign auch nicht immer umhin, mitzu­ma­chen. Was ist die reele Alternative? Im Grunde müssten sich – um nur einen ANFANG zu haben – hunderte von Designbüros verpflichten, nicht mehr free pitches zu machen. Wie geht das, verbind­lich? Denn nur wenn etwa der Kunde merkt, von 25 ange­fragten Büros haben gerade 25 gesagt, sie machen es nur gegen Bezahlung, wird sich etwas ändern. Solange 10 von 25 immer noch am Start sind, ändert sich nichts. (Wobei ein Wettbewerb mit 25 Büros an sich schon total absurd ist oder – da kann man ja wirk­lich gleich zu 99Designs gehen, völlige Beliebigkeit).

    Und, Florian, keine Frage, es wäre natür­lich PRIMA, wenn sich das ändern würde. Es würde sprung­haft die Qualität von Pitches ändern, denn was nichts kostet, ist aus vielen Gründen eben auch nichts wert – bei den meisten Wettbewerben kommt Matsch heraus, weil es struk­tu­rell gar nicht anders denkbar ist.

    Interessant übri­gens, das gerade in einem Spiegel-Online Artikel die Freiberufler nach Geld von der Regierung rufen (macht das jetzt jeder? Jesus…) und als Berufe werden genannt: Ingenieure, Architekten, Ärzte. Abgesehen davon, dass ich Ärzte als Freiberufler nicht 100% sehe (Krankenkasse), Architekten verkam­mert sind und die meisten Ingenieure fest in der Industrie arbeite – wie kommt es, dass niemand Texter, Übersetzer, Designer, Autoren, Photographen, Artworker und und und nennt – die ja nun wirk­lich die essen­ti­ellen Freiberufler sind? Da gibts einen Grund und der HAT eben mit Organisation und öffent­li­chem Auftritt zu tun :-D.

  40. Christian

    HD, genau das gleiche habe ich auch gedacht heute morgen beim Lesen. Designer haben so gut wie keine Lobby.

    Ich denke, dass ein Verband genau für sowas gut ist. Und gegen Gratispitche wohl hilft nur, darüber zu reden, dass es nichts bringt. Und das immer wieder.

  41. HD Schellnack

    Ach je, und selbst der AGD macht seine neue Imagebroschüre als Crowdsourcing.

    (Mal ganz abge­sehen davon, dass der Brief an Frau Erika Heil Designerin AGD node­sign ging.)

    Ich geh davon aus, dass das im Kern eine faire Angelegenheit werden wird, aber trotzdem und ganz gene­rell: Seufz. Die Pitch-Mentalität bei GENAU den Leuten, die dagegen sein sollten. Zum Heulen!

  42. nora

    Oha … ist das wirk­lich wahr mit dem Crowdsourcing und dem AGD? Dann wäre das ja wohl noch ein Grund mehr, gegen das noch viel größere Gebilde eines Verbandes zu sein, bei dem der Kontakt zur Basis noch schneller abbricht.

    HD: Wie das gehen soll, weiss ich auch nicht. Ausser, dass man einfach sagt, man lässt es bleiben mit dem pitchen. Und dann beissen den Kleinen wieder mal die Hunde zuerst ;-) … Sicher hätte das Ganze eine größere Wirkung, wenn wirk­lich auch die Agenturen, die es sich leisten können (das Pitchen), es öffent­lich­lich­keits­wirksam vetreten würden, dass sie es nicht mehr tun … Tja …

  43. HD Schellnack

    >Ausser, dass man einfach sagt, man lässt es bleiben mit >dem pitchen.

    Ich sag das mal als jemand, der pitches und zudem unbe­zahlte für ziem­li­chen Nonsens hält – wenn morgen aber die Deutsche Oper Berlin fragt, ob wir für sie arbeiten wollen, ob wir mal was entwi­ckeln mögen, sag ich wahr­schein­lich nicht nein. Und da bin ich sicher nicht der einzige, right? Was, ganz nebenbei, bedeutet, dass qua unbe­zahlten Pitching die kleinen, finan­ziell schlecht aufge­stellten Studios Probleme kriegen, denn gut Pitchen können nur zwei Sorten:
    a) große Studios mit Ressourcen und reich­lich Prakikanten und Angestellten, die beschäf­tigt sein sollen und durch andere Jobs quer­fi­nan­ziert sind (Eriks 10×10 Modell)
    b) Büros und Freelancer, die nix besseres zu tun haben.

    AGD: Ich hab heute als Erika Heil einen Brief gekriegt, an node­sign – hier gab es nie eine Erika, aber egal. Danach sollen alle AGD-Mitglieder Arbeitsproben einrei­chen bis zu fünf Designer werden dann von einer Jury ausge­wählt und dürfen im Mai ihre Entwürfe präsen­tieren. Crowdsourcing in Stufe I und Pitch in Stufe II – beides Sachen, die ich als Designer nicht sonder­lich mag, egal wie die Umstände sein mögen. Dass ausge­rechnet «mein» Verband auch so arbeitet wie Theater, Museen, Industrie und und und ist etwas… scheiße.

