»Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt!«
oder: Kann es eine Solidarität der Designszene geben?* von Jürgen Siebert
Zu den tagtäglichen Missachtungen der Kommunikationsdesigner gehören unanständige Wettbewerbe, herablassende Auftraggeber, anprangernde Massenmedien, Ignoranz gegenüber ihrer (Dienst-)Leistung und die finanzielle Geringschätzung ihrer Arbeit. Das (inzwischen entsorgte) Cottbus-Logo hat gezeigt: Wenn alles zusammen kommt, entsteht Müll, alle Beteiligten sind frustriert und niemand weiß so richtig warum.
Dass es die Initiative Fidius für faire Designwettbewerbe geben muss, ist für sich schon ein Skandal. Geradezu himmelschreiend: Unter den ersten vier Preisträgern findet sich ein Nestbeschmutzer, eine Designinstitution, die eigentlich ihre Schäfchen vertreten und schützen soll, anstatt sie beim »Designpreis der Bundesrepublik Deutschland« mit 4stelligen Teilnahmegebühren zu schröpfen. Wenn wir jetzt anfangen uns gegenseitig zu zerfleischen, dann Gute Nacht Designland Germany.
Der Ruf nach einer Designkammer erklang jüngst. Nun kann keiner behaupten, dass es der Branche an Vertretung(en) fehle. Ganz im Gegenteil, möchte man meinen, denn die Landschaft der Designverbände ist fruchtbar und gliedert sich wie folgt:
BDG (Kommunikationsdesign), VDID (Produktdesign), VDMD (Modedesign), IO (Illustratorenorganisation), AGD (für alle Sparten), designerinnenforum (Frauen-Mischverband, teils dem AGD zugeordnet), forum Typografie, forum für Entwerfen, DDC, 100 Beste Plakate, … und über 20 föderal organisierte Designzentren – von der Design-Initiative Nord (Kiel) über das IDZ in Berlin bis hin zum Design Zentrum München.
Glücklicherweise gibt es den Versuch der Interessenbündelung. Die großen Berufsvertretungen sind seit November 2006 in der Initiative Deutscher Designverbände IDD organisiert, eine Art informeller Dachverband mit dem Ziel, »die Rahmenbedingungen für Designerinnen und Designer sowie der Design-Nutzer zu verbessern.« Der Präsident des IDD, Henning Krause, hat ein griffiges Bild für seine Arbeit: »Interessenvertretung ist Dickbrettbohren.«
Kein Grund die Waffen zu strecken. Immerhin ist es Erik Spiekermann dank jahrelangem persönlichem Engagement gelungen, von der Europäischen Union als einzigem Kommunikationsdesigner in eine Riege der Botschafter für das European Year of Creativity and Innovation 2009 aufgenommen zu werden, neben so etablierten Berufen wie Dirigent, Architekt, Choreograf und Handy-Unternehmer.
Dass Spiekermann nicht viel von Interessenvertretungen hält ist spätestens seit dem Forum Typografie in Berlin 1991 bekannt, wo er das Thema gesamtdeutscher Designverband mit den Worten wegbügelte: »Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt.«
Was zählt, ist das Engagement eines jeden einzelnen. Jede Designerin, jeder Designer, die/der unaufhörlich für das Ansehen seiner gestalterischen Arbeit kämpft ist mehr Wert als eine organisierte, aber schweigende Masse. Die TYPO 2009 möchte ihren Beitrag dazu leisten, dass die Stimme der deutschen Designerinnen und Designer gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit lauter wird.
Hierfür reserviert sie den Nachmittag des 2. Tages für die Aktivisten der Szene. Parallel zum Vortragsprogramm werden sie in 3 Veranstaltungen Gelegenheit haben, ihre Erfahrungen und Ideen zu präsentieren und auszutauschen.
Weil ich mir wünsche, dass an diesem Nachmittag nicht nur wirtschaftlich erfolgreiche Designer ihren Input geben, sondern ein Querschnitt der Gesamtszene mitwirkt, werden die Türen zu den 3 o. g. Veranstaltungen auch nicht-akkreditierten Besuchern offen stehen. Bitte vormerken!
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* der ungekürzte Beitrag im TYPOblog; Foto: ©ƒStop @ FontShop
50 Kommentare
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Andi
wer wird konkret teilnehmen?
Jürgen
Henning Krause, Johannes Erler, Heide Hackenberg, Erik Spiekermann … und 6 weitere. Bewerbungen werden jetzt angenommen!
Alexander Dimolaidis
Herr Spiekermann hats mal wieder wunderbar auf den Pol getrieben. Und hat sicherlich auch recht, was das Nutzen-Aufwand-Verhältnis manches Verbandes angeht. Aber eine wirklich starke Lobby wie in anderen Branchen hat es im Designbereich ja auch nie gegeben (siehe Versorger oder Verkehr).
Henning
Uh huh, Jürgen, da muss ich zwei, drei Dinge gerade rücken:
«Dass es die Initiative Fidius für faire Designwettbewerbe geben muss, ist für sich schon ein Skandal.»
So besehen, wäre die Existenz von Verbraucherschutzorganisationen auch ein Skandal. Tut mir leid, da geh ich nicht mit.
«designerinnenforum (Frauen-Mischverband, teils dem AGD zugeordnet)».
Tja da muss ich nun doch etwas öffentlich klar stellen, wenn ich damit zitiert werde. Für diesen Spruch hab ich nämlich neulich geschimpft bekommen von den Designerinnen. Das df ist natürlich unabhängig vom AGD, und hat auch – anders als die AGD – eine Qualifikationsvoraussetzung für die Aufnahme von Mitgliederinnen.
«Der Präsident des IDD, Henning Krause, …»
Nee, da die körperschaftliche Gründung der iDD noch in Arbeit ist, hat erstens die iDD gar keine/n Präsidenten, sondern Sprecher und der bin auch nicht ich, sondern Susanne Lengyel und Steffen Schauberger. Ich bin Präsident des BDG und Vizepräsident des Designertages.
Der andere Vizepräsident des Designertages, Erik Spiekermann, hat 1991 eine populäre Stimmung aufgenommen, weil die damaligen Verbände erstarrt waren. Erik ist übrigens auch Mitglied des BDG, des forum typografie und übrigens auch des IDZ. Soviel dazu :-)
«Was zählt, ist das Engagement eines jeden einzelnen.»
Das ist wahr. Wahr ist allerdings auch, dass manche Dinge nur mit professionellem Lobbyismus zu wuppen sind.
robertmichael
»Parallel zum Vortragsprogramm«
oooch nö, jürgen. das ist doch nicht schön wenn sich die leute zwischen chipp kid und einer podiumsdiskussion entscheiden müssen. kann man das nicht einzeln veranstalten?
christina
kann man nicht designer oder ähnliches (:)) aus der schweiz oder aus holland einladen? es wäre spannend zu erfahren, warum in diesen ländern design einen viel höheren stellenwert in der gesellschaft hat als bei uns hier in deutschland.
Vroni
Guter Beitrag, Jürgen, sehr gut formuliert.
Meine Position ist eigentlich ganz einfach. Aber radikal:
Als Ex-Werber und Ex-Marketingnase sage ich: Alles weg, die Judäische Volksfront genauso wie die Volksfront von Judäa, die da unten allein auf der Treppe sitzt und geröstete Dachsnasen isst, und die Vereinigte Volksfront. Das ist Zersplitterung vom Feinsten, wie sie schon die Monthy Pythons auf die Schippe genommen haben.
Das Problem wird sein: die Eitelkeit, die verlorenen Posten. In den Dudez-Fürstentümern der Miniverbandsherrlichkeit (- und dämlichkeit :-), um die Damen nicht auszuschließen), weil deren Overheads aufgelöst werden müssten zugunsten eines einzigen Overhead, der arbeitet. Plus einer funktionierenden Lobby- und Stabstelle, zum Beispiel auch professionelle PR. Was man sich als 200- 3000 Mitgliederverband nicht leisten kann, nach einem Zusammenschluss wäre das kein finanzielles Thema, da kämen geschätzt (wer bessere Zahlen hat, nur her damit) mind. 8000 zusammen.
Bei BDG und ADG ist der einzige von außen für Designer (und Öffentlichkeit) wahrnehmbare Unterschied, dass der eine nur Diplomnasen nimmt, der andere auch andere Nasen zulässt. Ich bin auch eine Diplomnase, war bei der AGD, aber es stört mich nicht, wenn die Undiplomierten was können. Also Referenzen oder/und Website her bei Neulingen und gut ist. So schwer kann die Einsteigerprüfung nicht sein. Der BDG muss da nicht päpstlicher als der Papst sein, denn die Zeiten sind vorbei, da nur das Diplom für Qualität bürgte. Ich kenne grottenschlechte Diplomnasen.
Wie bei Fusionen und Mergings bei Unternehmen eben auch sind es eben dann weniger Pöstchen, die zu verteilen sind. Bevor sich jemand aufregt: Ich weiß, dass viele Positionen Ehrenämter sind. Aber nicht alle…
Last no least, der Verweis auf die, wie heißt das nochmal? bereits existierende Initiative Deutscher Designverbände IDD, welcher mit Sicherheit kommt, wenn Zusammenschluss gefordert wird: Unbekannt wie ein Dorf in Polen und mit dem Namen „Initiative“ sieht es aus wie: „Es war ein Versuch“- „Ach, nicht ernst gemeint“.
Ich kolportiere das so überspitzt, nicht weil ich jemanden ärgern will, sondern so, wie das der innere Autopilot der Öffentlichkeit wahrnimmt oder wahrnehmen wird. Weil ich mich mit Außenwahrnehmung/Branding beruflich lange habe beschäftigen müssen. Aber vielleicht war ich zu lange in der Werbung tätig (das schadet menschlich enorm, ich weiß :-), man wird da eine kleine Zynikerbacke und legt Leute rein…).
Grüße
HD Schellnack
Schließ mich Robert an – Simultan wird eher rohrkrepieren, oder?
Ich bin auch nicht so sicher, dass die Leute auf dem Podium da wirklich unterschiedlicher Meinung sind… ?
Jürgen
@ Henning:
1. Fidius: Du hast recht.
2. designerinnenforum: Danke für die Korrektur
3. Präsident: missverständliches Impressum auf IDD
Zum »Engagement des Einzelnen«: Das meine ich genau so wie du, also im Sinne »Einer für alle, alle für einen.« Auf Verbände hoffen und selbst die Hände in den Schoß legen ist eine Utopie.
@ Robertmichael: Keine Sorge, wir legen besagte Veranstaltungen zum Großteil in die Pausen und selbstverständlich nicht in Konkurrenz zu Programmhöhepunkten (obwohl sie selbst einer werden soll).
Jürgen
@ HD Schellnack: Hab ich vergessen … Du kommst auch aufs Podium. Und Du wirst garantiert anderer Meinung sein als zum Beispiel der Kulturpolitiker, den wir einladen möchten ;-)
HD Schellnack
Wenn ich mir meine nächsten zwei Monate ansehe, werde ich vor allem froh sein, es a) zur Typo zu schaffen und b) noch aufrecht zu gehen :-D.