  44. Verena

    Viel gefähr­li­cher als diese nicht­ver­gü­teten Pitches finde ich die Tasache, dass immer wieder Designer/Designbüros poten­ti­elle Kunden initiativ angehen und denen vorschlagen diesen oder jenen Job für sie gratis zu erle­digen nur um mal wieder die Mappe aufzupolieren.
    Als Kunde würde ich da natür­lich auch voll drauf einsteigen. Wieso sollte man auch was bezahlen, was es woan­ders umsonst gibt?
    Da hilft aber auch kein Verein. Und auch ein Rosa von Praunheim für Designer wäre fragwürdig.
    Ich halte Florians Idee mit öffent­li­chen Anzeigen/Manifesten für absolut sinn­voll und machbar.

  45. Florian Pfeffer

    @ hd: pitchen an sich ist ja nichts schlechtes … die frage ist doch nur, zu welchen bedin­gungen. wie absurd das ist, zeigt sich, wenn man an meinem beispiel des zkm (und das ist qua renomée das selbe wie die deut­sche oper) das wort „desi­gner“ durch „bäckerei“ ersetzt, also:

    das zkm geht zu einer bäckerei und sagt, es habe hunger und ob ihm der bäcker mal ein brot geben könne. man wolle das brot aber nicht bezahlen. viel­mehr werde man mit dem selben anliegen noch zu 25 anderen bäcke­reien gehen und zunächst alle 25 brote essen. erst danach könne man entscheiden, welches brot man bezahlen wolle (viel­leicht auch keines, weil man noch nicht so genau weiss, ob man nicht viel­leicht lieber einen fisch hätte). ich bin mir sicher, dass das zkm hoch­kant aus der bäckerei fliegen würde – und zwar zu recht.

    warum macht das zkm oder die deut­sche oper so etwas nicht mit bäckern, dem finanzamt (ich zahle nur steuern, wenn mir die politik der regie­rung zusagt) oder ihrem eigenen direktor (der soll erstmal eine spiel­zeit arbeiten und dann „schau mer mal …“)?

    mir kann kein mensch erzählen, dass eine grosse kultur­in­sti­tu­tion wie die deut­sche oper oder das zkm (bei allen finan­zi­ellen sorgen des kultur­sek­tors) keine paar tausend euro für einen pitch über hat. in solchen fällen setzt die insti­tu­tion ziem­lich abge­brüht auf den „idea­lismus“ des desi­gners, einen verkom­menen markt und auf den sex-appeal des renomee-gefälles zwischen einer welt­weit bedeu­tenden kultur-insti­tu­tion und einem einzelnen gestalter. das erklärt auch, warum der trick beim bäcker nicht funk­tio­niert: der hat keinen idea­lismus in punkto kultur (der will einfach sein brot verkaufen) und dem ist es egal, dass er nicht so wichtig ist – ein gesunde einstel­lung. ich weiss nicht, ob ich nicht schon total versaut bin – aber bevor ich da mitmache, gehe ich in meiner zeit lieber mit meinen kindern ins schwimmbad (da mache ich weniger verlust und habe mehr spass).

    meiner meinung nach müssen sich auftrag­geber und desi­gner das risiko der „part­ner­suche“ teilen – sprich: es gibt ein pitch­ho­norar, was beiden ein biss­chen weh tut. wenn ein auftrag­geber nicht genug geld hat, gibt es auch andere möglich­keiten ein gutes büro zu finden (man kann ja auch einfach nur reden und über arbeiten diskutieren).

  46. HD Schellnack

    Moment – so kriegt man Jobs? :-D

    Wie wäre das denn prak­tisch umsetzbar? Zumal einge­denk deines eigenen ersten Absatzes, dass Agenturen willent­lich auf Kunden zugehen, um erst mal umsonst zu arbeiten – was ja noch kruder ist, oder? Wobei wir auch probono-jobs machen, zB für die Suchthilfe Essen, aber nicht für Awards oder die Mappe, sondern weil es eine gute Einrichtung ist, fertig :-D.

  47. Verena

    Ist alles schon vorge­kommen. »Wenn die Praktikannten sowieso rumsitzen oder man sich auch schon bei den Ballerspielen langweilt.«
    Das Schöne dabei: Die Kunden haben sich teil­weise selbst schon verwun­dert darüber geäussert.
    Und was die Charityjobs anbe­langt: Tu Gutes…

  48. HD Schellnack

    Wir reden da gar nicht so viel drüber, promoten das gar nicht viel, die Sachen sind auch echt nicht nicht auf Award-Winning-Designmeisterwerk gemacht, darum geht es nicht, sondern eher um ganz prag­ma­ti­sche Sachen wie kleine Flyer oder die HP. Und leider haben wir zu wenig Zeit für probono. Die Sache war damals einfach so, dass ich nach einem fiesen Unfall fast meinen linken Zeigefinger verloren hätte und während der OP dachte: Meister, wenn der Finger dran­bleibt, dann mach ich ein Jahr lang umsonst Design für einen guten Zweck. War gar nicht SO einfach, einen Kunden zu finden, die meisten haben Schabernack oder Beschiss vermutet :-D.

  49. Veronique

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