Aber da der Ruf nach Staatshilfe mir derzeit ordentlich auf die Nerven geht – und nichts anderes ist das Rufen nach einer Kammer ja – und ich selbst wunderbar absurde Erlebnisse am Markt hatte die letzten Wochen, wird das sicher witzig. Auch wenn ich KEINE Ahnung habe, welche Meinung ich an dem Tag gerade haben werde :-D.
Sebastian
Ich muss sagen es freut mich sehr, dass der Fontshop (oder die Initiative von Jürgen) den Stein des Anstosses wagt und Menschen zum reden zusammenbringt, das wird der einzige weg sein um etwas zu ändern! Das Thema publik machen, über den Tellerrand schauen, diskutieren – gerade mit branchenfernen Personen, Empfängern von Dienstleistungen. Ein großes Lob und hohe Anerkennung dafür! Das ist nicht selbstverständlich.
Auch denke ich, dass das Problem ein fehlendes Bewusstsein für Gestaltung und den Wert dieser Dienstleistungen ausserhalb der Szene ist. Gerade deswegen muss man rausgehen und das Problem da angehen wo es bisher unbeteiligte hören und sensibilisiert werden. Mein subjektiver Eindruck von einem Den Haag-Besuch in den letzten Wochen hat mir gezeigt, dass in diesem Land – vom Flyer über Ladenbeschriftung bis zu Gestaltung von öffentlichen Einrichtungen – die grundsätzliche Akzeptanz höher sein MUSS! Sonst hätte sich diese erfrischende Kultur nie durchsetzen können. Ist wie gesagt aber nur ein Eindruck und kein Faktum.
Deswegen denke ich aber auch, dass eine Verwaltungskrake mit Restriktionen, Satzungen, Vorschriften, Gesetzen und all dem anderen Kram, den die Parteien, Handelskammern und Taubenzüchtervereine dieses Landes prägen der falsche Weg wäre.
Schon allein die Zugehörigkeit an Abschlüsse zu knüpfen, bei einer Branche die von Kreativität, Freiheit und dem Brechen von gedanklichen Regeln lebt ist fatal. Das wird wieder nur eine sich selbstverwaltende Träge Institution.
Viel wichtiger ist das Tun des einzelnen, auf Leistungen und Prinzipien zu pochen, wie gesagt ein Bewusstsein schaffen und keine Organisation.
Ein großer Schritt ist hier, mit der Diskussion auf der Typo getan! Machen wir doch einfach weiter so und gehen es langsam aber zielsicher an statt alles durch Regeln und Entscheider lösen zu wollen.
Gruss Sebastian
Arne
Liebe Vroni, der BDG ist da keineswegs päpstlicher als der Pabst. Das Diplom ermöglicht eine Aufnahme »nach Aktenlage«. Kolleginnen und Kollegen, die ohne Diplom qualifizierte Arbeit abliefern, zeigen sie und werden aufgenommen. Es ist also bereits so einfach und undogmatisch, wie Du es vorschlägst.
Vroni
Lieber Arne,
wenn das so ist, das freut mich dann sehr, finde ich ganz prima.
Dann sind die Unterschiede zwischen AGD und BDG nur noch im homöopathischen Bereich. (Wer kein Doc ist: Tausendstel bis Millionstel pro Kügelchen).
Na dann lieber BDG und liebe AGD, habt euch lieb und heiratet endlich. Oder könnt ihr euch nicht leiden?
Arne
Nee, Vroni, so würde ich es nicht ausdrücken, denn die Unterschiede sind doch etwas größer:
Der BDG versteht sich als Berufsverband und fokussiert ausschließlich den Bereich Grafik- bzw. Kommunikationsdesign, die AGD ist offen für Designer aller Fachbereiche.
Das wesentliche Auswahlkriterium für die Mitgliedschaft im BDG ist die berufliche Qualifikation, nachgewiesen durch Diplomzeugnis oder qualifizierte Arbeiten. Bei der AGD gibt es diese Hürde nicht, ihr reicht das ausgefüllte Beitrittsformular nebst Abbuchungsauftrag.
Aber trotz unterschiedlicher Ausrichtung haben sich BDG und AGD lieb und kooperieren bestens in der iDD.
Vroni
Genau mit so einer Antwort habe ich gerechnet.
nora
Vroni on stage, please!
(sind eigentlich deine Zahlen wieder aufgetaucht von der letzten Diskussion zum gleichen Thema hier? Die hätte ich doch so gerne nochmals gelesen – du weißt schon, die Tierärzte-Nummer.)
Vroni
Nora,
die Tierarztnummer ist leider verlustig gegangen und nimmer aufgetaucht. Sicher kann man die Zahl der Design-Freelancer und die der Viechdoktoren vergleichend googlen, die Bundesstats waren da immer mein Freund.
Ich kann leider nicht, aber vielleicht sind ja doch Weibsleut hier anwesend, die wollen. Sonst verlinke ich hier zur Strafe den mit der Steinigung und den roten Bärten. Jehova!
HD Schellnack
Oh, das ist ja schade, dass du nicht kommst, Vroni… mist!
tina
Ich würde ja noch irgendjemanden von Slanted vorschlagen.
Zum Beispiel Lars, Flo, Pat oder Julia.
http://www.slanted.de/redaktion
tina
oder nora
de_signer
Neulich auf einen Jobportal:
Wir sind auf der Suche nach Grafik-Studenten, die uns bei der Erstellung von Bannern, kleinen Layouts etc. auf Stunden (€15,)- oder Projekt-Basis unterstützen.
Es kann gerne von Zuhause gearbeitet werden, aber auch ein eingerichteter Arbeitsplatz steht zur Verfügung.
Interessenten richten sich bitte einfach an eine Kontaktmöglichkeit. Infos über unser Unternehmen gibt’s hier: http://www.xxxx.de/
Dr. xxxx Head of Content xxx GmbH xxx.xxx@xxx.de
Tal xxx xxx Eingang xxx.xxxm80331 München
€15 bei grossen kunden die autos herstellen !!!
der einzige „Job�? unter lauter Praktika
in den letzten Monaten.
Praktikas sind feste Jobs in den Angenturen geworden,
haben echte Arbeitsplätze verdrängt und Herr Spiekermann sagt »Wenn ihr einen Verband braucht, geht zum Arzt.«
Das ist einfach nur traurig.
HD Schellnack
Ich kann aus Erfahrung sagen, dass nur wenige Praktikanten echte Arbeiten souverän und zuverlässig erledigen. Es geht nicht ohne, es macht irrsinnig Spaß, welche zu haben – aber Gott, sie sind keine vollständigen Arbeitskräfte, oder doch nur selten. Wenn es wirtschaftlich geht (geht eben nicht immer), ist eine festangestellte Kraft immer die bessere Wahl.
Vor der FOlie überlegen wir auch gerade, unser Praktika-Modell umzustellen. Von bisher 6-12 Monate auf nur noch 3, dafür aber KOMPLETT unbezahlt, wobei wir das Geld, dass dabei übrig bleibt in Projekte stecken würden und den Praktikanten freie Projekte in unserem Büro anbieten, also entweder für Kunden oder ganz eigene Sachen, die sie hier etwas betreut durchziehen und die aus dem Alltagsgeschäft sind, die am Ende aber allen Beteiligten Spaß machen – eine Art Miniatur-Diplom, freiere Arbeiten, irgendwie so etwas, wie Katharina es am Ende mit dem Etch-A-Sketch gemacht hat und die dann als Give-Away funktionieren oder aus dem Alltag herausgelöst für Kunden wie etwa die Suchthilfe entstehen können, aber autarker sind als Alltagsjobs, auch mal einfach fehlschlagen dürfen.
Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber irgendwie ist aus unserer Sicht Praktikum an sich derzeit etwas zu überdenken. Wobei ich es ESSENTIELL finde, Studenten im Büro zu haben, macht einfach Spaß, wenn frische und auch mal unerfahrene Leute loswerkeln – aber ob man sie wirklich an ein CD setzen kann, ist immer auch Glückssache. Die Idee des Praktikanten als armes ausgebeutetes Tutu halte ich für größtenteils einfach nicht wahr.
Florian Pfeffer
anstatt nach einem verband zu rufen, sollten sich designer lieber an die eigene nase fassen. es gibt nämlich nicht nur unfaire wettbewerbe, sondern auch viele (zum teil sehr renommierte) designbüros, die an solche wettbewerben teilnehmen. so gab es beispielsweise für das kommunikationskonzept der deutschlandweit beworbenen ausstellung „vertrautes terrain“ des zkm in karlsruhe einen eingeladenen gestaltungswettbewerb zu dem 25 (!) designbüros eingeladen wurden. honorar meines wissens: 0 euro (!). an diesem wettbewerb haben sich 12 (!) büros beteiligt. unter anderem so bekannte büros wie moniteurs oder mario lombardo (der den wettbewerb dann auch gewonnen hat).
es tut mir echt leid – aber da hilft auch kein verband mehr und auch kein arzt. ihr müsst einfach aufhören, bei so etwas mitzumachen (dann erledigt sich das problem von alleine)!
ein schlechtes logo für cottbus ist im übrigen kein beinbruch – ausser für cottbus selbst. das jetzige ergebnis ist die beste image-kampagne, die sich deutsche designbüros nur wünschen können. bitte mehr davon!
ich rufe deshalb zu einer initiative auf, mit dem ziel einer selbstverpflichtung bekannter und unbekannter designbüros, an unfairen wettbewerben nicht mehr teilzunehmen (und die teilnahmebedingungen der wettbewerbe an denen man teilnimmt, transparent zu machen). das wäre mal ein signal!
Verena
Danke Florian. Genau dort sehe ich auch das Problem: Bei den Designern selbst. Solange es immernoch Menschen unseres Berufs gibt, die Eigenverlagsgoodies gegen 0 Vergütung (wovon leben die eigentlich? Luft und Liebe kann es nicht sein) produzieren, um dann das Medallienregal zu füllen, bzw. gerne auch mal fette Jobs umsonst anbieten oder auch Charity Kampagnen, bei denen einem keiner reinredet dotieren zu lassen, wird auch ein Verband nicht helfen. Da ich aber eine ausgemachte Misanthropin bin, höre ich auch gleich wieder auf mich aufzuregen. > Es wird immer einen geben, der seinen Hintern ins Warme bringen will. Mit oder ohne Verband.
Jürgen
@ Florian. Hast Du Lust, Deine Position auf der TYPO vor Publikum zu präsentieren und dafür in der Podiumsdiskussion zu werben?
Florian Pfeffer
@jürgen
klar. gerne.
Florian 2
@22: Wieso glaubst du, daß ein höherer Stundenlohn angemessen wäre?
Der faire Lohn bemißt sich übrigens nicht an der Größe des Arbeitgebers, sondern an der geleisteten Arbeit.
Du scheinst aber zu glauben, daß große Autokonzerne mehr zahlen müßten als meinetwegen der Bäcker um die Ecke.
Auch übersiehst du, daß da explizit Studenten angesprochen werden. Auch im Bereich der Ingenieurwissenschaften wirst du wohl kaum wesentlich höhere Stundensätze für Werksstudenten etc. finden.
HD Schellnack
Florian, aus meiner Erfahrung gibt es zwischen großen und kleinen Kunden durchaus Unterschiede, die sich auch in der Preisgestaltung niederschlagen (können) – und das folgt einfach aus Kommunikationsstrukturen. Mit einem kleinen Team auf Kundenseite, oder einem einzelnen Inhaber/Gründer sind die Kommunikationswege kürzer, es braucht keine Pappenträgerei, endlose Abstimmungen und Kommunikationsprozesse, die AN SICH schon fast ein Design benötigen, things are simply faster. Das habe ich auch in großen Firmen schon erlebt – und freue mich immer, wenn man dann auch dort effizient und somit preiswerter für den Kunden sein kann. Ist aber nicht immer so.
Bei der ZKM-Sache sieht man, finde ich, ganz schön, wie selbst wirklich gute Büros bei solchen blind pitches irgendwie seltsam blutleer-austauschbare Ergebnisse produzieren, die kaum mehr sind als Zitate zeitgenössischer Design-Standardelemente, die so oder ähnlich nun auch wirklich auf jeden beliebigen anderen Klienten passen würden. Das, was der Kunde eigentlich will – einen Hauch von Einzigartigkeit -, finde ich hier nicht. Der KANN so auch nicht entstehen. Solche Pitches waren und sind absurde – weniger für das Büro, das sich ja 1:25 (seufz) einen Etat verspricht und entsprechend 1:25 eben wenig Energie reinstecken KANN, aber vor allem für den Kunden, der 25x volle Leistung kriegt, auch nicht EINMAL, sondern 25x 1:25-Aufwand. Jeder Teilnehmer, auch Lombardo, wird erst richtig aufblühen, wenn er weiß, dass er nicht für heiße Luft arbeitet.
Das Formdusche geradezu gaga damit umgeht und dem ganzen ganz offensichtlich mit totalem Nulldesign und Bumsfallera den Stinkefinger zeigt, ist da sehr sympathisch :-D.
Wie aber, konkret, würdest du einen «Code of Honor», nicht an unbezahlten Pitches teilzunehmen, durchsetzen wollen? Man muss ja schon entweder sehr rigoros oder aber gut ausgelastet sein, um nicht zu springen, wenn ein namhafter Kunde ruft, oder?
Es ist erschreckend, nebenbei, wie weit wir hier von dem Spirit von Sachen wie «First Things First» gelandet sind,die ja weit jenseits der Wir-brauchen-Aufträge-Mentalität verliefen. Ich denke, es ist einfach einer Marktlage geschuldet, in der es weniger Kunden und immer mehr (auch recht gute) Designbüros gibt.
Florian 2
Ich hätte vermutet, daß solche Preisunterschiede aufgrund der Firmengröße primär aus zwei Richtungen herrühren:
1. der Bäcker um die Ecke kann objektiv weniger bezahlen als ein Großkonzern, der eine Million mehr oder weniger in der Bilanz kaum bemerkt.
2. der Großkonzern ist solche Preise „gewohnt“ und zuckt gar nicht erst zusammen.
Zu deiner Frage im vorletzten Absatz: Ich würde diesen „Code of Honor“ gar nicht durchsetzen wollen. Den kannst du gar nicht durchsetzen.
Wenn du es doch schaffst (gegenüber Nicht-Teilnehmern), dann bist du entweder der Körperverletzung oder des Verstoßes gegen das Kartellrecht schuldig. :-)
Ansonsten gilt wie immer: die Anbieter müssen sich im Markt bewähren. Wenn es für einen Anbieter vorteilhaft ist, an solchen Pitches teilzunehmen, dann soll er es ruhig tun. Wenn es für einen anderen Anbieter unvorteilhaft ist, dann läßt er es eben.
Solch ein „Code of Honor“ hätte meines Erachtens nur das Ziel, alle über einen Kamm zu scheren, und denjenigen, die diese Pitches brauchen können, Steine in den Weg zu werfen.
HD Schellnack
Ich bin verwirrt. Oben forderst du:
>ich rufe deshalb zu einer initiative auf, mit dem ziel
>einer selbstverpflichtung bekannter und unbekannter
>designbüros, an unfairen wettbewerben nicht mehr
>teilzunehmen
Jetzt sagst du:
>die Anbieter müssen sich im Markt bewähren. Wenn es
>für einen Anbieter vorteilhaft ist, an solchen
>Pitches teilzunehmen, dann soll er es ruhig tun.
Was denn nun?
Oder bringe ich zwei Florians durcheinander?
Florian 2
Ja, tust du, fürchte ich. Ich möchte meinen Nachnamen nicht angeben, aber eventuell sollte ich ihn doch wenigstens abgekürzt mit nur einem Buchstaben hinzufügen.
Verena
Also ich finde die Initiative von Florian Pfeffer super, und würde am Montag (zu Beginn der gewerkschaftlich geregelten Arbeitswoche) gerne mehr darüber erfahren.
Z. B: Wo sollte man ansetzen? Eigentlich sollte das Verhalten von Designern meiner Meinung nach ja sowieso so sein, wie er es fordert. Andererseits war ich immer schockiert über die völlige Überraschung meiner StudentInnen, wenn ich Ihnen erklärte, dass sie immer ihre Arbeit entsprechend vergüten lassen sollten, um den Markt nicht noch weiter runterzurocken, und sich selbst die Preise zu versauen. Das war ihnen teilweise echt neu, dass sie damit selbst etwas zu tun haben sollten. Sollte so eine Initiative also eher didaktisch (von oben) sein, oder sollte man an die Vernunft der Etablierten appellieren? Oder beides? Kann das überhaupt funktionieren, wenn die finanzielle Rückage aller Designer unterschiedlich ist? Ich bin gespannt :-)
Jürgen
@Florian (2): ich habe Deinem Namen mal eine 2 hinzugefügt, damit es für uns einfach zu unterscheiden ist.
HD Schellnack
Ich meinte natürlich den Florian Pfeffer, sorry Florian 2 :-D
(Mann, gut, dass wir noch keine Kevins hier haben :-D)
Florian 2
Danke, Jürgen. Ich habs jetzt auch vorausgefüllt im Formularfeld, denke ich.
Florian Pfeffer
man könnte hier romane schreiben:
@florian 2: ganz verkürzt – die höhe des honorars sollte sich ungefähr an dem wertschöpfungspotential bemessen, das eine gute idee für den kunden in sich birgt. ein bäcker hat aufgrund einer guten kampagne das potential 1.000 brötchen mehr zu verkaufen. ein grosskonzern hat aber ein potential von 500.000 rasierern. wenn das honorar im zweiten fall höher ist, ist das angemessen. und ja: 75% der arbeit des designers ist vermittlung. grosser kunde – viel vermittlung.
@ hd schellnack: man muss in der tat rigoros sein. es ist ja im moment viel von nachhaltigkeit die rede und dass man mal über den tag hinaus denken sollte – das zahlt sich auf lange sicht aus. ich habe mir vor zwei jahren den grundsatz gemacht, an keinen unbezahlten pitches mehr teilzunehmen und habe ganz unterschiedliche erfahrungen damit gemacht: manchmal konnte ich dann eben nicht teilnehmen, manchmal wurde daraufhin ein pitch-honorar eingerichtet und manchmal wurde ich nachträglich nochmal eingeladen – für geld (nachdem die auftraggeber recht unglücklich über die ergebnisse des kostenlosen pitches waren). manchmal habe ich auch angeboten, teilzunehmen – aber keine entwürfe abzuliefern, sondern meine sicht auf das kommunikative problem zu präsentieren; vorbereitungszeit: 1 tag (mit dieser methode habe ich eine reihe von wettbewerben gewonnen gegen büros, die aufwändig präsentiert haben).
@ verena: ich habe die idee zu dieser initiative schon lange (habe aber nicht die initiative gefunden, mich darum zu kümmern). im grunde wäre es ganz einfach: man fragt 20 renommierte büros (+ alle anderen, die teilnehmen wollen), ob sie sich zu einem solchen code verpflichten und macht dann daraus eine grosse sache in der w&v, page etc. (also zeitschriften, die auch auftraggeber lesen).
@ florian 2: diese pitches braucht glaube ich keiner. je kleiner das büro, desto schädlicher ist das (weil man die arbeit an dem pitch vorfinanzieren muss mit kleiner aussicht auf erfolg – das ist für grosse, gut durchfinanzierte büros viel einfacher). man muss sich nur mal den markt für architektur anschauen – da gibt es wettbewerbe, an denen nehmen 200 büros teil … kostenpunkt: ein kleinwagen/büro – incl. abwrackprämie. das versperrt den marktzugang für neue/kleine büros, die sich das nicht leisten können. ich gebe aber zu, dass es wahrscheinlich viele büros geben wird, die an einer solchen initiative nicht teilnehmen werden, weil sie glauben, sich selber damit (kurzfristig) wirtschaftlichen schaden zuzufügen. und ich weiss auch, dass ich mich hier ganz schön aus dem fenster lehne (in der hoffnung, auch in zukunft meinen eigenen standards treu bleiben zu können). darüber hinaus muss so ein code natürlich freiwillig sein und wäre so gesehen kein kartell und keine behinderung unternehmerischer freiheit.
mein eigentlicher punkt ist aber der: bei vielen designern ist der ruf nach grösserer wertschätzung nur eine forderung an andere (und nicht an sich selbst). meine frage ist aber: wie kann ich wertschätzung einfordern, ohne selber meine arbeit mit einem entsprechenden wert zu versehen? erst soll der kunde von alleine auf die idee kommen, das meine arbeit wertvoll ist und nun soll eine kammer kommen, die das für mich regelt (womöglich gegen eine zwangsabgabe wie bei der architektenkammer). das wird so nicht funktionieren … aus unternehmerischer sicht sollten wir froh sein, dass die CMA gerade vom bundesverfassungsgericht „abgeschafft“ wurde und nicht etwas ähnliches für uns selber fordern.
Verena
@Florian Pfeffer: Super, da würde ich gerne auch mitmachen. Könntest Du mich bitte auf dem Laufenden halten?
nora
Die Initiative von Florian Pfeffer unterstütze ich voll. Diesen Kampf um die Wertschätzung haben wir mit Sicherheit in unserer Branche nicht allein gepachtet, aber wir konterkarieren alles, wenn wir unsere Leistung umsonst anbieten. Das ist ein Fass ohne Boden und wir sind diejenigen die nachher ausgeblutet am Boden liegen – selbstverschuldet. Ich habe zum Beispiel täglich in meinem Hochschulmailkasten diverse Anfrage von großen und kleinen Firmen und Organisationen und Vereinen … die alle „tolle“ Projekte anbieten für Studierende, damit die endlich mal „was Richtiges“ machen dürfen. Und vor allem müssen sie dankbar sein, dass sie überhaupt für die Firma dieses Projekt machen dürfen. Und außerdem soll die Hochschule natürlich auch dankbar sein, da man ja entweder mit dem Renommée der Firma respektive der Non-Profit-Organisation sich ja schmücken kann und dieses dann auch wieder zu eigenen PR Zwecken nutzen darf …
Ich kann nur sagen … NEIN. Mittlerweile habe ich eine höflich formulierte Standardantwort, die ich nach Bedarf noch variiere. Wenn man den Studierenden schon beibringt, dass sie nur Kanonenfutter für eine PR-Maschinerie sind, kann ich doch nicht erwarten, dass diese dann Selbstwertgefühl entwickeln. Und als Hochschule graben wir dann die Jobs ab, für den Nachwuchs, den wir gerade in die Welt geschickt haben? Wozu sollen wir denn dann noch ausbilden?
Das heißt nicht, dass ich nicht dazu bereit wäre, sinnvolle Initiativen zusammen mit Studierenden zu unterstützen, aber nicht unter den oben genannten Voraussetzungen.
Nochmal zurück zum Thema Verband: Beim Thema Zwangsabgabe à la IHK oder Architektenkammer schüttelts mich nach wie vor …
HD Schellnack
Nora – wie soll man so etwas realistisch durchsetzen? So richtig ich die Sache auch finde… der Vorschlag ist ja nicht neu – wie willst du so etwas konsequent und auf breiter Front durchsetzen? Ohne Pflicht von oben à la Kammer. An einen Konsens – eine Art Code of Honor eben – glaube ich da keine Sekunde. Irgendwer wird immer gratis pitchen, wenn ein großer Kunde mit Auftrag winkt, oder? Die Teilnahme an unbezahlten Wettbewerben ohne Gebühr und ohne Siegerprämie (also noch anders in der Architektur) ist in unserem Segment doch Standard geworden – und obwohl ich Pitching vor allem für den KUNDEN selbst für ziemlichem Murks halte, kommen wir bei nodesign auch nicht immer umhin, mitzumachen. Was ist die reele Alternative? Im Grunde müssten sich – um nur einen ANFANG zu haben – hunderte von Designbüros verpflichten, nicht mehr free pitches zu machen. Wie geht das, verbindlich? Denn nur wenn etwa der Kunde merkt, von 25 angefragten Büros haben gerade 25 gesagt, sie machen es nur gegen Bezahlung, wird sich etwas ändern. Solange 10 von 25 immer noch am Start sind, ändert sich nichts. (Wobei ein Wettbewerb mit 25 Büros an sich schon total absurd ist oder – da kann man ja wirklich gleich zu 99Designs gehen, völlige Beliebigkeit).
Und, Florian, keine Frage, es wäre natürlich PRIMA, wenn sich das ändern würde. Es würde sprunghaft die Qualität von Pitches ändern, denn was nichts kostet, ist aus vielen Gründen eben auch nichts wert – bei den meisten Wettbewerben kommt Matsch heraus, weil es strukturell gar nicht anders denkbar ist.
Interessant übrigens, das gerade in einem Spiegel-Online Artikel die Freiberufler nach Geld von der Regierung rufen (macht das jetzt jeder? Jesus…) und als Berufe werden genannt: Ingenieure, Architekten, Ärzte. Abgesehen davon, dass ich Ärzte als Freiberufler nicht 100% sehe (Krankenkasse), Architekten verkammert sind und die meisten Ingenieure fest in der Industrie arbeite – wie kommt es, dass niemand Texter, Übersetzer, Designer, Autoren, Photographen, Artworker und und und nennt – die ja nun wirklich die essentiellen Freiberufler sind? Da gibts einen Grund und der HAT eben mit Organisation und öffentlichem Auftritt zu tun :-D.
Christian
HD, genau das gleiche habe ich auch gedacht heute morgen beim Lesen. Designer haben so gut wie keine Lobby.
Ich denke, dass ein Verband genau für sowas gut ist. Und gegen Gratispitche wohl hilft nur, darüber zu reden, dass es nichts bringt. Und das immer wieder.
HD Schellnack
Ach je, und selbst der AGD macht seine neue Imagebroschüre als Crowdsourcing.
(Mal ganz abgesehen davon, dass der Brief an Frau Erika Heil Designerin AGD nodesign ging.)
Ich geh davon aus, dass das im Kern eine faire Angelegenheit werden wird, aber trotzdem und ganz generell: Seufz. Die Pitch-Mentalität bei GENAU den Leuten, die dagegen sein sollten. Zum Heulen!
nora
Oha … ist das wirklich wahr mit dem Crowdsourcing und dem AGD? Dann wäre das ja wohl noch ein Grund mehr, gegen das noch viel größere Gebilde eines Verbandes zu sein, bei dem der Kontakt zur Basis noch schneller abbricht.
HD: Wie das gehen soll, weiss ich auch nicht. Ausser, dass man einfach sagt, man lässt es bleiben mit dem pitchen. Und dann beissen den Kleinen wieder mal die Hunde zuerst ;-) … Sicher hätte das Ganze eine größere Wirkung, wenn wirklich auch die Agenturen, die es sich leisten können (das Pitchen), es öffentlichlichkeitswirksam vetreten würden, dass sie es nicht mehr tun … Tja …
HD Schellnack
>Ausser, dass man einfach sagt, man lässt es bleiben mit >dem pitchen.
Ich sag das mal als jemand, der pitches und zudem unbezahlte für ziemlichen Nonsens hält – wenn morgen aber die Deutsche Oper Berlin fragt, ob wir für sie arbeiten wollen, ob wir mal was entwickeln mögen, sag ich wahrscheinlich nicht nein. Und da bin ich sicher nicht der einzige, right? Was, ganz nebenbei, bedeutet, dass qua unbezahlten Pitching die kleinen, finanziell schlecht aufgestellten Studios Probleme kriegen, denn gut Pitchen können nur zwei Sorten:
a) große Studios mit Ressourcen und reichlich Prakikanten und Angestellten, die beschäftigt sein sollen und durch andere Jobs querfinanziert sind (Eriks 10×10 Modell)
b) Büros und Freelancer, die nix besseres zu tun haben.
AGD: Ich hab heute als Erika Heil einen Brief gekriegt, an nodesign – hier gab es nie eine Erika, aber egal. Danach sollen alle AGD-Mitglieder Arbeitsproben einreichen bis zu fünf Designer werden dann von einer Jury ausgewählt und dürfen im Mai ihre Entwürfe präsentieren. Crowdsourcing in Stufe I und Pitch in Stufe II – beides Sachen, die ich als Designer nicht sonderlich mag, egal wie die Umstände sein mögen. Dass ausgerechnet «mein» Verband auch so arbeitet wie Theater, Museen, Industrie und und und ist etwas… scheiße.
Verena
Viel gefährlicher als diese nichtvergüteten Pitches finde ich die Tasache, dass immer wieder Designer/Designbüros potentielle Kunden initiativ angehen und denen vorschlagen diesen oder jenen Job für sie gratis zu erledigen nur um mal wieder die Mappe aufzupolieren.
Als Kunde würde ich da natürlich auch voll drauf einsteigen. Wieso sollte man auch was bezahlen, was es woanders umsonst gibt?
Da hilft aber auch kein Verein. Und auch ein Rosa von Praunheim für Designer wäre fragwürdig.
Ich halte Florians Idee mit öffentlichen Anzeigen/Manifesten für absolut sinnvoll und machbar.
Florian Pfeffer
@ hd: pitchen an sich ist ja nichts schlechtes … die frage ist doch nur, zu welchen bedingungen. wie absurd das ist, zeigt sich, wenn man an meinem beispiel des zkm (und das ist qua renomée das selbe wie die deutsche oper) das wort „designer“ durch „bäckerei“ ersetzt, also:
das zkm geht zu einer bäckerei und sagt, es habe hunger und ob ihm der bäcker mal ein brot geben könne. man wolle das brot aber nicht bezahlen. vielmehr werde man mit dem selben anliegen noch zu 25 anderen bäckereien gehen und zunächst alle 25 brote essen. erst danach könne man entscheiden, welches brot man bezahlen wolle (vielleicht auch keines, weil man noch nicht so genau weiss, ob man nicht vielleicht lieber einen fisch hätte). ich bin mir sicher, dass das zkm hochkant aus der bäckerei fliegen würde – und zwar zu recht.
warum macht das zkm oder die deutsche oper so etwas nicht mit bäckern, dem finanzamt (ich zahle nur steuern, wenn mir die politik der regierung zusagt) oder ihrem eigenen direktor (der soll erstmal eine spielzeit arbeiten und dann „schau mer mal …“)?
mir kann kein mensch erzählen, dass eine grosse kulturinstitution wie die deutsche oper oder das zkm (bei allen finanziellen sorgen des kultursektors) keine paar tausend euro für einen pitch über hat. in solchen fällen setzt die institution ziemlich abgebrüht auf den „idealismus“ des designers, einen verkommenen markt und auf den sex-appeal des renomee-gefälles zwischen einer weltweit bedeutenden kultur-institution und einem einzelnen gestalter. das erklärt auch, warum der trick beim bäcker nicht funktioniert: der hat keinen idealismus in punkto kultur (der will einfach sein brot verkaufen) und dem ist es egal, dass er nicht so wichtig ist – ein gesunde einstellung. ich weiss nicht, ob ich nicht schon total versaut bin – aber bevor ich da mitmache, gehe ich in meiner zeit lieber mit meinen kindern ins schwimmbad (da mache ich weniger verlust und habe mehr spass).
meiner meinung nach müssen sich auftraggeber und designer das risiko der „partnersuche“ teilen – sprich: es gibt ein pitchhonorar, was beiden ein bisschen weh tut. wenn ein auftraggeber nicht genug geld hat, gibt es auch andere möglichkeiten ein gutes büro zu finden (man kann ja auch einfach nur reden und über arbeiten diskutieren).
HD Schellnack
Moment – so kriegt man Jobs? :-D
Wie wäre das denn praktisch umsetzbar? Zumal eingedenk deines eigenen ersten Absatzes, dass Agenturen willentlich auf Kunden zugehen, um erst mal umsonst zu arbeiten – was ja noch kruder ist, oder? Wobei wir auch probono-jobs machen, zB für die Suchthilfe Essen, aber nicht für Awards oder die Mappe, sondern weil es eine gute Einrichtung ist, fertig :-D.
Verena
Ist alles schon vorgekommen. »Wenn die Praktikannten sowieso rumsitzen oder man sich auch schon bei den Ballerspielen langweilt.«
Das Schöne dabei: Die Kunden haben sich teilweise selbst schon verwundert darüber geäussert.
Und was die Charityjobs anbelangt: Tu Gutes…
HD Schellnack
Wir reden da gar nicht so viel drüber, promoten das gar nicht viel, die Sachen sind auch echt nicht nicht auf Award-Winning-Designmeisterwerk gemacht, darum geht es nicht, sondern eher um ganz pragmatische Sachen wie kleine Flyer oder die HP. Und leider haben wir zu wenig Zeit für probono. Die Sache war damals einfach so, dass ich nach einem fiesen Unfall fast meinen linken Zeigefinger verloren hätte und während der OP dachte: Meister, wenn der Finger dranbleibt, dann mach ich ein Jahr lang umsonst Design für einen guten Zweck. War gar nicht SO einfach, einen Kunden zu finden, die meisten haben Schabernack oder Beschiss vermutet :-D.
Veronique
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